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88 Heinz-Lother Barth felder bietet wertvolle Überlegungen zu unserer Thematik. Siehe ferner das Kapitel »Das Christentum als die »wahre Philosophie« in: Michael Fiedrowicz, Apologie im frühen Christentum – Die Kontroverse um den christlichen Wahrheitsanspruch in den ersten Jahrhunderten, Paderborn 2000, 291-300. Fiedrowicz hat zu diesem Standardwerk der Patrologie auch einen Quellenband herausgegeben, wo man die einschlägigen Texte in deutscher Übersetzung findet: Christen und Heiden – Quellentexte zu ihrer Auseinandersetzung in der Antike, Darmstadt 2004, hier Nr. 461-496 (S. 574-606). Nicht zu vernachlässigen ist auch eine Tatsache, die den Gebrauch des Begriffs »Philosophie« für die eigene Lehre unter den frühen Kirchenvätern zusätzlich gefördert hat. Man darf nämlich nicht vergessen, daß der griechische Ausdruck theologia, der als »Rede/Kunde von den Göttern bzw. der Gottheit« erstmals in Platons Staatsschrift begegnet (resp. 379 a 4), zunächst einmal für einen Christen stark mit heidnischen, negativen Konnotationen besetzt war. Erst Clemens von Alexandrien und Origenes im Osten und später Augustinus im Westen bemühten sich darum, den Terminus »Theologie« auch im christlichen Kontext heimisch zu machen. Siehe M. Fiedrowicz, Abschnitt, »Terminologie« in: Theologie der Kirchenväter, 39-43. Wichtige Beobachtungen zum Umgang der Kirchenväter mit Begriff und Sache der »Philosophie« findet man ferner bei Antoine A. R. Bastiaensen C.M., La philosophie comme règle de conduite chez païens et chrétiens latins, in: Chartae caritatis – Études de patristique et d’antiquité tardive en hommage à Yves-Marie Duval, Paris 2004, 21-36. An mehreren Stellen hat auch Christian Tornau, um noch eine Referenz anzuführen, in seiner vorzüglichen Münsteraner Habilitationsschrift zum Christentum als «wahrer Philosophie« Stellung genommen (Zwischen Rhetorik und Philosophie – Augustins Argumentationstechnik in De civitate Dei und ihr bildungsgeschichtlicher Hintergrund, Berlin – New York 2006, 2; 15; 388 Anm. 150; 421). Weitere Literatur zu diesem an sich unerschöpflichen Thema habe ich selbst zusammengestellt in: Ipsa conteret – Maria die Schlangenzertreterin: Philologische und theologische Untersuchungen zum Protoevangelium (Gen 3,15), Ruppichteroth 2000, 193-197, v. a. 195 f. (Exkurs I: Muß die christliche Lehre »enthellenisiert« werden? Zum Verhältnis Christentum – heidnische Philosophie). Für das Verhältnis des frühen Christentums zur antiken Philosophie methodisch allgemein wichtig ist folgende Bemerkung in einem auch sonst wertvollen Buch des protestantischen Theologen Werner Neuer: »Der spätestens seit Adolf von Harnacks Hellenisierungsthese im Protestantismus beliebte Vorwurf, die alte Kirche habe eine allzu unkritische Haltung gegenüber der griechischen Philosophie eingenommen, infolge derer das Evangelium ›hellenisiert‹ worden sei, ist in dieser Pauschalität angesichts tiefgreifender Umformungen der griechischen Überlieferung im Sinne einer dem Evangelium angepassten ›Enthellenisierung‹ nicht haltbar.« (Heil in allen Weltreligionen? Das Verständnis von Offenbarung und Heil in der pluralistischen Religionstheologie John Hicks, Gießen 2009, Abschnitt »Die Bestreitung des Heilscharakters der außerchristlichen Religionen und Philosophien in der alten Kirche«, 22 Anm. 20; im folgenden wird einschlägige Literatur angeführt). Auf derselben Ebene liegt das folgende Urteil, das Neuer u. E. gleichfalls zu Recht fällt: »Der sich weltanschaulich und religiös verstehende Platonismus stieß bei den Vätern auf so entschiedenen Widerstand, daß es – entgegen einem in neuerer Zeit um sich greifenden Sprachgebrauch – höchst fraglich ist, ob man in den ersten vier Jahrhunderten n. Chr. überhaupt von einem ›christlichen Platonismus‹ sprechen kann.« (a. O. 26 f., Anm. 39). Neuer beruft sich im folgenden auf Heinrich Dörrie’s Standardwerk Die geschichtlichen Wurzeln des Platonismus. Daß es sich im wesentlichen beim Umgang mit der griechischen Philosophie und Terminologie nicht um eine echte »Hellenisierung« des Christentums handelte, zeigt exemplarisch der

Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung menschlichen Erfindungen 161 ihr göttliches Buch entgegenstellen: »Indem die Väter das Terminus »homousios«, mit dem das Konzil von Nizäa im Jahre 325 die Wesensgleichheit des Sohnes mit dem Vater in der Trinität bezeichnete. Schon in der Antike war gegen diesen Begriff der Vorwurf der Schriftferne erhoben worden. In Wahrheit lagen die Verhältnisse aber ganz anders. Michael Fiedrowicz hat den Sachverhalt zutreffend beschrieben: »Mit dem Rückgriff auf die Philosophie sollte das Offenbarungswort vor dem Zugriff durch die Philosophie geschützt werden. Für Athanasius (syn. 45) war das homousios ›ein Bollwerk gegen jede unorthodoxe Vorstellung‹. Der Einsatz philosophischer Termini bedeutete keine Abkehr von der Tradition oder eine Preisgabe der Schrift, auch keine Etablierung einer Philosophie neben der Bibel, sondern diente der Bewahrung des Offenbarungswortes vor einer Verflüchtigung in poetisch-allegorische oder symbolisch-mythologische Deutungen. Nicht Hellenisierung, sondern Enthellenisierung des Christentums war es, was die in Nizäa verwendete griechische Wesensphilosophie paradoxerweise leistete.« (Theologie der Kirchenväter, 224) – »Arius versuchte, das Christentum in die Plausibilitätsstrukturen des mittleren und späteren Platonismus einzupassen, indem er die biblische Trias Vater-Sohn-Geist mit der mittelplatonischen Trias Hen-Nous-Psyche gleichsetzte und auf der Grundlage eines streng philosophisch gefassten Monotheismus den Logos und das Pneuma aus dem Bereich des Unwandelbar-Göttlichen verwies, d. h. zu Zwischenstufen zwischen der göttlichen Monade und der Welt degradierte.« (Theologie der Kirchenväter, 424) 160 Der Blick auf diesen Aspekt der Kirchenväterschriften wird heute leider nicht selten dazu mißbraucht, moderne Neuansätze in der Theologie zu rechtfertigen. Der katholische Philosoph Horst Seidl hat hierzu das Nötige gesagt: »Sie (die Theologie) muss nun als neue Theologie ›existentiell-metaphysische‹ Fragen beantworten, was nicht ihre Aufgabe ist, statt bei ihren eigenen Fragen zu bleiben (die Glaubensmysterien, Schöpfung, Trinität Gottes, Inkarnation Christi, Kirche, Sakramente), auf die sie ihre eigenen Antworten geben kann. Der neue Versuch, Philosophie und Theologie zu verschmelzen, beruft sich auf die Apologeten, die ihre Theologie als ›die wahre Philosophie‹ bezeichnet haben. Wie jedoch von mir oben dargelegt, verhält sich die Sache anders. Ihre Lehre, die den christlichen Glauben verteidigt, bietet noch keine konsolidierte Theologie dar, da diese sich vielmehr bei ihnen erstmals ausbildet, und zwar mit Hilfe jener klassischen Metaphysik, die von existentiellen Theologen heute verworfen wird. Daher ist ihre Berufung auf die Apologeten nicht überzeugend.« (Der Beitrag der griechischen Philosophie für die christliche Theologie, in: Antwort auf Zeitfragen, aus der Sicht der traditionellen Ethik, Anthropologie und Metaphysik, Kisslegg 2008, 89-94, Zitat 93) Viele Vertreter der modernen Theologie schreiten also zurück hinter jene Errungenschaft der mittelalterlichen Scholastik, jene Überbietung der patristischen Epoche, die Honnefelder so charakterisiert hat: »Durch die Selbstdeutung als ›wahre Philosophie‹ setzt sich die Theologie dem Anspruch aus, zur alles umfassenden ›Einheitswissenschaft‹ zu werden und überfordert sich damit selbst. Erst die zweite Begegnung mit der griechischen Philosophie in Form der Rezeption der wiederentdeckten aristotelischen Philosophie und Wissenschaft im 12. und 13. Jahrhundert lässt die Theologie diesen Anspruch aufgeben und jenes Wissenschaftsverständnis entwickeln, das sie für die nachfolgenden Jahrhunderte prägt.« (Woher kommen wir? 18 f., siehe auch 39 f.) 161 Das ist der Grund, warum bei den Kirchenvätern auch immer wieder einmal eine mehr oder minder starke Skepsis nicht nur gegenüber der heidnischen Philosophie (so sehr diese nach Auffassung mancher Patres hier und da Spermata Logu/Samen der Wahrheit enthalten hat), sondern sogar gegenüber der paganen Bildung insgesamt auftrat. Diese 89

Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung<br />

menschlichen Erfindungen 161 ihr göttliches Buch entgegenstellen: »Indem die Väter das<br />

Terminus »homousios«, mit dem das Konzil von Nizäa im Jahre 325 die Wesensgleichheit des<br />

