2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV

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138 Walter Hoeres In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von der »Communio« zu gewichten, die uns heute mit einer Penetranz begegnet, als handele es sich um eine konziliare oder nachkonziliare Entdeckung. In der Una Voce Korrespondenz haben wir im Blick auf die Liturgie schon oft darauf hingewiesen, daß die wahre communio und mit ihr die participatio actuosa in der gemeinsamen Blickrichtung auf Gott bzw. auf das hl. Geschehen auf dem Altar, nicht aber darin besteht, daß wir uns händeschüttelnd darüber vergewissern, daß wir Gemeinschaft und erst im forcierten Zusammensein wahre Christen sind. Im Gegensatz dazu besteht die theologisch begründete communio darin, daß wir gemeinsam vor der Gegenwart Gottes stehen und an ihr Anteil haben dürfen. Das verbindet uns nicht nur mit den anderen Gläubigen, sondern schon jetzt mit allen Engeln und Heiligen, mit der ganzen triumphierenden Kirche. Das ist weder jene vorzeitige »Flucht ins Jenseits«, die uns die Nicht-Gläubigen vorwerfen noch jene Romantik Ewig-Gestriger, die uns die Progressisten vorhalten. Denn der Akzent liegt auf dem Begriff der Gegenwart. Sie ist nur ein Aspekt der Ewigkeit Gottes, der uns durch die Schöpfung allgegenwärtig und in der Gnade besonders nahe ist. Das sind ebenso unumstößliche wie einleuchtende Sachverhalte, und man sieht nicht recht, warum man heute anders von ihnen sprechen soll als ehedem! Daß sich so nicht nur die frohe Botschaft, sondern auch die Art ihrer Verkündigung zu allen Zeiten gleich bleibt und gleich bleiben m u ß , zeigt sich aber vor allem darin, daß eine ihrer vornehmsten Aufgaben ist, die Menschen zu trösten. Schon vor Jahren haben wir hier darauf hingewiesen, daß genau diese Pflicht seit dem Anbruch des Aggiornamento und seiner Botschaft von einer besseren Gesellschaft und Welt fast zwangsläufig vernachlässigt wird. 19 Nicht nur deshalb weil der Glaube an das ewige Leben seine Bestimmtheit verloren hat und keiner mehr so recht weiß, was nach dem Tode von uns bleibt! Vor allem stellt sich die Frage, was es dem Krebskranken oder einer alten, einsamen Rentnerin hilft, zu erfahren, daß »die Sache Jesu« weitergeht. Hier gibt es nur einen einzigen Trost, nämlich das Wort des Apostels: »Was sind die Leiden dieser Welt verglichen mit der künftigen Herrlichkeit!« Und von ihm ist heute allzu wenig die Rede. II. Die währende Heilsgeschichte 1. Der Sog der Entmythologisierung Wie wir schon in der letzten Ausgabe gesehen haben, wird das Aggiornamento immer wieder damit begründet, daß der Mensch ein geschichtliches Wesen sei, das sich von Epoche zu Epoche radikal ändere: nicht in seinem anatomischen Aufbau natürlich, sondern in seinem Verhältnis zur Welt und ihrem je neuen Verständnis. Die Auffassung 19 Die Unfähigkeit zu trösten. In: UVK Nov./Dez. 1975

Ewigkeit und Aggiornamento – Beschreibung eines Konfliktes 139 geht auf Martin Heidegger zurück, dessen Einfluß auf die Theologie der Nachkonzilszeit gar nicht zu überschätzen ist. Wir haben uns mit dieser Auffassung schon häufig kritisch auseinandergesetzt und wollen uns hier nicht wiederholen. 20 Sie gipfelt in der Behauptung, »früher«, d.h. zur Zeit der Apostel habe man die Welt mythologisch mit Hilfe von Geistern, Dämonen und Wundern erklären können, heute aber im naturwissenschaftlich-technischen Zeitalter sei uns ein solcher Verständnishorizont unmöglich. Denn, so der evangelische Theologe Rudolf Bultmann, der Heideggers Denken in die Theologie übertragen und so entscheidend zur »Entmythologisierung« der frohen Botschaft beigetragen hat: »Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Wunderwelt des Neuen Testamentes glauben« 21 Wir sehen hier davon ab, daß diese Sätze schlichter Unsinn sind. Mit Recht macht der Astronom Josef Meurers in seinem schon in den fünfziger Jahren erschienen Buch über »die Frage nach Gott und die Naturwissenschaften« darauf aufmerksam, daß sich diese seit Galilei strikt auf die Maßbeziehungen der experimentell faßbaren körperlichen Wirklichkeit beschränken und genau dieser freiwilligen methodischen Selbstbeschränkung ihre Erfolge verdanken. Die typischen Gegenstände der Philosophie aber, so fährt er fort, Gott, Seele, Willensfreiheit sind ganz sicher keine meßbaren und im Labor vorfindlichen Größen und fallen deshalb in gar keiner Weise in die Zuständigkeit der – eben! – »mathematischen« Naturwissenschaften. Im übrigen hat gerade Heidegger gegenüber dem falschen alleinseligmachenden Anspruch der Wissenschaften immer auf den unermeßlichen Geheimnisreichtum der Wirklichkeit hingewiesen. 22 Doch der Sog der »Entmythologisierung« hat sich mit einer fast unwiderstehlichen Gewalt auch in der katholischen Theologie fortgesetzt. Er hat hier zu zwei Konsequenzen geführt. Einmal zu der Behauptung, daß es in der Verkündigung nicht mehr auf »Satzwahrheiten« ankommen dürfe, sondern darauf, daß das, was zu verkündigen ist, die Leute auch wirklich anspricht. Denn nur darauf, daß ihnen der »Glaube heute etwas sagt«, komme es an, wenn sie sich in ihrer Mentalität tatsächlich so radikal von früheren Generationen unterscheiden. Einer der einflußreichsten Protagonisten dieser erstaunlichen Auffassung ist der einflußreiche Tübinger Dogmatiker Peter Hünermann, 23 den wir schon öfters gefragt haben, wie man denn die Wahrheit, daß Christus wahrhaft 20 Vgl. z. B.: Walter Hoeres : Geschichtlichkeit als Mythos und Programm – Humani Generis und die immerwährende Wahrheit. In: Editiones Una Voce hrsg. Von David Berger. Köln 2000 S., 53 ff. 21 Rudolf Bultmann: Kerygma und Mythos I .Hamburg 1948 S. 17 f. 22 Vgl. dazu unsere Ausführungen in: Der Weg der Anschauung. Landschaft zwischen Ästhetik und Metaphysik (Die Graue Edition) Kusterdingen 2004 23 Vgl. dazu Walter Hoeres: Zur Berufung Hünermanns nach Tübingen. In: UVK März/Juni 1982 und: »Sätze im Nebel – Sprachmystik und Theologie« . In: Theologisches Dez. 2003

