Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

Da ging Jerubbaal ins Haus und holte ein Opfer für Jahwe; der Engel hatte versprochen, freundlich darauf zu warten. Und der Engel Jahwes nahm das Opfer an: Er berührte es mit seinem Stabe, da schlug Feuer aus dem Felsen und verzehrte es. Als Jerubbaal erschrak, rief Jahwe selber ihm zu: Sei ruhig und sorglos, du wirst nicht sterben. - Jerubbaal baute ihm darauf an derselben Stelle einen Altar und nannte das Heiligtum „Jahwe ist Frieden". Als sich nun die Midianiter wieder einmal zu einem Raubzug versammelt hatten, bot Jerubbaal den Heerbann aus Asser, Manasse, Sebulon und Naphtali auf, und das Heer ihrer Feinde lagerte unter ihnen in der Ebene. Zur Nacht aber erschien Jahwe bei Jerubbaal und befahl ihm, das Lager der Midianiter zu stürmen. Jerubbaal gehorchte, nachdem er noch durch einen nächtlichen Erkundungsgang erfahren hatte, wie mutlos die Midianiter waren. Mitten in der Nacht ließ er seine Truppe in die Posaunen stoßen und Tonkrüge zerschlagen und machte damit solch mächtiges Getöse, daß er den Gegner verwirrte. Mit seiner kleinen Schar schlug er dann die Feinde. Nachdem er ihre Könige gefangen und getötet und ihren Heerbann zerstreut hatte, kehrte er zurück und erbat von seinen Mannen nur die goldenen Ringe, die sie erbeutet hatten. Daraus ließ er sich einen Ephod, einen Hausgott, machen, den er in seinem Heimatort Ophra aufstellte. Er hinterließ siebzig Söhne, denn sein Harem war groß. Seine Nebenfrau in Sichern gebar ihm den Abimelech (siehe 9,1). Andere erzählen, daß Jahwe dem Jerubbaal eines Nachts erschienen sei und ihn aufgefordert habe, den Baalsaltar und die Asera seines Vaters zu zerstören, dafür einen Altar für Jahwe zu errichten und auf ihm einen Stier zu opfern. Jerubbaal gehorchte; er schlug den Baalsaltar und die Asera um. Deshalb wurde Jerubbaal auch Gideon (d. i. der Fäller) genannt. Jahwe war immer mit Gideon. Vor der Schlacht mit den Midianitern befahl er ihm, die meisten Leute zu entlassen. Und es gingen 22.000 Mann aus dem Heerbann nach Hause. Von den restlichen 10.000 Mann wählte Jahwe die dreihundert Mann für die Schlacht aus, die beim Trinken aus dem Bache sich keine Zeit ließen, die Waffen aus der Hand zu legen, sondern wie die Hunde das Wasser schleckten. Und so schlug Jahwe dann durch Gideon und seine dreihundert Männer die 138.000 Mann der Midianiter. Als er dann nach Hause siegreich zurückkehrte, wollten die Israeliten ihn zum König machen. Aber Gideon lehnte es ab: Weder ich will über euch herrschen, noch mein Sohn soll es tun, sondern 158

Jahwe soll euer König sein. Doch als Gideon tot war, trieben die Israeliten wieder die Abgötterei mit den alten Baalen und erkoren sich sogar den Bundesbaal von Sichern zum Gott und vergaßen alles, was Jahwe an Gideon und Israel Gutes getan hatte. Wieder andere wissen noch zu erzählen, daß Gideon ein großer Zauderer gewesen sei, der sich sehr gesträubt habe, in den Krieg zu ziehen. Und deshalb bat er Elohim zweimal um ein Zeichen. In der ersten Nacht erbat er, daß das Schafvlies auf dem Druschplatz allein vom Tau befeuchtet sein sollte, der Druschplatz aber nicht. Als Elohim ihm dieses Zeichen gab, erbat Gideon für die folgende Nacht, das Vlies möge trocken sein, der Druschplatz aber taufeucht. Und Elohim gewährte ihm auch diese Bitte. Richter 6,1.4-6.11-24.33-34; 7,9-8,1; 8,24-27a.29-32; 6,25-32; 7,2-7; 8,22-23.33-35; 6,36-40. 1. Die Legende von Gideon, mit dem man im Bauernkrieg Thomas Müntzer verglich, ist eindrucksvoll geschildert. Sie war bestimmend für die Anforderungen an den Führer des Heerbannes. Dieser gilt den Überlieferern mehr als der König. Die Geschichte von Gideon ist vermutlich in den nomadischen Randgebieten Judas tradiert, aus denen die Laienquelle stammt. 2. Der ursprüngliche Name des Helden war sicher Jerubbaal, d. i. Baal streitet. Dieser Name deutet auf die Frühzeit der israelitischen Geschichte hin. Es ist ziemlich sicher, daß Jerubbaal ein kanaanäischer König war, der für die Israeliten deshalb von Bedeutung wurde, weil er in Durchsetzung der Blutrache für seine Brüder (Richter 8,13-21) in den midianitischen Königen Sebach und Zalmunna auch zwei mächtige Gegner Israels schlug. Dadurch rückte er in die Reihe der Helden der israelitischen Stämme, ohne selber ein Israelit zu sein. Der alte Mythos erzählt noch, daß er nach der Schlacht mit seinem Haus- und Orakelgott, den er aus der Beute anfertigen ließ, in sein Haus zurückkehrte. 3. Daß dieser Jerubbaal-Gideon Jahwe einen Altar baut, ist dem alten orientalischen Erzähler selbstverständlich. Der biblische Erzähler verknüpft eine Kultlegende mit dem großen Helden und deckt somit dessen ehemalige königliche Göttlichkeit für den Israeliten zu. 4. Der späteren deuteronomistischen Überlieferung war der Name Jerubbaal für den Heros unbequem. Ihr entspringt der Mythos von dem gehorsamen Gideon, der das Heiligtum des Baals und der Asera umreißt und der zugunsten Jahwes, d. h. der Priester, auf den Thron verzichtet. Sie versucht, eine Erklärung des Namens Jerubbaal (= Gideon) zu geben, die im Widerspruch zu der eigentlichen Bedeutung des Namens steht. Aber der deuteronomistischen Tradition ist es zu verdanken, daß sie den Namen Gideon konsequent in der Geschichte durchgesetzt hat. Gideon heißt „der Fäller", d. i. derjenige, der Menschen erschlägt. Diese Apposition für einen Heerführer wird nun durch die Bilderstürmerei erklärt. Gideon ist nun weniger der große Held als vielmehr gehorsamer Knecht Jahwes. 159

