Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

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(ZÖRNER 1977) zusammen mit den Beobachtungen von SCHNEIDER (1978). ZÖRNER (1977) konnte in den Mägen keine deutliche Anreicherung geformter Blinddarmlosung finden. Auch SCHNEIDER (1978) berichtet vom Fehlen dieser Losung in Hasenmägen nach Aussagen VON BRAUNSCHWEIGs. Der Grund für das Fehlen könnte die Beobachtung SCHNEIDERS (1978) sein, dass der Hase den Vitaminkot vorher zerkaut. Lippenlecken und Kaubewegungen zeigt der Hase schon vor der Aufnahme des Kotes. SCHNEIDER (1978) deutet dies als Appetenzverhalten. Die Aufnahme selbst konnte SCHNEIDER nur in den Vormittagsstunden beobachten. HIRAKAWA (2001) dagegen stellt fest, dass Leporiden tagsüber sowohl harten als auch weichen Kot aufnehmen und nachts der aus dem Dickdarm kommende, harte Kot bei Hunger zwar gefressen, normalerweise jedoch verworfen wird. Diese nächtliche, aber fakultative Kotaufnahme gibt den Leporiden nach Ansicht von HIRAKAWA (2001) einen ökologischen Vorteil, da sie zeitweise kein Futter aufnehmen müssen. Doch beschreibt er die tatsächlich beobachtete, nächtliche Aufnahme nur für den Japanischen Hasen (Lepus brachyurus). HIRAKAWA (2001) stellt die Koprophagie oder Reingestion in den Kontext der Entwicklungsgeschichte der Hasenartigen und führt ihre typischen Eigenschaften zur Feindvermeidung wie lange Ohren, vorgestellte Augen, überlange Hinterläufe zur schnellen Flucht oder das einmalige Säugen bei Nacht für nur wenige Minuten an. Zu diesen Strategien der Feindvermeidung gehört nach Ansicht von HIRAKAWA (2001) auch ihre hochentwickelte Form der Autokoprophagie. Die harte Losung ist stickstoffarm, die weiche stickstoffreich. Leporiden nehmen Kot verstärkt bei Nahrungsengpässen auf und haben folglich sowohl stickstoffreiche als auch stickstoffarme Losung zur Verfügung. Nach Ansicht HIRAKAWAs (2001) ist dies ein Selektionsvorteil gegenüber anderen mittelgroßen Säugern, da dadurch auch geringwertige Nahrung effizient verdaut werden kann. ZÖRNER (1981) zitiert eine Untersuchung von BUBENIK (1959), wonach bei den Lagomorphen die Nahrung lange im Magen verbleibt, so dass der Magen niemals leer ist. Beim Kaninchen kann die Verweildauer neun Stunden betragen. Demgegenüber bezeichnet HIRAKAWA (2001) die Verweildauer großer Nahrungspartikel von zwei bis maximal fünf Stunden für den Japanischen Hasen bis zur Exkretion als kurz. Für die nächtlich aufgenommene Losung geht HIRAKAWA (2001) bei Lepus brachyurus davon aus, dass diese nach erneutem Zerkauen in der auf die Aufnahme folgenden Nacht in Form von harten Losungskugeln wieder ausgeschieden wird. 8 Krankheiten und Feinde 24

