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104 Heinz-Lother Barth ganzen Kirche: aber lediglich in der ihnen zukommenden Weise, nämlich in derselben Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung‹ (»sed in suo dumtaxat genere, in eodem scilicet dogmate, eodem sensu eademque sententia«, Zitat nach: Vinzenz von Lérins, Commonitorium primum 23, n.3)« (DH 3020). So kann die Kirche sogar Dogmen erlassen, die ihrem allgemeinen und sicheren Glauben und ihrer liturgischen Praxis entsprechen, aber nicht expressis verbis in der Heiligen Schrift formuliert wurden, sondern nur keimhaft in ihr angelegt sind und selbst in der Tradition zwar über ein ausreichendes, aber nicht bis auf die Anfänge nachweisbares, durchgehendes Fundament verfügen. Letzteres gilt z.B. für die Mariendogmen von 1854 (Unbefleckte Empfängnis) 199 und 1950 (Leibliche Aufnahme in den Himmel) 200 , die aber eben unter der Führung des Heiligen Geistes fest zum verbindlichen katholischen Glauben gehören. 201 199 Der Dogmatiker Michael Schulz hat jüngst noch einmal unter einem bestimmten, sonst eher vernachlässigten Aspekt die Schriftkonformität der Lehre von der »Immaculata Conceptio BMV« verteidigt, und zwar in dem Kapitel »Eine biblische Lösung: Maria als Typos der Ecclesia immaculata« seines Buches »Erlösung wovon? Christsein wozu?« (Augsburg 2009, 168- 170) Der Hinweis auf Stellen wie Eph 5,27 ist sehr fruchtbar, jedoch kann man nicht, da es hier um einen spirituellen und nicht um den wörtlichen (historischen) Sinn geht, von einem dogmatischen Beweis im absolut stringenten Sinn sprechen. Zur Bedeutung des Literalsinns für die katholische Exegese und Dogmatik siehe Frère Emmanuel-Marie O.P., L’interprétation des la bible dans l’Église, Avrillé 2007, 99-146. 200 Die Konsultorenkommission, die Papst Pius IX. zur Vorbereitung des Dogmas von 1854 eingesetzt hatte und an der als führende Theologen G. Perrone und C. Passaglia teilnahmen, arbeitete die Kriterien für die Dogmatisierung einer Lehre heraus und erwähnte auch die von uns genannten Aspekte. Siehe Achim Buckenmaier, »Schrift und Tradition« seit dem Vatikanum II – Vorgeschichte und Rezeption, 173 f. (mit weiterführender Literatur in den Fußnoten). 201 Zur Verwurzelung der beiden Mariendogmen in der katholischen Lehre siehe jetzt P. Matthias Gaudron, Die Gnadenvolle – Die Lehre der Kirche über die Allerseligste Jungfrau Maria, Stuttgart 2008, 35-55; 84-96. Zur Unbefleckten Empfängnis Mariens im östlichen Christentum (wo diese Lehre leider, entgegen alten Zeugnissen, gelegentlich bestritten wird, nicht selten in bewußt antikatholischer Haltung) siehe Manfred Hauke, Die Unbefleckte Empfängnis Mariens bei den griechischen Kirchenvätern. Die Hinweise Johannes Pauls II. im ökumenischen Disput, Mariologisches Jahrbuch »Sedes Sapientiae« 8,2/2004,13-54. Wertvoll sind in Matthias Gaudrons Büchlein auch die Abschnitte über jene Privilegien der Gottesmutter, die noch nicht zum Bestand der katholischen Dogmen gehören, die aber aufgrund vielfältiger Aussagen und Maßnahmen des Lehramtes in der Vergangenheit, vor allem desjenigen mehrerer Päpste, ohne weiteres definiert werden könnten, nämlich die Gnadenmittlerschaft und die Miterlöserschaft (97-129). Zur Miterlöserschaft siehe auch die wertvolle Arbeit von Brunero Gherardini, La Corredentrice nel mistero di Cristo e della Chiesa, Roma 1998. Leider hat man auf dem II. Vatikanum um der »getrennten Brüder« willen einem gewissen mariologischen »Minimalismus« gefrönt. Dieser Befund, der allerdings ein wenig durch die Tatsache kompensiert wird, daß Papst Paul VI. die Gottesmutter schließlich als »Mater Ec-

