2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung<br />
Artikel 9 der Offenbarungskonstitution »Dei verbum« des II. Vatikanums, wo es heißt:<br />
»quo fit ut Ecclesia certitudinem suam de omnibus revelatis non per solam Sacram Scripturam<br />
hauriat« – »So ergibt sich, dass die Kirche ihre Gewissheit über alles Geoffenbarte<br />
nicht vermittels der Heiligen Schrift allein gewinnt.« 42 Dieser Satz war von Papst Paul<br />
VI. angeregt 43 und Kardinal Ottaviani zur Prüfung vorgelegt worden. Allerdings wurde<br />
hier eine bewußt unklare Formulierung gewählt, die nicht eindeutig erkennen läßt, ob<br />
wirklich an ein quantitatives Mehr an apostolischer Offenbarung gedacht ist oder ob es<br />
nur um die Kriterien zur Eingrenzung und Auslegung der Heiligen Schrift geht, die in<br />
ihr nicht direkt enthalten sind. 44 Auch die anderen Stellen in »Dei verbum«, wo an sich<br />
42 Gerade um diese Frage des Verhältnisses von schriftlicher und mündlicher Offenbarung<br />
wurde auf dem II. Vatikanum heftig gerungen. Hanjo Sauer hat in seiner Habilitationsschrift<br />
aus progressiver Perspektive die Auseinandersetzungen nachgezeichnet (Erfahrung<br />
und Glaube Die Begründung des pastoralen Prinzips durch die Offenbarungskonstitution<br />
des II. Vatikanischen Konzils, Würzburger Studien zur Fundamentaltheologie, hg. von Elmar<br />
Klinger, Bd. 12, Frankfurt/M. 1993). Wertvoll sind in seiner Arbeit allemal die reichlich<br />
verarbeiteten Quellen (v. a. im Anhang, 608-771).<br />
43 Heribert Schauf stellt den Gang der Entwicklung bis zu dieser Kompromißformel dar und<br />
betont dabei mehrfach den Anteil, den Papst Paul VI. an der Verbesserung des ursprünglichen,<br />
im Sinne der Tradition noch weniger eindeutigen Textes genommen hatte (Zur Dogmatischen<br />
Konstitution »Dei Verbum« über die göttliche Offenbarung Nr. 9, Annuarium Historiae<br />
Conciliorum 16/1984, 437-489). Vgl. auch Helmut Hoping, Herders theologischer<br />
Kommentar zum Zweiten Vatikanischen Konzil, Bd. 3, 734 f. Hoping führt hier auch noch<br />
zwei weitere Interventionen Pauls VI. an, die die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift und<br />
die Historizität der Berichte in den Evangelien betrafen.<br />
44 »Von den Relationes H. Florits aus kann also festgehalten werden, daß der Text eine qualitative<br />
Identität von Schrift und Tradition aussagen will, die Frage der quantitativen Identität<br />
aber offenhält.« (Achim Buckenmaier, »Schrift und Tradition« seit dem II. Vatikanum – Vorgeschichte<br />
und Rezeption, Paderborn 1996, 278). Selbst Karl Rahner war ja bereit, anzuerkennen,<br />
daß Inspiration und Kanon nicht aus den Hl. Schriften selbst ohne Zuhilfenahme<br />
einer mündlichen Tradition beweisbar sind (siehe z.B. seine Animadversio, die bei Schauf,<br />
Annuarium a. O. 464, abgedruckt ist).<br />
Ulrich Wilckens Bedenken sind freilich unbegründet. Er sieht in DV 9 »tridentinische Formulierungen«<br />
eingedrungen (gemeint ist offenbar vor allem auch die Fortführung des<br />
oben zitierten Satzes: »Quapropter utraque – sc. Sacra Traditio et Sacra Scriptura – pari<br />
pietatis affectu ac reverentia suscipienda et veneranda est«, ein Gedanke, der, wie wir<br />
noch sehen werden, nahezu wörtlich aus dem Tridentinum übernommen wurde), während<br />
in DV 21 die neue katholische Position vertreten werde, nach der sich die Offenbarung<br />
in der Schrift für alle Zeiten der Kirche »als höchste Richtschnur des Glaubens« bezeuge<br />
(Schriftauslegung in historisch-kritischer Forschung und geistlicher Betrachtung,<br />
37). Der Widerspruch kommt nur dadurch zustande, daß Wilckens den zweiten Konzilstext<br />
verkürzt zitiert. In Wahrheit heißt es dort nämlich über die Kirche: »Diese (die Heiligen<br />
Schriften) hatte und hat sie zusammen mit der Heiligen Überlieferung immer als<br />
höchste Richtschnur ihres Glaubens (Eas una cum Sacra Traditione semper ut supremam<br />
fidei suae regulam habuit et habet«, DV 21,1; Kursivsetzung durch Verf.). Dieser Formu-<br />
43