2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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150 Dokumente, Briefe, Informationen<br />
Bistums Münster in seiner Festpredigt – wurde<br />
Mussinghoff gelobt. Der Vatikan dürfte in<br />
den Jubel nicht rundherum einstimmen. Darauf<br />
deutet ein Schreiben aus Rom hin, das<br />
der SZ vorliegt. In scharfer Form wird darin<br />
Mussinghoffs Strukturreform kritisiert.<br />
Die Kirchen stehen deutschlandweit vor<br />
großen Herausforderungen: die Zahl der<br />
Gläubigen, der Geistlichen und der Gemeinden<br />
sinkt. Zumindest die römisch-katholische<br />
Hierarchie reagiert auf den Glaubensschwund<br />
mit Strukturreformen. Pfarreien werden zusammengelegt,<br />
pastorale Angebote gestrichen,<br />
Verantwortung auf mehrere Schultern<br />
verteilt. Kaum jemand ging so konsequent<br />
oder brachial vor wie die Aachener Bistumsleitung.<br />
Aus 540 Pfarreien wurden unter Mussinghoff<br />
71 ›Gemeinschaften von Gemeinden‘.<br />
Der Vatikan fürchtet, Aachen habe den Bogen<br />
überspannt.<br />
Das Schreiben vom 10. September 2009,<br />
das nun bekannt wurde, trägt die Unterschrift<br />
des damaligen Präfekten der Kongregation für<br />
den Klerus, des Kardinals Cláudio Hummes.<br />
Dieser lässt keinen Zweifel, dass die in Aachen<br />
energisch vorangetriebene ›kooperative<br />
Pastoral‘ geeignet ist, ›eher mehr Verwirrung<br />
zu stiften‹. Sehr ›ernste Risiken für ein harmonisches<br />
Miteinander von Klerikern und Laiengläubigen‹<br />
erwüchsen aus Mussinghoffs Verwaltungsreform.<br />
Der Vatikan ist alarmiert über ›die hohe Anzahl<br />
der Gläubigen, von denen uns aus Ihrem<br />
Bistum Zuschriften erreicht haben‹ – 271<br />
an der Zahl. Die Beschwerden sind ein Indikator<br />
dafür, dass der Dialog nicht mit allen<br />
Beteiligten gepflegt wurde. Andererseits sieht<br />
Hummes die ›lehrmäßigen Prinzipien‹, den innersten<br />
Glaubenskern der Kirche, durch ›die<br />
Einführung der neuen Strukturen‹ gefährdet.<br />
Die ›kooperative Pastoral‹ erwecke in der Praxis<br />
den Anschein, ›als ob die Seelsorge einer<br />
Art Gemeinschaftsorgan überantwortet worden<br />
wäre, was der Absicht des Gesetzgebers<br />
sicherlich nicht entspricht‹.<br />
Nicht weniger steht auf dem Spiel als die<br />
Frage, ob die dauerhafte Bildung gemischter<br />
Pastoralteams aus wenigen Priestern und vie-<br />
len Laien mit der Glaubenslehre vereinbar ist.<br />
Die Kritiker der Reform im Bistum und der<br />
Vatikan sehen ›die ernste Frage im Raum, ob<br />
solche Gremien es den Priestern, ihren Mitarbeitern<br />
und dem Gottesvolk nicht eher verwehren,<br />
die spezifische Identität und Aufgabe<br />
jedes Einzelnen‹ wahrzunehmen. Führt der<br />
Aachener Weg demnach zur priesterlosen Gemeinde<br />
und zur sakramentefreien Kirche, die<br />
beide unkatholisch wären? Können Strukturreformen<br />
sich am Ende häretisch auswirken?<br />
Diese Frage ist einstweilen ebenso offen wie<br />
jene, ob es sich bei dem Spagat zwischen notwendiger<br />
Verschlankung und gebotener Glaubenstreue<br />
um ein echtes Problem handelt -<br />
oder um ein Dilemma. ALEXANDER KISSLER<br />
Zu Kisslers Artikel nahm das Bistum wie folgt<br />
Stellung:<br />
In einer vom Bistum veröffentlichten Erklärung<br />
heißt es, die Strukturveränderung stehe<br />
dem Diözesanbischof nach dem Kirchenrecht<br />
als alleinige Entscheidung zu. Das Schreiben<br />
der Kleruskongregation vom 10. September<br />
des vergangenen Jahres beantwortete der<br />
Bischof laut Bistum bereits am 29. Oktober<br />
2009. Als promovierter Kirchenrechtler und<br />
Mitglied der Kleruskongregation habe er zu<br />
den im Brief aufgeworfenen Fragen umfänglich<br />
Stellung bezogen. (…) Das Bistum weist<br />
in seiner Stellungnahme darauf hin, dass im<br />
Frühjahr 2009 im städtischen und randstädtischen<br />
Bereich «in einem größeren Maße» Pfarreien<br />
aufgehoben, vereinigt und neu errichtet<br />
worden seien. Damit sei die Diözese den<br />
gleichen Weg wie viele andere Bistümer in<br />
<strong>Deutschland</strong> gegangen. Die Anzahl der Pfarreien<br />
sei von 540 vor zwei Jahren auf 365 reduziert<br />
worden. Durch diese Umstrukturierungen<br />
seien weder die Rechte und Pflichten der<br />
Pfarreien noch die der dort ernannten Pfarrer<br />
beschnitten worden. Die in den Pfarreien tätigen<br />
Pastoralteams stünden dem Kirchenrecht<br />
nicht entgegen. Zudem habe die territoriale<br />
Struktur bereits seit 1989 zur Diskussion gestanden.