Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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30.12.2012 Aufrufe

Untergang des Nordreiches haben prophetische Kreise den Namen wieder nur kultisch verstanden wissen wollen, als Bezeichnung für „das wahre Gottesvolk". Diese Bedeutung hat der Name auch im Neuen Testament, z. B. Matthäus 8,10; 10,6; 15,24 und 15,31, oder Lukas 1,68 und 1,80; Paulus hat in seinem Römerbrief die Kapitel 9-11 dem Problem gewidmet. 3. Im Gesamtrahmen der priesterlichen Tradition tritt die Jakob-Israel- Überlieferung nicht besonders hervor. Das nachexilische Zeitalter hat kein großes Interesse an der politisch-historischen Leistung des Stämmebundes. Sein Interesse liegt in der Bewahrung kultrechtlicher Traditionen. Da Jakob aber überhaupt nicht mit dem Tempel von Jerusalem zu verbinden war, wohl aber mit den für diese Zeit zweifelhaften Heiligtümern von Bethel, Sichern und Hebron, wird er am Rande behandelt. d. Jakob war allein am Ufer des Jabbok am Abend vor der Begegnung mit Esau zurückgeblieben. Da rang einer mit ihm bis zur Morgenröte. Und als dieser sah, daß er Jakob nicht bezwingen konnte, schlug er ihn auf die Hüfte und verrenkte sie ihm. Als aber die Morgenröte sich erhob, sagte der Angreifer zu Jakob: Laß mich los. Doch Jakob antwortete: Ich lasse dich erst los, wenn du mich gesegnet hast. Da sagte der Gegner zu ihm: Du sollst Israel heißen, denn du hast mit Gott und Menschen gekämpft und bist Sieger geblieben. Aber meinen Namen sollst du nicht erfragen. Und er segnete ihn. Jakob nannte die Stätte Pniel, weil er Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte und war doch mit dem Leben davongekommen. I. Mose 32,24b-32. 1. Diese altertümliche Geschichte wird der Laienquelle aus dem Süden Palästinas zuzuschreiben sein. Die Ortsätiologie Pniel, „ich habe Gott gesehen", ist sicher nicht an die Person Jakobs gebunden gewesen, sondern an einen anderen Heros. Aber in der Bindung an den Erzvater Jakob-Israel ergibt sich für den Vertreter der Nomadenvölker aus dem Süden Judas die Möglichkeit zu erzählen, daß Menschen Jahwe von Angesicht zu Angesicht sehen können, ohne zu sterben. Jahwe ist ein Mann, der sich auf einen Zweikampf einläßt, und keine Figur, die im Adyton thront wie die Könige von Jerusalem. 2. Der Name der Gottheit bleibt unbekannt. Wir haben aber Grund anzunehmen, daß es ursprünglich ein Mondgott gewesen ist, denn der Kampf beginnt mit der Abenddämmerung und endet bei Aufgang des Morgenrots. Jakob kämpft als Vertreter Jahwes gegen Elohim. Diese ursprüngliche Form des Mythos ist noch erhalten. Einen ähnlichen Götterkampf berichtet auch der Baal-Mythos aus Ugarit: „M't war stark, Baal war stark. Sie stießen einander wie Wildrinder. M't war stark, Baal war stark; sie bissen einander wie Schlangen. M't war stark, Baal war stark, sie stießen einander wie stürmende 102

Pferde. M't fiel nieder, Baal fiel über ihn. Es rief aber Sps (das ist der Sonnengott, im hebr. Sanis) den Urteilsspruch zugunsten Baals aus." e. Als Sichern, der Sohn Chamors, die Dina, eine Tochter Jakobs, erblickte, der im Gebiete Chamors lagerte, ergriff er sie und vergewaltigte sie. Jakob aber erfuhr dies und teilte es seinen Söhnen mit, als sie von den Weideplätzen mit den Herden zurückkehrten. Die Söhne wurden zornig und gingen auf das Angebot Sichems, weil er das Mädchen liebgewonnen hatte, im nachhinein den Kaufpreis in unbegrenzter Höhe zu zahlen, nicht ein, sondern Simeon und Levi überfielen nach drei Tagen die arglose Stadt, erschlugen alle Männer einschließlich Sichern und holten Dina aus seinem Hause und zogen ab. Jakob war darüber entsetzt, denn er befürchtete, daß die Bewohner des Landes ringsum nun sich rächen würden. Simeon und Levi aber hatten nur die Antwort übrig: Durfte er unsere Schwester wie eine Hure behandeln? I. Mose 34,2-3.5.7.11-14.25-26.30-31. 1. Die Geschichte von der Ermordung der Sichemiten, im Gegensatz zu der elohistischen Version (4,3,f), motiviert die Bluttat mit der Vergewaltigung der Dina durch Sichern. Jakob wird aus der Geschichte herausgehalten. Simeon und Levi müssen die Übeltäter sein, denn sie haben zur Zeit der Abfassung des Mythos keine Weide- und Wohnplätze mehr im Lande. Der Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist sicher eine Interessenkollision der Sichemiten mit zwei Jakobsöhnen, den Stämmen Simeon und Levi, gewesen. Schändungen und Vergewaltigungen im Mythos spiegeln zumeist die Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Göttern wider. Der Kampf um die Frau ist der Kampf um die heilige Königin, die regierende Göttin. Diese darf nicht verlorengehen. Sichern verliert den Streit. Aus diesem alten Mythos hat die Laienquelle die moralische Fabel von der Unverletzbarkeit der Ehe gemacht, wie sie die Nomaden vertreten. Das Verhalten von Simeon und Levi wird vom Erzähler gebilligt. Für ihn gilt das königliche Recht nicht, er nimmt sich sein Recht selbst. Der heilige König Jakob steht teilnahmslos dabei, als Simeon und Levi handeln. Könige und Priester sind für den Erzähler der Laienquelle unbedeutende Randfiguren, denn das Recht und die Macht liegen bei dem Clan. Noch bestimmen die Stammesinteressen, was Recht und Unrecht ist. f. Als Sichern, der Sohn des Chamor, ein Fürst in Sichern, Jakobs Tochter Dina sah, verliebte er sich in sie und wollte sie heiraten. Und er bat seinen Vater, für ihn um das Mädchen zu werben. Chamor verhandelte mit Jakob: Bitte gebt meinem Sohn Sichern 103

