Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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. Andere erzählten, <strong>Gott</strong> Jahwe habe Mose ein anderes Gesetz<br />
auf dem Sinai gegeben, nämlich:<br />
Du sollst dich vor keinem anderen <strong>Gott</strong> niederwerfen. Du sollst dir<br />
keine gegossenen <strong>Gott</strong>esbilder machen. Du sollst das Fest der<br />
ungesäuerten Brote halten. Alle Erstgeburt von Vieh <strong>und</strong> Mensch<br />
gehört mir. Du sollst das Wochenfest einhalten. Du sollst das<br />
Herbstfest zur Jahreswende feiern. Du sollst das Blut des<br />
Opferlammes nicht zusammen mit Gesäuertem opfern. Du sollst<br />
das Opfer des Passahlammes nicht bis zum nächsten Tage<br />
aufbewahren. Du sollst das Tierjunge nicht in der Milch seiner<br />
Mutter kochen. Du sollst <strong>die</strong> ersten Früchte des Ackerlandes zum<br />
Hause deines <strong>Gott</strong>es Jahwe bringen.<br />
II. Mose 34,1-26.<br />
1. Die zehn Gebote (der griechische Begriff Dekalog ist kirchengeschichtlich<br />
festgelegt) sind zum Inbegriff des <strong>Gott</strong>esgesetzes geworden. Die<br />
verschiedenen Überlieferungen <strong>die</strong>ses Gesetzes stammen aus<br />
unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen <strong>und</strong> haben <strong>die</strong> Zeitverschiebungen<br />
nur überdauert, weil <strong>die</strong> verschiedenen Bevölkerungsgruppen sehr lange an<br />
ihren Besonderheiten festgehalten haben. Das Gr<strong>und</strong>gerüst des Dekalogs aus<br />
der Laienquelle, wie es aus II. Mose 34 zu erschließen ist, spiegelt <strong>die</strong> alte<br />
Institution des Stammeskultes wider. Der Familienälteste ist verantwortlich für<br />
<strong>die</strong> Beachtung der Opferriten. Dieser Dekalog ist reines Kultrecht. Er enthält<br />
keine zivilrechtlichen oder familienrechtlichen Bestimmungen. Die Ordnung<br />
der Großfamilie, des Clan, braucht solche Bestimmungen noch nicht, weil sie<br />
das Privateigentum an Produktionsmitteln, zu denen auch <strong>die</strong> Frau gehört,<br />
noch nicht kennt. Die gesellschaftliche Funktion der Eltern ist noch<br />
bedeutungslos.<br />
2. Im Gegensatz dazu ist der etwas jüngere elohistische Dekalog aus II.<br />
Mose 20, der zu der Bevölkerungsgruppe der alten, ehemals kanaanäischen<br />
Bevölkerungsreste gehört, wesentlich stärker zivilrechtlich orientiert. Hier sind<br />
nur <strong>die</strong> ersten drei Gebote kultischen Inhalts. Sie legen den Anspruch des<br />
<strong>Gott</strong>es fest, des heiligen Königs. Die anderen sieben Gebote sind rein<br />
zivilrechtlichen Charakters. Sie setzen das Privateigentum an<br />
Produktionsmitteln voraus. Dabei ist der ursprüngliche Wortlaut des zehnten<br />
Gebotes: „Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren", schon durch<br />
<strong>die</strong> nachfolgende detaillierte Angabe, was zum Hause gehört, erweitert.<br />
Die Ähnlichkeiten mit dem altbabylonischen Codex Hammurapi <strong>und</strong> den<br />
alten hethitischen oder assyrisch-babylonischen Gesetzessammlungen sind<br />
auf <strong>die</strong> vergleichsweise ähnlichen sozialökonomischen Verhältnisse vor der<br />
israelitischen Eroberung zurückzuführen. So heißt es z. B. in einer<br />
hethitischen Gesetzessammlung:<br />
„Wenn ein Mann seine eigene Mutter vergewaltigt, er soll bestraft werden.<br />
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