Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

zum König in Damaskus zu machen, von dem er doch wußte, daß er einst die Städte Israels verbrennen, die Heere Israels schlagen und Frauen und Kinder töten lassen würde. Ebenso erfüllte Elisa auch Jahwes Auftrag an Elia, den Hauptmann Jehu zum König von Israel zu salben. Als Elisa sich zum Sterben legte, trat weinend der israelitische König Joas an sein Lager und sprach: Mein Vater, mein Vater! Israels Wagen und Reiter! - Und Elisa ließ sich noch auf dem Sterbebett bewegen, einen Sieg über die Aramäer zu versprechen. Selbst im Tode tat Elisa ein Wunder. Als man nämlich wegen des Einbruchs feindlicher Streif scharen in aller Eile noch einen Toten in Elisas Grab legte, stand dieser lebend wieder auf, weil er das Gebein des Propheten berührt hatte. I. Könige 19,19-21; II. Könige 2,1-22; 3; 4,1-37; 8,1-6; 4,38-42; 5; 6; 2,23-25; 8,7-15; 9,1-10; 13,14-21. 1. Elisa ist eine mythologische Gestalt wie Elia. Die Beziehung zu Königen in Israel und Aram-Syrien ändert daran nichts. Der Erzähler der Elisageschichten benutzt vielmehr ein Schema, das auch auf die Eliatradition angelegt werden kann. Der Wundertäter spendet Regen und politische Erfolge, erweckt Tote, ernährt auf wunderbare Weise Menschen und verhilft kinderlosen Frauen zur Fruchtbarkeit. Wie von Mose will der Erzähler auch von Elisa wissen, daß er mit dem Geiste Jahwes begabt ist. Die Analogien zu den Aussagen über Mose und Elia lassen nur den Schluß zu, daß Elisa eine vergleichbare Funktion besitzt, er ist der Antipode der zentralisierten geistlichen und politischen Macht, von Tempel und Palast. 2. Der Name Elisa (er bedeutet etwa „Gott hilft") ist Symbol für die Kräfte, die unter dem auch im Nordreich sich anbahnenden despotischen Staatsgefüge zu leiden haben, nämlich die bäuerliche Landbevölkerung. Für diese ist der Typus des Nichtpriesters - der Prophet - der Garant für die Bewahrung der alten Landrechtbestimmungen, die z. B. jede willkürliche Aneignung von Boden durch den König verbieten. Der Prophet als Nichtpriester stammt deshalb hier auch aus der bäuerlichen Bevölkerung selbst. Er repräsentiert eben deshalb auch die Aversion gegen kriegerische Unternehmungen. 3. Die einzelnen Wunderberichte sind zuerst Zeichen für die religiöse Grundhaltung der Leute, die diese Erzählungen überliefern. Stärker als in dem ökonomisch weiter entwickelten Südstaat Juda lebt die bäuerliche Landbevölkerung noch in alten kanaanäischen religiösen Traditionen. Die Anekdote von dem König Ahasja, der zu dem Baal-Sebul von Ekron, einem Philistergott, schickt, um von ihm ein Orakel zu erlangen, wie sie II. Könige I erzählt wird, macht deutlich, daß die alten kanaanäischen Vorstellungen noch lebendig sind. In Ugarits Mythen ist Zebul z. B. der Name des Meeresgottes; der Meeresgott ist hier, in einer mit der Seefahrt verbundenen Stadt wie Ugarit, durchaus eine respektable Person. Der Baal-Sebul von Ekron bedeutet darum ursprünglich „Herr des Fürsten", d. h. er bezeichnet einen höchsten 174

Gott, den erst biblische Polemik als „Fliegengott" (Beelzebub) desavouiert und zum Gegengott gemacht hat (Matthäus 10,25; Markus 3,22 u. ö.). 4. Die biblische Frömmigkeit hat sich aber mehr der Person des Elia (siehe 8,2) als des Elisa bedient. Dazu hat nicht unwesentlich der Mythos von der Himmelfahrt des Elia beigetragen und die Bedeutung, die Elia in der jüdischen Frömmigkeit der Jahrhunderte vor der Zeitenwende erlangte. 8.4 Jesaja In dem Jahre, als der König Usia starb, sah der Prophet Jesaja Jahwe. Der saß auf einem hohen prächtigen Thron, der Saum seines Mantels erfüllte den Tempel, Saraphen schwebten vor ihm, jeder mit sechs Flügeln. Von diesen bedeckten je zwei ihr Gesicht, zwei ihre Füße, und mit zweien bewegten sie sich. Die Saraphen sangen im Wechsel: Heilig, heilig ist Jahwe Zebaoth, voll ist von seiner Herrlichkeit die ganze Welt. - Dabei erbebte das Haus und füllte sich mit Rauch. Jesaja erschrak davon sehr und dachte, daß er nun sterben müsse, weil er mit seinen Augen Jahwe Zebaoth gesehen hatte. Aber einer der Saraphen kam und berührte mit einem glühenden Stein vom Altar den Mund Jesajas und reinigte ihn damit, so daß er den Willen Jahwes hören konnte, dem Volke Israel seinen Untergang zu weissagen. Und Jahwe trug ihm auf, eine Tontafel zu nehmen und darauf „Raubebald, Eilebeute" zu schreiben. Als die Frau Jesajas bald danach einen Sohn gebar, nannte Jesaja ihn Raubebald-Eilebeute, weil Jahwe gesagt hatte: Bevor der Knabe Vater und Mutter sagen kann, werden Damaskus und Samaria dem König von Assur zugefallen sein. Seinen ersten Sohn hatte Jesaja schon Sear-Jasub („ein Rest kehrt zurück") genannt. Jesaja bewahrte diese Offenbarungen und verschwor seine Jünger auf sie und sagte: Ich will auf Jahwe warten und auf ihn meine Hoffnung setzen, denn ich und die Söhne, die Jahwe mir geschenkt hat, sind ein Zeichen Jahwes für Israel. Das galt auch für seinen Sohn Immanuel („Gott mit uns"). Seit jenen Tagen ging auch die Hoffnung auf Jahwes Hilfe nicht verloren, wie es in dem Liede heißt: Ein Kind wird uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft wird auf seiner Schulter liegen. Und man wird ihn rufen: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friedensfürst. Seine Friedensherrschaft vom Throne Davids aus 175

