Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

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Eine orientierende Übersicht über die Bedeutung der Krankheiten bei Hasen und Kaninchen gibt v. BRAUNSCHWEIG (1997). Er teilt die Erkrankungen in vier Gruppen ein, nämlich in nichtinfektiöse, bakterielle, parasitäre und Virus-Erkrankungen. Von Bedeutung für den Hasen sind nach Ansicht v. BRAUNSCHWEIGs EBHS (European Brown Hare Syndrome, Erreger: Caliciviren, s.u.), Pseudotuberkulose (Yersiniose), Pasteurellose ("Hasenseuche") Staphylomykose (Erreger: Staphylococcus aureus), sowie Kokzidiose (mehrere Parasitenarten, s.u.) und der Befall mit Magen- (Erreger: Graphidium strigosum) und Dünndarmwürmern (z. B. Erreger: Trichostrongylus retortaeformis). KWAPIL (1993) führte zur Feststellung der Todes- und Krankheitsursache von 91 verendeten oder als krank erlegten Hasen pathologisch-anatomische, parasitologische, bakteriologische, virologische und serologische Untersuchungen durch. Qualitative und grob quantitative Nachweise von adulten Parasiten und Vermehrungsstadien nahm KWAPIL (1993) makro- und mikroskopisch im Darmschleimhautabstrich vor. An Organ- und Kotproben von 182 als gesund erlegten Hasen wurde der Trägerstatus mit bakteriellen Infektionserregern in Direktkultur ermittelt, 273 Tiere wurden von KWAPIL (1993) auf das Vorkommen von Yersinia, Salmonella und Listeria überprüft. Leberproben von 152 gesunden und den 91 kranken Hasen dienten als Nachweis des EBHS-Erregers. Die Hasen stammten aus verschiedenen Kreisen Schleswig-Holsteins. KWAPIL (1993) klärte für knapp 74% der Fälle die Todesursache auf. Für rund 51% der untersuchten Hasen führten nach Angaben der Autorin Infektionskrankheiten zum Tode, 13% verendeten durch Verkehrsunfälle und 10% durch Parasitosen (Eimeria spp., Fasciola hepatica, Dicroelium dendriticum, Graphidium strigosum, Trichostrongylus spp., Trichuris spp, Strongyloides spp.). Unter den Infektionskrankheiten wurde mit einem Anteil von 25% ein Befall von EBHS ermittelt und übertraf damit die Pseudotuberkulose, welcher in der Vergangenheit die größten Verluste unter Hasen zugeschrieben wurde. Für 26% der Fälle mußte die Todesursache unklar bleiben, jedoch weist KWAPIL (1993) darauf hin, dass in diesem Restkollektiv Leberveränderungen einen Anteil von 20% ausmachten. THIEDE et al. (2000) konnten im Herbst 1998/99 bei 28 von 132 (21%) untersuchten Hasen aus dem Südwesten (Eiderstedter u. Ditmarscher Marsch, Holsteinische Elbmarschen) und Südosten Schleswig-Holsteins (Ostholsteinisches Hügel- u. Seenland, Westmecklen-burgisches Seen- Hügelland) Antikörpertiter gegen das EBHS-Virus nachweisen, im Herbst 1999/00 fanden sie diese Antikörper jedoch nur in acht von 116 Hasen (7%). Diese Untersuchungen sind Bestandteil eines Gesundheitsmonitorings im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein. 26

