Die Orgel der Wieskirche - iWEST
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Dr. Nikolaus Könner, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege<br />
<strong>Die</strong> neue <strong>Orgel</strong> <strong>der</strong> <strong>Wieskirche</strong> –<br />
ein Fall <strong>der</strong> Denkmalpflege?<br />
Mit <strong>der</strong> feierlichen <strong>Orgel</strong>weihe am 19. September 2010 wird in <strong>der</strong> Wallfahrtskirche zum<br />
Gegeißelten Heiland auf <strong>der</strong> Wies eine neue <strong>Orgel</strong> in <strong>Die</strong>nst gestellt, das vierte Instrument im<br />
Laufe des 250-jährigen Bestehens <strong>der</strong> berühmten <strong>Wieskirche</strong>. Bereits durch die sorgfältige<br />
Grundlagenermittlung und den darauf aufbauenden Planungsprozess, wie auch vom realisierten<br />
klanglichen Konzept, erweist sich die neue Wies-<strong>Orgel</strong> als ein Projekt, dem innerhalb des<br />
zeitgenössischen <strong>Orgel</strong>baus ein beson<strong>der</strong>er Stellenwert zukommt. Aber kann ein <strong>Orgel</strong>neubau<br />
überhaupt Thema <strong>der</strong> Denkmalpflege sein?<br />
Vergegenwärtigen wir uns zunächst die <strong>Orgel</strong>baugeschichte <strong>der</strong> <strong>Wieskirche</strong> und rekapitulieren<br />
die denkmalpflegerische Ausgangslage.<br />
Ihre erste <strong>Orgel</strong> erhielt die ab 1743/44 von Dominikus Zimmermann, »Baumeister v. Landsperg«,<br />
geplante und in Raumfassung und Ausstattung um 1765 zum Abschluss gekommene<br />
Wallfahrtskirche nur drei Jahre nach Weihe des fertiggestellten Zentralraums am 1. September<br />
1754 durch den Augsburger Weihbischof Adelmann von Adelmannsfelden. <strong>Die</strong>se auf <strong>der</strong><br />
Westempore aufgestellte, effektvoll in das westliche Vorhaus des Kirchenraumes hineinkomponierte<br />
<strong>Orgel</strong> mit siebenachsigem Hauptgehäuse und zwei in die Emporenbrüstung integrierten<br />
4‘-Positivgehäusen wurde nach einer Notiz im »2. Bru<strong>der</strong>schaftsbuch« im Jahre 1757 errichtet:<br />
»1757 Ornatur Templum Maiori Organo«. Drei Jahre später, im Jahr 1760, war auch die äußere<br />
Erscheinung <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong> mit <strong>der</strong> Fassung <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong>gehäuse vollendet: »Judas Thaddäus Ramis<br />
Mahler von Steingaden hat dise orgl gefast 1760«. Das <strong>Orgel</strong>werk selbst kann – auch wenn ein<br />
archivalischer Beleg bislang noch fehlt – dem schwäbischen <strong>Orgel</strong>macher Johann Georg<br />
Hörterich sicher zugeschrieben werden. Der in Dirlewang bei Mindelheim geborene und um<br />
1734 in seinem Heimatort selbständig gewordene Hörterich (1705 - nach 1767), gehörte zu<br />
den führenden schwäbischen <strong>Orgel</strong>machern des mittleren 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Von seinem<br />
Oeuvre sind etwa 25 Werke bekannt, darunter herausragende Projekte wie die repräsentative<br />
Westorgel in <strong>der</strong> ehem. Augustinerchorherren-Stiftskirche Polling (1765), mit 34 Registern das<br />
größte Instrument Hörterichs, die Hauptorgel bei den Benediktinern in Ettal (1763), das einzige<br />
großenteils erhalten gebliebene Werk des Meisters, sowie zahlreiche Instrumente in diversen<br />
schwäbischen und bayerischen Pfarr- und Filialkirchen, u.a. in Eresing bei Landsberg, wo <strong>der</strong><br />
<strong>Orgel</strong>macher im Jahre 1758 erneut in Kooperation mit Dominikus Zimmermann trat. Auch für<br />
so bedeutende <strong>Orgel</strong>projekte wie den Neubau <strong>der</strong> <strong>Orgel</strong> im Dom zu Brixen war Hörterich<br />
nachweislich im Gespräch. Seine Urheberschaft für den <strong>Orgel</strong>bau in <strong>der</strong> <strong>Wieskirche</strong> ist nicht<br />
nur aus <strong>der</strong> exakten Übereinstimmung mit <strong>der</strong> Ettaler <strong>Orgel</strong> sowohl hinsichtlich <strong>der</strong> Bauweise,<br />
Mensurierung und Signatur des Pfeifenwerks wie auch aus den engen Analogien in <strong>der</strong> Prospektgestaltung<br />
zu erschließen, son<strong>der</strong>n auch durch die Übereinstimmungen in <strong>der</strong> Dispositionsweise<br />
mit diversen archivalisch für den Dirlewanger <strong>Orgel</strong>macher gesicherten Projekten.<br />
Über die barocke Hörterich-<strong>Orgel</strong> <strong>der</strong> <strong>Wieskirche</strong> haben wir eine Reihe gesicherter Erkenntnisse.<br />
Das Instrument wurde mit 23 klingenden Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal,<br />
konzipiert. Das Hauptwerk fand im großen Hauptgehäuse Aufstellung, das Positivwerk, geteilt<br />
in C- und Cis-Seite, in den dreiachsigen Brüstungsgehäusen. Beson<strong>der</strong>s interessant ist, dass<br />
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