Die katholische Lehre von den zwei Quellen der Offenbarung 105 Auch das II. Vatikanum betonte in »Dei verbum« (Nr. 7) den Zusammenhang zwischen der Unveränderlichkeit der Offenbarung und ihrer Apostolizität 202 und, hier ganz in einhelliger katholischen Tradition stehend, erläuterte letztere noch in einer bestimmten Hinsicht. Die dort vorgenommene Differenzierung nach »Aposteln« und »apostolischen Männern« ist insofern sinnvoll, als die Evangelisten Markus und Lukas nicht direkt zu den zwölf Aposteln gehörten. 203 Auch der Unterscheidung von mündlicher und schriftlicher (apostolischer) Tradition begegnen wir in dem Text: »Was Gott zum Heil aller Völker geoffenbart hatte, das sollte – so hat er in seiner großen Güte verfügt – auf ewig unversehrt fortdauern (»ut in aevum integra permanerent«) und allen Geschlechtern weitergegeben werden. Darum hat Christus, der Herr, in dem die ganze Offenbarung des höchsten Gottes sich vollendet [vgl. 2 Kor 1,20; 3,16-4,6], den Aposteln den Auftrag gegeben, das Evangelium, das, vordem durch die Propheten verheißen, er selbst erfüllt und mit eigenem Munde verkündet hat, als die Quelle aller heilsamen Wahrheit und Sittenlehre allen zu predigen und ihnen so göttliche Gaben mitzuteilen. Das ist gewiß treu getan worden, sowohl von den Aposteln, die in mündlicher Predigt, durch Beispiel und Einrichtungen (lateinisch: »exemplis et institutionibus«, besser bei Wohlmuth, a. O. 973, Fußnote c, übersetzt mit »Beispiel und Anweisung [Unterricht]«) das weitergaben, was sie entweder aus Christi Mund, im Umgang mit ihm und durch seine Werke empfangen oder unter der Eingebung des Heiligen Geistes gelernt hatten, als auch von jenen Aposteln und apostolischen Männern, die unter der Inspiration desselben Heiligen Geistes die Botschaft vom Heil niederschrieben« (DV 7 = DH 4207). Hier finden wir also in der Tat noch einmal schriftliche und mündliche Tradition aus apostolischer Zeit voneinander deutlich geschieden. Dabei wird freilich, wie wir oben schon zum gesamten II. Vatikanum herausgearbeitet hatten, offengelassen, ob die mündliche Tradition in bestimmten Bereichen ein inhaltliches »Mehr« gegenüber der schriftli- clesiae« proklamierte, geht eindeutig aus folgender umfangreicher und detailfreudiger Studie hervor, deren Verf. seinerseits die Haltung des Konzils verteidigt: Cesare Antonelli, Il dibattito su Maria nel concilio Vaticano II. Percorso redazionale sulla base di nuovi documenti di archivio, Padua 2009, 606 S. Bestätigt wird besagter Befund auch durch die Aussagen zur Mariologie des II. Vatikanums in folgender Dissertation: Achim Dittrich, Mater Ecclesiae. Geschichte und Bedeutung eines umstrittenen Marientitels, Bonner Dogmatische Studien 44, Würzburg 2009 (siehe die ausführliche Besprechung der Arbeit durch Anton Ziegenaus in FKTh 26/2010, 149-152). 202 Zum Zusammenhang zwischen der Unveränderlichkeit der katholischen Lehre und ihrer apostolischen Herkunft vgl. auch DV 8,2; 10,2 und 20,2; zur letzteren Stelle siehe unten Anm. 205. 203 Man braucht hier also keineswegs anzunehmen, diese Ausdrucksweise sei vom Konzil gewählt worden, »um die Verfasserfrage der Evangelien offenzuhalten«, wie Joseph Ratzinger in seinem Kommentar zur Stelle 1967 behauptete ( 2LThK 13, 517).

