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134 Walter Hoeres men. Da ist ständig die Rede davon, daß Gott weise, gerecht ist, uns liebt usw. Wenn wir mit diesen Begriffen etwas Bestimmtes verbinden und nicht im Nebel frommer Gefühlsanmutungen verharren wollen, dann müssen wir auch wieder auf die Philosophie, die Analogie der Begriffe zurückgreifen, die allein die Mitte zwischen kindlich vermenschlichenden Vorstellungen von Gott und völligem Unbegreifen hält. Aus zwei Gründen waren diese weiter ausholenden Darlegungen notwendig. Einmal sollten sie an einem zentralen Beispiel zeigen, wie unverzichtbar, aber auch naheliegend der Rückgriff auf die Philosophie ist, die immer im Raum der Kirche gelehrt wurde. Und wie unverantwortlich der Versuch, sie zu eskamotieren. Zum anderen haben wir nun die Voraussetzungen gewonnen, die Ewigkeit Gottes mit der Wahrheit, welche die modernen Theologen so gerne gegen sie ausspielen, daß er ein Gott des Lebens ist, zusammen zu schauen. D a s ist ja überhaupt der Pferdefuß moderner progressiver Theologie, den wir schon oft gebrandmarkt haben, daß sie unfähig ist, die scheinbaren Extreme in einem Bewußtsein zusammen zu denken. In unserem Falle ist »Leben« ganz gewiß eine reine und lautere Vollkommenheit, denn es versteht sich, daß die Lebewesen höher in der Seinsordnung stehen als die anorganischen Dinge. Geistiges Leben, das nicht vom Stoffwechsel abhängt, aber wird noch höher eingestuft als das organische, das immer wieder in sich selbst zerfällt und nur in der Regeneration Bestand hat. Und damit sind wir schon beim entscheidenden Punkt! Natürlich ist das Leben, das uns in der Welt begegnet, ein ständiges Auf und Ab, ein immerwährender Übergang vom »noch nicht« zum Sein und von ihm zum »nicht mehr Sein«, der schon nach Platon die Grundsignatur allen Werdens, aller Veränderung ist. Aber daraus folgt noch lange nicht, daß diese Veränderlichkeit zum Wesen des Lebens überhaupt gehört, so daß es in seiner Vollgestalt nur als solche in immer neuen Anläufen und Abschwüngen oszilierende Bewegung möglich wäre. Vielmehr zeugt es von höchster Lebendigkeit, wenn der unendliche Geist Gottes von Ewigkeit her alles mit einem einzigen Akt seines Erkennens und Wollens umfaßt, ohne sich immer von neuem darauf einstellen zu müssen. Daß wir uns das nicht vorstellen können, ist kein Gegenbeweis. Immer schon war die Behauptung, daß es nur das gibt, was wir uns vorstellen können, Ausdruck der Armseligkeit des ins Diesseits verkrampften Bewußtseins der Neuzeit, das ohne alle die Grenzen von Raum und Zeit überschreitende Metaphysik auszukommen wähnt. Nach dieser Logik könnte es auch keine Atomphysik geben. Denn auch die subatomaren Welten und Prozesse können wir uns nicht mehr vorstellen. 4. Die Kontemplation: Vorstufe zur Ewigkeit Hingegen gibt es durchaus Erfahrungen, die uns die einzigartige Verbindung von höchster Lebendigkeit und – in diesem Falle sollten wir nicht sagen: »Ewigkeit« – sondern Überzeitlichkeit vor Augen führen. Nehmen wir die Erfahrung der Kontemp-
Ewigkeit und Aggiornamento – Beschreibung eines Konfliktes 135 lation, der Anschauung dessen, was sich zu sehen lohnt, die in der abendländischen Tradition als höchste Erfüllung und letztes Ziel des Menschen angesehen wird, das ja in der Anschauung und Liebe Gottes besteht. Unbegreiflich, ja ein erschütterndes Zeichen für die nachkonziliare, anhaltende Glaubenskrise, daß selbst diese Lehre von der Anschauung und Liebe Gottes, die all unsere Hoffnung bestimmt und von der Glaubenstradition der Kirche stets mit absoluter Selbstverständlichkeit festgehalten, wurde, nach dem Konzil von prominenten Theologen relativiert worden ist! 12 Auch schon die recht verstandene, betende Theologie kann als »inchoatio vitae aeternae«, als Morgendämmern des ewigen Lebens bezeichnet werden. Aber nicht nur die christlichabendländische Tradition, auch die neuzeitliche Philosophie hat den Wert der Kontemplation nicht selten deutlich genug hervorgehoben. So beschreibt Arthur Schopenhauer mit besonderer Eindringlichkeit die befreiende Kraft, mit der uns etwa der unvermutete Anblick des Schönen aus den alltäglichen Sorgen und dem »Sklavendienst« des Willens und seiner Bedürfnisse entreißt. 13 Denn wie schon die Sprache sagt, sind wir in der wahren Kontemplation hingerissen vom dem, was wir erblicken, wir gehen ganz in ihm auf, wir ruhen »selbstvergessen« im Anblick dessen, was uns auf solche Weise fesselt, sind ganz in ihn versunken und schauen »unverwandt« an, was uns fasziniert. Nicht die Zeit entgleitet uns, sondern wir entgleiten ihr auf unverhoffte Weise, die uns glücklich macht. 