MBZ Ausgabe 06/2010 - Zahnärztekammer Berlin
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ZÄk i n t E r n<br />
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Nachruf für Prof. Dr. Siegfried Wandelt<br />
03.03.1929 16.05.<strong>2010</strong><br />
Das Leben eines<br />
engagierten Zahnarztes und Wissenschaftlers<br />
hat mit 81 Jahren ein Ende<br />
gefunden. Nach den Wochentagen war<br />
Herr Professor Wandelt sowohl bei der<br />
Geburt als auch beim Tod ein Sonntagskind.<br />
Sein wirkliches Leben war<br />
viel ernster. Geboren in Nauen, musste<br />
er 1944 als 15-Jähriger direkt von der<br />
Oberschule zum Militär und kam erst<br />
1950 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft<br />
zurück.<br />
Er war zunächst als Zahntechniker-Volontär<br />
tätig, holte 1952 sein Abitur an<br />
der Abendschule nach und konnte mit<br />
dem Wintersemester das Studium der<br />
Zahnheilkunde an der Freien Universität<br />
beginnen. Im Frühjahr 1957 bestand<br />
er das Staatsexamen mit „sehr gut“, ein<br />
Jahr später promovierte er ebenfalls mit<br />
„mag na cum laude“ mit der hochaktuellen<br />
Fragestellung „Das Chelat-Phänomen<br />
als möglicher Faktor in der Kariesätiologie“.<br />
Nach eineinhalb Jahren als Assistent in<br />
freier Praxis wurde er von Herrn Prof.<br />
Ewald Harndt 1958 auf eine der raren<br />
Positionen eines Wissenschaftlichen Assistenten<br />
in die Abteilung für Zahnerhaltung<br />
zurück an die Klinik geholt.<br />
Hier war er vornehmlich für die Neuaufnahme,<br />
die Beaufsichtigung der Studenten<br />
und unterstützend für die Behandlung<br />
der Patienten seines Chefs zuständig,<br />
als dieser Dekan und letzter<br />
Rektor der Freien Universität war.<br />
Seine wissenschaftliche Tätigkeit bekam<br />
verstärkt Auftrieb, als er 1964<br />
Oberassistent der Klinischen Abteilung<br />
des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft<br />
geförderten Instituts für Ka-<br />
<strong>MBZ</strong> Heft <strong>06</strong> <strong>2010</strong><br />
riesforschung wurde. Es entstanden<br />
schwerpunktmäßig Untersuchungen und<br />
Veröffentlichungen zur Wurzelkanalbehandlung<br />
mit Komplexbildnern, zur<br />
Bakteriologie und Biochemie der Kariesentstehung.<br />
Nach seiner Habilitation 1968 über<br />
„Hefen in der menschlichen Mundhöhle<br />
und ihre Bedeutung für die Ätiologie der<br />
Karies“ wurde er mit seiner Ernennung<br />
zum Professor, ein Jahr später bis zu seinem<br />
Ausscheiden, Leiter der neuen Abteilung<br />
für Kinderzahnheilkunde.<br />
Über viele Jahre war er Mitglied und<br />
Vorsitzender des Prüfungsausschusses<br />
für das Staatsexamen. Darüber hinaus<br />
übernahm er weitere Verpflichtungen<br />
als Dekan des Fachbereichs Zahn-,<br />
Mund- und Kieferheilkunde und als<br />
Vorsitzender des Bauausschusses der<br />
Zahnklinik für den Vorklinikneubau,<br />
die zweite FU-Zahnklinik auf dem Gelände<br />
des Rodolf-Virchow-Klinikums<br />
und den Umbau der Zahnklinik von<br />
1956. Er war Vorsitzender des Fort-<br />
bildungsausschusses der <strong>Zahnärztekammer</strong><br />
<strong>Berlin</strong> und des Verwaltungsrates<br />
des Philipp-Pfaff-Instituts. Er arbeitete<br />
mit der forensischen Abteilung<br />
der Kriminalpolizei zusammen und bei<br />
der Gruppe „Odontologische Identifizierung“<br />
im Katastrophendienst des<br />
Senats von <strong>Berlin</strong>, deren Leiter er später<br />
wurde. Als Gutachter trug er zur<br />
Aufklärung zahlreicher Straftaten bei.<br />
Dies unterstreicht, zusammen mit seinen<br />
zahlreichen Fortbildungsvorträgen<br />
und der Tätigkeit in der eigenen Praxis,<br />
dass es ihm immer auch um die praktische<br />
Anwendung neuer Forschungsergebnisse<br />
ging.<br />
Noch ehe er 1991 in den Ruhstand eintrat,<br />
wurden seine Verdienste mit dem<br />
Preis der deutschen Dentalindustrie,<br />
dem Millerpreis durch die DGZMK,<br />
der Medaille vom Philipp-Pfaff-Institut<br />
und der Ehrennadel der Deutschen<br />
Zahnärzteschaft anerkannt.<br />
Auch seine Freizeit war durch zahlreiche<br />
Interessen wie die Musik, seine<br />
umfangreiche Modelleisenbahnsammlung,<br />
sein Motorboot und nicht zuletzt<br />
die Reiterei geprägt. Über 20<br />
Jahre war er Vorstandsvorsitzender des<br />
Ländlichen Reit- und Fahrvereins in<br />
Spandau. Spätestens seit dem Mauerfall<br />
verbrachte er jede freie Minute auf<br />
den Gewässern Brandenburgs, Mecklenburgs<br />
und der Ostsee.<br />
Jeder, der Herrn Prof. Wandelt kannte<br />
und mit ihm zusammengearbeitet hat,<br />
wird ihn in guter Erinnerung behalten.<br />
Prof. Dr. Joachim Viohl