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Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung
wohl ein eher trennendes »vel«. Im Kap. IX »De ecclesiae infallibilitate« des ursprünglichen
Schemas zu »Pastor aeternus« hatte es sogar geheißen, unverkürzt und unverfälscht
sei zu bewahren »verbum Dei, sive id scriptum, sive traditum sit.« 106 Wenngleich dieser
Text nicht offizieller Bestandteil des Konzils wurde, zeigt er uns doch besonders deutlich,
wie dieses »et« des Trienter Konzils auf dem I. Vatikanum aufgefaßt worden war. Denn
»sive – sive« ist natürlich dem ursprünglichen Ausdruck »partim – partim« recht nahe
verwandt. 107 »Vel«, das sich in besagter beschlossener Endfassung findet, drückt nun auf
der anderen Seite keine radikale, alternative Exklusivität aus (da würde man nach klassischer
Norm eher ein »aut« erwarten), sondern es sind eben auch Fälle möglich – und
deren ist die Fülle! –, wo die Offenbarung sich sowohl auf die schriftliche als auch auf die
mündliche Tradition stützt! 108
Ja man wird sich wundern, sogar jenem »aut« zu begegnen, und zwar gerade unter dem
Pontifikat des »Konzilspapstes« Johannes’ XXIII. So lesen wir in seiner Antrittsenzyklika
»Ad Petri Cathedram« vom 29. 6. 1959 109 zur Frage von schriftlicher und münd-
106 Mansi 51, 542 D
107 Richtig Betti, Antonianum 38/1963, 46.
108 Auch Betti (v. a. 43) gelangt zu dem Ergebnis, daß die Lehre des Trienter Konzils von einer
in gewissem Sinne eigenständigen, mündlichen Quelle der Offenbarung vom Vatikanum I
aufgegriffen wurde.
109 In diesem Rundschreiben setzte sich der Heilige Vater, nebenbei bemerkt, noch zur Beseitigung
der Trennung unter den Christen für das ein, was heute als »Rückkehr-Ökumene«
diskreditiert wird (siehe Verf., Keine Einheit ohne Wahrheit! 2. Aufl. Stuttgart 1999, 164 f.).
Auch eine solche Mahnung gehört zur Geschichte der Ära des II. Vatikanums! Übrigens hätte
ein Konzil, das unter Papst Pius XII. einberufen worden wäre, nach Absicht dieses Pontifex
ebenso die Tendenz verfolgt, bei den getrennten Christen für die Rückkehr in die eine
Kirche Jesu Christi zu werben, welche die katholische ist. Siehe Giovanni Turbanti, Un Concilio
per il mondo moderno – La redazione della costituzione pastorale »Gaudium et spes«
del Vaticano II, Bologna 2000, 9 f. Die »Declaratio authentica«, die vom Jesuiten P. Charles
vorbereitet worden war und mit der das Konzil hätte seinen Anfang nehmen sollen, »deutete
schließlich ihre (der Kirche) missionarische Pflicht an und lud die getrennten Brüder ein,
zur Einheit des einen Schafstalls unter dem einen Hirten zurückzukehren« (eigene Übersetzung
der italienischen Inhaltsangabe Turbantis). Klar zur sog. »Rückkehr-Ökumene« hatte
sich das Lehramt ja unter Pius XII. auch in der »Instructio de Motione Oecumenica Ecclesia
catholica« bekannt, und zwar in folgendem Satz: »Keineswegs darf man verschweigen oder
mit zweideutigen Worten verschleiern, was die katholische Lehre sagt über die wahre Natur
und die Stufen der Rechtfertigung, über die Verfassung der Kirche, über den Jurisdiktionsprimat
des römischen Papstes, über die einzig wahre Union durch die Rückkehr der Dissidenten
zur einen wahren Kirche Christi.« (Zitat nach: Heilslehre der Kirche. Dokumente von
Pius IX. bis Pius XII. Deutsche Ausgabe des französischen Originals von P. Cattin O.P. und H.
Th. Conus O.P., besorgt von Anton Rohrbasser, Freiburg/Schweiz 1953, Nr. 695, S. 416)
Immerhin hat jetzt Papst Benedikt XVI. eine solche Union mit Teilen der Anglikaner, die
darum gebeten hatten, ermöglicht, und zwar in seiner Apostolischen Konstitution »Anglica-
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