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2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV

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84 Heinz-Lother Barth<br />

Konstantinopel (das V. Ökumenische) hatte ähnliches im Jahre 553 zum Abschluß<br />

seiner Canones verkündet: »So haben wir uns also zu dem bekannt, was wir aus der<br />

göttlichen Schrift, der Lehre der heiligen Väter und den Bestimmungen der vorher genannten<br />

vier heiligen Konzilien über ein und denselben Glauben übernommen haben.«<br />

(DH 438). Sowohl die ungeschriebenen kirchlichen Überlieferungen wie einschlußweise<br />

die Lehren der Väter sowie die der Konzilien enthalten auch nur auf mündliche<br />

Tradition der Apostel zurückgehende Elemente.<br />

Geiselmanns Berufung auf die Kirchenväter ist zwar nicht ganz falsch, aber sie bedarf<br />

unbedingt einer differenzierenden Erklärung. Eine solche findet man jetzt in dem<br />

schon erwähnten großartigen Werk von Michael Fiedrowicz »Theologie der Kirchenväter«.<br />

Einige entscheidende Sätze seien im folgenden aus diesem Kapitel zur Klärung des<br />

Sachverhaltes zitiert: »Die Äußerungen zeigen, dass die Väter die Frage nach der Suffizienz<br />

der Schrift primär unter doktrinärem Aspekt betrachteten. Tertullian (praescr.<br />

38,2 154 ) bezeichnete die biblischen Schriften treffend als instrumenta doctrinae. Es ging<br />

um die Aufweisbarkeit der Glaubenslehre aus den biblischen Urkunden. Dass diese<br />

Lehre erst aus der Schrift zu erheben und unmittelbar in ihr zu entdecken sei, entsprach<br />

nicht dem Denken der patristischen Epoche. Vielmehr galt das lebendige Wort der<br />

Apostel, wie es die Kirche empfangen hatte und selber überlieferte, als die eigentliche<br />

Erkenntnisquelle der Glaubenswahrheit, die die Kirche in der Schrift nur wiederzufinden<br />

und angesichts kontroverser Deutungen aus ihr zu beweisen suchte.« (92) – »Wenn<br />

diese Theologen also von der Suffizienz der Schrift sprechen, so werden das überlieferte<br />

Glaubensbewusstsein und das kirchliche Lehramt als Auslegungsinstanzen nicht ausgeschlossen,<br />

sondern vorausgesetzt.« (94)<br />

Ein solcher Befund kann nur denjenigen befremden, der mit den Verhältnissen der<br />

antiken Kultur nicht ausreichend vertraut ist: In viel höherem Maße, als es heute<br />

der Fall ist, war sie durch die Mündlichkeit und die orale Tradition geprägt. 155 Der<br />

clesiasticas sive scripto, sive sine scripto sancitas nobis traditiones illibate servamus.« (Zitat<br />

nach: J. Wohlmuth, Dekrete der ökumenischen Konzilien, Bd. 1, 135).<br />

154 Eine Reihe wichtiger Kirchenväterpassagen zur Frage der Schriftauslegung findet man zweisprachig<br />

zusammengestellt und mit Einleitung und Fußnoten versehen in folgendem Buch<br />

desselben Autors: Prinzipien der Schriftauslegung in der Alten Kirche, Traditio Christiana<br />

X, Bern usw. 1998. Die angeführte Tertullian-Stelle ist dort allerdings nicht berücksichtigt.<br />

155 Entsprechend hoch waren auch die Gedächtnisleistungen. Siehe das einschlägige Kapitel in<br />

dem wichtigen Buch von Armin Daniel Baum, Der mündliche Faktor und seine Bedeutung<br />

für die synoptische Frage – Analogien aus der antiken Literatur, der Experimentalpsychologie,<br />

der Oral Poetry-Forschung und dem rabbinischen Traditionswesen, TANZ 49, Tübingen<br />

2008, 162-179. Ulrich Wilckens erinnerte an den Unterschied zu den heutigen Verhältnissen:<br />

»Daß man im Altertum – besonders im jüdisch geprägten Bereich – eine hohe Kultur

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