2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung<br />
117<br />
hinausgegangen, um einen ganz neuen Weg einzuschlagen. Mit ihm wird auch die apostolische<br />
Zeit überschritten, Christus offenbart sich gewissermaßen nach den jeweiligen<br />
Zeitverhältnissen immer neu. Die Offenbarung im eigentlichen katholischen Sinn, sei<br />
sie schriftlicher oder mündlicher Art, ist aber eben streng auf die apostolische Zeit beschränkt,<br />
und danach kann man nur von der Assistenz des Heiligen Geist zur Entfaltung<br />
und Vertiefung dieser Offenbarung sprechen, wie dies auch das I. und das II. Vatikanum<br />
tat; es kann also streng genommen keine »materiale Explikation« im Sinne eines materialen<br />
Zuwachses geben.<br />
Ratzinger hingegen tendierte dazu, diese klare Differenzierung aufzuweichen. Deshalb<br />
rekurrierte er in seinem Aufsatz zum Traditionsbegriff auch auf die – von uns schon erwähnte<br />
– Rede Cervinis, der das Wirken des Heiligen Geistes über den Tod der Apostel<br />
hinaus auf dem Trienter Konzil betont hatte: »Vom patristisch bestimmten Zweig der<br />
mittelalterlichen Theologie aus, wie er in den Reden Cervinis noch ganz rein erhalten<br />
ist, müßte die Aussage vom Abschluß der Offenbarung mit dem Tod des letzten Apostels<br />
als zu wenig differenziert erscheinen.« 224 An anderer Stelle lobte Ratzinger Cervini dafür,<br />
daß er »die offenbarende [sic! H-L B] Tätigkeit des Heiligen Geistes die Zeit der Kirche<br />
hindurch« verkündet habe. 225 Aber man darf eben nicht verkennen, daß vor Trient die<br />
Begrifflichkeit nicht ganz klar festgelegt war und deshalb nicht selten als Offenbarung<br />
des Geistes bezeichnet worden war, was nur die Leitung des Lehramtes zur gottgewollten<br />
Interpretation von Schrift und Tradition durch die Assistenz, den Beistand des Heiligen<br />
Geist, betraf. 226 Ludwig Ott hat hier die Begriffe, wie sie sich im Laufe der Zeit bei an sich<br />
gleich bleibender Lehre herauskristallisiert hatten, sauber geschieden: »Der Grund der<br />
Unfehlbarkeit ist der übernatürliche Beistand des Hl. Geistes, der den obersten Lehrer<br />
der Kirche vor Irrtum bewahrt. Dieser Beistand ist zu unterscheiden von der Offenbarung,<br />
durch die dem Offenbarungsträger irgendwelche Wahrheiten von Gott mitgeteilt<br />
werden, und von der Inspiration, die eine derartige positive Einwirkung Gottes auf den<br />
Schriftsteller ist, daß Gott selbst der Urheber der Schrift und diese somit Gottes Wort ist.<br />
Der Hl. Geist hält den Träger des obersten Lehramtes vor einer falschen Entscheidung<br />
zurück (assistentia negativa) und führt ihn, wenn und soweit es nötig ist, durch äußere<br />
und innere Gnaden zur rechten Erkenntnis und Vorlage der Wahrheit hin (assistentia<br />
positiva). Der göttliche Beistand entbindet den Träger der unfehlbaren Lehrgewalt nicht<br />
von der Verpflichtung, sich mit natürlichen Mitteln, besonders durch Studium der Offenbarungsquellen,<br />
um die Erkenntnis der Wahrheit zu bemühen. Vgl. DH 3069 f.« 227<br />
224 Ein Versuch zur Frage des Traditionsbegriffs, 78<br />
225 Ein Versuch zur Frage des Traditionsbegriffs, 66<br />
226 Siehe Yves Congar, La tradition et les traditions, I 218-223.<br />
227 Ludwig Ott, Grundriß der katholischen Dogmatik, 11. Auflage, mit Literaturnachträgen,<br />
Bonn 2005, 406