Krankheiten und natürliche Feinde, wie beispielsweise der Fuchs (Vulpes vulpes), stellen zwei wesentliche biotische Faktoren dar, die die Größe einer Hasenpopulation über ihre art- oder lebensraumspezifische Mortalitätsrate ständig verändern. VON BRAUNSCHWEIG (1997) bespielsweise appelliert in diesem Zusammenhang an die jagdliche Praxis, die ständigen Häufigkeitswechsel bestimmter Krankheiten beim Feldhasen als einen natürlichen Ökofaktor zu akzeptieren und bei der Aus- und Fortbildung der Jäger derartige "allgemein gültige Regeln der Biologie" stärker als bisher zu lehren. Dies helfe, so v. BRAUNSCHWEIG (1997), Panik oder Fehlinterpretationen beim Auftreten bestimmter Krankheiten zu vermeiden. V. SECK-LANZENDORF (1997) beschäftigte sich mit dem Einfluß des Ökofaktors Krankheiten auf die rückläufige Populationsentwicklung des Hasen im von PIELOWSKI betreuten polnischen Revier Czempin, der für die Untersuchung der Autorin im Jagdjahr 1993/94 125 Hasen erlegen ließ. Erwartungsgemäß konnte v. SECK-LANZENDORF (1997) für den Rückgang des Hasen keine monokausale Ursache ermitteln. Auch hasentypische Erkrankungen wie Pseudotuberkulose, Pasteurellose oder Kokzidiose (s.u.) spielen nach v. SECK-LANZENDORF (1997) eine untergeordnete Rolle. Dafür fand die Autorin hohe Kadmiumkonzentration in Nieren von 48 Feldhasen mit Werten von bis zu 17,3 mg pro kg. Aufgrund dieser hohen Werte hält v. SECK-LANZENDORF (1997) eine chronische Nierenschädigung der Hasen durch Kadmium für möglich. LUTZ und SLAMECKA (1997) verglichen Kadmium- und Bleigehalte von 243 Leber- und Nierenproben slowakischer (11 Reviere und gekäfigte Tiere) und deutscher (fünf Gebiete aus Nordrhein-Westfalen) Hasen. Die Hasen stammten aus dem Jagdbetrieb. Die Bleigehalte sind in der Leber höher als in der Niere, für die Kadmiumkonzentration gilt das Umgekehrte (bis Faktor 10), ebenso sind geschlechtsund altersspezifische Unterschiede bekannt, die aber in der Stichprobe von LUTZ und SLAMECKA (1997) nur für die Kadmiumbelastung und nur für die Niere signifikant waren. Sowohl der Blei- als auch der Kadmiumgehalt ist bei Feldhasen aus Deutschland signifikant höher als bei Hasen aus der Slowakei. Dies gilt sowohl für Organproben aus landwirtschaftlichen Gebieten als auch für Organe aus Industrieregionen, allerdings nur für die in der Leber gemessenen Werte. Für die Kadmiumkonzentrationen in Nierengewebe besteht dieser Unterschied schon nicht mehr. Der unter Proben von Häsinnen beobachtete Trend zu höherem Kadmiumgehalt begründen LUTZ und SLAMECKA (1997) mit einem möglichen Kalziummangel, verursacht durch Gravidität und Laktation. Auf Kalziumkonzentrationen wurden die beiden Organe allerdings nicht untersucht. Wenngleich LUTZ und SLAMECKA (1997) nach Bewertung früherer Studien zu diesem Thema darauf hinweisen, dass der Hase stärker als bisher als Bioindikator genutzt werden sollte, enthalten sich die Autoren der Frage, ab welcher Konzentration Leber- und Nierenschäden auftreten oder welche Auswirkungen die gemessenen Gehalte auf die Fertilität oder auf die körperliche Konstitution der Tiere haben könnten. Hier besteht offensichtlich noch erheblicher Forschungsbedarf. 25

Krankheiten <strong>und</strong> natürliche Feinde, wie beispielsweise der Fuchs (Vulpes vulpes), stellen zwei<br />

wesentliche biotische Faktoren dar, die die Größe einer Hasenpopulation über ihre art- oder<br />

lebensraumspezifische Mortalitätsrate ständig verändern. VON BRAUNSCHWEIG (1997) bespielsweise<br />

appelliert in diesem Zusammenhang an die jagdliche Praxis, die ständigen Häufigkeitswechsel<br />

bestimmter Krankheiten beim <strong>Feldhasen</strong> als einen natürlichen Ökofaktor zu akzeptieren <strong>und</strong> bei der<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildung der Jäger derartige "allgemein gültige Regeln der <strong>Biologie</strong>" stärker als bisher zu<br />

lehren. Dies helfe, so v. BRAUNSCHWEIG (1997), Panik oder Fehlinterpretationen beim Auftreten<br />

bestimmter Krankheiten zu vermeiden.<br />

V. SECK-LANZENDORF (1997) beschäftigte sich mit dem Einfluß <strong>des</strong> Ökofaktors Krankheiten auf die<br />

rückläufige Populationsentwicklung <strong>des</strong> Hasen im von PIELOWSKI betreuten polnischen Revier<br />