Pferde. M't fiel nieder, Baal fiel über ihn. Es rief aber Sps (das ist der<br />

Sonnengott, im hebr. Sanis) den Urteilsspruch zugunsten Baals aus."<br />

e. Als Sichern, der Sohn Chamors, <strong>die</strong> Dina, eine Tochter Jakobs,<br />

erblickte, der im Gebiete Chamors lagerte, ergriff er sie <strong>und</strong><br />

vergewaltigte sie. Jakob aber erfuhr <strong>die</strong>s <strong>und</strong> teilte es seinen<br />

Söhnen mit, als sie von den Weideplätzen mit den Herden<br />

zurückkehrten. Die Söhne wurden zornig <strong>und</strong> gingen auf das<br />

Angebot Sichems, weil er das Mädchen liebgewonnen hatte, im<br />

nachhinein den Kaufpreis in unbegrenzter Höhe zu zahlen, nicht<br />

ein, sondern Simeon <strong>und</strong> Levi überfielen nach drei Tagen <strong>die</strong><br />

arglose Stadt, erschlugen alle Männer einschließlich Sichern <strong>und</strong><br />

holten Dina aus seinem Hause <strong>und</strong> zogen ab. Jakob war darüber<br />

entsetzt, denn er befürchtete, daß <strong>die</strong> Bewohner des Landes<br />

ringsum nun sich rächen würden. Simeon <strong>und</strong> Levi aber hatten nur<br />

<strong>die</strong> Antwort übrig: Durfte er unsere Schwester wie eine Hure<br />

behandeln?<br />

I. Mose 34,2-3.5.7.11-14.25-26.30-31.<br />

1. Die Geschichte von der Ermordung der Sichemiten, im Gegensatz zu der<br />

elohistischen Version (4,3,f), motiviert <strong>die</strong> Bluttat mit der Vergewaltigung der<br />

Dina durch Sichern. Jakob wird aus der Geschichte herausgehalten. Simeon<br />

<strong>und</strong> Levi müssen <strong>die</strong> Übeltäter sein, denn sie haben zur Zeit der Abfassung<br />

des Mythos keine Weide- <strong>und</strong> Wohnplätze mehr im Lande.<br />

Der Hintergr<strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Auseinandersetzung ist sicher eine<br />

Interessenkollision der Sichemiten mit zwei Jakobsöhnen, den Stämmen<br />

Simeon <strong>und</strong> Levi, gewesen. Schändungen <strong>und</strong> Vergewaltigungen im Mythos<br />

spiegeln zumeist <strong>die</strong> Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden <strong>Götter</strong>n<br />

wider. Der Kampf um <strong>die</strong> Frau ist der Kampf um <strong>die</strong> heilige Königin, <strong>die</strong><br />

regierende Göttin. Diese darf nicht verlorengehen. Sichern verliert den Streit.<br />

Aus <strong>die</strong>sem alten Mythos hat <strong>die</strong> Laienquelle <strong>die</strong> moralische Fabel von der<br />

Unverletzbarkeit der Ehe gemacht, wie sie <strong>die</strong> Nomaden vertreten. Das<br />

Verhalten von Simeon <strong>und</strong> Levi wird vom Erzähler gebilligt. Für ihn gilt das<br />

königliche Recht nicht, er nimmt sich sein Recht selbst. Der heilige König<br />

Jakob steht teilnahmslos dabei, als Simeon <strong>und</strong> Levi handeln. Könige <strong>und</strong><br />

Priester sind für den Erzähler der Laienquelle unbedeutende Randfiguren,<br />

denn das Recht <strong>und</strong> <strong>die</strong> Macht liegen bei dem Clan.<br />

Noch bestimmen <strong>die</strong> Stammesinteressen, was Recht <strong>und</strong> Unrecht ist.<br />

f. Als Sichern, der Sohn des Chamor, ein Fürst in Sichern, Jakobs<br />

Tochter Dina sah, verliebte er sich in sie <strong>und</strong> wollte sie heiraten.<br />

Und er bat seinen Vater, für ihn um das Mädchen zu werben.<br />

Chamor verhandelte mit Jakob: Bitte gebt meinem Sohn Sichern<br />

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