WERRA -ZEITUNG WERRA -ZEITUNG - Gemeinde Gerstungen
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Ausgabe: 3/2012 Amtsblatt „Neue Werra-Zeitung“ Seite 12<br />
Neues zum Kirchenbuch Neustädt<br />
1695 - 1746<br />
von Dr. Claus Bernhardt, Freiberg<br />
Unter den Kirchenbüchern von Neustädt gibt es eine schmerzliche<br />
Lücke: Das Buch, in dem im Zeitraum von 1695 bis 1746,<br />
also über rund 50 Jahre hinweg, die Geborenen/Getauften, die<br />
Kopulierten und die Gestorbenen/Begrabenen eingetragen wurden,<br />
ist leider verlorengegangen, und zwar offensichtlich erst in<br />
den letzten Jahrzehnten kurz nach der Wendezeit, als überall<br />
ein starker Ansturm der Familien- und Heimatforscher auf die<br />
Kirchenarchive einsetzte. Als man um das Jahr 2000 daran<br />
ging, von allen Pfarrämtern des Eisenacher Kirchenamtes Mikrofilme<br />
der Kirchenbücher anzufertigen, war es schon nicht<br />
mehr dabei.<br />
1. Rekonstruktion 1998<br />
Um die Lücke wenigstens zu einem Teil schließen zu können,<br />
habe ich bereits im Jahre 1998 den Versuch einer Rekonstruktion<br />
der wesentlichen Angaben gemacht. Glücklicherweise hatte<br />
sich damals herausgestellt, dass einer der Pfarrer um die Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts zum bequemeren Nachschlagen ein Namensregister<br />
der bis dahin vorhandenen älteren Kirchenbücher<br />
angefertigt hatte bzw. hat anfertigen lassen. In diesem Namensregister<br />
sind in alphabetischer Reihenfolge und getrennt nach<br />
Geborenen/Getauften, Kopulierten und Gestorbenen/Begrabenen<br />
die Seitenzahlen angegeben, unter denen die betreffenden<br />
Personen in den verschiedenen Kirchenbüchern zu finden sind.<br />
Angaben zum verlorengegangenen Kirchenbuch 1695 - 1746<br />
waren glücklicherweise auch darunter.<br />
Inneres Deckblatt<br />
Kirchenbuch<br />
vor<br />
die kirch Neustätt<br />
an der werr<br />
Angefangen den 26ten Jun 1694<br />
Sub Pastoratu Georgii Thonii<br />
und geendiget den 30 Juni 1710<br />
Anno Christi unßeres Herrn und Heylandes 1710 mense April<br />
bin ich Jacobus Cyriacus Blanckenbach bürtig von Eißenach<br />
nacher Neustädt an der Werr gelegen zu einem Pfarr und Substituten<br />
beruffen worden, so geschehen den 4ten Maii 1710.<br />
Christus Jesus der Oberste Bischoff und Hirte unßerer Seelen<br />
gebe seinen Heiligen Geist und Krafft zum bevorstehenden<br />
Ambte, damit alles gereiche zu seinen Heiligen Ehren und mir<br />
zur Seeligkeit umb Christi Jesu meines Herrn und Heylandes<br />
willen Amen.<br />
Begonnen wurde das Kirchenbuch von Pfr. Georg Nicolaus<br />
Thon (*1644), der von 1694 bis zu seinem Tod 1710 im Amt war.<br />
Ihm folgte Pfr. Jacob Cyriacus Blanckenbach (*1671, †1750),<br />
der aber aus gesundheitlichen Gründen nur bis 1734 das Amt<br />
ausüben konnte. Das übernahm im selben Jahr sein Substitut<br />
Johann Andreas Langlotz (*1700, †1745). Sie haben regelmäßig<br />
in das fragliche Buch Eintragungen gemacht, und jeder hat<br />
dabei seine individuellen Besonderheiten in Schrift und Stil hinterlassen.<br />
Nach dem Tod von Langlotz kam als zweiter Substitut<br />
Christoph Wilhelm Vogt (*1718, †1773) nach Neustädt. Er hat<br />
schon 1747, also noch vor der offiziellen Amtsübernahme von<br />
1750 ein neues Buch angelegt.<br />
Insgesamt sind darin über einen Zeitraum von 52 Jahren 1048<br />
Namen bzw. 898 pfarramtliche Handlungen auf 153 Seiten dokumentiert.<br />
Man beachte: Neustädt hatte damals nur 260 Einwohner.<br />
Dieses wichtige Kirchenbuch lag also - wie gesagt - nur in Form<br />
eines Registers vor, in dem die jeweiligen Namen und die dazugehörige<br />
Seitenzahl im Kirchenbuch angegeben waren. Es entstand<br />
der naheliegende Gedanke, nach einer Möglichkeit zu suchen,<br />
diese Seitenzahlen in Jahresangaben umzuwandeln und<br />
so eine teilweise Rekonstruktion des Kirchenbuches zu versuchen.<br />
Es war sofort zu erkennen, dass die einzelnen Rubriken sehr<br />
unterschiedliche Anteile an der Gesamtseitenzahl des Kirchenbuches<br />
(153 Seiten) hatten:<br />
Geborene/Getaufte: 83 Seiten<br />
Kopulierte: 28 Seiten<br />
Gestorbene/Begrabene: 42 Seiten.<br />
Damit war von vornherein auf eine getrennte Betrachtung der<br />
Rubriken zu orientieren. Auch zeigte sich, dass die Anzahl der<br />
Einträge von Seite zu Seite sehr stark schwankte, so dass die<br />
Annahme einer einfachen Proportionalität zwischen Seitenzahl<br />
und Jahreszahl nicht aufrechterhalten werden konnte. Abgesehen<br />
von den üblichen jährlichen Schwankungen der Ereignisse<br />
ist die Raumausfüllung der Seiten, selbst bei nur einer Handschrift,<br />
nicht konstant. Man schreibt mal größer, mal kleiner, je<br />
nach den Lebensumständen (Zeitdruck, Gesundheit, Alter u.a.).<br />
Was schwerer wiegt: Wir haben es in diesen 52 Jahren darüber<br />
hinaus auch noch mit einem dreimaligen Wechsel der Pfarrstelle<br />
zu tun (s.o.).<br />
Für eine Rekonstruktion mit Hilfe dieser Angaben musste aus<br />
den genannten Gründen eine nichtlineare Interpolation ins Auge<br />
gefasst werden, was aber eine ausreichend große Menge an<br />
belegten Daten voraussetzt. Ich ging also in den mir zur Verfügung<br />
stehenden Unterlagen (Familienchroniken, Pfarrbüchern<br />
u.a.) auf die Suche nach überlieferten Jahresangaben aus dieser<br />
Zeit, die sich Personen zuordnen ließen. Das Ergebnis sind<br />
die in dem folgenden Diagramm eingezeichneten Punkte. Aus<br />
diesen Punkten wurden mit einem entsprechenden Rechenprogramm<br />
die dargestellten Kurvenlinien erzeugt, und zwar unter<br />
der Voraussetzung, dass alle vorhandenen Punkte einer Rubrik<br />
auf der jeweiligen Kurve liegen. Man erkennt, dass z.T. beträchtliche<br />
Abweichungen von einem linearen Verlauf bestehen und in<br />
der Tat eine nichtlineare Interpolation erforderlich ist.<br />
Zusammenhang zwischen Buchseitenzahl und Jahreszahl