Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
Mose auf dem Berge Nebo, östlich von Jericho, nachdem er das Land gesehen hatte. II. Mose 16,15.22-31; 25 bis III. Mose 16; IV. Mose 1-10; 15,1; 16; 17-20,13.22 bis 29; 25,6-32; V. Mose 33,2.33-36. 1. Der priesterliche Erzähler berichtet die Geschichte unter einem aktuellen Gesichtspunkt, denn er will den Nachweis bringen, daß die Kultgemeinde, die mit persischer Billigung nach dem Exil entstanden ist, schon eine Stiftung Jahwes am Sinai war. Deshalb wird von den Begebenheiten der Wanderung wenig, aber von den von Jahwe erlassenen Gesetzen in aller Breite erzählt. Die gesamte Daseinsweise der Kultgemeinde um Tempel, Opfergesetze und Staatsgesetz wird in das Lager der Wanderer projiziert. So entsteht bei Isolierung dieser Tradition von Gott Jahwe das merkwürdige Bild, daß er auf der Wüstenwanderung seines Volkes nur Kleidersorgen seiner Priester und Gedanken für die Einrichtung seines Anwesens hat und daß seine größte Sorge darin besteht, daß seine Leute sich mit anderen Frauen abgeben könnten. Dahinter verbirgt sich vermutlich das puritanische und rigoristische Vorgehen der Restauratoren der Kultgemeinde von Jerusalem nach dem babylonischen Exil, von Esra und Nehemia, wie es in den beiden gleichnamigen Büchern beschrieben wird. Der Mythos von der Wanderung durch die Wüste unter der Führung Jahwes wird zu einer ätiologischen Sage über die Gestalt der Kultgemeinde von Jerusalem. Der Mythos tritt hier über seine Grenze in die Gesetzesätiologie ein. 5.3 Das Schlangenwunder von Kadesch Auf dem Wege nach Osten wurde das Volk Israel ungeduldig und lehnte sich gegen Jahwe und Mose auf: Warum habt ihr uns aus Ägypten herausgeführt? Sollen wir hier in der Wüste sterben? Es gibt kein Brot, kein Wasser, und wir ekeln uns vor dieser ärmlichen Nahrung. Da schickte Jahwe die Saraphe, die Schlangen. Diese bissen die Leute, und es starben viele von den Israeliten. Da kam das Volk zu Mose und sagte: Wir haben gefrevelt, als wir uns gegen dich und Jahwe empörten; bitte Jahwe, daß er uns von den Schlangen befreit. Da bat Mose um Erbarmen für das Volk. Jahwe aber sagte zu ihm: Mache dir einen Saraph und hänge ihn auf eine Stange. Jeder, der gebissen wird, soll am Leben bleiben, wenn er den Saraphen anschaut. Da machte Mose eine eherne Schlange und hängte sie auf eine Stange. Wenn die Schlangen nun 130
jemanden bissen und er auf die Schlange blickte, dann blieb er am Leben. IV. Mose 21,4b-9. 1. Dieser elohistische Mythos zeugt von einer tiefen Verwurzelung im mythologischen Denken. Jahwe erscheint als Herr der Schlangen, der Saraphen. Mythologisch ist die Schlange stets eine weibliche Gottheit. In Ägypten wird die Uräusschlange als Symbol der heiligen Königin von Buto zum Deutungszeichen für alle Göttinnennamen und schließlich zum Deutungszeichen für Göttin schlechthin. Die griechischen Schlangengöttinnen Hera und Persephone waren chronische Erdgöttinnen. Eine Schlangengöttin war auch die Pythia von Delphi. In Delphi hatte einstmals Apollo den Python getötet und sich an die Stelle der Pythia gedrängt, wie Jahwe die vermutliche Schlangengöttin von Kadesch verdrängt hatte. Kadesch ist einer der mythischen Ortsnamen auf der Wanderung. Der Name bedeutet sinngemäß „das Geheiligte" (siehe auch 4,5,b,3 und 6). Und wie der griechische Priester Apollos Funktion als Orakelgeber übernimmt, übernimmt Mose diese Funktion von Kadesch. Mose und Jahwe müssen offensichtlich den Zorn der entmächtigten Schlangengöttin von Kadesch besänftigen, indem sie ihr ehernes Bild errichten, bei dessen Anblick die Kranken genesen, die von der erzürnten Göttin geplagt wurden. Bei der Wanderung hatten die Israeliten vermutlich das alte Heiligtum und seine Priesterinnen geschändet. 