104 Heinz-Lother Barth<br />

ganzen Kirche: aber lediglich in der ihnen zukommenden Weise, nämlich in derselben<br />

Lehre, demselben Sinn und derselben Auffassung‹ (»sed in suo dumtaxat genere, in eodem<br />

scilicet dogmate, eodem sensu eademque sententia«, Zitat nach: Vinzenz von Lérins,<br />

Commonitorium primum 23, n.3)« (DH 3020).<br />

So kann die Kirche sogar Dogmen erlassen, die ihrem allgemeinen und sicheren Glauben<br />

und ihrer liturgischen Praxis entsprechen, aber nicht expressis verbis in der Heiligen<br />

Schrift formuliert wurden, sondern nur keimhaft in ihr angelegt sind und selbst in der<br />

Tradition zwar über ein ausreichendes, aber nicht bis auf die Anfänge nachweisbares,<br />

durchgehendes Fundament verfügen. Letzteres gilt z.B. für die Mariendogmen von 1854<br />

(Unbefleckte Empfängnis) 199 und 1950 (Leibliche Aufnahme in den Himmel) 200 , die aber<br />

eben unter der Führung des Heiligen Geistes fest zum verbindlichen katholischen Glauben<br />

gehören. 201<br />

199 Der Dogmatiker Michael Schulz hat jüngst noch einmal unter einem bestimmten, sonst eher<br />

vernachlässigten Aspekt die Schriftkonformität der Lehre von der »Immaculata Conceptio<br />

BMV« verteidigt, und zwar in dem Kapitel »Eine biblische Lösung: Maria als Typos der Ecclesia<br />

immaculata« seines Buches »Erlösung wovon? Christsein wozu?« (Augsburg 2009, 168-<br />

170) Der Hinweis auf Stellen wie Eph 5,27 ist sehr fruchtbar, jedoch kann man nicht, da es<br />

hier um einen spirituellen und nicht um den wörtlichen (historischen) Sinn geht, von einem<br />

dogmatischen Beweis im absolut stringenten Sinn sprechen. Zur Bedeutung des Literalsinns<br />

für die katholische Exegese und Dogmatik siehe Frère Emmanuel-Marie O.P.,<br />

L’interprétation des la bible dans l’Église, Avrillé 2007, 99-146.<br />

200 Die Konsultorenkommission, die Papst Pius IX. zur Vorbereitung des Dogmas von 1854 eingesetzt<br />

hatte und an der als führende Theologen G. Perrone und C. Passaglia teilnahmen,<br />

arbeitete die Kriterien für die Dogmatisierung einer Lehre heraus und erwähnte auch die<br />

von uns genannten Aspekte. Siehe Achim Buckenmaier, »Schrift und Tradition« seit dem Vatikanum<br />

II – Vorgeschichte und Rezeption, 173 f. (mit weiterführender Literatur in den Fußnoten).<br />

201 Zur Verwurzelung der beiden Mariendogmen in der katholischen Lehre siehe jetzt P. Matthias<br />

Gaudron, Die Gnadenvolle – Die Lehre der Kirche über die Allerseligste Jungfrau Maria,<br />

Stuttgart 2008, 35-55; 84-96. Zur Unbefleckten Empfängnis Mariens im östlichen Christentum<br />

(wo diese Lehre leider, entgegen alten Zeugnissen, gelegentlich bestritten wird, nicht<br />

selten in bewußt antikatholischer Haltung) siehe Manfred Hauke, Die Unbefleckte Empfängnis<br />

Mariens bei den griechischen Kirchenvätern. Die Hinweise Johannes Pauls II. im ökumenischen<br />

Disput, Mariologisches Jahrbuch »Sedes Sapientiae« 8,2/2004,13-54. Wertvoll sind in<br />

Matthias Gaudrons Büchlein auch die Abschnitte über jene Privilegien der Gottesmutter, die<br />

noch nicht zum Bestand der katholischen Dogmen gehören, die aber aufgrund vielfältiger<br />

Aussagen und Maßnahmen des Lehramtes in der Vergangenheit, vor allem desjenigen mehrerer<br />

Päpste, ohne weiteres definiert werden könnten, nämlich die Gnadenmittlerschaft und<br />

die Miterlöserschaft (97-129). Zur Miterlöserschaft siehe auch die wertvolle Arbeit von Brunero<br />

Gherardini, La Corredentrice nel mistero di Cristo e della Chiesa, Roma 1998.<br />

Leider hat man auf dem II. Vatikanum um der »getrennten Brüder« willen einem gewissen<br />

mariologischen »Minimalismus« gefrönt. Dieser Befund, der allerdings ein wenig durch die<br />

Tatsache kompensiert wird, daß Papst Paul VI. die Gottesmutter schließlich als »Mater Ec-

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