Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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wird ewig währen. An jenem Tage wird ein Rest vom Hause Jakobs sich zu Jahwe, dem Gott-Held, bekehren, wenn nämlich Jahwe das Völkergericht abhält. Aus dem Stumpfe Isais wird ein Reis ausschlagen, und Jahwes Geist, der ein Geist des Verstandes, der Weisheit, des Rates, der Kraft, der Erkenntnis und Furcht ist, wird über diesen Sproß kommen, der gerecht, gütig und friedfertig sein wird. Dann werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Parder bei den Böcken liegen. Ein kleiner Junge wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh zusammen weiden. Kühe und Bären werden auf der Weide zusammen sein, ihre Jungen werden zusammen lagern. Säuglinge und Kleinkinder werden mit Ottern und Schlangen spielen. An jenem Tage des Völkergerichts wird Jahwe mit seinem großen harten Schwert den Leviathan bestrafen, dazu die flüchtige Schlange, und den Drachen töten, der im Meere haust. Und Jesaja schrieb auf eine Tafel den Urteilsspruch über das Gottesvolk, damit er für immer ein Zeugnis geben sollte für die Verlogenheit und Widerspenstigkeit der Söhne Israels. Als aber dann das Unglück vor den Toren Jerusalems stand und als der König von Juda, Hiskia, Buße tat, bewog Jesaja den Jahwe, König Sanherib von Assur durch einen Engel in die Flucht zu schlagen, daß er nicht in die Stadt eindringen konnte. Und er ließ auch Hiskia von einer schweren Krankheit genesen. Zum Zeichen, daß er gesunden werde, ließ Jahwe an dem Tage die Schatten auf der Sonnenuhr um zehn Stunden zurückgehen. Jesaja heilte den König von seinen Geschwüren, indem er ihm ein Feigenpflaster auflegte. Jesaja 6; 7,3; 8,1-4.16-18; 9,1-7; 10,20-27; 11,1-10; 27,1; 30,8-9; 36,10-37,1; 38,1-8.21. 1. Jesaja wird allgemein die Geschichtlichkeit nicht abgesprochen. Seine Geschichte allerdings ist mythologisch überhöht. Sicher ist, daß seine Wirksamkeit etwa in die Jahre von 740 bis 690 v. u. Z. fällt. Von seiner Geburt und seinem Tode erzählen nur die nachbiblischen Legenden. Sein theophorer Name bedeutet „Jahwe hilft". 2. Das nach ihm genannte Jesajabuch ist nur in bestimmten Texten auf die für Jesaja angenommene Zeit zurückzuführen. Dazu ist vor allem Kapitel 1-23 und 28-32 zu zählen, während Kapitel 36-37 nur wenig später anzusetzen, Kapitel 24-27 aber wesentlich jünger ist. Die übrigen Kapitel des Jesajabuches stammen aus noch jüngerer Zeit. Dabei ist man gut beraten, mit der Forschung die Kapitel 40-55 von den Kapiteln 56-66 zu trennen und sie mit den geläufigen Begriffen Deuterojesaja (d. i. der zweite Jesaja) und Tritojesaja 176

