FACHBEREICH ARCHITEKTUR - Goepf Bettschen

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BAULEITER HOCHBAU K U R S S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E 8) FESTIGKEITSLEHRE 1) Allgemeines 2) Spannung und Festigkeit 3) Tragsicherheit, Sicherheitsgrad, Bemessungswerte 4) Zug- und Druckspannungen 5) Formänderungen und Formänderungsgesetze a) Elastizität und Plastizität b) Das Spannungs- Dehnungsdiagramm c) Das Hook'sche Gesetz, Elastizitätsmodul d) Längenänderungen durch Wärmeschwankungen e) Querdehnungen f) Formänderungen durch Schubkraft 6) Biegespannungen 7) Doppelbiegung 8) Biegung mit Längskraft 9) Schubspannungen g.bettschen

BAULEITER HOCHBAU<br />

K U R S<br />

S T A T I K / F E S T I G K E I T S L E H R E<br />

8) FESTIGKEITSLEHRE<br />

1) Allgemeines<br />

2) Spannung und Festigkeit<br />

3) Tragsicherheit, Sicherheitsgrad, Bemessungswerte<br />

4) Zug- und Druckspannungen<br />

5) Formänderungen und Formänderungsgesetze<br />

a) Elastizität und Plastizität<br />

b) Das Spannungs- Dehnungsdiagramm<br />

c) Das Hook'sche Gesetz, Elastizitätsmodul<br />

d) Längenänderungen durch Wärmeschwankungen<br />

e) Querdehnungen<br />

f) Formänderungen durch Schubkraft<br />

6) Biegespannungen<br />

7) Doppelbiegung<br />

8) Biegung mit Längskraft<br />

9) Schubspannungen<br />

g.bettschen


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1 Allgemeines<br />

In den vorherigen Kapiteln haben wir die am Balken auftretenden Beanspruchungsgrössen<br />

Biegemoment, Querkraft und Normalkraft behandelt.<br />

Diese Schnittkräfte allein können jedoch noch nichts über die Beanspruchung des<br />

untersuchten Bauteils aussagen.<br />

Es ist nun Aufgabe der Festigkeitslehre, auf Grund der berechneten Momente, Zug - Druck<br />

- und Querkräfte auf die innere Beanspruchung des Bauwerkes zu schliessen.<br />

In der<br />

Festigkeitslehre<br />

wird also<br />

nachgeprüft, ob das<br />

Bauwerk die<br />

angreifenden Kräfte<br />

aufnehmen kann.<br />

2) Spannung und Festigkeit<br />

Es gilt also jetzt, die Wirkung der Schnittgrössen auf die Querschnittsfläche zu<br />

untersuchen.<br />

Betrachten wir zum Beispiel einen Holzpfosten, der durch die Druckkraft F beansprucht<br />

wird. Da die Auflagerfläche des Stempels gleich ist wie der Pfostenquerschnitt, wird sich<br />

die Kraft gleichmässig über die ganze Fläche verteilen; das heisst, jede einzelne Faser<br />

muss einen Teil des Druckes aufnehmen.<br />

F<br />

Flächenteilchen<br />

Wir rechnen also die Kraft pro Faser aus.<br />

Diese Kraft pro Faser darf nicht grösser werden,<br />

als eine bestimmte Bruchkraft.<br />

Als Bruchkraft bezeichnet man die Kraft bei der<br />

die Faser bricht.<br />

Es genügt, wenn wir die Kraft für ein kleines<br />

Flächenteilchen berechnen.<br />

In der Statik hat man den mm 2 oder den cm 2 als<br />

Flächenteilchen gewählt.<br />

Die Kräfte je Flächeneinheit nennt man<br />

Spannungen.<br />

Die Summe aller Spannungen ergibt wiederum die<br />

Schnittgrösse, welche die Spannungen erzeugt<br />

hat.<br />

Die Einheit der Spannung ist N/mm 2<br />

( oder N/cm 2 , kN/cm 2 usw.).<br />

Wie die Kräfte selbst, sind auch die Spannungen Vektoren; diese<br />

Spannungsvektoren werden durch Betrag, Richtung und Angriffspunkt festgelegt.<br />

Wenn auf den Holzpfosten also z.B. die Druckkraft F = 10 kN wirkt und der Pfosten eine<br />

