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46 Heinz-Lother Barth onis« – »Die zweifache Quelle der Offenbarung« 49 geheißen: »Nemo ergo Traditionem exinde minoris facere aut ei fidem denegare audeat. Licet enim Sacra Scriptura, cum sit inspirata, ad enuntiandas et illustrandas veritates fidei instrumentum praebeat divinum, eius nihilominus sensus nonnisi Traditione apostolica certe et plene intellegi vel etiam exponi potest; immo Traditio, eaqua sola, via est qua quaedam veritates revelatae, eae imprimis quae ad inspirationem, canonicitatem et integritatem omnium et singulorum sacrorum librorum spectant, clarescunt et Ecclesiae innotescunt.« 50 Auf Deutsch könnte der Text etwas so lauten 51 : »Von daher wage also niemand, die Tradition geringer zu achten oder ihr das Vertrauen zu verweigern. Mag auch die Heilige Schrift, da sie inspiriert ist, ein göttliches Hilfsmittel bieten, um die Glaubenswahrheiten auszusprechen und zu beleuchten, so kann doch ihr Sinn nichtsdestoweniger nur durch die Apostolische Tradition sicher und in vollem Umfang verstanden bzw. auch ausgelegt werden. Ja die Tradition, und zwar sie allein, ist der Weg, auf dem bestimmte offenbarte Wahrheiten ihre Klarheit erlangen und der Kirche bekannt werden, vor allem 52 diejenigen, die sich auf die Inspiration, die Kanonizität und die Integrität der Heiligen Bücher als Gesamtheit und je einzeln beziehen.« Im vorangegangenen Abschnitt hatte es expressis verbis geheißen, daß die Kirche, von Christus und seinen Aposteln belehrt, immer geglaubt habe und glaube, daß »die unverkürzte Offenbarung nicht allein in der Schrift, sondern in Schrift und Tradition enthalten sei, wie in einer zweifachen Quelle, freilich auf jeweils andere Art und Weise« (…integram revelationem, non in sola Scriptura, sed in Scriptura et Traditione, tanquam in duplici fonte contineri, alio 49 Es fällt auf, daß es einmal im Plural »(Schema Constitutionis dogmaticae) de fontibus revelationis« heißt, im Kap. I jedoch in der Überschrift der Singular steht »De duplici fonte revelationis«, dieser ist freilich mit dem Attribut »duplici« versehen. Der Hintergrund scheint klar zu sein: Es sind zwar zwei Quellen, und insofern kann man ohne weiteres den Plural verwenden. Aber beide »fontes« hängen eng miteinander zusammen, und unter diesem Aspekt spricht man von nur einer Quelle, aber eben einer doppelten. 50 Acta synodalia Sacrosancti Concilii Oecumenici Vaticani II, Vol. I, Pars III, in urbe Vaticana 1971, 16. 51 Die Übersetzung stammt vom Autor dieses Beitrags, eine approbierte deutsche Version existiert m. W. nicht. Überhaupt sind die Massen von Texten des II. Vatikanum, soweit es nicht die offiziellen Dokumente sind, die dann beschlossen wurden, insgesamt arg wenig bearbeitet worden, von der breiten Verfügbarkeit volkssprachlicher Fassungen ganz abgesehen. Man fragt sich dabei, ob vielleicht manche Kreise auch gar kein gesteigertes Interesse an solchen Forschungen hegen, die die eine oder andere Ungereimtheit auf dem letzten Konzil zu Tage fördern könnten. 52 »Vor allem«, lateinisch »imprimis«, schließt nicht aus, daß es auch noch andere katholische Wahrheiten als die genannten gibt, die sich nur durch die Annahme einer mündlichen Tradition apostolischen Ursprungs als entscheidender Quelle nachweisen lassen. Ja, das Adverb schließt einen solchen Befund nicht nur nicht aus, sondern setzt ihn geradezu voraus, wenn der Wortlaut mit Bedacht gewählt ist, was zu bezweifeln jeder Grundlage entbehren würde.
Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung tamen ac alio modo«). In der zugehörigen Anmerkung 2 werden Traditionszeugnisse, u. a. 2 Thess 2,15, angeführt. 53 Geiselmanns Kampf gegen die Zwei-Quellen-Lehre Das besagte Schema, das dann verworfen wurde 54 , berief sich zu Recht mit seiner Zwei- Quellen-Lehre auf die Dogmatische Konstitution Dei filius des I. Vatikanums (DH 3006), die ihrerseits einen Text aus dem Trienter Konzil aufgriff (DH 1501). Und dies geschah einige Jahre nach der ersten Veröffentlichung von Geiselmanns These im Jahre 1957: Sie hatte, obgleich sie allenthalben diskutiert und oft positiv aufgenommen worden war, die Verfasser des Schemas offensichtlich nicht überzeugt. Mit jenem Text des Tridentinums wollen wir uns im weiteren Verlauf unserer Untersuchung intensiv beschäftigen. Immer wieder wurde von Josef Rupert Geiselmann, Karl Rahner und vielen weiteren Theologen, wie wir schon angedeutet haben, behauptet, das Tridentinum habe nicht die Zwei-Quellen-Lehre unterstützen wollen. Für diese These, die eigentlich schon von Charles Boyer, nach Vorarbeiten u. a. von Johannes Beumer und Heinrich Lennerz, in zwei Aufsätzen der Zeitschrift »Doctor communis« von 1962 und 1963 im wesentlichen endgültig widerlegt worden ist 55 , beruft man sich auf eine interessante, nicht zu bestreitende kleine Änderung in dem Satz, der in Trient zunächst vorgesehen worden war. Denn es war nach dem vorläufigen Dekretentwurf Cervinis 56 vom 22. März 1546 anfangs geplant gewesen, über das Verhältnis von Schrift und Tradition festzuhalten, »diese (des Evangeliums) Wahrheit sei teils in geschriebenen Büchern, teils in ungeschriebenen Überlieferungen enthalten…« Die 53 Acta synodalia Sacrosancti Concilii Oecumenici Vaticani II, Vol. I, Pars III, 15; 16 Anm. 2. 54 Dies geschah unter Mißachtung der Geschäftsordnung des Konzils durch Intervention Papst Johannes’ XXIII., und zwar auf Betreiben progressiver Kräfte. Denn die dafür notwendige 2/3 Mehrheit war in der Aula nicht erreicht worden. Die häufig zu lesende Behauptung, viele Konzilsväter hätten das Abstimmungsverfahren gar nicht recht verstanden und daher gegen ihre eigentliche Absicht votiert (siehe z. B. auch wieder bei Helmut Hoping, Herders theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 3, 727), läßt sich nicht beweisen und stellt den Bischöfen ohne Not ein geistiges Armutszeugnis aus. 55 Die Aufsätze sind viel zu wenig beachtet worden. Buckenmaier scheint sie gar nicht zu kennen. Wir kommen auf sie gleich noch zurück. 56 Die Konzilsteilnehmer waren zur theologischen Vorklärung der zu behandelnden Fragen auf dem Trienter Konzil in drei Gruppen eingeteilt worden, denen jeweils ein Kardinallegat vorstand. Über das, was in Cervinis »Klasse« verhandelt wurde, sind wir einigermaßen gut informiert, weil er als einziger durch seinen Sekretär Massarelli ein Protokoll anfertigen ließ. Siehe Hubert Jedin, Geschichte des Konzils von Trient, Band II: Die erste Trierer Tagungsperiode 1545/1547, Freiburg/B. 1957, 43. 47
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onis« – »Die zweifache Quelle der Offenbarung« 49 geheißen: »Nemo ergo Traditionem<br />
exinde minoris facere aut ei fidem denegare audeat. Licet enim Sacra Scriptura, cum<br />
sit inspirata, ad enuntiandas et illustrandas veritates fidei instrumentum praebeat divinum,<br />
