Beltz, Walter - Gott und die Götter - Biblische Mythologie

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vorher noch die Söhne Josephs, Ephraim und Manasse, gesegnet hatte. I. Mose 28,11.12.17-22; 29,15-28; 30,1-8.17-18; 31,4-45; 35,1-5; 46,1-5. 1. Der elohistische Erzähler nennt viele Taten Jakobs, die der jahwistische Erzähler tradierte, nicht. Der Herdenreichtum ist ein Geschenk Elohims und keine große Leistung des Erzvaters. Jakob handelt getreulich nach den Worten Elohims und errichtet in Bethel und Sichern Altäre und Masseben. Jakob ist ein tadelloser Frommer, Laban neidet ihm deshalb auch nicht den Reichtum, sondern sucht nur seinen Hausgott, als er ihm nachstellt. Elohim ist toleranter als Jahwe. Er duldet, daß die große Stammutter des Hauses Joseph einen Hausgott stiehlt und mit sich im Gepäck führt. Elohim segnet Jakob, der ihm viele Altäre errichtet, reichlich. Der elohistische Erzähler kennt das Zerwürfnis zwischen Esau und Jakob nicht. Für ihn sind die Völker freundlich gesonnene Brüder. Die antijerusalemische Opposition der nördlichen Stämme, in denen die alte kanaanäische Frömmigkeit noch sehr lebendig ist, kommt in der Schilderung der verschiedenen Heiligtümer zum Ausdruck. Sichern und Bethel gelten als von Jakob gegründete Heiligtümer, deshalb genießen sie so hohes Ansehen. 2. Der elohistische Erzähler kennt außerdem die Namensänderung Jakobs in „Israel" nicht, die auch in die priesterliche Tradition eingedrungen ist. In dieser Namensänderung liegt nämlich der Machtanspruch der Jerusalemer Hierarchie auf die Nordstämme begründet. Die aber huldigen ihrem partikularistischen Clangedanken und lehnen die Großreichsideologie der Königszeit ab. Die mythologische Bedeutung des elohistischen Jakob ist analog der Bedeutung des griechischen Heros Amphiktyon, eines der Söhne Deukalions, der im Namen seiner Frau, der Göttin Amphiktyonis, den ersten Bund der nordgriechischen Städte schuf, welchem Akrisios von Argos, einer der berühmten Zwillingsbrüder der griechischen Mythologie, die Verfassung gab. Die Griechen sagen ihm nach, daß er die Sitte einführte, den Wein mit Wasser zu mischen, um jeden Streit zwischen Trunkenen zu verhüten (siehe auch 4,3,c,2). c. Jakob reiste auf Befehl seines Vaters Isaak nach Haran und ehelichte dort Lea, Rahel und die Leibmägde der beiden, Silpha und Bilha. Mit ihnen und all seiner Habe kehrte er nach Kanaan zurück und blieb in Sichern. Und als Jakob einstmals nach Lus kam, erschien Elohim ihm und sprach zu ihm: Du heißest Jakob, du sollst fortan nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein - daher nennt man ihn Israel -, du sollst fruchtbar sein und zahlreiche Nachkommen haben. Das Land, das ich Abraham und Isaak verliehen habe, will ich dir verleihen, dir und deinen Nachkommen. - Und Jakob hatte zwölf Söhne: von Lea hatte er seinen Erstgeborenen Rüben, dazu Simeon, Levi, Juda, Issasar 100

und Sebulon. Von Rahel hatte er Joseph und Benjamin. Rahels Leibmagd Bilha hatte ihm Dan und Naphtali geboren, Leas Leibmagd Silpha aber Gad und Asser. Und mit ihnen kam Jakob nach Mamre bei Hebron zu seinem Vater Isaak. Als aber die große Hungersnot kam, zog Jakob mit seiner gesamten Nachkommenschaft, seinen Herden und allem Gut nach Ägypten. Vor seinem Tode adoptierte er noch die Söhne Josephs, die diesem in Ägypten geboren waren, Ephraim und Manasse, und sagte: Wie Rüben und Simeon sollen sie mir gelten. Die Kinder aber, die du nach ihnen zeugst, sollen dir bleiben und in ihrem Erbteil den Namen eines ihrer Brüder führen. Dann segnete er jeden einzelnen seiner Söhne mit einem besonderen Segen und befahl ihnen, ihn nach seinem Tode in der Gruft seiner Väter in Machpela bei Mamre beizusetzen. Seine Söhne gehorchten ihm und bestatteten ihn dort neben seiner Frau Lea. I. Mose 30,22; 31,18; 33,18; 35,6.9-13.22b-26; 46,6; 48,5; 50,12. 1. Die priesterliche Jakobgeschichte ist vor allem an zwei Themen interessiert. Einmal heiratet Jakob kultisch einwandfrei und wird auch rituell fehlerfrei begraben, und zum anderen ist es göttlicher Wille, daß Jakob Israel heißen und ein großes Volk werden soll. Dazu gehört, daß Jakob die Zwölfzahl seiner Söhne erhalten muß. Zu diesem Zweck adoptiert er die Josephsöhne Ephraim und Manasse. Der Erstgeborene Rüben hatte nämlich versucht, indem er die Nebenfrau seines Vaters beschlief (I. Mose 35,22), seinen Vater zu stürzen. Der Versuch ist mißlungen und Rüben ausgestoßen. Der zweitgeborene Simeon aber ist vermutlich bei seinem Abenteuer mit den Sichemiten (siehe 4,3,f) von diesen als Stamm aufgerieben. Das kultische Interesse der priesterlichen Kaste von Jerusalem braucht aber zwölf Stämme, die im Monatswechsel das Heiligtum in Jerusalem versorgen. Durch den Adoptionsakt Jakobs werden die realen Verhältnisse der frühen Königszeit, als Ephraim und Manasse schon im Lande weilen, in die Erzväterzeit verlegt. In der Bibel ist auch Jakob öfter als Name für das Volk Israel gebraucht. 2. In der ausführlichen Darstellung der Namensänderung offenbart sich die mythologische Funktion Jakobs. Er teilt sie mit seinem griechischen Äquivalent Hellen, Vater aller Griechen, Sohn des Amphiktyon. Hellen war der königliche Stellvertreter der Mondgöttin Selene, und seine Söhne waren die Stammväter der bedeutendsten Völker Griechenlands, die als patriarchalisch organisierte Wandervölker nach Griechenland eindrangen. Der Name Israel bedeutet „Gott (El) herrscht" oder „Gott leuchtet". Er ist wohl kanaanäischen Ursprungs. Die jahwistische Deutung in I. Mose 32,29 („du hast mit Gott und Menschen gekämpft und hast gesiegt"; vgl. 4,3,d) ist eine mehr volkstümliche Erklärung des Namens und entspricht nicht der ursprünglich sakralen Bedeutung des Namens, der für den Bund der Stämme seit der Landnahme gegolten haben mag. Säkulare Bedeutung hat der Name seit der Reichstrennung 932 für das Nordreich besessen. Aber nach dem 101