zum König in Damaskus zu machen, von dem er doch wußte, daß<br />

er einst <strong>die</strong> Städte Israels verbrennen, <strong>die</strong> Heere Israels schlagen<br />

<strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Kinder töten lassen würde. Ebenso erfüllte Elisa<br />

auch Jahwes Auftrag an Elia, den Hauptmann Jehu zum König von<br />

Israel zu salben.<br />

Als Elisa sich zum Sterben legte, trat weinend der israelitische<br />

König Joas an sein Lager <strong>und</strong> sprach: Mein Vater, mein Vater!<br />

Israels Wagen <strong>und</strong> Reiter! - Und Elisa ließ sich noch auf dem<br />

Sterbebett bewegen, einen Sieg über <strong>die</strong> Aramäer zu versprechen.<br />

Selbst im Tode tat Elisa ein W<strong>und</strong>er. Als man nämlich wegen des<br />

Einbruchs feindlicher Streif scharen in aller Eile noch einen Toten in<br />

Elisas Grab legte, stand <strong>die</strong>ser lebend wieder auf, weil er das<br />

Gebein des Propheten berührt hatte.<br />

I. Könige 19,19-21; II. Könige 2,1-22; 3; 4,1-37; 8,1-6; 4,38-42; 5; 6;<br />

2,23-25; 8,7-15; 9,1-10; 13,14-21.<br />

1. Elisa ist eine mythologische Gestalt wie Elia. Die Beziehung zu Königen in<br />

Israel <strong>und</strong> Aram-Syrien ändert daran nichts. Der Erzähler der Elisageschichten<br />

benutzt vielmehr ein Schema, das auch auf <strong>die</strong> Eliatradition angelegt werden<br />

kann. Der W<strong>und</strong>ertäter spendet Regen <strong>und</strong> politische Erfolge, erweckt Tote,<br />

ernährt auf w<strong>und</strong>erbare Weise Menschen <strong>und</strong> verhilft kinderlosen Frauen zur<br />

Fruchtbarkeit. Wie von Mose will der Erzähler auch von Elisa wissen, daß er<br />

mit dem Geiste Jahwes begabt ist. Die Analogien zu den Aussagen über Mose<br />

<strong>und</strong> Elia lassen nur den Schluß zu, daß Elisa eine vergleichbare Funktion<br />

besitzt, er ist der Antipode der zentralisierten geistlichen <strong>und</strong> politischen<br />

Macht, von Tempel <strong>und</strong> Palast.<br />

2. Der Name Elisa (er bedeutet etwa „<strong>Gott</strong> hilft") ist Symbol für <strong>die</strong> Kräfte, <strong>die</strong><br />

unter dem auch im Nordreich sich anbahnenden despotischen Staatsgefüge<br />

zu leiden haben, nämlich <strong>die</strong> bäuerliche Landbevölkerung. Für <strong>die</strong>se ist der<br />

Typus des Nichtpriesters - der Prophet - der Garant für <strong>die</strong> Bewahrung der<br />

alten Landrechtbestimmungen, <strong>die</strong> z. B. jede willkürliche Aneignung von<br />

Boden durch den König verbieten. Der Prophet als Nichtpriester stammt<br />

deshalb hier auch aus der bäuerlichen Bevölkerung selbst. Er repräsentiert<br />

eben deshalb auch <strong>die</strong> Aversion gegen kriegerische Unternehmungen.<br />

3. Die einzelnen W<strong>und</strong>erberichte sind zuerst Zeichen für <strong>die</strong> religiöse<br />

Gr<strong>und</strong>haltung der Leute, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Erzählungen überliefern. Stärker als in dem<br />

ökonomisch weiter entwickelten Südstaat Juda lebt <strong>die</strong> bäuerliche<br />

Landbevölkerung noch in alten kanaanäischen religiösen Traditionen. Die<br />

Anekdote von dem König Ahasja, der zu dem Baal-Sebul von Ekron, einem<br />

Philistergott, schickt, um von ihm ein Orakel zu erlangen, wie sie II. Könige I<br />

erzählt wird, macht deutlich, daß <strong>die</strong> alten kanaanäischen Vorstellungen noch<br />

lebendig sind. In Ugarits Mythen ist Zebul z. B. der Name des Meeresgottes;<br />

der Meeresgott ist hier, in einer mit der Seefahrt verb<strong>und</strong>enen Stadt wie<br />

Ugarit, durchaus eine respektable Person. Der Baal-Sebul von Ekron bedeutet<br />

darum ursprünglich „Herr des Fürsten", d. h. er bezeichnet einen höchsten<br />

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