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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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Fürst benutzen darf, auf Maria, <strong>die</strong> Mutter Jesu, gedeutet, durch <strong>die</strong> Jesus auf<br />

<strong>die</strong> Welt gekommen ist.<br />

6. Die Beschreibung des Thronwagens ist auch zur vielbenutzten Gr<strong>und</strong>lage<br />

für altkirchliche <strong>Gott</strong>esdarstellungen geworden. Die Quadriga Domini ist das<br />

beliebteste Motiv gewesen, weil sie auch an <strong>die</strong> antiken Vorbilder des Wagens<br />

von Helios, Poseidon <strong>und</strong> anderer <strong>Götter</strong> erinnert.<br />

Die vier Gesichter der Cheruben sind <strong>die</strong> altkirchlichen Symbole für <strong>die</strong> vier<br />

Evangelisten geworden. Den Anfang machte damit Offenbarung 4. Seit dem<br />

Kirchenvater Hieronymus ist der Löwe das Symbol für Markus, der Stier das<br />

Symbol des Lukas, der Adler das Symbol des Johannes, der Mensch das<br />

Symbol des Matthäus.<br />

Ursprünglich aber, <strong>und</strong> darauf deuten Daniel 2 <strong>und</strong> 7 noch hin, waren es <strong>die</strong><br />

Symbole der vier Weltteile, der vier Elemente Sonne, Mond, Himmel <strong>und</strong> Erde,<br />

wie sie in den alten babylonischen <strong>und</strong> assyrischen Königsinschriften<br />

auftreten. Der Löwe ist das Tier der Göttin Istar, der Stier ist das Bild des<br />

Marduk, der adlerköpfige Drache das Tier Nergals, das menschenähnliche<br />

Wesen ist <strong>Gott</strong> Enlil, „der Marduk der Herrschaft <strong>und</strong> des Regiments", wie es<br />

in einem babylonischen Hymnus heißt, in dem Marduk mit allen großen<br />

<strong>Götter</strong>n gleichgesetzt wird. Das Bild des Thronwagens ist darum eindeutig:<br />

Jahwe ist der Großkönig, alleiniger Herrscher <strong>und</strong> deshalb Nergal, Enlil,<br />

Ninurta <strong>und</strong> Marduk, alles in einem.<br />

7. Ezechiel ist als Mythograph <strong>und</strong> Dichter zugleich auch Zeuge für <strong>die</strong><br />

geschichtliche Entstehung des <strong>Gott</strong>esbegriffes. <strong>Götter</strong> sind eigentlich Könige,<br />

<strong>und</strong> Könige sind <strong>Götter</strong>. In der Prophezeiung auf den König von Tyrus (Kapitel<br />

28) zitiert er <strong>die</strong> tyrenische <strong>und</strong> gemeinorientalische Königsformel: „Ein <strong>Gott</strong><br />

bin ich", <strong>und</strong> läßt Jahwe sagen, daß Jahwe den König auf den heiligen<br />

<strong>Götter</strong>berg berufen hat. Es gehört aber zu seinem Eifer für den Großkönig<br />

Jahwe, daß <strong>die</strong>ser den König <strong>und</strong> <strong>Gott</strong> von Tyrus aus seinem Rat verstößt <strong>und</strong><br />

ihn vernichtet. Das zeichnet den Dichter aus, daß er, wie Homer den Zeus,<br />

hier Jahwe ganz anthropomorph darstellt. Jahwe liebt <strong>die</strong> Jungfrau Israel, <strong>die</strong><br />

er sich erwählt hat, wie Zeus etwa <strong>die</strong> Europa.<br />

8. Bedeutsam ist auch, daß der Dichter zwölf symbolische Aufgaben erfüllen<br />

muß, an denen das Schicksal Jerusalems <strong>und</strong> Israels deutlich werden soll. Die<br />

Zahl zwölf deutet, obwohl sie im Buche selber nicht mehr auftaucht, auf <strong>die</strong><br />

Geschlossenheit <strong>und</strong> Vollendung hin. Alles, was Ezechiel tat, mußte getan<br />

werden zur Warnung für Juda <strong>und</strong> Jerusalem, damit sie nicht noch mehr<br />

verdürben. Durch das Bild der fest verb<strong>und</strong>enen Stäbe mit Juda <strong>und</strong> Joseph<br />

wollte der Prophet <strong>die</strong> Unzerstörbarkeit der vereinigten Verbände<br />

demonstrieren, während jeder einzelne Stab leicht zerbrochen werden kann.<br />

Zugleich aber ist <strong>die</strong> Zwölfzahl der Aufgaben wie bei den zwölf Arbeiten des<br />

Herakles auch der Topos für <strong>die</strong> Erlösung <strong>und</strong> Befreiung des göttlichen Heros.<br />

9. Wie in keinem anderen Buch der Bibel ist der ästhetische Wert des<br />

Hauptmythos bei Ezechiel, der Untergang Jerusalems <strong>und</strong> sein<br />

Wiederaufstieg, von jedem religiösen Empfinden völlig unabhängig. Darin<br />

gleicht er Homer. Nur erscheint der Untergang Trojas in der Schilderung<br />

Homers als launische Fügung der Olympier, während Ezechiel nicht aufhört zu<br />

betonen, daß der Frevel der Einwohner <strong>die</strong> Ursache für den Untergang<br />

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