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Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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1. Die priesterschriftliche Version der Mosegeschichte beschränkt <strong>die</strong><br />

Wirksamkeit des Mose auf seine Führungstätigkeit. Alle priesterlichen<br />

Funktionen werden Aaron zugeschrieben. Aaron ist Priester <strong>und</strong> Prophet.<br />

Mose ist der Übermittler des Jahwewillens. Als <strong>Gott</strong>heit gilt er nur gegenüber<br />

dem Pharao.<br />

2. Die priesterschriftliche <strong>Mythologie</strong> ist wesentlich kultätiologisch bestimmt.<br />

Die Auswanderung aus Ägypten ist <strong>die</strong> Begründung für das Passahfest. Die<br />

Stammesordnung im Heerbann <strong>und</strong> Lager ist das Vorbild für <strong>die</strong> priesterliche<br />

Steuerordnung. Die Beschreibung des <strong>Gott</strong>eszeltes <strong>und</strong> aller<br />

Opferzeremonien <strong>die</strong>nt der Rechtfertigung des aufwendigen Tempelbetriebes<br />

nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Die priesterliche Hierarchie<br />

ist gottgewollt, denn Jahwe bringt alle um, <strong>die</strong> sich gegen <strong>die</strong> heilige Institution<br />

empören.<br />

3. Das priesterliche Interesse an der Gestalt des Mose war konfrontiert mit<br />

der in den einzelnen Stammestraditionen lebendigen Moseüberlieferung, <strong>die</strong><br />

man nicht verändern konnte. Deshalb hat <strong>die</strong> priesterliche Tradition keine<br />

neuen Mythologeme eingefügt, sondern versucht, überall zu mildern. Nur in<br />

der Beurteilung des Volkes ist sie schärfer, indem sie mit Vorliebe formuliert:<br />

<strong>die</strong> ganze Gemeinde empörte sich oder murrte wider Mose <strong>und</strong> Aaron. Aaron<br />

aber rettet dann immer wieder das Volk vor dem Fluch Jahwes. Dem Priester<br />

wird <strong>die</strong> Heilsrolle zugeschrieben. Darin wird <strong>die</strong> nachexilische Situation<br />

sichtbar, in der nur noch das Priesteramt am wiederaufgebauten Tempel in<br />

Jerusalem eine Bedeutung besitzt.<br />

4. Biographische Anmerkungen über Mose <strong>und</strong> Aaron gibt der priesterliche<br />

Text nicht. Daran hat er begreiflicherweise kein Interesse. Ihm geht es<br />

wesentlich um <strong>die</strong> historische Untermauerung seines Machtanspruches.<br />

Deshalb referiert er <strong>die</strong> vielen Steuerlisten <strong>und</strong> das ganze Abgabensystem,<br />

das vor allem auf Leistungen an Jahwe zu Händen der Priester zielt, <strong>und</strong><br />

beschreibt ganz ausführlich das Aussehen des Heiligtums.<br />

5. Die Zahlen der Priesterschrift sind Phantasiezahlen <strong>und</strong> stehen in keiner<br />

Relation zu tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie aus den archäologischen<br />

Beweisstücken zu erschließen sind; denn der Orientale übertreibt gerne beim<br />

Erzählen. Deutlich wird <strong>die</strong> Position der priesterlichen Tendenz aber in der<br />

antimidianitischen Polemik. Sie läßt den Rückschluß zu, daß Mose aus<br />

midianitische Tradition kommt.<br />

6. Die antilevitische Haltung der Priesterschrift beruht auf der Erfahrung, daß<br />

<strong>die</strong> Leviten vermutlich ihr Recht, Asylstädte zu unterhalten (4. Mose 35), dahin<br />

ausnutzten, allmählich eine oppositionelle Haltung zu dem Priestertum von<br />

Jerusalem zu entwickeln. Darin wurden sie sicher noch bestärkt, als sie immer<br />

mehr in <strong>die</strong> Rolle des Klerus minor hineingedrückt werden.<br />

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