2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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zeption erlaubt – und zwar so, wie sie sich<br />
aus dem klar eingenommenen Standpunkt<br />
des Verfassers darstellen. Der Charakter des<br />
Buches wechselt daher zwischen abwägender<br />
Argumentation, systematischer Analyse,<br />
Polemik und persönlicher Stellungnahme.<br />
Nach zwei sehr wohlwollenden Geleitworten,<br />
das eine verfasst vom Bischof oli v e r i<br />
von Albenga-Imperia, das andere vom ehemaligen<br />
Sekretär der Gottesdienstkongregation,<br />
Erzbischof ranjith, formuliert der Verf.<br />
seine im Titel des Buches bereits anklingende<br />
zentrale These: Das II. Vatikanische Konzil<br />
ist während seines Verlaufes und nach<br />
seinem Abschluss mit derart viel Lob (unter<br />
ständiger »feierliche[r] Inzensation«, S. 18)<br />
überhöht worden, dass ein geordneter Diskurs<br />
über seine Inhalte nicht hat stattfinden<br />
können. Von Anfang an hat sich eine Art<br />
landläufige, das Konzil überhöhende Aneignung<br />
– der Verf. bezeichnet sie als »interpretatorische<br />
Vulgata« (S. 17) – durchgesetzt, die<br />
eine auch kontroverse Auseinandersetzung<br />
über die Aussagen des Konzils faktisch unmöglich<br />
gemacht habe. Dieser Diskurs müsse<br />
nachgeholt werden, da das II. Vat. entgegen<br />
der Auffassung derer, die es überhöht<br />
haben und nach wie vor überhöhen, keine<br />
»absolute Größe« (S. 26) innerhalb der Geschichte<br />
der Kirche darstellt.<br />
Das Buch gliedert sich in einen allgemeinen<br />
und einen besonderen Teil. Jedes Kapitel ist<br />
wiederum dreigeteilt: aus dem jeweils übergeordneten<br />
Thema werden drei Aspekte herausgegriffen<br />
und behandelt. Die Kap. I–V des<br />
allgemeinen Teils behandeln grundsätzliche<br />
Fragen, die das Verständnis des Konzils, seine<br />
Ergebnisse und seine Wirkung insgesamt<br />
betreffen. Hingegen sichten die Kap. VI–IX<br />
des besonderen Teils einzelne Konstitutionen,<br />
Dekrete und Erklärungen des Konzils: Liturgie,<br />
Religionsfreiheit, Ökumene und schließlich<br />
die dogmatische Konstitution über die<br />
Kirche. Abschließend wendet sich der Verf.<br />
mit einem ungewöhnlichen Ersuchen direkt<br />
an den Papst.<br />
Die Kapitel des allgemeinen Teils behandeln<br />
die mittlerweile zum klassischen Repertoire<br />
gehörenden Fragen und Themen zum<br />
II. Vat.: das Verständnis des »Aggiornamento«<br />
und der kaum zu ermessenden ‚Tiefenwirkung‘<br />
(S. 40 u. ö.) auf alle Bereiche der<br />
Kirche, die dieser Vorgang und die mit ihm<br />
verbundene Bewegung nach Beendigung<br />
des Konzils entfaltet haben; das Verhältnis<br />
des Neuen und der Erneuerung zur Tradition<br />
und zum bisherigen Leben der Kirche;<br />
der dogmatische ‚Status‘ des Konzils und seiner<br />
Ergebnisse, ihr Wert und ihre Grenzen<br />
auch in seinem Selbstverständnis; die Frage,<br />
war das II. Vat. ein rein pastorales Konzil,<br />
und wenn ja, was heißt das? 1 Welche Kriterien<br />
muss sich eine notwendige Hermeneutik<br />
des Konzils geben – ist dabei von Kontinuität<br />
oder von Diskontinuität auszugehen? Hat<br />
sich das Konzil zu sehr dem Relativen, Partiellen<br />
und Experimentellen geöffnet und dabei<br />
die ewigen Wahrheiten der übernatürlichen<br />
Ordnung vernachlässigt?<br />
An der Erklärung »Dignitatis humanae« zeigt<br />
sich die Spannung zur bisherigen Haltung der<br />
Kirche besonders deutlich, ist sie doch diejenige<br />
Erklärung, die am stärksten als Opposition<br />
gegen die Entscheidungen der sog. Pius-<br />
Päpste und damit gegen eine ganze Epoche<br />
der Kirche aufgefasst wurde (»Antisyllabus«,<br />
S. 155). »Dignitatis humanae« hat die Achilles-Ferse<br />
nicht nur des katholischen Glaubens,<br />
sondern allen religiösen Glaubens getroffen:<br />
der Verf. spricht daher zu Recht vom<br />
großen Problem der Religionsfreiheit. Er analysiert<br />
treffend, dass die Erklärung das schwierige<br />
Verhältnis von Gewissensfreiheit, Würde<br />
der menschlichen Person und allgemeiner Toleranz<br />
einerseits und der jedem Glauben innewohnende<br />
Abwehr gegen Indifferentismus<br />
1 Siehe dazu bereits Fl o r i a n Ko l F h a u s, Pastorale<br />
Verkündigung – Grundmotiv des Zweiten<br />
Vatikanischen Konzils. Untersuchungen<br />
zu »Unitatis Redintegratio«, »Dignitatis Humanae«<br />
und »Nosta Aetate«, Berlin 2010 und die<br />
Rezension dazu in <strong>Una</strong> <strong>Voce</strong> Korrespondenz<br />
(3) 2010, S. 97ff.