Unter den Infektionen mit Viren rückte seit Bekanntwerden der Erkrankung in Schweden 1980 das EBHS in den Mittelpunkt pathologischer Untersuchungen (GAVIER-WIDÉN u. MÖRNER 1993). Sie wurde bereits sechs Jahre später (1986) in Deutschland nachgewiesen (v. BRAUNSCHWEIG 1997, FRÖLICH et al. 2001b). Nach FRÖLICH et al. (1993) sind an dieser Viruserkrankung seit Mitte der 80er Jahre vermehrt Hasen gestorben. EBHS kann zu hoher akuter Sterblichkeit führen. Das Virus ruft eine nekrotisierende Leberentzündung hervor (v. BRAUNSCHWEIG 1997). FRÖLICH et al. (2001b) führen dazu eine ganze Reihe von Arbeiten an (MORISSE 1988, ESKENS u. VOLLMER 1989, MARCATO et al. 1989, HENRIKSEN et al. 1989, OKERMAN et al. 1989, CHASEY u. DUFF 1990, SOSTARIC et al. 1991, GAVIER-WIDÉN u. MÖRNER 1993, SALMELA et al. 1993, STEINECK u. NOWOTNY 1993, GORTAZAR u. DE LUCO 1995, FRÖLICH et al. 1996, ESKENS et al. 2000, FRÖLICH et al. 2001a). So reichen die EBHS-Todesfälle aus verschiedenen europäischen Ländern von 4% (MÜLLER et al. 1996) bis 56% (ESKENS et al. 1987), wobei FRÖLICH et al. nicht erwähnen, auf welche Größe diese Anteile bezogen wurden. STEINECK u. NOWOTNY (1991) konnten nach Mitteilung V. SECK-LANZENDORFS (1997) bei knapp 88% untersuchter Hasen Antikörpertiter gegen das EBHS-Virus ermitteln, nach GAVIER- WIDÉN u. MÖRNER (1993) kann die Mortalitätsrate zwischen 5% und 90% betragen (Mittel 30%). V. SECK-LANZENDORFS (1997) zitiert STEINECK und NOWOTNY (1993), die ebenfalls eine Mortalitätsrate von rund 30% beobachten konnten. Das Virus wird in die Gruppe der Caliciviren klassifiziert (LAVAZZA u. VECCHI 1989, XU u. CHEN 1989). Beim Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) konnte mit Hilfe der Elektronenmikroskopie ein ganz ähnliches Virus gefunden werden, welches nach FRÖLICH et al. (2001b) sowohl klinisch als auch pathologisch-anatomisch ganz ähnliche Symptome wie beim Hasen verursacht. Die Erkrankung wird beim Kaninchen Rabbit Haemorrhagic Disease (RHD) genannt. Beide Virenformen sind sich nach Vergleichen der Genome verschiedener Isolate von EBHS und RHD sehr ähnlich (NOWOTNY et al. 1997). Jedoch erkranken mit RHD-Viren infizierte Hasen nicht und bilden nur niedrige, gegen EBHS nicht protektive Antikörpertiter. Umgekehrt gilt das gleiche für EBHS infizierte Kaninchen (NAUWYNCK et al. 1993). Beide Erkrankungen sollen mit hohen Verlusten einhergehen (LÖLIGER u. ESKENS 1991). EBHS tritt vorwiegend von Oktober bis Dezember auf und befällt meist adulte Hasen, die unter Verlust der Scheu, Muskelzittern, allgemeine Schwäche, Fieber, Leber- und Milzschwellungen leiden und innerhalb weniger Tage verenden können. Nach DEUTZ und HINTERDORFER (2000) sind in Österreich nahezu 90% der Feldhasen seropositiv. FRÖLICH et al. (2001b) vermuten, dass nach einem "EBHS-Seuchenzug" überlebende Hasen EBHS- Viren zusammen mit protektivem Antikörpertiter tragen, dann aber nur noch Einzeltiere von der 27

Unter den Infektionen mit Viren rückte seit Bekanntwerden der Erkrankung in Schweden 1980 das<br />

EBHS in den Mittelpunkt pathologischer Untersuchungen (GAVIER-WIDÉN u. MÖRNER 1993). Sie<br />

wurde bereits sechs Jahre später (1986) in Deutschland nachgewiesen (v. BRAUNSCHWEIG 1997,<br />

