29.12.2012 Aufrufe

Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

angebliche Wehrlosigkeit im frühen Christentum zum Inbegriff <strong>des</strong> nur auf Gott vertrauenden<br />

Menschen. In Byzanz war der Hase sogar ein Symbol für Christus selbst. Hasen, die Weintrauben<br />

annagen, sind Sinnbilder der ins Paradies aufgenommenen Seelen. Sie können dort ungefährdet die<br />

Früchte <strong>des</strong> ewigen Lebens genießen. Drei Hasen in einem Kreis, deren Ohren sich zu einem Dreieck<br />

verbinden, bedeuten die Dreifaltigkeit Gottes <strong>und</strong> die Flüchtigkeit der Zeit in ihrem Kreislauf. Zu<br />

sehen ist diese Symbolik beispielsweise als Dreihasenfenster am Paderborner Dom in Westfalen.<br />

Eine weitere Eigentümlichkeit <strong>des</strong> Hasen wird im frühchristlichen "Physiologus" erwähnt: Wegen<br />

seiner kurzen Vorderläufe ist der Hase am schnellsten, wenn er bergauf läuft, <strong>und</strong> kann sich dann<br />

seinen Verfolgern entziehen. Ein derart bergauf laufender Hase ist in dem Bild von Andrea<br />

MANTEGNA (1455) "Christus am Ölberg im Garten Gethsemane" dargestellt. Der Hase erscheint nicht<br />

nur häufig in der christlichen Ikonographie, sondern ist bereits viel früher Bildthema, beispielsweise<br />

bei den Mayas oder den Ägyptern (Fliehender Hase, Wandbild in der Grabkammer <strong>des</strong> Userhêt um<br />

1448-1422 v. Chr., Theben). Das bis heute wohl bekannteste Bild ist der mittlerweile 500 Jahre alte<br />

Junghase von Albrecht DÜRER (1502).<br />

Besonders den Menschen im Mittelalter soll der Hase nicht geheuer gewesen sein: Man war der<br />

Ansicht, Hasen würden in Wäldern "herumgeistern". Man glaubte daran, dass Hexen in Hasengestalt<br />

aufträten. Frauen wurden mit Hasenfett eingeschmiert, sie sollten so zum Hasen werden. Die<br />

Rammelkämpfe der Hasen waren dem mittelalterlichen Menschen besonders suspekt.<br />

Umschreibungen im Volksm<strong>und</strong> wie "starrer Hasenblick", "eingebrannte Hasenpfote", aber auch<br />

"Häschen in der Grube" zeugen davon genauso wie die Redewendungen "eine Haken schlagen", "wer<br />

weiß, wie der Hase läuft, "jemanden hinter die Löffel hauen" oder auch "die Ohren anlegen", die bis<br />

heute nahezu jedem bekannt sind. Seit dem Mittelalter "liegt auch der Hase im Pfeffer", ein<br />

Sprichwort, was zu jener Zeit eigentlich nichts anderes bedeutete, als dass an einer Situation nichts<br />

mehr zu ändern ist. Denn was ist fataler <strong>und</strong> aussichtsloser, als bereits gewürztes, gepfeffertes Essen<br />

wieder vom Gewürz zu befreien?<br />

Der römische Schriftstellers PLINIUS war der Ansicht, der Verzehr von Hasenfleisch mache den<br />

Menschen für mehrere Tage schön. In Frankreich beispielsweise ist der Weihnachtshase als Gericht<br />

Tradition, lange Zeit war jedoch sein Verzehr wegen der "Unzüchtigkeit <strong>des</strong> Hasen" verboten.<br />

Dagegen verweisen in Deutschland etwa 120 Millionen "Schokohasen" sogar den Weihnachtsmann als<br />

Naschobjekt auf den zweiten Platz.<br />

Bei einem derart vielfältigen Symbolgehalt, einem hohem Bekanntheitsgrad als Tier <strong>und</strong> auch als<br />

Delikatesse, erscheint es umso bemerkenswerter, dass wir bis heute wenig über die <strong>Biologie</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ökologie</strong> <strong>des</strong> <strong>Feldhasen</strong> wissen. Darüber w<strong>und</strong>erten sich bereits 1951 der Schweizer Zoologe<br />

5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!