(d. i. der dritte Jesaja) zu bezeichnen. Der zweite Jesaja reflektiert die Zeit während des babylonischen Exils, der dritte Jesaja hat die nachexilische Situation im Auge. Über die mythologische Bedeutung von Deutero- und Tritojesaja siehe 14,2,4; 14,3,1 und 14,3,7. 3. Jesaja, Sohn des Amos (der nicht mit dem Propheten Amos identisch ist), war vermutlich ein Weisheitslehrer am Tempel in Jerusalem. Er gehört nicht zu den priesterlichen oder königlichen Beamtenfamilien, sondern scheint aus den Kreisen der wohlhabenden Landbevölkerung zu stammen, die ein ausgesprochenes Selbstbewußtsein gegenüber Thron und Tempel bewahrten. Er greift nicht nur die sozialen Mißstände an, sondern auch die Priester und deren Lehre vom Kult (z. B. Kapitel 10,1-4). Das ist weniger auf seine Vision Jahwes zurückzuführen, in der ihm die Saraphen das „Heilig, heilig, heilig ist Jahwe Zebaoth" zurufen, und auf die Offenbarungen Jahwes als auf seine Herkunft aus der Landbevölkerung, die nicht nur wesentlich konservativer, sondern vor allem noch enger mit den ursprünglichen Landeseinwohnern verbunden war, die gewisse religiöse Eigenheiten bewahrten. Aus dieser Landbevölkerung sind fast alle Propheten in Israel hervorgegangen. 4. Die Berufsvision ist das Mythologem, das den Worten Jesajas ihre göttliche Autorität verleiht. Jahwe ist dabei unsichtbar. Die Saraphen verhüllen ihn. Die Einführung der Saraphen in die Vision stammt sicher aus der Bindung des Propheten an ältere nichtisraelitische Vorstellungen. Die Saraphen sind ursprünglich Schlangen (siehe 5,3 und 4,5,b). Sie repräsentieren die verdrängten Muttergöttinnen. Ihre bildhafte Erweiterung mit Flügeln, die ihre Gestalt völlig zudecken, ist der Versuch, ihre ursprüngliche Bedeutung noch weiter zu verdrängen, die der zeitgenössische Hörer noch ahnte. Deutlich von ihnen abgehoben werden Leviathan, Schlange und Drachen in der Rede Jesajas vom Gericht über die Weltreiche. Die Tiere sind hier offensichtlich Symbol für die großen Reiche an Euphrat und Nil: der Meder, Babylonier und Ägypter. Jesaja läßt Jahwe diese Schlacht selber schlagen, nur so kann er dem König von Juda zur allseitigen Neutralität und Friedensbereitschaft raten. 5. Mythologisch bedeutsam sind auch die Namen der Söhne Jesajas, die sicher legendäre Erfindung sind. Wie die Söhne des Herakles, die Omphale gebiert, repräsentieren sie Zeitabschnitte. Dabei ist die Dreizahl wichtig, weil sie als geometrischer Ausdruck der Ausdehnung in der Religionsgeschichte das Transzendente bezeichnet. Es ist darum auch mehr als eine Hypothese, wenn in den sogenannten „messianischen Liedern" vom Völkergericht und Friedensreich weniger an eine Person göttlicher Natur gedacht wird als an den Prophetensohn Immanuel. Schwer denkbar ist, daß der Prophet einen Davididen gemeint hat, nachdem sein Urteil über das Haus Davids so negativ ist. Sein Sohn Immanuel soll das Symbol für den wahren Frommen sein, der sich nur auf Jahwe verläßt. 6. Sicher ist ferner, daß der Prophet Jesaja das Heil und das Unheil in seiner Zeit erwartet. Den Gerichtstag erwartet er noch zu seinen Lebzeiten. Er tritt deshalb aus dem Rahmen der Weisheitslehrer nicht heraus. Die spätjüdische und die christliche Tradition hat ihn zusammen mit den Überlieferungen der 177

(d. i. der dritte Jesaja) zu bezeichnen. Der zweite Jesaja reflektiert <strong>die</strong> Zeit<br />

während des babylonischen Exils, der dritte Jesaja hat <strong>die</strong> nachexilische<br />

Situation im Auge. Über <strong>die</strong> mythologische Bedeutung von Deutero- <strong>und</strong><br />

Tritojesaja siehe 14,2,4; 14,3,1 <strong>und</strong> 14,3,7.<br />

3. Jesaja, Sohn des Amos (der nicht mit dem Propheten Amos identisch ist),<br />

war vermutlich ein Weisheitslehrer am Tempel in Jerusalem. Er gehört nicht zu<br />

den priesterlichen oder königlichen Beamtenfamilien, sondern scheint aus den<br />

Kreisen der wohlhabenden Landbevölkerung zu stammen, <strong>die</strong> ein<br />

ausgesprochenes Selbstbewußtsein gegenüber Thron <strong>und</strong> Tempel bewahrten.<br />