138 Walter Hoeres<br />

In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von der »Communio« zu gewichten,<br />

die uns heute mit einer Penetranz begegnet, als handele es sich um eine konziliare<br />

oder nachkonziliare Entdeckung. In der <strong>Una</strong> <strong>Voce</strong> Korrespondenz haben wir im Blick<br />

auf die Liturgie schon oft darauf hingewiesen, daß die wahre communio und mit ihr<br />

die participatio actuosa in der gemeinsamen Blickrichtung auf Gott bzw. auf das hl.<br />

Geschehen auf dem Altar, nicht aber darin besteht, daß wir uns händeschüttelnd darüber<br />

vergewissern, daß wir Gemeinschaft und erst im forcierten Zusammensein wahre<br />

Christen sind. Im Gegensatz dazu besteht die theologisch begründete communio darin,<br />

daß wir gemeinsam vor der Gegenwart Gottes stehen und an ihr Anteil haben dürfen.<br />

Das verbindet uns nicht nur mit den anderen Gläubigen, sondern schon jetzt mit allen<br />

Engeln und Heiligen, mit der ganzen triumphierenden Kirche. Das ist weder jene<br />

vorzeitige »Flucht ins Jenseits«, die uns die Nicht-Gläubigen vorwerfen noch jene Romantik<br />

Ewig-Gestriger, die uns die Progressisten vorhalten. Denn der Akzent liegt auf<br />

dem Begriff der Gegenwart. Sie ist nur ein Aspekt der Ewigkeit Gottes, der uns durch<br />

die Schöpfung allgegenwärtig und in der Gnade besonders nahe ist. Das sind ebenso<br />

unumstößliche wie einleuchtende Sachverhalte, und man sieht nicht recht, warum man<br />

heute anders von ihnen sprechen soll als ehedem!<br />

Daß sich so nicht nur die frohe Botschaft, sondern auch die Art ihrer Verkündigung<br />

zu allen Zeiten gleich bleibt und gleich bleiben m u ß , zeigt sich aber vor allem darin,<br />

daß eine ihrer vornehmsten Aufgaben ist, die Menschen zu trösten. Schon vor Jahren<br />

haben wir hier darauf hingewiesen, daß genau diese Pflicht seit dem Anbruch des Aggiornamento<br />

und seiner Botschaft von einer besseren Gesellschaft und Welt fast zwangsläufig<br />

vernachlässigt wird. 19 Nicht nur deshalb weil der Glaube an das ewige Leben seine<br />

Bestimmtheit verloren hat und keiner mehr so recht weiß, was nach dem Tode von uns<br />

bleibt! Vor allem stellt sich die Frage, was es dem Krebskranken oder einer alten, einsamen<br />

Rentnerin hilft, zu erfahren, daß »die Sache Jesu« weitergeht. Hier gibt es nur einen<br />

einzigen Trost, nämlich das Wort des Apostels: »Was sind die Leiden dieser Welt verglichen<br />

mit der künftigen Herrlichkeit!« Und von ihm ist heute allzu wenig die Rede.<br />

II. Die währende Heilsgeschichte<br />

1. Der Sog der Entmythologisierung<br />

Wie wir schon in der letzten Ausgabe gesehen haben, wird das Aggiornamento immer<br />

wieder damit begründet, daß der Mensch ein geschichtliches Wesen sei, das sich von<br />

Epoche zu Epoche radikal ändere: nicht in seinem anatomischen Aufbau natürlich,<br />

sondern in seinem Verhältnis zur Welt und ihrem je neuen Verständnis. Die Auffassung<br />

19 Die Unfähigkeit zu trösten. In: UVK Nov./Dez. 1975

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