Czempin, der für die Untersuchung der Autorin im Jagdjahr 1993/94 125 Hasen erlegen ließ.<br />

Erwartungsgemäß konnte v. SECK-LANZENDORF (1997) für den Rückgang <strong>des</strong> Hasen keine<br />

monokausale Ursache ermitteln. Auch hasentypische Erkrankungen wie Pseudotuberkulose,<br />

Pasteurellose oder Kokzidiose (s.u.) spielen nach v. SECK-LANZENDORF (1997) eine untergeordnete<br />

Rolle. Dafür fand die Autorin hohe Kadmiumkonzentration in Nieren von 48 <strong>Feldhasen</strong> mit Werten<br />

von bis zu 17,3 mg pro kg. Aufgr<strong>und</strong> dieser hohen Werte hält v. SECK-LANZENDORF (1997) eine<br />

chronische Nierenschädigung der Hasen durch Kadmium für möglich.<br />

LUTZ <strong>und</strong> SLAMECKA (1997) verglichen Kadmium- <strong>und</strong> Bleigehalte von 243 Leber- <strong>und</strong> Nierenproben<br />

slowakischer (11 Reviere <strong>und</strong> gekäfigte Tiere) <strong>und</strong> deutscher (fünf Gebiete aus Nordrhein-Westfalen)<br />

Hasen. Die Hasen stammten aus dem Jagdbetrieb. Die Bleigehalte sind in der Leber höher als in der<br />

Niere, für die Kadmiumkonzentration gilt das Umgekehrte (bis Faktor 10), ebenso sind geschlechts<strong>und</strong><br />

altersspezifische Unterschiede bekannt, die aber in der Stichprobe von LUTZ <strong>und</strong> SLAMECKA<br />

(1997) nur für die Kadmiumbelastung <strong>und</strong> nur für die Niere signifikant waren.<br />

Sowohl der Blei- als auch der Kadmiumgehalt ist bei <strong>Feldhasen</strong> aus Deutschland signifikant höher als<br />

bei Hasen aus der Slowakei. Dies gilt sowohl für Organproben aus landwirtschaftlichen Gebieten als<br />

auch für Organe aus Industrieregionen, allerdings nur für die in der Leber gemessenen Werte. Für die<br />

Kadmiumkonzentrationen in Nierengewebe besteht dieser Unterschied schon nicht mehr. Der unter<br />

Proben von Häsinnen beobachtete Trend zu höherem Kadmiumgehalt begründen LUTZ <strong>und</strong><br />

SLAMECKA (1997) mit einem möglichen Kalziummangel, verursacht durch Gravidität <strong>und</strong> Laktation.<br />

Auf Kalziumkonzentrationen wurden die beiden Organe allerdings nicht untersucht. Wenngleich LUTZ<br />

<strong>und</strong> SLAMECKA (1997) nach Bewertung früherer Studien zu diesem Thema darauf hinweisen, dass der<br />

Hase stärker als bisher als Bioindikator genutzt werden sollte, enthalten sich die Autoren der Frage, ab<br />

welcher Konzentration Leber- <strong>und</strong> Nierenschäden auftreten oder welche Auswirkungen die<br />

gemessenen Gehalte auf die Fertilität oder auf die körperliche Konstitution der Tiere haben könnten.<br />

Hier besteht offensichtlich noch erheblicher Forschungsbedarf.<br />

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