Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

erneut wider Mose und Aaron zusammen und schrie: Warum habt ihr uns hierhergebracht, daß wir und unser Vieh hier umkommen sollen? Wären wir doch nur mit unseren Brüdern gestorben, die Jahwe getötet hat. Aber Jahwe sagte zu Mose und Aaron: Laßt die Leute zusammenkommen, und redet vor ihnen mit dem Felsen, so wird er Wasser geben. Doch Mose und Aaron redeten nicht nur mit dem Felsen, sondern schlugen ihn mit dem Priesterstabe Aarons. Der Felsen gab reichlich Wasser für Menschen und alles Vieh; Jahwe aber war zornig auf Mose und Aaron, weil sie ihm nicht geglaubt hatten, daß der Felsen auf Zureden Wasser geben würde, sondern ihn geschlagen hatten. Deshalb durften Mose und Aaron nicht das Volk in das Gelobte Land hineinbringen. Und Aaron starb am Berge Hör. Hierauf zogen die Israeliten weiter bis in die Steppen Moabs gegenüber Jericho. Regelmäßig wurde die Zahl der wehrund priesterschafts-steuerpflichtigen Männer mit Namen festgehalten. Bei der letzten Zählung vor dem Einzug in das Land Kanaan waren es 601.730 Männer. Sie schlugen aber auch die Midianiter und brandschatzten alles und ließen nur die minderjährigen Mädchen am Leben. Und Mose schrieb die ganze Wanderzeit mit allen Orten und Begebenheiten auf und setzte auch die Leute ein, die im Lande selbst für die gerechte Verteilung sorgen sollten. Den Leviten sollten im ganzen Lande achtundvierzig Städte mit Weideland um die Städte herum als Erbteil zugewiesen werden. Sechs Orte aber sollten Asylstädte sein für diejenigen, die einen Totschlag begehen oder unvorsätzlich einen Menschen töten. Dort sollte ihnen Asyl bis zum Urteil oder bis zum Tode des jeweiligen Hohenpriesters gewährt sein. Denn jeder neue Hohepriester erließ eine Amnestie. Mose starb aber auf dem Berge Nebo, nachdem er das Land gesehen hatte, das er selber nicht mehr betreten sollte. Er starb im Alter von 120 Jahren, und die Israeliten beweinten ihn dreißig Tage. II. Mose 6-9; 12; 14,4; 16,1-4; 24,15-18; 25; 34,29; 35-40; IV. Mose 1; 7; 13; 14; 16; 17,6-7; 20; 26; 31; 33,2-3; 35; V. Mose 32,48-52; 34,7-8. 122

1. Die priesterschriftliche Version der Mosegeschichte beschränkt die Wirksamkeit des Mose auf seine Führungstätigkeit. Alle priesterlichen Funktionen werden Aaron zugeschrieben. Aaron ist Priester und Prophet. Mose ist der Übermittler des Jahwewillens. Als Gottheit gilt er nur gegenüber dem Pharao. 2. Die priesterschriftliche Mythologie ist wesentlich kultätiologisch bestimmt. Die Auswanderung aus Ägypten ist die Begründung für das Passahfest. Die Stammesordnung im Heerbann und Lager ist das Vorbild für die priesterliche Steuerordnung. Die Beschreibung des Gotteszeltes und aller Opferzeremonien dient der Rechtfertigung des aufwendigen Tempelbetriebes nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil. Die priesterliche Hierarchie ist gottgewollt, denn Jahwe bringt alle um, die sich gegen die heilige Institution empören. 3. Das priesterliche Interesse an der Gestalt des Mose war konfrontiert mit der in den einzelnen Stammestraditionen lebendigen Moseüberlieferung, die man nicht verändern konnte. Deshalb hat die priesterliche Tradition keine neuen Mythologeme eingefügt, sondern versucht, überall zu mildern. Nur in der Beurteilung des Volkes ist sie schärfer, indem sie mit Vorliebe formuliert: die ganze Gemeinde empörte sich oder murrte wider Mose und Aaron. Aaron aber rettet dann immer wieder das Volk vor dem Fluch Jahwes. Dem Priester wird die Heilsrolle zugeschrieben. Darin wird die nachexilische Situation sichtbar, in der nur noch das Priesteramt am wiederaufgebauten Tempel in Jerusalem eine Bedeutung besitzt. 4. Biographische Anmerkungen über Mose und Aaron gibt der priesterliche Text nicht. Daran hat er begreiflicherweise kein Interesse. Ihm geht es wesentlich um die historische Untermauerung seines Machtanspruches. Deshalb referiert er die vielen Steuerlisten und das ganze Abgabensystem, das vor allem auf Leistungen an Jahwe zu Händen der Priester zielt, und beschreibt ganz ausführlich das Aussehen des Heiligtums. 5. Die Zahlen der Priesterschrift sind Phantasiezahlen und stehen in keiner Relation zu tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie aus den archäologischen Beweisstücken zu erschließen sind; denn der Orientale übertreibt gerne beim Erzählen. Deutlich wird die Position der priesterlichen Tendenz aber in der antimidianitischen Polemik. Sie läßt den Rückschluß zu, daß Mose aus midianitische Tradition kommt. 6. Die antilevitische Haltung der Priesterschrift beruht auf der Erfahrung, daß die Leviten vermutlich ihr Recht, Asylstädte zu unterhalten (4. Mose 35), dahin ausnutzten, allmählich eine oppositionelle Haltung zu dem Priestertum von Jerusalem zu entwickeln. Darin wurden sie sicher noch bestärkt, als sie immer mehr in die Rolle des Klerus minor hineingedrückt werden. 123

