Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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jemanden bissen <strong>und</strong> er auf <strong>die</strong> Schlange blickte, dann blieb er am<br />
Leben.<br />
IV. Mose 21,4b-9.<br />
1. Dieser elohistische Mythos zeugt von einer tiefen Verwurzelung im<br />
mythologischen Denken. Jahwe erscheint als Herr der Schlangen, der<br />
Saraphen. Mythologisch ist <strong>die</strong> Schlange stets eine weibliche <strong>Gott</strong>heit. In<br />
Ägypten wird <strong>die</strong> Uräusschlange als Symbol der heiligen Königin von Buto<br />
zum Deutungszeichen für alle Göttinnennamen <strong>und</strong> schließlich zum<br />
Deutungszeichen für Göttin schlechthin. Die griechischen Schlangengöttinnen<br />
Hera <strong>und</strong> Persephone waren chronische Erdgöttinnen. Eine Schlangengöttin<br />
war auch <strong>die</strong> Pythia von Delphi. In Delphi hatte einstmals Apollo den Python<br />
getötet <strong>und</strong> sich an <strong>die</strong> Stelle der Pythia gedrängt, wie Jahwe <strong>die</strong> vermutliche<br />
Schlangengöttin von Kadesch verdrängt hatte. Kadesch ist einer der<br />
mythischen Ortsnamen auf der Wanderung. Der Name bedeutet sinngemäß<br />
„das Geheiligte" (siehe auch 4,5,b,3 <strong>und</strong> 6). Und wie der griechische Priester<br />
Apollos Funktion als Orakelgeber übernimmt, übernimmt Mose <strong>die</strong>se Funktion<br />
von Kadesch. Mose <strong>und</strong> Jahwe müssen offensichtlich den Zorn der<br />
entmächtigten Schlangengöttin von Kadesch besänftigen, indem sie ihr<br />
ehernes Bild errichten, bei dessen Anblick <strong>die</strong> Kranken genesen, <strong>die</strong> von der<br />
erzürnten Göttin geplagt wurden. Bei der Wanderung hatten <strong>die</strong> Israeliten<br />
vermutlich das alte Heiligtum <strong>und</strong> seine Priesterinnen geschändet.<br />
2. Der Mythos ist älter als das Bilderverbot <strong>und</strong> das Gesetz von der<br />
Verehrung nur eines <strong>Gott</strong>es <strong>und</strong> ist von Leuten überliefert, <strong>die</strong> im geheimen<br />
Widerspruch zur Lehre von Jerusalem stehen. Sinai <strong>und</strong> Kadesch stehen<br />
gleichberechtigt nebeneinander (siehe auch 4,5,b <strong>und</strong> 4,5,b,2), dabei ist der<br />
hebräische Gebrauch, <strong>die</strong> Schlange als maskulines Nomen zu behandeln, nur<br />
der deutliche Hinweis darauf, daß Jahwe <strong>die</strong> Funktion der Schlangengöttin<br />
übernommen hat. Die eherne Schlange des Mose war nach II. Könige 18,4<br />
noch bis zur Zeit des Königs Hiskia um 720 v. u. Z. in Jerusalem in kultischem<br />
Gebrauch. Man räucherte ihr als „Nechustan", bis Hiskia sie mit allen anderen<br />
<strong>Götter</strong>bildern zertrümmern ließ. Nechusta war ein Frauenname, was darauf<br />
hindeutet, daß <strong>die</strong>se <strong>Gott</strong>heit femininen Geschlechts war (II. Könige 24,8).<br />
3. Zur positiven Rolle der Schlange im Mythos von der Entstehung des<br />
Menschen siehe 3,1,8.<br />
5. 4 Die K<strong>und</strong>schaftergeschichten<br />
a. Als <strong>die</strong> Israeliten in der Steppe Paran in der Nähe von Kadesch<br />
waren, sandte Mose K<strong>und</strong>schafter in das Land aus, das vor ihnen<br />
lag; er beauftragte sie, zu erk<strong>und</strong>en, wie das Land beschaffen sei<br />
<strong>und</strong> wie sie wohnen. Sie gingen hin <strong>und</strong> kamen bis nach Hebron<br />
<strong>und</strong> trafen dort auf <strong>die</strong> Enakiter. Bei ihrer Rückkehr erzählten sie:<br />
Das Land ist reich. Aber <strong>die</strong> Leute im Lande sind stark <strong>und</strong> haben<br />
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