2. Der Mythos ist älter als das Bilderverbot und das Gesetz von der Verehrung nur eines Gottes und ist von Leuten überliefert, die im geheimen Widerspruch zur Lehre von Jerusalem stehen. Sinai und Kadesch stehen gleichberechtigt nebeneinander (siehe auch 4,5,b und 4,5,b,2), dabei ist der hebräische Gebrauch, die Schlange als maskulines Nomen zu behandeln, nur der deutliche Hinweis darauf, daß Jahwe die Funktion der Schlangengöttin übernommen hat. Die eherne Schlange des Mose war nach II. Könige 18,4 noch bis zur Zeit des Königs Hiskia um 720 v. u. Z. in Jerusalem in kultischem Gebrauch. Man räucherte ihr als „Nechustan", bis Hiskia sie mit allen anderen Götterbildern zertrümmern ließ. Nechusta war ein Frauenname, was darauf hindeutet, daß diese Gottheit femininen Geschlechts war (II. Könige 24,8). 3. Zur positiven Rolle der Schlange im Mythos von der Entstehung des Menschen siehe 3,1,8. 5. 4 Die Kundschaftergeschichten a. Als die Israeliten in der Steppe Paran in der Nähe von Kadesch waren, sandte Mose Kundschafter in das Land aus, das vor ihnen lag; er beauftragte sie, zu erkunden, wie das Land beschaffen sei und wie sie wohnen. Sie gingen hin und kamen bis nach Hebron und trafen dort auf die Enakiter. Bei ihrer Rückkehr erzählten sie: Das Land ist reich. Aber die Leute im Lande sind stark und haben 131
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Mose auf dem Berge Nebo, östlich von Jericho, nachdem er das<br />
Land gesehen hatte.<br />
II. Mose 16,15.22-31; 25 bis III. Mose 16;<br />
IV. Mose 1-10; 15,1; 16; 17-20,13.22 bis 29; 25,6-32;<br />
V. Mose 33,2.33-36.<br />
1. Der priesterliche Erzähler berichtet <strong>die</strong> Geschichte unter einem aktuellen<br />
Gesichtspunkt, denn er will den Nachweis bringen, daß <strong>die</strong> Kultgemeinde, <strong>die</strong><br />
mit persischer Billigung nach dem Exil entstanden ist, schon eine Stiftung<br />
Jahwes am Sinai war. Deshalb wird von den Begebenheiten der Wanderung<br />
wenig, aber von den von Jahwe erlassenen Gesetzen in aller Breite erzählt.<br />
Die gesamte Daseinsweise der Kultgemeinde um Tempel, Opfergesetze <strong>und</strong><br />
Staatsgesetz wird in das Lager der Wanderer projiziert. So entsteht bei<br />
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der Wüstenwanderung seines Volkes nur Kleidersorgen seiner Priester <strong>und</strong><br />
Gedanken für <strong>die</strong> Einrichtung seines Anwesens hat <strong>und</strong> daß seine größte<br />
Sorge darin besteht, daß seine Leute sich mit anderen Frauen abgeben<br />
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Dahinter verbirgt sich vermutlich das puritanische <strong>und</strong> rigoristische Vorgehen<br />
der Restauratoren der Kultgemeinde von Jerusalem nach dem babylonischen<br />
Exil, von Esra <strong>und</strong> Nehemia, wie es in den beiden gleichnamigen Büchern<br />
beschrieben wird. Der Mythos von der Wanderung durch <strong>die</strong> Wüste unter der<br />
Führung Jahwes wird zu einer ätiologischen Sage über <strong>die</strong> Gestalt der<br />
Kultgemeinde von Jerusalem. Der Mythos tritt hier über seine Grenze in <strong>die</strong><br />
Gesetzesätiologie ein.<br />
5.3 Das Schlangenw<strong>und</strong>er von Kadesch<br />
Auf dem Wege nach Osten wurde das Volk Israel ungeduldig <strong>und</strong><br />
lehnte sich gegen Jahwe <strong>und</strong> Mose auf: Warum habt ihr uns aus<br />
Ägypten herausgeführt? Sollen wir hier in der Wüste sterben? Es<br />
gibt kein Brot, kein Wasser, <strong>und</strong> wir ekeln uns vor <strong>die</strong>ser ärmlichen<br />
Nahrung. Da schickte Jahwe <strong>die</strong> Saraphe, <strong>die</strong> Schlangen. Diese<br />
bissen <strong>die</strong> Leute, <strong>und</strong> es starben viele von den Israeliten. Da kam<br />
das Volk zu Mose <strong>und</strong> sagte: Wir haben gefrevelt, als wir uns gegen<br />
dich <strong>und</strong> Jahwe empörten; bitte Jahwe, daß er uns von den<br />
Schlangen befreit. Da bat Mose um Erbarmen für das Volk. Jahwe<br />
aber sagte zu ihm: Mache dir einen Saraph <strong>und</strong> hänge ihn auf eine<br />
Stange. Jeder, der gebissen wird, soll am Leben bleiben, wenn er<br />
den Saraphen anschaut. Da machte Mose eine eherne Schlange<br />
<strong>und</strong> hängte sie auf eine Stange. Wenn <strong>die</strong> Schlangen nun<br />
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