Querschnittsfläche von 120/120 mm aufweist, so wirkt auf ihn eine gleichmässig über die<br />

ganze Fläche verteilte Druckspannung von σ = F / A = 10'000/14'400 = 0.69 N/mm2.<br />

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Bauteile können auf verschiedene Weise beansprucht werden.<br />

deshalb unterscheidet man folgende Spannungsarten:<br />

1) Zugspannung 2) Druckspannung 3) Scherspannung<br />

σ Z<br />

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σ D<br />

4) Biegespannung 5) Schubspannung 6) Knickspannung<br />

σ b<br />

M<br />

7) Torsionsspannung<br />

F<br />

τ T<br />

8) Zusammengesetzte Beanspruchung infolge<br />

mehrerer Beanspruchungsarten<br />

Jeder Baustoff kann nur Spannungen bis zu einer bestimmten Höchstgrenze<br />

ertragen, wenn diese Grenze überschritten wird tritt Bruch ein.<br />

Die Spannung im Augenblick des Bruchs wird Bruchspannung oder<br />

Bruchfestigkeit genannt.<br />

Die Festigkeitswerte der verschiedenen Baustoffe werden mit Prüfmaschinen an<br />

Probekörpern ermittelt. Die Prüfverfahren sind für die meisten Baustoffe genormt, weil sich<br />

z.B. die Prüfdauer, die Probegrösse oder die Gestalt des Probekörpers auf die<br />

Versuchsergebnisse auswirken können.<br />

Die Festigkeiten sind nicht nur für die einzelnen Baustoffe verschieden, sie weichen auch<br />

bei ein und demselben Material für die verschiedenen Beanspruchungsarten voneinander<br />

ab. Beim Beton ist zum Beispiel die Druckfestigkeit wesentlich höher als die Zugfestigkeit,<br />

oder beim Holz ist die Druckfestigkeit parallel zur Faser höher als die Druckfestigkeit<br />

senkrecht zur Faser.<br />

τ<br />

τ a<br />

σ K


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3) Tragwiderstand, Sicherheitsgrad, Bemessungswerte<br />

Jegliches Bauen, von der Berechnung bis zur Ausführung, ist mit unvermeidlichen<br />

Unsicherheiten behaftet. So sind z.B. die Lastannahmen nur Näherungswerte, bei der<br />

Annahme des statischen Systems werden Vereinfachungen getroffen und die<br />

angenommenen Werkstoffgrössen können von der Wirklichkeit abweichen. Deshalb<br />

stimmen in einem Querschnitt die errechneten Schnittgrössen mit den wirklich<br />

vorhandenen nicht überein. Anderseits besitzt das erstellte Bauwerk meist nicht genau die<br />

erwünschte Tragfähigkeit, weil die verwendeten Baustoffe Streuungen in den Festigkeiten,<br />

Fehlstellen oder Massabweichungen aufweisen können.<br />

Aus diesen Gründen darf man das Bauwerk nicht bis zur theoretisch errechneten<br />

Bruchspannung belasten; man mutet ihm nur einen Teil der Festigkeit zu.<br />

Die Tragsicherheit wird durch den Vergleich des Bemessungswertes der<br />

Beanspruchung mit demjenigen des Tragwiderstandes nachgewiesen :<br />

Ed ≤ Rd<br />

- Der Bemessungswert Ed der Beanspruchung berechnet sich anhand der in<br />

der Norm enthaltenden Werte der Einwirkungen. Ed muss ein Extremwert der<br />

Beanspruchungen sein.<br />

- Der Bemessungswert Rd des Tragwiderstandes ist den verschiedenen<br />

Konstruktionsnormen zu entnehmen.<br />

Bemessungswert der Beanspruchung Ed<br />

Gemäss den Nutzungsanforderungen werden nach SIA 261 oder projektspezifisch die<br />

charakteristischen Werte der Nutzlasten und der ständigen Lasten bestimmt. Die<br />

Multiplikation dieser Werte mit den Lastbeiwerten γf ergeben die Bemessungswerte Fd der<br />

Einwirkungen. Die Antworten des Tragwerkes auf diese Einwirkungen (Schnittkräfte,<br />

Spannungen, Auflagerreaktionen usw.) bezeichnet man als die Bemessungswerte Ed der<br />

