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44 Heinz-Lother Barth die mündliche Tradition neben der schriftlichen durchaus erwähnt wird, sind in besagter Hinsicht nicht klarer (DV 7 – 10). 45 Das ist insofern bedenklich, als eben der Sachverhalt schon seit Jahrhunderten in der Kirche im wesentlichen geklärt war, wie wir weiterhin noch sehen werden. 46 Das ursprüngliche Offenbarungsschema des II. Vatikanums Völlig klar und eindeutig hatte sich das ursprüngliche Schema des II. Vatikanums zu den Quellen der Offenbarung geäußert (Schema Constitutionis dogmaticae de fontibus revelationis). Es war von einem wahrhaft katholischen, ja sogar in Abwehr bestimmter Irrtümer »antimodernistischen« Geist geprägt 47 und in scholastischer Klarheit abgefaßt lierung kann man höchstens mit Brunero Gherardini vorwerfen, daß hier nicht mehr, wie es traditionell geschah, zwischen der »regula proxima« des kirchlichen Denkens und Handelns, die das Lehramt vorgibt, und der »regula remota«, der Heiligen Schrift, differenziert wird (Concilio Ecumenico Vaticano II – Un discorso da fare, Frigento 2009, 120). Papst Pius XII. vertrat diese Lehre noch ausdrücklich in seiner Enzyklika »Humani generis«, wo er sagte, daß das Lehramt in Sachen des Glaubens und der Sitten »die nächste und allgemeine Norm der Wahrheit« (»proxima et universalis veritatis norma«, AAS 42/1950, 567) ist. In einem wertvollen Aufsatz zu Papst Pius XII. hat Joachim Kardinal Meisner an dieses Prinzip und allgemein an den Einsatz des »Pastor angelicus« für die katholische Wahrheit und gegen deren Bedrohung von außerhalb und innerhalb der Kirche erinnert (Papst Pius XII. als Lehrer der Kirche in bedrängter Zeit, Forum Kathol. Theologie 25/2009, 81- 98, hier 83 f.). 45 Siehe Brunero Gherardini, Concilio Ecumenico Vaticano II, 117-129. Zu einer Formulierung in DV 7 ist in diesem Zusammenhang allerdings ein interessanter Aspekt zu beobachten, der bisher anscheinend noch gar nicht recht gewürdigt wurde und auf den wir später noch kurz eingehen werden. 46 So argumentierte Heribert Schauf zu Recht in einem Brief an Papst Paul VI. vom 8. Juni 1964, in dem er sich für eine Formulierung einsetzte, die der materialen Insuffizienz der Heiligen Schrift gerecht werden sollte: »Hisce ex rationibus nescio num revera Concilium Vat. II quaestionem de ipsa veritate silentio praeterire possit. Libenter concedendum est novam et aliam quaestionem novam et aliam responsionem postulare, minime tamen quaestionem determinatam quae iam a saeculis responsione sua fulcitur. Maneat veritas in eodem sensu in eademque sententia.« (Schauf, Annuarium a. O. 442) Der abschließende Satz enthält berühmte Worte, die für die katholische Dogmengeschichte eine eminente Bedeutung besitzen und immer wieder in zentralen Texten, z. B. denen des I. Vatikanums (DH 3020), verwendet worden sind. Sie gehen auf Vinzenz von Lérins und dessen Commonitorium aus dem Jahr 434 zurück (Kap. 23,3). An anderer Stelle habe ich zu dieser Formulierung und ihrer Bedeutung für die Dogmenentwicklung in der katholischen Kirche Stellung genommen (II. Vatikanisches Konzil: Trennung von Form und Inhalt? In: Kirchliche Umschau 12,10/2009, 44-49, v. a. 46-48). 47 Das Schema entstand unter dem Einfluß der Lateran-Universität (Pontificia Universitas Lateranensis), die in den 50-er und zu Beginn der 60-er Jahre des 20. Jahrhunderts ei-

Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung worden. 48 Hier hatte es u. a. im Kap. I unter der Überschrift »De duplici fonte revelati- nen heftigen Streit mit dem Päpstlichen Bibelinstitut (Pontificium Institutum Biblicum) über die rechte Form katholischer Exegese austrug. In jener bekannten »Römischen Kontroverse« setzten sich Professoren der Lateran-Universität wie Francesco Spadafora und Antonino Romeo für die strikte Beachtung der »analogia fidei« und damit auch der kirchlichen Lehrentscheidungen beim Umgang mit der Heiligen Schrift ein, während Professoren des Biblicum wie Stanislas Lyonnet und Maximilan Zerwick größere Freiheiten für die Exegese forderten. Das Heilige Offizium entzog schließlich den beiden Letzteren ihre Lehrbefugnis am Biblicum. Dabei ging es nicht um philologisch-historische Methode (dieser Ausdruck ist dem ideologisch belasteten und zugleich gewissermaßen tautologischen Terminus »historisch-kritische Methode« vorzuziehen!) contra »fundamentalistischen« Umgang mit der Bibel, wie die Kontroverse heute oft verkürzt und verzerrt dargestellt wird. Vielmehr war die entscheidende Frage, inwieweit kirchliche Vorgaben den Theologen bei seinen Forschungen binden dürfen, was einfach zu den wesentlichen Grundlagen seiner Wissenschaft gehört. Ebenso unsachlich ist es, immer wieder zu behaupten, eine wissenschaftlich verantwortbare Arbeit an der Heiligen Schrift sei erst seit der Ära des II. Vatikanums möglich. Wer auch nur einen Blick z. B. in die nachtridentinischen Kommentare eines Maldonatus geworfen hat, könnte so nicht argumentieren. Der katholische Neutestamentler Marius Reiser hat die Leistung dieses gelehrten Katholiken angemessen gewürdigt: Die Prinzipien der biblischen Hermeneutik und ihr Wandel unter dem Einfluß der Aufklärung, in: Moisés Mayordomo (Hrsg.), Die prägende Kraft der Texte, Stuttgarter Bibelstudien 199/2005, 67 f. Die ganze Auseinandersetzung zwischen Lateran-Universität und Biblicum ist jüngst aus gemäßigt progressiver Sichtweise nachgezeichnet worden von Anthony Dupont und Karim Schelkens: Katholische Exegese vor dem II. Vatikanischen Konzil (1960-1961), ZKTh 132/2010, 1-24, zum Schema De fontibus revelationis siehe 23. Vgl. aber auch Rudolf Voderholzer, Offenbarung, Schrift und Kirche – Eine relecture von »Dei Verbum« im Licht vorbereitender und rezipierender Texte Joseph Ratzingers, IKaZ 39/2010, 287-303, hier 289 mit Anm. 12 auf S. 300. 48 Aus diesen Gründen zog das Schema so viel Widerstand auf sich. Helmut Hoping berichtet ausführlich darüber in seinem Kommentar zu »Dei verbum« (Herders theologischer Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 3, 720-728). Neben der Zweiquellen- Theorie, die das Schema zur Offenbarung vertrat, stießen sich seine progressiven Kritiker, im folgenden Zitat konkret Schillebeeckx, besonders noch an einem weiteren angeblichen Defizit: »Der Offenbarungsbegriff des Schemas konzipiere Offenbarung vor allem als ›Mitteilung begrifflicher Wahrheiten‹, als eine Offenbarung ›in Worten‹. Darüber werde vergessen, dass die Offenbarung vor allem ›in der Realität selbst‹ geschehen sei, d. h. in geschichtlichen Taten.« (Hoping, a. O. 724 f.) Mir ist es – wie der gesamten katholischen Kirche von nahezu 2000 Jahren – völlig schleierhaft, wie das Evangelium Jesu Christi ohne jene heute allenthalben geschmähten »Wort-« bzw. »Satzwahrheiten« hätte unverfälscht bewahrt werden sollen. Der neomodernistische Neuansatz, der das »Instruktionsmodell« durch ein »Kommunikationsmodell« ersetzt, bietet freilich für seine Vorkämpfer den (höchst zweifelhaften) »Vorteil«, sich in letzter Konsequenz an nichts mehr gebunden fühlen zu müssen! Zur heute weit verbreiteten Ablehnung jener »Satzwahrheiten« und deren theologisch-hermeneutischem Hintergrund lese man meine Beiträge in der Zeitschrift »Kirchliche Umschau« der Monate Oktober 2009 bis Juni 2010. 45

Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung<br />

worden. 48 Hier hatte es u. a. im Kap. I unter der Überschrift »De duplici fonte revelati-<br />

nen heftigen Streit mit dem Päpstlichen Bibelinstitut (Pontificium Institutum Biblicum)<br />

über die rechte Form katholischer Exegese austrug. In jener bekannten »Römischen Kontroverse«<br />

setzten sich Professoren der Lateran-Universität wie Francesco Spadafora und<br />

Antonino Romeo für die strikte Beachtung der »analogia fidei« und damit auch der kirchlichen<br />