Jahwe soll euer König sein. Doch als Gideon tot war, trieben <strong>die</strong><br />

Israeliten wieder <strong>die</strong> Abgötterei mit den alten Baalen <strong>und</strong> erkoren<br />

sich sogar den B<strong>und</strong>esbaal von Sichern zum <strong>Gott</strong> <strong>und</strong> vergaßen<br />

alles, was Jahwe an Gideon <strong>und</strong> Israel Gutes getan hatte.<br />

Wieder andere wissen noch zu erzählen, daß Gideon ein großer<br />

Zauderer gewesen sei, der sich sehr gesträubt habe, in den Krieg<br />

zu ziehen. Und deshalb bat er Elohim zweimal um ein Zeichen. In<br />

der ersten Nacht erbat er, daß das Schafvlies auf dem Druschplatz<br />

allein vom Tau befeuchtet sein sollte, der Druschplatz aber nicht.<br />

Als Elohim ihm <strong>die</strong>ses Zeichen gab, erbat Gideon für <strong>die</strong> folgende<br />

Nacht, das Vlies möge trocken sein, der Druschplatz aber taufeucht.<br />

Und Elohim gewährte ihm auch <strong>die</strong>se Bitte.<br />

Richter 6,1.4-6.11-24.33-34; 7,9-8,1; 8,24-27a.29-32; 6,25-32;<br />

7,2-7; 8,22-23.33-35; 6,36-40.<br />

1. Die Legende von Gideon, mit dem man im Bauernkrieg Thomas Müntzer<br />

verglich, ist eindrucksvoll geschildert. Sie war bestimmend für <strong>die</strong><br />

Anforderungen an den Führer des Heerbannes. Dieser gilt den Überlieferern<br />

mehr als der König. Die Geschichte von Gideon ist vermutlich in den<br />

nomadischen Randgebieten Judas tra<strong>die</strong>rt, aus denen <strong>die</strong> Laienquelle stammt.<br />

2. Der ursprüngliche Name des Helden war sicher Jerubbaal, d. i. Baal<br />

streitet. Dieser Name deutet auf <strong>die</strong> Frühzeit der israelitischen Geschichte hin.<br />

Es ist ziemlich sicher, daß Jerubbaal ein kanaanäischer König war, der für <strong>die</strong><br />

Israeliten deshalb von Bedeutung wurde, weil er in Durchsetzung der<br />

Blutrache für seine Brüder (Richter 8,13-21) in den midianitischen Königen<br />

Sebach <strong>und</strong> Zalmunna auch zwei mächtige Gegner Israels schlug. Dadurch<br />

rückte er in <strong>die</strong> Reihe der Helden der israelitischen Stämme, ohne selber ein<br />

Israelit zu sein. Der alte Mythos erzählt noch, daß er nach der Schlacht mit<br />

seinem Haus- <strong>und</strong> Orakelgott, den er aus der Beute anfertigen ließ, in sein<br />

Haus zurückkehrte.<br />

3. Daß <strong>die</strong>ser Jerubbaal-Gideon Jahwe einen Altar baut, ist dem alten<br />

orientalischen Erzähler selbstverständlich. Der biblische Erzähler verknüpft<br />

eine Kultlegende mit dem großen Helden <strong>und</strong> deckt somit dessen ehemalige<br />

königliche Göttlichkeit für den Israeliten zu.<br />

4. Der späteren deuteronomistischen Überlieferung war der Name Jerubbaal<br />

für den Heros unbequem. Ihr entspringt der Mythos von dem gehorsamen<br />

Gideon, der das Heiligtum des Baals <strong>und</strong> der Asera umreißt <strong>und</strong> der<br />

zugunsten Jahwes, d. h. der Priester, auf den Thron verzichtet. Sie versucht,<br />

eine Erklärung des Namens Jerubbaal (= Gideon) zu geben, <strong>die</strong> im<br />

Widerspruch zu der eigentlichen Bedeutung des Namens steht. Aber der<br />

deuteronomistischen Tradition ist es zu verdanken, daß sie den Namen<br />

Gideon konsequent in der Geschichte durchgesetzt hat. Gideon heißt „der<br />

Fäller", d. i. derjenige, der Menschen erschlägt. Diese Apposition für einen<br />

Heerführer wird nun durch <strong>die</strong> Bilderstürmerei erklärt. Gideon ist nun weniger<br />

der große Held als vielmehr gehorsamer Knecht Jahwes.<br />

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