erneut wider Mose <strong>und</strong> Aaron zusammen <strong>und</strong> schrie: Warum habt<br />

ihr uns hierhergebracht, daß wir <strong>und</strong> unser Vieh hier umkommen<br />

sollen? Wären wir doch nur mit unseren Brüdern gestorben, <strong>die</strong><br />

Jahwe getötet hat. Aber Jahwe sagte zu Mose <strong>und</strong> Aaron: Laßt <strong>die</strong><br />

Leute zusammenkommen, <strong>und</strong> redet vor ihnen mit dem Felsen, so<br />

wird er Wasser geben. Doch Mose <strong>und</strong> Aaron redeten nicht nur mit<br />

dem Felsen, sondern schlugen ihn mit dem Priesterstabe Aarons.<br />

Der Felsen gab reichlich Wasser für Menschen <strong>und</strong> alles Vieh;<br />

Jahwe aber war zornig auf Mose <strong>und</strong> Aaron, weil sie ihm nicht<br />

geglaubt hatten, daß der Felsen auf Zureden Wasser geben würde,<br />

sondern ihn geschlagen hatten. Deshalb durften Mose <strong>und</strong> Aaron<br />

nicht das Volk in das Gelobte Land hineinbringen. Und Aaron starb<br />

am Berge Hör. Hierauf zogen <strong>die</strong> Israeliten weiter bis in <strong>die</strong> Steppen<br />

Moabs gegenüber Jericho. Regelmäßig wurde <strong>die</strong> Zahl der wehr<strong>und</strong><br />

priesterschafts-steuerpflichtigen Männer mit Namen<br />

festgehalten. Bei der letzten Zählung vor dem Einzug in das Land<br />

Kanaan waren es 601.730 Männer.<br />

Sie schlugen aber auch <strong>die</strong> Midianiter <strong>und</strong> brandschatzten alles<br />

<strong>und</strong> ließen nur <strong>die</strong> minderjährigen Mädchen am Leben.<br />

Und Mose schrieb <strong>die</strong> ganze Wanderzeit mit allen Orten <strong>und</strong><br />

Begebenheiten auf <strong>und</strong> setzte auch <strong>die</strong> Leute ein, <strong>die</strong> im Lande<br />

selbst für <strong>die</strong> gerechte Verteilung sorgen sollten. Den Leviten sollten<br />

im ganzen Lande acht<strong>und</strong>vierzig Städte mit Weideland um <strong>die</strong><br />

Städte herum als Erbteil zugewiesen werden. Sechs Orte aber<br />

sollten Asylstädte sein für <strong>die</strong>jenigen, <strong>die</strong> einen Totschlag begehen<br />

oder unvorsätzlich einen Menschen töten. Dort sollte ihnen Asyl bis<br />

zum Urteil oder bis zum Tode des jeweiligen Hohenpriesters<br />

gewährt sein. Denn jeder neue Hohepriester erließ eine Amnestie.<br />

Mose starb aber auf dem Berge Nebo, nachdem er das Land<br />

gesehen hatte, das er selber nicht mehr betreten sollte. Er starb im<br />

Alter von 120 Jahren, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Israeliten beweinten ihn dreißig Tage.<br />

II. Mose 6-9; 12; 14,4; 16,1-4; 24,15-18; 25; 34,29; 35-40; IV. Mose 1; 7; 13;<br />

14; 16; 17,6-7; 20; 26; 31; 33,2-3; 35; V. Mose 32,48-52; 34,7-8.<br />

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