Zur Biologie und Ökologie des Feldhasen - Deutsche Wildtier Stiftung

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Typisch für den Feldhasen sind die Laufjungen, im Gegensatz zu den Lagerjungen des Kaninchens (HACKLÄNDER 2001). Die Laufjungen werden in flache Erdmulden, den Sassen, geboren, die Lagerjungen des Kaninchens in Erdhöhlen (vgl. Kap. 11). WALLNER et al. (2001) berichten über eine nichtinvasive Methode zur Geschlechtsbestimmung von Hasen mit Hilfe von Kotanalysen. Die ursprünglich für Kaninchen entwickelte Methode zur Geschlechtsbestimmung wurde für den Hasen abgeleitet. Für 51 Blut- und Speichelproben von Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) bekannten Geschlechts gelangen WALLNER et al. (2001) für Kern- DNA eine Auswahl spezifischer Primer, welche a) ein Exon des Transferrin-Gens (Tf) und b) eine als Sry benannte Region auf dem Y-Chromosom amplifizieren. Primer sind Oligonukleotide, die als Startpunkte für Polymerasen zur Herstellung eines Doppelstranges nach in vitro-Denaturierung der DNA dienen. Anschließend werden die DNA-Einzelstränge in vitro zu doppelsträngiger DNA während einer PCR (polymerase chain reaction) so stark vermehrt (amplifiziert), dass die Menge ausreicht, um sie, aufgetrennt nach einer Gelelektrophorese, sichtbar zu machen (Kap. 10). Nach WALLNER et al. (2001) wird sowohl für das Transferrin-Exon als auch für die Sry-Region nur eine Bande sichtbar (vgl. Kap. 10). Die Banden sind für den Hasen unterschiedlich groß (0,5 kb Tf- Exon, 0,3 kb Sry). Da Weibchen kein Y-Chromosom besitzen, sollte die Bande für die Sry-Region nur unter Männchen auftreten. WALLNER et al. (2001) konnten aus Vergleichen von amplifizierter DNA aus Gewebe und gereinigter, amplifizierter DNA aus frisch eingefrorenem Kot von 36 einzeln gekäfigten Hasen bekannten Geschlechts für 19 Tiere eine zweifelsfreie Zuordnung vornehmen. Ein Weibchen wurde falsch bestimmt, WALLNER et al. (2001) vermuten eine Kontamination durch Kot eines benachbarten Männchens, in den restlichen 16 Fällen konnte die DNA im Kot nicht derart aufgereinigt werden, dass eine in vitro Vermehrung gelang. Sollte sich das Reinigungsverfahren der DNA aus dem Kot verbessern lassen, erscheint diese Methode auch für die Feldforschung geeignet. Die hier genutzten molekularbiologischen Methoden könnten darüber hinaus auch für Fragen zur Migration oder zur Raumnutzung erweitert werden und beispielsweise die Telemetrie ergänzen. Je nach Verwertbarkeit und Verwitterung würde dann der Kot nicht nur genutzt, um das Geschlecht eines Tieres zu bestimmen, sondern auch, um das Tier selbst zu bestätigen. Schreitet die Entwicklung dieser Methoden weiter so voran wie in den letzten 10 Jahren, werden solche Methoden in der Wildbiologie an Bedeutung gewinnen. 4.1 Gebiß und Schädel 10

Vom ursprünglichen, vollständigen Gebiß mit drei Schneidezähnen sind beim Hasen, wie bei allen Lagomorphen, nur der sogenannte Stiftzahn (dritter Zahn) und der wurzellose Nagezahn (zweiter Zahn) übriggeblieben, so SCHNEIDER (1978). Nach ZÖRNRER (1981) sind alle Zähne des Hasen wurzellos. Ebenso fehlen dem Hasen die Eckzähne (Canini). Beiden Ordnungen, den Rodentiern wie den Lagomorphen, sind die fehlenden Eckzähne gemeinsames Merkmal. ZÖRNER (1981) zitiert FRAGUGLIONE (1957, 1962) und folgt ihm mit der Typisierung des Hasen als heterodontes Säugetier, welches ein Milch- und ein Dauergebiß besitzt. Doch ist beim Hasen die Milchzahngeneration unterdrückt, so dass diese bereits in der vierten Lebenswoche verschwindet. Hasen und Kaninchen haben 28 Dauerzähne: 2033 So kann die Zahnformel mit = 28 angegeben werden. 1023 Der erste untere Prämolar (P1) ist größer als der P2 und dreiteilig, alle anderen Zähne sind zweiteilig. Hasen hinterlassen als Fraßspur im Gegensatz zu Nagern einen Doppelbogen (SCHNEIDER 1978). Grund dafür ist eine in Längsrichtung verlaufende Rille der beiden Incisivi des Oberkiefers. Die Schneidezähne des Unterkiefers sind dagegen auf ihrer Oberfläche glatt. BROHMER (1969) unterscheidet den Hasen- vom Kaninchenschädel anhand der hinteren Ausschnitte der Gaumenbeine (Choanenöffnungen). So sind diese bei Hasen etwa doppelt so breit wie die Backenzähne, bei Kaninchen entspricht dieser Ausschnitt der Backenzahnbreite. ALVES et al. (2001) gingen anhand von 63 erlegten Iberischen Hasen (Lepus granatensis) aus einer portugiesischen Population bei Pancas, 15 km östlich von Lissabon, der Frage nach, ob ein Zusammenhang zwischen dem Heterozygotiegrad eines Hasen und seiner Entwicklungshomöostase besteht. Vertebraten sind bilateralsymmetrisch aufgebaut. Dabei sind die Symmetrien zumeist nie ganz vollständig ausgeprägt. Bisherige Untersuchungen zu dieser Frage weisen nach ALVES et al. (2001) auf einen vielfach positiven Einfluß des Heterozygotiegrades auf die Entwicklungsstabilität von Tieren hin (s.u.). ALVES et al. (2001) vermuteten, dass Tiere mit präzisem bilateralsymmetrischem Körperbau eine höhere Fitness haben als Tiere mit Asymmetrien. Homeotherme Vertebraten, zu denen auch die Leporidae gehören, zeigten in dieser Frage bislang kein einheitliches Bild. Fitness im genetischen Sinne kann allerdings nicht direkt über den Heterozygotiegrad gemessen werden und beschreibt den Beitrag eines Allels zur nächsten Generation verglichen mit dem Beitrag anderer Allele. Ob ein Zusammenhang zwischen Heterozygotiegrad und Fitness besteht, wäre im Einzelfall zu untersuchen. 11

