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Die Orgel der Wieskirche - iWEST

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Wie gingen Sie vor, um das Phänomen »süddeutsche <strong>Orgel</strong>« zu erfassen?<br />

CW: Als »süddeutschem« <strong>Orgel</strong>bauer sind mir wesentliche Grundlagen dieses Typus bekannt.<br />

Auch haben wir eine Klangreise zu <strong>Orgel</strong>n aus <strong>der</strong> Mitte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts unternommen:<br />

Ettal, Benediktbeuren, Landsberg, Irsee, u. a. <strong>Die</strong>se Instrumente sind materiell fast original<br />

erhalten und vor allem klanglich hoch interessant, auch wenn sie teilweise verän<strong>der</strong>t wurden.<br />

Sie entwickeln einen bestimmten »Sound«, an dem wir unser Gehör trainiert haben, um ihn<br />

soweit wie möglich zu verinnerlichen.<br />

Wie haben Sie diese Erkenntnisse auf die Wies-<strong>Orgel</strong> übertragen?<br />

AS: <strong>Die</strong> Erkenntnisse aus <strong>der</strong> Klangreise haben wir technisch wie musikalisch analysiert.<br />

Technisch bedeutet, die Bauform und Behandlung von Pfeifen genau zu vergleichen. Musikalisch<br />

bedeutet, dass wir stets nach <strong>der</strong> Funktion des Registers innerhalb des Tonsatzes fragten.<br />

Danach haben wir die Originalpfeifen sortiert und fehlende Töne baugleich ergänzt. Zwischenzeitliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen am historischen Pfeifenwerk haben wir belassen, sofern sie sich in die<br />

Klangästhetik einer süddeutschen <strong>Orgel</strong> einfügten. Es wäre nicht vertretbar gewesen, mit<br />

großem Aufwand auf einen unsicheren Zustand hin zu rekonstruieren – und womöglich ein<br />

unbefriedigendes Ergebnis zu erhalten.<br />

Wie gestalteten Sie die Ergänzungen und die zusätzlichen Register?<br />

AS: Wir haben versucht, aus dem Klangvorrat süddeutscher Barockorgeln zu schöpfen ohne<br />

einfach zu kopieren. Dabei zeigte sich, dass er in den feinen Schattierungen von Farbe und<br />

Dynamik schon sehr nahe an die Vorstellung <strong>der</strong> Romantik heranreicht. Demzufolge haben wir<br />

alle Ergänzungen und Zutaten ebenfalls aus dem »Klangbaukasten« süddeutscher <strong>Orgel</strong>n<br />

gewählt. So wurde das dritte Werk ein Echo, wie es in vergleichbaren <strong>Orgel</strong>n vorkommt. Es<br />

steht hinter dem Hauptgehäuse und ist reichhaltig ausgestattet. Durch den Tonumfang von C bis<br />

g 3 und bewegliche Klangabstrahlungs-Elemente im Echowerk bietet <strong>der</strong> komplettierte süddeutsche<br />

Fundus erheblich mehr Möglichkeiten für das Literaturspiel.<br />

Herr Schwingshandl, was ist Intonation?<br />

AS: Das ist quasi <strong>der</strong> Gesangsunterricht für jede einzelne <strong>der</strong> 2.892 <strong>Orgel</strong>pfeifen: Je<strong>der</strong> Ton wird<br />

in Klangfarbe, Intensität und Sprachverhalten exakt eingestellt. Dabei genügt nicht ein<br />

möglichst perfekter Ausgleich; das ergäbe ein steriles Klangbild – destilliertem, keimfreiem<br />

Wasser vergleichbar. Unser Ziel ist ein lebendiger, natürlicher Klang, <strong>der</strong> (um im Bild zu<br />

bleiben) Mineralstoffe enthält – ein leichtes Zischen am Anfang o<strong>der</strong> minimalste Reibungen.<br />

Einen solchen Klang kann man mit dem Gehör verkosten. Und schließlich bilden wir ja nicht<br />

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