14 Gewiß ist diese Betrachtung, in der wir durchaus verweilen können, keine Ewigkeit, aber doch ein Abbild von ihr und des ewigen Lebens und sie kann uns so anschaulich erfahren lassen, was die ungeheure Spannungseinheit des Lebens in sich birgt. Deshalb ist die eigentliche Existenzform des Menschen jedenfalls in seinem geistigen Lebens nicht die der »Sorge« und der ständig zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft pendelnden Zeitlichkeit, wie Heidegger in »Sein und Zeit« lehrt, sondern die der Dauer, und gerade sie ist Ausdruck höchster Lebendigkeit und Kraft. Freilich müssen wir daran erinnern, daß das, was sich zu sehen lohnt und daher der eigentliche Gegenstand der Kontemplation sein kann, für die christlich-abendländische Tradition nicht der pure ästhetische Anblick ist, sondern dasjenige, was den Geist auf- 12 So scheute sich beispielsweise Prof. P. Dr. Medard Kehl SJ nicht, in seiner weitverbreiteten »Eschatologie« (Würzburg 1986) die Lehre, daß die Seelen nach der Reinigung schon vor der Wiederaufnahme des Leibes Gott von Angesicht zu Angesicht schauen werden, in einer kritischen Würdigung der entsprechenden Apostolischen Konstitution Benedikts XII. als Ergebnis »mittelalterlicher Dominikanertheologie« zu relativieren. 13 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. 3. Buch § 38: »Wann aber äußerer Anlaß, oder innere Stimmung uns plötzlich aus dem endlosen Strome des Wollens heraushebt, die Erkenntnis dem Sklavendienst des Willens entreißt, die Aufmerksamkeit nun nicht mehr auf die Motive des Wollens gerichtet ist, sondern die Dinge …. rein objektiv betrachtet, ihnen ganz hingegeben…: dann ist die… immer entfliehend Ruhe mit einem Male eingetreten und uns ist völlig wohl«. 14 Vgl. dazu Josef Pieper: Glück und Kontemplation. 4. Aufl. München 1979
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Zeichen für die nachkonziliare, anhaltende Glaubenskrise, daß selbst diese Lehre von<br />
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Glaubenstradition der Kirche stets mit absoluter Selbstverständlichkeit festgehalten,<br />
wurde, nach dem Konzil von prominenten Theologen relativiert worden ist! 12 Auch<br />
schon die recht verstandene, betende Theologie kann als »inchoatio vitae aeternae«, als<br />
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Tradition, auch die neuzeitliche Philosophie hat den Wert der Kontemplation<br />
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mit besonderer Eindringlichkeit die befreiende Kraft, mit der uns etwa der unvermutete<br />
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Willens und seiner Bedürfnisse entreißt. 13 Denn wie schon die Sprache sagt, sind wir<br />
in der wahren Kontemplation hingerissen vom dem, was wir erblicken, wir gehen ganz<br />
in ihm auf, wir ruhen »selbstvergessen« im Anblick dessen, was uns auf solche Weise<br />
fesselt, sind ganz in ihn versunken und schauen »unverwandt« an, was uns fasziniert.<br />
Nicht die Zeit entgleitet uns, sondern wir entgleiten ihr auf unverhoffte Weise, die uns<br />
glücklich macht. 14 Gewiß ist diese Betrachtung, in der wir durchaus verweilen können,<br />
keine Ewigkeit, aber doch ein Abbild von ihr und des ewigen Lebens und sie kann uns<br />
so anschaulich erfahren lassen, was die ungeheure Spannungseinheit des Lebens in sich<br />
birgt. Deshalb ist die eigentliche Existenzform des Menschen jedenfalls in seinem geistigen<br />
Lebens nicht die der »Sorge« und der ständig zwischen Vergangenheit, Gegenwart<br />
und Zukunft pendelnden Zeitlichkeit, wie Heidegger in »Sein und Zeit« lehrt, sondern<br />
die der Dauer, und gerade sie ist Ausdruck höchster Lebendigkeit und Kraft.<br />
Freilich müssen wir daran erinnern, daß das, was sich zu sehen lohnt und daher der<br />
eigentliche Gegenstand der Kontemplation sein kann, für die christlich-abendländische<br />
Tradition nicht der pure ästhetische Anblick ist, sondern dasjenige, was den Geist auf-<br />
12 So scheute sich beispielsweise Prof. P. Dr. Medard Kehl SJ nicht, in seiner weitverbreiteten<br />
»Eschatologie« (Würzburg 1986) die Lehre, daß die Seelen nach der Reinigung schon vor<br />
der Wiederaufnahme des Leibes Gott von Angesicht zu Angesicht schauen werden, in einer<br />
kritischen Würdigung der entsprechenden Apostolischen Konstitution Benedikts XII. als Ergebnis<br />
»mittelalterlicher Dominikanertheologie« zu relativieren.<br />
13 Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. 3. Buch § 38: »Wann aber äußerer<br />
Anlaß, oder innere Stimmung uns plötzlich aus dem endlosen Strome des Wollens heraushebt,<br />
die Erkenntnis dem Sklavendienst des Willens entreißt, die Aufmerksamkeit nun<br />
nicht mehr auf die Motive des Wollens gerichtet ist, sondern die Dinge …. rein objektiv betrachtet,<br />
ihnen ganz hingegeben…: dann ist die… immer entfliehend Ruhe mit einem Male<br />
eingetreten und uns ist völlig wohl«.<br />
14 Vgl. dazu Josef Pieper: Glück und Kontemplation. 4. Aufl. München 1979