2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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128 Walter Hoeres<br />
Soziale« öffnete oder auch des Sacré Coeur, das von der hl. Mutter Sophie Barat für die<br />
höhere Mädchenbildung geöffnet wurde und so lange segensreich dazu beigetragen hat,<br />
wahrhaft katholische Familien zu stiften. Nach der Wende entledigten sich die Schwestern<br />
der Klausur und zum größten Teil auch ihres vordem so kleidsamen Habits. Und<br />
vor allem entdeckten sie ebenfalls in ganz neuer Weise ihr Herz für das Soziale mit dem<br />
Ergebnis, daß der Ruf »Veni, sponsa Christi!« immer mehr mangels Masse verstummt<br />
ist. Um Mißverständnisse und all die Unterstellungen, die in dem aufgeheizten innerkirchlichen<br />
»echten Dialog« von heue an der Tagesordnung sind, zu vermeiden, sei<br />
hier schon gesagt, daß wir selbstverständlich den Einsatz für die Armen für absolute<br />
Christenpflicht halten, da die Nächstenliebe mit der Gottesliebe untrennbar verbunden<br />
ist. Das kommt schon in dem Wort Wilhelms II. zum Ausdruck: »Christlich sozial ist<br />
Unsinn. Christlich i s t schon sozial!«. 2 Und wir dürfen als traditionstreue Katholiken<br />
auf die Feststellung Otto B. Roegeles hinweisen, die er vor vielen Jahren schon in einem<br />
Leitartikel im »Rheinischen Merkur« den Progressiven ins Stammbuch schrieb: »Wer<br />
daran erinnert, daß die meisten großen Leistungen der Christenheit auf caritativem Gebiet<br />
eben gerade von solchen Menschen hervorgebracht wurden, die in ›leibfeindlicher<br />
Askese‹ ihr persönliches Heil im Dienst am Nächsten suchten, daß die heute verketzerte<br />
›Rette-deine-Seele-Haltung‹ eine ungeheure Triebkraft auch für das soziale Wirken war,<br />
wird mißmutig abgewiesen.« 3<br />
Mit der mehr oder weniger entschiedenen Umwidmung in eine soziale Botschaft ist<br />
natürlich die anthropozentrische Wende in Theologie und Verkündigung aufs engste<br />
verbunden, die nicht wenige für die Krise verantwortlich machen, und auch diese<br />
Version hat vieles für sich. Denn wie wir schon in der letzten Ausgabe der <strong>Una</strong> <strong>Voce</strong><br />
Korrespondenz ausführten, hat sich die Einschätzung der Aufklärung in kirchlichen<br />
Kreisen radikal geändert. Früher sah man in ihr die Wegbereiterin der französischen<br />
Revolution, der Säkularisation, des Klostersturmes zu Beginn des 19. Jahrhunderts sowie<br />
aller weiteren Phasen der antikirchlichen Los-von-Gott-Bewegung. Inzwischen ist<br />
man zu einer weit positiveren Bewertung übergegangen. Man preist sie, weil sie die<br />
Menschenrechte verteidige und s i e werden nun plötzlich als genuines Erbe der christlichen<br />
Tradition gehandelt. 4 Man ist stolz auf sein aufgeklärtes Christentum und diese<br />
Einschätzung muß doch sehr verwundern! Denn wie wir schon erwähnten, besteht der<br />
2 Wir verdanken den Hinweis auf diesen Ausspruch der bekannten Abhandlung Max Schelers:<br />
Das Ressentiment im Aufbau der Moralen (Klostermann Texte Philosophie) Frankfurt<br />
am Main 1978, die u.E. die beste und tiefdringendste Kritik des keineswegs neuen und originellen,<br />
auf die Nachkonzilszeit beschränkten Versuches ist, die frohe Botschaft in eine<br />
solche der Umverteilung umzudeuten.<br />
3 Rheinischer Merkur vom 27. 1<strong>2.</strong> 1968<br />
4 Vgl. dazu unsere Auseinandersetzung mit dem bekannten Moraltheologen Martin Rhonheimer:<br />
Die luftigen Abstraktionen. In: Walter Hoeres: Theologische Blütenlese (Respondeo<br />
12) Siegburg 2001 S. 102 ff.