Der Streit ums Erbe Zahn

Der Streit ums Erbe Zahn Der Streit ums Erbe Zahn

29.12.2012 Aufrufe

2. Aufzug, 8. Szene Wassili und Elisaveta kommen und setzen sich in die Laube. Wassili Was hat mir meine gute Babuschka in den Ohren gelegen, mir geschmeichelt, mich beschimpft. „Wie die Äpfelchen im Frühjahr verfaulst du auf deinem Kanapee“, sagte sie oft. Ich wusste, dass sie recht hatte, aber was sollte ich tun? Mein Gut zu verwalten, darin sah ich nicht meine Lebensaufgabe. Für wen? Elisaveta Wurde dir nicht die Zeit lang? Wassili Ich hatte meine Bücher. Sie ersetzten mir das Gespräch mit Menschen, die sich in der Welt umgesehen und nachgedacht hatten. Elisaveta Mir geht es nicht anders. Wassili Heute aber ist der Tag der Entscheidung gekommen: Ich fahre nach Moskau und beginne ein neues Leben. Lernen will ich, studieren, Gleichgesinnte suchen, die wie ich empfinden, dass sich in der Welt etwas ändern muss. Elisaveta Wann werden wir Frauen es euch gleich tun dürfen? Wassili Der Tag wird kommen. In Moskau habe ich Menschen kennengelernt, die alles tun, damit er bald kommt. Bis dahin müssen wir uns gedulden und uns vor der Polizei verbergen. Elisaveta Deswegen willst du dich an keine Frau binden? Wassili Zu jeder Tag- und Nachtstunde müssen wir mit einer Verhaftung rechnen. Die Gefängnisse sind schrecklich und Willkür bestimmt die Rechtsprechung. Elisaveta So kannst du mich in Moskau nicht brauchen? Wassili Wenn du verhaftet würdest, ich könnte es mir nie verzeihen. Elisaveta Aber wir bleiben Freunde? Wassili Unsere Freundschaft gilt mir das Höchste, Elisaveta: lebenslang wird sie bestehen, und sobald die Umstände es erlauben, hol ich dich – glaube mir! Elisaveta Da kommt Graf Tarletzki. Ich werde versuchen, dir ein Freund zu sein. ab. Hauptmann Keine Entführung geplant! – Aber staatsgefährdende Gedanken, ui, ui, ui! 42

2. Aufzug, 9. Szene Wassili schaut ihr nach, ganz in Gedanken. Es fällt auch mir schwer, Elisaveta. Tarletzki Komm ich ungelegen, Fürst? Wassili Nein, nur ... es hat nichts mit Ihnen zu tun. Tarletzki Ich hörte, Sie reisen heute noch ab, ist das richtig? Wassili Ja, keine Stunde länger halte ich es aus. Tarletzki Weil Frau von Spitzig Sie demütigt? Wassili Ach, eigentlich nicht. Ihre Art imponiert mir. Ich konnte Vergnügen finden, mit ihr zu streiten. Es regt den Kreislauf an und schärft den Verstand. Tarletzki Ein interessantes Thema, doch darf ich unhöflicher Weise dazwischenfragen, ob Sie uns zum Bahnhof mitnehmen könnten? Wassili Mit dem größten Vergnügen, und ich hätte die Bitte, dass ich mich Ihnen auf der Reise anschließen darf. Beide wenden sich zum gehen, da kommt Ron mit Françoise in Männerkleidung. Tarletzki Ron, Fürst Wassili nimmt uns zum Bahnhof mit. Ron Das macht sich gut. Haben Sie noch ’n Platz für einen Mitreisenden, Fürst? Wassili Es wird wohl gehen. Ron zu Françoise Jean, wir haben Glück! Keine Fußwanderung! Ron klatscht in die Hände. Hauptmann und Soldaten stürzen hervor. Iwan erscheint. Ron Mir schwant Übles, Jean. Die Polizei wendet sich uns zu und das Glück ab. Hauptmann irritiert Ich suche einen ... äh ... Anarchisten. Wassili Der bin ich wohl, Pjotr. 43

2. Aufzug, 8. Szene<br />

Wassili und Elisaveta kommen und setzen sich in die Laube.<br />

Wassili Was hat mir meine gute Babuschka in den Ohren gelegen, mir geschmeichelt,<br />

mich beschimpft. „Wie die Äpfelchen im Frühjahr verfaulst du auf deinem<br />

Kanapee“, sagte sie oft. Ich wusste, dass sie recht hatte, aber was sollte ich<br />

tun? Mein Gut zu verwalten, darin sah ich nicht meine Lebensaufgabe. Für<br />

wen?<br />

Elisaveta Wurde dir nicht die Zeit lang?<br />

Wassili Ich hatte meine Bücher. Sie ersetzten mir das Gespräch mit Menschen, die<br />

sich in der Welt umgesehen und nachgedacht hatten.<br />

Elisaveta Mir geht es nicht anders.<br />

Wassili Heute aber ist der Tag der Entscheidung gekommen: Ich fahre nach Moskau<br />

und beginne ein neues Leben. Lernen will ich, studieren, Gleichgesinnte<br />

suchen, die wie ich empfinden, dass sich in der Welt etwas ändern muss.<br />

Elisaveta Wann werden wir Frauen es euch gleich tun dürfen?<br />

Wassili <strong>Der</strong> Tag wird kommen. In Moskau habe ich Menschen kennengelernt, die<br />

alles tun, damit er bald kommt. Bis dahin müssen wir uns gedulden und uns<br />

vor der Polizei verbergen.<br />

Elisaveta Deswegen willst du dich an keine Frau binden?<br />

Wassili Zu jeder Tag- und Nachtstunde müssen wir mit einer Verhaftung rechnen.<br />

Die Gefängnisse sind schrecklich und Willkür bestimmt die Rechtsprechung.<br />

Elisaveta So kannst du mich in Moskau nicht brauchen?<br />

Wassili Wenn du verhaftet würdest, ich könnte es mir nie verzeihen.<br />

Elisaveta Aber wir bleiben Freunde?<br />

Wassili Unsere Freundschaft gilt mir das Höchste, Elisaveta: lebenslang wird sie<br />

bestehen, und sobald die Umstände es erlauben, hol ich dich – glaube mir!<br />

Elisaveta Da kommt Graf Tarletzki. Ich werde versuchen, dir ein Freund zu sein.<br />

ab.<br />

Hauptmann Keine Entführung geplant! – Aber staatsgefährdende Gedanken, ui, ui, ui!<br />

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