Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung
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Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> artspezifisch hohen Reproduktionspotentials <strong>und</strong> einer flexiblen Sozialstruktur mit<br />
einem Paarungssystem, welches der Panmixiereferenz ähnelt <strong>und</strong> reproduktiver Isolation<br />
entgegenwirkt, besteht derzeit kein Anlaß, anzunehmen, der zahlenmäßige Rückgang <strong>des</strong> Hasen<br />
gefährde die genetische Anpassungsfähigkeit. Dennoch sind für den europäischen <strong>Feldhasen</strong><br />
beispielsweise im Norden seines Verbreitungsgebietes Hybridisierungszonen zum Schneehasen<br />
ebenso zu beobachten wie klinale genetische Variationen vom Zentrum zum Rand <strong>des</strong><br />
Verbreitungsgebietes. Risiken für den Verlust von genetischer Variation bestehen in Neuseeland <strong>und</strong><br />
Großbritannien, vermutlich anthropogen durch das Aussetzen von Hasen in Form von Gründereffekten<br />
begünstigt. Der für viele andere Säuger in ihrer Phylogenie während der Eiszeiten durchlebte<br />
bottleneck (Flaschenhals) hatte für den Europäischen <strong>Feldhasen</strong> nach bisherigem Kenntnisstand keine<br />
Bedeutung.<br />
Spezielle Fragen zum Paarungssystem, wie etwa das Verhältnis von Rammlern zu Häsinnen an allen<br />
Paarungen, der Anteil sich paarender Tiere an der Gesamtpopulation oder der vermutete Austausch<br />
lokaler Subpopulationen während der „Gruppenbalz“ bleiben unbeantwortet. Diese Fragen könnten<br />
mit Hilfe der Kombination von Markierungs- <strong>und</strong> molekulargenetischen Verfahren beantwortet<br />
werden.<br />
Im Einzelfall haben vor allem die Infektionskrankheiten im Frühherbst <strong>und</strong> Winter, die Art der<br />
Jagdausübung (Übernutzung), aber auch Witterungsextreme immer wieder zu enormen<br />
Zuwachsverlusten geführt. Dass über lange Zeiträume betrachtet die Pathogenität bestimmter<br />
Krankheiten zu- <strong>und</strong> abnimmt oder ehemals seuchenartig auftretende Erkrankungen aktuell kaum noch<br />
einen Einfluß auf die Höhe der Mortalitätsrate haben (z. B. Pseudotuberkulose), dafür aber wieder<br />
neue Erkrankungen akut in Erscheinung treten (z. B. EBHS), entspricht ökologischen Gr<strong>und</strong>sätzen,<br />
ebenso wie das aperiodische Auftreten von Witterungsextremen.<br />
Das dem Hasen eigene, hohe Reproduktionspotential ist uneingeschränkt vorhanden, erst die<br />
geborenen Junghasen sind ständig wechselnden Mortalitätsfaktoren ausgesetzt. Folglich kann als<br />
sicher gelten, dass die beklagten Zuwachsverluste <strong>des</strong> Hasen in Mitteleuropa nicht durch pränatale,<br />
sondern durch postnatale Mortalität bedingt sind.<br />
Trotz seiner Eigenschaften als Kulturfolger <strong>und</strong> als hochspezialisiertem Fluchttier mit einer Fülle von<br />
arteigenen Feindvermeidungsstrategien kann der Hase auch durch Prädatoren, vor allem den Fuchs, an<br />
einer Zunahme gehindert werden. Per se leben Hasen in Gebieten mit natürlichen Feinden in<br />
geringeren Dichten als in Gebieten ohne Prädationseinfluß.<br />
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