FRÖLICH et al. 2001b).<br />

Nach FRÖLICH et al. (1993) sind an dieser Viruserkrankung seit Mitte der 80er Jahre vermehrt Hasen<br />

gestorben. EBHS kann zu hoher akuter Sterblichkeit führen. Das Virus ruft eine nekrotisierende<br />

Leberentzündung hervor (v. BRAUNSCHWEIG 1997). FRÖLICH et al. (2001b) führen dazu eine ganze<br />

Reihe von Arbeiten an (MORISSE 1988, ESKENS u. VOLLMER 1989, MARCATO et al. 1989,<br />

HENRIKSEN et al. 1989, OKERMAN et al. 1989, CHASEY u. DUFF 1990, SOSTARIC et al. 1991,<br />

GAVIER-WIDÉN u. MÖRNER 1993, SALMELA et al. 1993, STEINECK u. NOWOTNY 1993, GORTAZAR u.<br />

DE LUCO 1995, FRÖLICH et al. 1996, ESKENS et al. 2000, FRÖLICH et al. 2001a). So reichen die<br />

EBHS-To<strong>des</strong>fälle aus verschiedenen europäischen Ländern von 4% (MÜLLER et al. 1996) bis 56%<br />

(ESKENS et al. 1987), wobei FRÖLICH et al. nicht erwähnen, auf welche Größe diese Anteile bezogen<br />

wurden. STEINECK u. NOWOTNY (1991) konnten nach Mitteilung V. SECK-LANZENDORFS (1997) bei<br />

knapp 88% untersuchter Hasen Antikörpertiter gegen das EBHS-Virus ermitteln, nach GAVIER-<br />

WIDÉN u. MÖRNER (1993) kann die Mortalitätsrate zwischen 5% <strong>und</strong> 90% betragen (Mittel 30%). V.<br />

SECK-LANZENDORFS (1997) zitiert STEINECK <strong>und</strong> NOWOTNY (1993), die ebenfalls eine Mortalitätsrate<br />

von r<strong>und</strong> 30% beobachten konnten.<br />

Das Virus wird in die Gruppe der Caliciviren klassifiziert (LAVAZZA u. VECCHI 1989, XU u. CHEN<br />

1989). Beim Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) konnte mit Hilfe der Elektronenmikroskopie ein ganz<br />

ähnliches Virus gef<strong>und</strong>en werden, welches nach FRÖLICH et al. (2001b) sowohl klinisch als auch<br />

pathologisch-anatomisch ganz ähnliche Symptome wie beim Hasen verursacht. Die Erkrankung wird<br />

beim Kaninchen Rabbit Haemorrhagic Disease (RHD) genannt. Beide Virenformen sind sich nach<br />

Vergleichen der Genome verschiedener Isolate von EBHS <strong>und</strong> RHD sehr ähnlich (NOWOTNY et al.<br />

1997). Jedoch erkranken mit RHD-Viren infizierte Hasen nicht <strong>und</strong> bilden nur niedrige, gegen EBHS<br />

nicht protektive Antikörpertiter. Umgekehrt gilt das gleiche für EBHS infizierte Kaninchen<br />

(NAUWYNCK et al. 1993). Beide Erkrankungen sollen mit hohen Verlusten einhergehen (LÖLIGER u.<br />

ESKENS 1991).<br />

EBHS tritt vorwiegend von Oktober bis Dezember auf <strong>und</strong> befällt meist adulte Hasen, die unter<br />

Verlust der Scheu, Muskelzittern, allgemeine Schwäche, Fieber, Leber- <strong>und</strong> Milzschwellungen leiden<br />

<strong>und</strong> innerhalb weniger Tage verenden können. Nach DEUTZ <strong>und</strong> HINTERDORFER (2000) sind in<br />

Österreich nahezu 90% der <strong>Feldhasen</strong> seropositiv.<br />

FRÖLICH et al. (2001b) vermuten, dass nach einem "EBHS-Seuchenzug" überlebende Hasen EBHS-<br />

Viren zusammen mit protektivem Antikörpertiter tragen, dann aber nur noch Einzeltiere von der<br />

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