2. Una Voce - Una Voce Deutschland eV
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Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung<br />
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von Gottlieb Söhngen betreut worden war. 218 Schmaus lehnte sie daher zunächst ab;<br />
man fand aber dann einen Kompromiß, über den Kardinal Ratzinger in seinem Buch<br />
»Aus meinem Leben« (82-91) selbst berichtet: Es wurde nur der Abschnitt aus der umfangreichen<br />
Arbeit als Qualifikationsschrift vorgelegt, der dogmatisch unanstößig war.<br />
Immerhin stimmt selbst Hans Küng im zweiten Teil seiner Autobiographie, der 2007<br />
erschienen ist, den Bedenken des Gutachters Schmaus in gewisser Weise zu: »Die von<br />
Schmaus in Ratzingers Habilitationsschrift über den mittelalterlichen Kirchenlehrer<br />
BONAVENTURA diagnostizierte gefährliche Subkjektivierung des Offenbarungsbegriffs<br />
ist (und bleibt bis heute) das Fragwürdigste an Ratzingers Offenbarungsauffassung.«<br />
Und in der zugehörigen Anmerkung expliziert Küng seine Kritik: »Wenn die<br />
Offenbarung von Joseph Ratzinger als ›immer größer als das bloß Geschriebene‹ angesetzt<br />
wird und sich ihre Wahrheit ›stufenweise enthüllt‹, dann können alle möglichen<br />
bisher verborgenen (apokryphen) gnostischen Offenbarungen gefunden und erfunden<br />
werden. So wird der Primat der kanonisierten Heiligen Schrift praktisch aufgegeben und<br />
die Tradition über die Schrift gestellt. Ja man gibt der ›verstehenden Kirche‹ (praktisch<br />
römische Amtsstellen) die Möglichkeit und Macht, mit Berufung auf den Heiligen Geist<br />
alle möglichen neuen Offenbarungen zu ›entwickeln‹ oder zu sanktionieren, auch wenn<br />
sie viele Jahrhunderte in der Kirche völlig unbekannt waren…« 219<br />
Die von Küng im folgenden angeführten Beispiele der beiden Mariendogmen von 1854<br />
(Unbefleckte Empfängnis) und 1950 (Leibliche Aufnahme in den Himmel) fallen sicher<br />
nicht unter die hier vorgetragene Kritik. Denn sie sind zwar nicht expressis verbis in der<br />
Heiligen Schrift offenbart, wohl aber dort, und zwar vor allem im Protoevangelium (Gen<br />
3,15), angedeutet bzw. implizit enthalten, wie die päpstlichen Dokumente »Ineffabilis<br />
Deus« und »Munificentissimus Deus« festgehalten haben, und können, jedenfalls bis zu<br />
einem gewissen Grade, hieraus logisch deduziert und bewiesen werden. 220 Sie ergeben<br />
218 Die Habilitationsschrift ist vor kurzem in den »Gesammelten Schriften« bei Herder (Bd. 2,<br />
Freiburg/B. 2009) unter dem Titel erschienen: Offenbarungsverständnis und Geschichtstheologie<br />
Bonaventuras – Habilitationsschrift und Bonaventura-Studien. Dabei wurde erstmalig<br />
auch der bisher unpublizierte Teil der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Siehe hierzu<br />
Hansjürgen Verweyen, Eine Neubegegnung mit Joseph Ratzinger – Zur Publikation der<br />
Habilitationsschrift von 1955, IKaZ 39/2010, 88-94.<br />
219 Hans Küng, Umstrittene Wahrheit – Erinnerungen, München 2007, TB-Ausgabe 2009, 25 mit<br />
Anm. 4 auf S. 686.<br />
220 Richtig Charles Boyer, Le Concile de Trente et l’insuffisance de l’Écriture, Doctor communis<br />
16/1963, 11 f.In solchen Fällen ist es angemessen, vom »Vollsinn« bzw. dem »sensus plenior«<br />
einer Bibelstelle zu sprechen. Dies geschah auch im Zusammenhang mit dem Dogma von<br />
1950. Siehe Achim Buckenmaier, »Schrift und Tradition« seit dem Vatikanum II, 196 f. Zum<br />
»Vollsinn« allgemein siehe Michael Fiedrowicz, Psalmus vox totius Christi: Studien zu Augustins<br />
»Enarrationes in psalmos«, Freibg./B. 1997, 132-138 (mit reichen Literaturangaben in<br />
den Fußnoten). Vgl. auch Verf., Ipsa conteret, 103-118; 149-159.