2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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74 Heinz-Lother Barth<br />
Denn eines steht fest: Daß das Trienter Konzil eine Zwei-Quellen-Lehre vorlegen<br />
wollte, nach der es auch in der Kirche material Verbindliches in Glaubenslehre und<br />
Glaubenspraxis gibt, das nur auf die mündliche Tradition apostolischen Ursprungs zurückgeht,<br />
läßt sich über das schon Gesagte wirklich eindeutig aus den Konzilstexten<br />
selbst dokumentieren. An anderen Stellen wird nämlich genau eine solche Quellenlage<br />
expressis verbis behauptet! 126<br />
Geiselmann wird vom Trienter Konzil selbst widerlegt<br />
Und zwar geschieht dies u. a. im »Dekret über die Ursünde«, Nr. 4 (DH 1514), wo die<br />
Taufe kleiner Kinder ohne persönliche Sünden auf »die Überlieferung der Apostel« zurückgeführt<br />
wird (»ex traditione Apostolorum«). 127 Ganz offenkundig ist, wie wir oben<br />
schon sahen, an eine mündliche Tradition gedacht, die hier einen klar konstitutiven<br />
Charakter hat, da sich dieser Brauch aus der Bibel nicht wirklich überzeugend beweisen<br />
läßt. Bei konsequenter Anwendung des »sola Scriptura«-Prinzips 128 landet man nämlich<br />
126 Allerdings verzichtete das Konzil darauf, wie wir schon gesehen haben, einen Katalog aller<br />
oder wenigstens einiger verbindlicher apostolischer Traditionen mündlicher Herkunft<br />
aufzuzählen, obgleich eine solche Liste zu erstellen von Konzilsteilnehmern angeregt worden<br />
war. Hier spielten sicher auch taktische Gründe eine Rolle. Siehe Jedin, Geschichte des<br />
Konzils von Trient, II 50-5<strong>2.</strong><br />
127 Lennerz führt nur die folgenden drei weiteren Belege an, dieser fehlt (In: Schrift und Tradition,<br />
58).<br />
128 Zum sola scriptura-Prinzip der Protestanten im 16. Jahrhundert und dem katholischen Widerstand<br />
gegen dasselbe siehe J. Beumer, Die mündliche Überlieferung als Glaubensquelle,<br />
74 f. H. Lennerz führte Auszüge aus protestantischen Bekenntnisschriften an, aus denen<br />
das Prinzip klar hervorgeht (Sola scriptura? Gregorianum 40/1959, 39 Anm. 1). Allerdings<br />
hatte er vorab ganz zutreffend differenziert: Sola scriptura kann nämlich heißen, daß zur<br />
Auslegung der Bibel kein Lehramt benötigt wird, sie allein klar und verständlich ist und<br />
sich selbst auslegt (bzw. daß ihre Auslegung jedem Christen individuell vom Hl. Geist ermöglicht<br />
wird, so könnte man Lennerz noch ergänzen). Diese Position wurde von den Reformatoren<br />
des 16. Jahrhunderts vertreten. Eine weitere Bedeutung des Prinzips kann zwar<br />
das kirchliche Lehramt anerkennen und ist insofern mit dem katholischen Glauben kompatibel.<br />
Es wird aber behauptet, daß die ganze Offenbarung materialiter in der Hl. Schrift enthalten<br />
sei. Selbstverständlich vertraten die Neugläubigen auch diese Lehre. Die Väter von<br />
Trient bekämpften beide Irrtümer.<br />
Das »sola scriptura« – Prinzip gehört mit der »sola gratia« – und der »sola fide« – Lehre zum<br />
»Kernstück von Luthers reformatorischer Theologie« (so zu Recht der Kölner Historiker<br />
Harm Klueting in seinem Buch Das Konfessionelle Zeitalter – Europa zwischen Mittelalter<br />
und Moderne. Kirchengeschichte und Allgemeine Geschichte, Darmstadt 2007, 156). Der<br />
Grundsatz war von vornherein bei Luther mit einer stark subjektivistischen Perspektive in<br />
der Auslegung der Heiligen Schrift verbunden: Luther sah sich geradezu als neuen Propheten<br />
bzw. mit apostolischer Vollmacht ausgestattet (siehe Paul Hacker, Das Ich im Glauben