Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie
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5 Die Eroberung Kanaans<br />
5.1 Das Meerw<strong>und</strong>er<br />
a. Die Israeliten zogen kampfgerüstet aus dem ägyptischen<br />
Ramses zunächst auf Sukkoth zu, um der ägyptischen Knechtschaft<br />
zu entfliehen. Jahwe aber zog vor ihnen her. Am Tage war er in<br />
einer Wolkensäule, um sie den Weg zu führen, <strong>und</strong> in der Nacht in<br />
einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten. Als aber Pharao mit seinen<br />
Truppen ihnen nachzog, gerieten <strong>die</strong> Israeliten in große Furcht. Da<br />
änderte <strong>die</strong> Wolkensäule ihre Stellung. Sie trat hinter das Heer der<br />
Israeliten <strong>und</strong> trennte auch nachts als Feuersäule <strong>die</strong> beiden Heere.<br />
Jahwe aber legte das Meer trocken. Die Israeliten zogen hindurch.<br />
Und in der Morgenfrühe wandte sich Jahwe in der Wolken- <strong>und</strong><br />
Feuersäule gegen das Heer der Ägypter <strong>und</strong> brachte sie in<br />
Verwirrung, so daß sie fliehen wollten. Aber da brach schon der Tag<br />
an, <strong>und</strong> das Meer strömte zurück <strong>und</strong> überwältigte <strong>die</strong> Ägypter. So<br />
errettete Jahwe an einem Tage Israel aus der Gewalt der Ägypter,<br />
<strong>und</strong> Israel sah <strong>die</strong> Ägypter tot am Meeresufer liegen. Und Israel<br />
erkannte <strong>die</strong> große W<strong>und</strong>ertat, <strong>die</strong> Jahwe vollbracht hatte.<br />
ll. Mose 12,37; 13,21; 14,19b.21b.24.30.<br />
1. Die jahwistische Überlieferung des Durchzuges durch das Meer lokalisiert<br />
den Mythos an den Ostrand des Nildeltas. Jahwe läßt durch den Ostwind den<br />
Rand des Meeres für <strong>die</strong> Israeliten passierbar sein, während mit dem<br />
anbrechenden Morgen andere Windverhältnisse das Wasser zurückschlagen<br />
lassen, wodurch das Heer der Ägypter geschlagen wird.<br />
Jahwe ist Herr über <strong>die</strong> kosmischen Mächte. Wind <strong>und</strong> Wasser gehorchen<br />
ihm. Er ist der Wettergott (siehe 2,2). Der Mythos rechnet nicht mit Zuhörern,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Ursachen des Phänomens rational erklären wollen. Seine Aufgabe ist,<br />
<strong>die</strong> Allmacht Jahwes darzustellen, der seinem kampfgerüsteten Volk beisteht.<br />
Jahwe vereint in sich <strong>die</strong> Funktionen von Zeus <strong>und</strong> Poseidon <strong>und</strong> hat wie<br />
<strong>die</strong>se <strong>die</strong> Mondgöttin überw<strong>und</strong>en, <strong>die</strong> einstmals Herrscherin von Himmel <strong>und</strong><br />
Erde, Meer <strong>und</strong> Unterwelt war <strong>und</strong> deren dreigestaltigen Typ etwa <strong>die</strong><br />
griechischen Göttinnen Eurynome, Eurybia <strong>und</strong> Eurydike darstellen.<br />
2. Jahwe ist unbesiegbar. Der Sonnenaufgang besiegelt das Schicksal der<br />
Ägypter. Darin offenbart sich antiägyptische Polemik. Denn der Pharao war ja<br />
wie „Ra, wenn er im Horizonte aufgeht, damit er Licht spende dem, der im<br />
Dunkeln ist, der <strong>die</strong> beiden Länder überschwemmt mit seinem Glanz wie <strong>die</strong><br />
Sonnenscheibe am Morgen", wie es in einem ägyptischen Osiristext aus dem<br />
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