vorher noch <strong>die</strong> Söhne Josephs, Ephraim <strong>und</strong> Manasse, gesegnet<br />

hatte.<br />

I. Mose 28,11.12.17-22; 29,15-28; 30,1-8.17-18; 31,4-45; 35,1-5; 46,1-5.<br />

1. Der elohistische Erzähler nennt viele Taten Jakobs, <strong>die</strong> der jahwistische<br />

Erzähler tra<strong>die</strong>rte, nicht. Der Herdenreichtum ist ein Geschenk Elohims <strong>und</strong><br />

keine große Leistung des Erzvaters. Jakob handelt getreulich nach den<br />

Worten Elohims <strong>und</strong> errichtet in Bethel <strong>und</strong> Sichern Altäre <strong>und</strong> Masseben.<br />

Jakob ist ein tadelloser Frommer, Laban neidet ihm deshalb auch nicht den<br />

Reichtum, sondern sucht nur seinen Hausgott, als er ihm nachstellt. Elohim ist<br />

toleranter als Jahwe. Er duldet, daß <strong>die</strong> große Stammutter des Hauses Joseph<br />

einen Hausgott stiehlt <strong>und</strong> mit sich im Gepäck führt. Elohim segnet Jakob, der<br />

ihm viele Altäre errichtet, reichlich. Der elohistische Erzähler kennt das<br />

Zerwürfnis zwischen Esau <strong>und</strong> Jakob nicht. Für ihn sind <strong>die</strong> Völker fre<strong>und</strong>lich<br />

gesonnene Brüder.<br />

Die antijerusalemische Opposition der nördlichen Stämme, in denen <strong>die</strong> alte<br />

kanaanäische Frömmigkeit noch sehr lebendig ist, kommt in der Schilderung<br />

der verschiedenen Heiligtümer zum Ausdruck. Sichern <strong>und</strong> Bethel gelten als<br />

von Jakob gegründete Heiligtümer, deshalb genießen sie so hohes Ansehen.<br />

2. Der elohistische Erzähler kennt außerdem <strong>die</strong> Namensänderung Jakobs in<br />

„Israel" nicht, <strong>die</strong> auch in <strong>die</strong> priesterliche Tradition eingedrungen ist. In <strong>die</strong>ser<br />

Namensänderung liegt nämlich der Machtanspruch der Jerusalemer<br />

Hierarchie auf <strong>die</strong> Nordstämme begründet. Die aber huldigen ihrem<br />

partikularistischen Clangedanken <strong>und</strong> lehnen <strong>die</strong> Großreichsideologie der<br />

Königszeit ab. Die mythologische Bedeutung des elohistischen Jakob ist<br />

analog der Bedeutung des griechischen Heros Amphiktyon, eines der Söhne<br />

Deukalions, der im Namen seiner Frau, der Göttin Amphiktyonis, den ersten<br />

B<strong>und</strong> der nordgriechischen Städte schuf, welchem Akrisios von Argos, einer<br />

der berühmten Zwillingsbrüder der griechischen <strong>Mythologie</strong>, <strong>die</strong> Verfassung<br />

gab. Die Griechen sagen ihm nach, daß er <strong>die</strong> Sitte einführte, den Wein mit<br />

Wasser zu mischen, um jeden Streit zwischen Trunkenen zu verhüten (siehe<br />

auch 4,3,c,2).<br />

c. Jakob reiste auf Befehl seines Vaters Isaak nach Haran <strong>und</strong><br />

ehelichte dort Lea, Rahel <strong>und</strong> <strong>die</strong> Leibmägde der beiden, Silpha <strong>und</strong><br />

Bilha. Mit ihnen <strong>und</strong> all seiner Habe kehrte er nach Kanaan zurück<br />

<strong>und</strong> blieb in Sichern. Und als Jakob einstmals nach Lus kam,<br />

erschien Elohim ihm <strong>und</strong> sprach zu ihm: Du heißest Jakob, du sollst<br />

fortan nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel soll dein Name sein<br />

- daher nennt man ihn Israel -, du sollst fruchtbar sein <strong>und</strong><br />

zahlreiche Nachkommen haben. Das Land, das ich Abraham <strong>und</strong><br />

Isaak verliehen habe, will ich dir verleihen, dir <strong>und</strong> deinen<br />

Nachkommen. - Und Jakob hatte zwölf Söhne: von Lea hatte er<br />

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