Er greift nicht nur <strong>die</strong> sozialen Mißstände an, sondern auch <strong>die</strong> Priester <strong>und</strong><br />

deren Lehre vom Kult (z. B. Kapitel 10,1-4). Das ist weniger auf seine Vision<br />

Jahwes zurückzuführen, in der ihm <strong>die</strong> Saraphen das „Heilig, heilig, heilig ist<br />

Jahwe Zebaoth" zurufen, <strong>und</strong> auf <strong>die</strong> Offenbarungen Jahwes als auf seine<br />

Herkunft aus der Landbevölkerung, <strong>die</strong> nicht nur wesentlich konservativer,<br />

sondern vor allem noch enger mit den ursprünglichen Landeseinwohnern<br />

verb<strong>und</strong>en war, <strong>die</strong> gewisse religiöse Eigenheiten bewahrten. Aus <strong>die</strong>ser<br />

Landbevölkerung sind fast alle Propheten in Israel hervorgegangen.<br />

4. Die Berufsvision ist das Mythologem, das den Worten Jesajas ihre<br />

göttliche Autorität verleiht. Jahwe ist dabei unsichtbar. Die Saraphen verhüllen<br />

ihn. Die Einführung der Saraphen in <strong>die</strong> Vision stammt sicher aus der Bindung<br />

des Propheten an ältere nichtisraelitische Vorstellungen. Die Saraphen sind<br />

ursprünglich Schlangen (siehe 5,3 <strong>und</strong> 4,5,b). Sie repräsentieren <strong>die</strong><br />

verdrängten Muttergöttinnen. Ihre bildhafte Erweiterung mit Flügeln, <strong>die</strong> ihre<br />

Gestalt völlig zudecken, ist der Versuch, ihre ursprüngliche Bedeutung noch<br />

weiter zu verdrängen, <strong>die</strong> der zeitgenössische Hörer noch ahnte.<br />

Deutlich von ihnen abgehoben werden Leviathan, Schlange <strong>und</strong> Drachen in<br />

der Rede Jesajas vom Gericht über <strong>die</strong> Weltreiche. Die Tiere sind hier<br />

offensichtlich Symbol für <strong>die</strong> großen Reiche an Euphrat <strong>und</strong> Nil: der Meder,<br />

Babylonier <strong>und</strong> Ägypter. Jesaja läßt Jahwe <strong>die</strong>se Schlacht selber schlagen,<br />

nur so kann er dem König von Juda zur allseitigen Neutralität <strong>und</strong><br />

Friedensbereitschaft raten.<br />

5. Mythologisch bedeutsam sind auch <strong>die</strong> Namen der Söhne Jesajas, <strong>die</strong><br />

sicher legendäre Erfindung sind. Wie <strong>die</strong> Söhne des Herakles, <strong>die</strong> Omphale<br />

gebiert, repräsentieren sie Zeitabschnitte. Dabei ist <strong>die</strong> Dreizahl wichtig, weil<br />

sie als geometrischer Ausdruck der Ausdehnung in der Religionsgeschichte<br />

das Transzendente bezeichnet. Es ist darum auch mehr als eine Hypothese,<br />

wenn in den sogenannten „messianischen Liedern" vom Völkergericht <strong>und</strong><br />

Friedensreich weniger an eine Person göttlicher Natur gedacht wird als an den<br />

Prophetensohn Immanuel. Schwer denkbar ist, daß der Prophet einen<br />

Davididen gemeint hat, nachdem sein Urteil über das Haus Davids so negativ<br />

ist. Sein Sohn Immanuel soll das Symbol für den wahren Frommen sein, der<br />

sich nur auf Jahwe verläßt.<br />

6. Sicher ist ferner, daß der Prophet Jesaja das Heil <strong>und</strong> das Unheil in seiner<br />

Zeit erwartet. Den Gerichtstag erwartet er noch zu seinen Lebzeiten. Er tritt<br />

deshalb aus dem Rahmen der Weisheitslehrer nicht heraus. Die spätjüdische<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> christliche Tradition hat ihn zusammen mit den Überlieferungen der<br />

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