eius nihilominus sensus nonnisi Traditione apostolica certe et plene intellegi vel<br />
etiam exponi potest; immo Traditio, eaqua sola, via est qua quaedam veritates revelatae,<br />
eae imprimis quae ad inspirationem, canonicitatem et integritatem omnium et singulorum<br />
sacrorum librorum spectant, clarescunt et Ecclesiae innotescunt.« 50 Auf Deutsch<br />
könnte der Text etwas so lauten 51 : »Von daher wage also niemand, die Tradition geringer<br />
zu achten oder ihr das Vertrauen zu verweigern. Mag auch die Heilige Schrift, da<br />
sie inspiriert ist, ein göttliches Hilfsmittel bieten, um die Glaubenswahrheiten auszusprechen<br />
und zu beleuchten, so kann doch ihr Sinn nichtsdestoweniger nur durch die<br />
Apostolische Tradition sicher und in vollem Umfang verstanden bzw. auch ausgelegt<br />
werden. Ja die Tradition, und zwar sie allein, ist der Weg, auf dem bestimmte offenbarte<br />
Wahrheiten ihre Klarheit erlangen und der Kirche bekannt werden, vor allem 52<br />
diejenigen, die sich auf die Inspiration, die Kanonizität und die Integrität der Heiligen<br />
Bücher als Gesamtheit und je einzeln beziehen.« Im vorangegangenen Abschnitt hatte<br />
es expressis verbis geheißen, daß die Kirche, von Christus und seinen Aposteln belehrt,<br />
immer geglaubt habe und glaube, daß »die unverkürzte Offenbarung nicht allein in<br />
der Schrift, sondern in Schrift und Tradition enthalten sei, wie in einer zweifachen<br />
Quelle, freilich auf jeweils andere Art und Weise« (…integram revelationem, non in<br />
sola Scriptura, sed in Scriptura et Traditione, tanquam in duplici fonte contineri, alio<br />
49 Es fällt auf, daß es einmal im Plural »(Schema Constitutionis dogmaticae) de fontibus revelationis«<br />
heißt, im Kap. I jedoch in der Überschrift der Singular steht »De duplici fonte revelationis«,<br />
dieser ist freilich mit dem Attribut »duplici« versehen. Der Hintergrund scheint klar zu sein:<br />
Es sind zwar zwei Quellen, und insofern kann man ohne weiteres den Plural verwenden. Aber<br />
beide »fontes« hängen eng miteinander zusammen, und unter diesem Aspekt spricht man von<br />
nur einer Quelle, aber eben einer doppelten.<br />
50 Acta synodalia Sacrosancti Concilii Oecumenici Vaticani II, Vol. I, Pars III, in urbe Vaticana<br />
1971, 16.<br />
51 Die Übersetzung stammt vom Autor dieses Beitrags, eine approbierte deutsche Version existiert<br />
m. W. nicht. Überhaupt sind die Massen von Texten des II. Vatikanum, soweit es nicht<br />
die offiziellen Dokumente sind, die dann beschlossen wurden, insgesamt arg wenig bearbeitet<br />
worden, von der breiten Verfügbarkeit volkssprachlicher Fassungen ganz abgesehen.<br />
Man fragt sich dabei, ob vielleicht manche Kreise auch gar kein gesteigertes Interesse an<br />
solchen Forschungen hegen, die die eine oder andere Ungereimtheit auf dem letzten Konzil<br />
zu Tage fördern könnten.<br />
52 »Vor allem«, lateinisch »imprimis«, schließt nicht aus, daß es auch noch andere katholische<br />
Wahrheiten als die genannten gibt, die sich nur durch die Annahme einer mündlichen Tradition<br />
apostolischen Ursprungs als entscheidender Quelle nachweisen lassen. Ja, das Adverb<br />
schließt einen solchen Befund nicht nur nicht aus, sondern setzt ihn geradezu voraus,<br />
wenn der Wortlaut mit Bedacht gewählt ist, was zu bezweifeln jeder Grundlage entbehren<br />
würde.