Lehrentscheidungen beim Umgang mit der Heiligen Schrift ein, während Professoren<br />

des Biblicum wie Stanislas Lyonnet und Maximilan Zerwick größere Freiheiten<br />

für die Exegese forderten. Das Heilige Offizium entzog schließlich den beiden Letzteren<br />

ihre Lehrbefugnis am Biblicum. Dabei ging es nicht um philologisch-historische Methode<br />

(dieser Ausdruck ist dem ideologisch belasteten und zugleich gewissermaßen tautologischen<br />

Terminus »historisch-kritische Methode« vorzuziehen!) contra »fundamentalistischen«<br />

Umgang mit der Bibel, wie die Kontroverse heute oft verkürzt und verzerrt<br />

dargestellt wird. Vielmehr war die entscheidende Frage, inwieweit kirchliche Vorgaben<br />

den Theologen bei seinen Forschungen binden dürfen, was einfach zu den wesentlichen<br />

Grundlagen seiner Wissenschaft gehört. Ebenso unsachlich ist es, immer wieder zu behaupten,<br />

eine wissenschaftlich verantwortbare Arbeit an der Heiligen Schrift sei erst seit<br />

der Ära des II. Vatikanums möglich. Wer auch nur einen Blick z. B. in die nachtridentinischen<br />

Kommentare eines Maldonatus geworfen hat, könnte so nicht argumentieren. Der<br />

katholische Neutestamentler Marius Reiser hat die Leistung dieses gelehrten Katholiken<br />

angemessen gewürdigt: Die Prinzipien der biblischen Hermeneutik und ihr Wandel unter<br />

dem Einfluß der Aufklärung, in: Moisés Mayordomo (Hrsg.), Die prägende Kraft der<br />

Texte, Stuttgarter Bibelstudien 199/2005, 67 f.<br />

Die ganze Auseinandersetzung zwischen Lateran-Universität und Biblicum ist jüngst aus<br />

gemäßigt progressiver Sichtweise nachgezeichnet worden von Anthony Dupont und Karim<br />

Schelkens: Katholische Exegese vor dem II. Vatikanischen Konzil (1960-1961), ZKTh<br />

132/2010, 1-24, zum Schema De fontibus revelationis siehe 23. Vgl. aber auch Rudolf Voderholzer,<br />

Offenbarung, Schrift und Kirche – Eine relecture von »Dei Verbum« im Licht<br />

vorbereitender und rezipierender Texte Joseph Ratzingers, IKaZ 39/2010, 287-303, hier<br />

289 mit Anm. 12 auf S. 300.<br />

48 Aus diesen Gründen zog das Schema so viel Widerstand auf sich. Helmut Hoping berichtet<br />

ausführlich darüber in seinem Kommentar zu »Dei verbum« (Herders theologischer<br />

Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 3, 720-728). Neben der Zweiquellen-<br />

Theorie, die das Schema zur Offenbarung vertrat, stießen sich seine progressiven Kritiker,<br />

im folgenden Zitat konkret Schillebeeckx, besonders noch an einem weiteren angeblichen<br />

Defizit: »Der Offenbarungsbegriff des Schemas konzipiere Offenbarung vor<br />

allem als ›Mitteilung begrifflicher Wahrheiten‹, als eine Offenbarung ›in Worten‹. Darüber<br />

werde vergessen, dass die Offenbarung vor allem ›in der Realität selbst‹ geschehen<br />

sei, d. h. in geschichtlichen Taten.« (Hoping, a. O. 724 f.) Mir ist es – wie der gesamten<br />

katholischen Kirche von nahezu 2000 Jahren – völlig schleierhaft, wie das Evangelium<br />

Jesu Christi ohne jene heute allenthalben geschmähten »Wort-« bzw. »Satzwahrheiten«<br />

hätte unverfälscht bewahrt werden sollen. Der neomodernistische Neuansatz, der das<br />

»Instruktionsmodell« durch ein »Kommunikationsmodell« ersetzt, bietet freilich für seine<br />

Vorkämpfer den (höchst zweifelhaften) »Vorteil«, sich in letzter Konsequenz an nichts<br />

mehr gebunden fühlen zu müssen! Zur heute weit verbreiteten Ablehnung jener »Satzwahrheiten«<br />

und deren theologisch-hermeneutischem Hintergrund lese man meine Beiträge<br />

in der Zeitschrift »Kirchliche Umschau« der Monate Oktober 2009 bis Juni 2010.<br />

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