Sohnes mit dem Vater in der Trinität bezeichnete. Schon in der Antike war gegen diesen Begriff<br />

der Vorwurf der Schriftferne erhoben worden. In Wahrheit lagen die Verhältnisse aber<br />

ganz anders. Michael Fiedrowicz hat den Sachverhalt zutreffend beschrieben: »Mit dem Rückgriff<br />

auf die Philosophie sollte das Offenbarungswort vor dem Zugriff durch die Philosophie<br />

geschützt werden. Für Athanasius (syn. 45) war das homousios ›ein Bollwerk gegen jede unorthodoxe<br />

Vorstellung‹. Der Einsatz philosophischer Termini bedeutete keine Abkehr von der<br />

Tradition oder eine Preisgabe der Schrift, auch keine Etablierung einer Philosophie neben<br />

der Bibel, sondern diente der Bewahrung des Offenbarungswortes vor einer Verflüchtigung<br />

in poetisch-allegorische oder symbolisch-mythologische Deutungen. Nicht Hellenisierung,<br />

sondern Enthellenisierung des Christentums war es, was die in Nizäa verwendete griechische<br />

Wesensphilosophie paradoxerweise leistete.« (Theologie der Kirchenväter, 224) – »Arius versuchte,<br />

das Christentum in die Plausibilitätsstrukturen des mittleren und späteren Platonismus<br />

einzupassen, indem er die biblische Trias Vater-Sohn-Geist mit der mittelplatonischen Trias<br />

Hen-Nous-Psyche gleichsetzte und auf der Grundlage eines streng philosophisch gefassten<br />

Monotheismus den Logos und das Pneuma aus dem Bereich des Unwandelbar-Göttlichen<br />

verwies, d. h. zu Zwischenstufen zwischen der göttlichen Monade und der Welt degradierte.«<br />

(Theologie der Kirchenväter, 424)<br />

160 Der Blick auf diesen Aspekt der Kirchenväterschriften wird heute leider nicht selten dazu<br />

mißbraucht, moderne Neuansätze in der Theologie zu rechtfertigen. Der katholische Philosoph<br />

Horst Seidl hat hierzu das Nötige gesagt: »Sie (die Theologie) muss nun als neue Theologie<br />

›existentiell-metaphysische‹ Fragen beantworten, was nicht ihre Aufgabe ist, statt bei ihren<br />

eigenen Fragen zu bleiben (die Glaubensmysterien, Schöpfung, Trinität Gottes, Inkarnation<br />

Christi, Kirche, Sakramente), auf die sie ihre eigenen Antworten geben kann. Der neue Versuch,<br />

Philosophie und Theologie zu verschmelzen, beruft sich auf die Apologeten, die ihre<br />

Theologie als ›die wahre Philosophie‹ bezeichnet haben. Wie jedoch von mir oben dargelegt,<br />

verhält sich die Sache anders. Ihre Lehre, die den christlichen Glauben verteidigt, bietet<br />

noch keine konsolidierte Theologie dar, da diese sich vielmehr bei ihnen erstmals ausbildet,<br />

und zwar mit Hilfe jener klassischen Metaphysik, die von existentiellen Theologen heute verworfen<br />

wird. Daher ist ihre Berufung auf die Apologeten nicht überzeugend.« (Der Beitrag<br />

der griechischen Philosophie für die christliche Theologie, in: Antwort auf Zeitfragen, aus der<br />

Sicht der traditionellen Ethik, Anthropologie und Metaphysik, Kisslegg 2008, 89-94, Zitat 93)<br />

Viele Vertreter der modernen Theologie schreiten also zurück hinter jene Errungenschaft der<br />

mittelalterlichen Scholastik, jene Überbietung der patristischen Epoche, die Honnefelder so<br />

charakterisiert hat: »Durch die Selbstdeutung als ›wahre Philosophie‹ setzt sich die Theologie<br />

dem Anspruch aus, zur alles umfassenden ›Einheitswissenschaft‹ zu werden und überfordert<br />

sich damit selbst. Erst die zweite Begegnung mit der griechischen Philosophie in Form der<br />

Rezeption der wiederentdeckten aristotelischen Philosophie und Wissenschaft im 1<strong>2.</strong> und 13.<br />

Jahrhundert lässt die Theologie diesen Anspruch aufgeben und jenes Wissenschaftsverständnis<br />

entwickeln, das sie für die nachfolgenden Jahrhunderte prägt.« (Woher kommen wir? 18<br />

f., siehe auch 39 f.)<br />

161 Das ist der Grund, warum bei den Kirchenvätern auch immer wieder einmal eine mehr<br />

oder minder starke Skepsis nicht nur gegenüber der heidnischen Philosophie (so sehr<br />

diese nach Auffassung mancher Patres hier und da Spermata Logu/Samen der Wahrheit<br />

enthalten hat), sondern sogar gegenüber der paganen Bildung insgesamt auftrat. Diese<br />

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