Vom ursprünglichen, vollständigen Gebiß mit drei Schneidezähnen sind beim Hasen, wie bei allen<br />

Lagomorphen, nur der sogenannte Stiftzahn (dritter Zahn) <strong>und</strong> der wurzellose Nagezahn (zweiter<br />

Zahn) übriggeblieben, so SCHNEIDER (1978). Nach ZÖRNRER (1981) sind alle Zähne <strong>des</strong> Hasen<br />

wurzellos. Ebenso fehlen dem Hasen die Eckzähne (Canini). Beiden Ordnungen, den Rodentiern wie<br />

den Lagomorphen, sind die fehlenden Eckzähne gemeinsames Merkmal.<br />

ZÖRNER (1981) zitiert FRAGUGLIONE (1957, 1962) <strong>und</strong> folgt ihm mit der Typisierung <strong>des</strong> Hasen als<br />

heterodontes Säugetier, welches ein Milch- <strong>und</strong> ein Dauergebiß besitzt. Doch ist beim Hasen die<br />

Milchzahngeneration unterdrückt, so dass diese bereits in der vierten Lebenswoche verschwindet.<br />

Hasen <strong>und</strong> Kaninchen haben 28 Dauerzähne:<br />

2033<br />

So kann die Zahnformel mit = 28 angegeben werden.<br />

1023<br />

Der erste untere Prämolar (P1) ist größer als der P2 <strong>und</strong> dreiteilig, alle anderen Zähne sind zweiteilig.<br />

Hasen hinterlassen als Fraßspur im Gegensatz zu Nagern einen Doppelbogen (SCHNEIDER 1978).<br />

Gr<strong>und</strong> dafür ist eine in Längsrichtung verlaufende Rille der beiden Incisivi <strong>des</strong> Oberkiefers. Die<br />

Schneidezähne <strong>des</strong> Unterkiefers sind dagegen auf ihrer Oberfläche glatt.<br />

BROHMER (1969) unterscheidet den Hasen- vom Kaninchenschädel anhand der hinteren Ausschnitte<br />

der Gaumenbeine (Choanenöffnungen). So sind diese bei Hasen etwa doppelt so breit wie die<br />

Backenzähne, bei Kaninchen entspricht dieser Ausschnitt der Backenzahnbreite.<br />

ALVES et al. (2001) gingen anhand von 63 erlegten Iberischen Hasen (Lepus granatensis) aus einer<br />

portugiesischen Population bei Pancas, 15 km östlich von Lissabon, der Frage nach, ob ein<br />

Zusammenhang zwischen dem Heterozygotiegrad eines Hasen <strong>und</strong> seiner Entwicklungshomöostase<br />

besteht. Vertebraten sind bilateralsymmetrisch aufgebaut. Dabei sind die Symmetrien zumeist nie ganz<br />

vollständig ausgeprägt. Bisherige Untersuchungen zu dieser Frage weisen nach ALVES et al. (2001)<br />

auf einen vielfach positiven Einfluß <strong>des</strong> Heterozygotiegra<strong>des</strong> auf die Entwicklungsstabilität von<br />

Tieren hin (s.u.). ALVES et al. (2001) vermuteten, dass Tiere mit präzisem bilateralsymmetrischem<br />

Körperbau eine höhere Fitness haben als Tiere mit Asymmetrien. Homeotherme Vertebraten, zu denen<br />

auch die Leporidae gehören, zeigten in dieser Frage bislang kein einheitliches Bild. Fitness im<br />

genetischen Sinne kann allerdings nicht direkt über den Heterozygotiegrad gemessen werden <strong>und</strong><br />

beschreibt den Beitrag eines Allels zur nächsten Generation verglichen mit dem Beitrag anderer<br />

Allele. Ob ein Zusammenhang zwischen Heterozygotiegrad <strong>und</strong> Fitness besteht, wäre im Einzelfall zu<br />

untersuchen.<br />

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