Auswirkungen.<br />

Beispiele für Lastbeiwerte: (aus Norm Einwirkungen)<br />

Lastbeiwert für Nutzlast γQ = 1.5<br />

Lastbeiwert für ständige Last und Eigengewicht γG = 1.35<br />

Bemessungswerte des Tragwiderstandes Rd<br />

(Genaue Angaben : siehe entsprechende Normenwerke )<br />

SIA 265) Holzbau<br />

Nadelholz, C24<br />

Biegung fm,d = 14 N/mm 2<br />

Zug parallel zur Faser ft,0,d = 8 N/mm 2<br />

Druck parallel zur Faser fc,0,d = 12 N/mm 2<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 1.8 N/mm 2<br />

Schub fv,d = 1.5 N/mm 2<br />

Buche, Eiche, D30<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 5.3 N/mm 2<br />

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Brettschichtholz aus Nadelholz, GL24h<br />

Biegung fm,d = 16 N/mm 2<br />

Zug parallel zur Faser ft,0,d = 12 N/mm 2<br />

Druck parallel zur Faser fc,0,d = 14.5 N/mm 2<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 1.9 N/mm 2<br />

Schub fv,d = 1.8 N/mm 2<br />

SIA 263) Stahlbau<br />

Stahl S235 Biegung und Zug fd = 224 N/mm 2<br />

Schub τ,d = 129 N/mm 2<br />

Stahl S355 Biegung und Zug fd = 338 N/mm 2<br />

Schub τ,d = 195 N/mm 2<br />

SIA 262) Betonbau<br />

Normalbeton C20/25 Druckfestigkeit fc,d = 13.5 N/mm 2<br />

Normalbeton C25/30 Druckfestigkeit fc,d = 16.5 N/mm 2<br />

Betonstahl B500 Zugfestigkeit fs,d = 435 N/mm 2<br />

Spannstahl z.B.Y1670 Zugfestigkeit fp,d = 1250 N/mm 2<br />

Beispiel :<br />

Nachweis einer Stahlstütze gem. Normen SIA<br />

Nutzlast Qk = 60 kN (aus statischer Berechnung)<br />

Ständige Last und Eigengewicht Gk = 40 kN (aus statischer Berechnung)<br />

Lastbeiwerte (aus Norm Einwirkungen )<br />

für Nutzlast γQ = 1.5, für ständige Last und Eigengewicht γG = 1.35<br />

Bemessungswert der Beanspruchung:<br />

Ed = γQ · Q + γG · G = 1.5 · 60 + 1.35 · 40 = 144 kN Q<br />

G<br />

Tragwiderstand der Stütze RK = 158 kN<br />

(aus Berechnung oder aus Tabelle)<br />

Allgemein wird nach Norm R als Tragwiderstand für alle Arten<br />

von Tragwiderständen angegeben.<br />

Tragwiderstandsbeiwert für Stahl γR = 1.05<br />

(aus Norm SIA 263 Stahlbauten)<br />

Bemessungswert des Tragwiderstandes:<br />

Rd = R / γR = 158 / 1.05 = 150 kN<br />

Nachweis:<br />

Ed = 144 kN < Rd = 150 kN<br />

→ Die Tragsicherheit ist also gewährleistet<br />

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4) Zug- und Druckspannungen<br />

a) Zugspannung σz :<br />

Zugspannungen kommen bei Ankern, Zugstangen, Fachwerken, Zangen, Stahleinlagen im<br />

Stahlbetonbau, Spanngliedern und dgl. vor.<br />

Zugspannungen sind Normalspannungen, denn sie stehen auf der Querschnittsfläche<br />

senkrecht, sie weisen von der Querschnittsfläche weg und erhalten meist positive<br />

Vorzeichen.<br />

Die Zugspannung im Augenblick des Bruches wird als Zugfestigkeit βz bezeichnet.<br />

b) Druckspannung σD :<br />

Druckspannungen treten z.B. bei Wänden, Stützen, Auflagern und Fundamenten auf.<br />

Druckspannungen sind wie Zugspannungen Normalspannungen, sie weisen aber auf die<br />

Querschnittsfläche hin und erhalten meist negative Vorzeichen.<br />

Die Druckspannung im Augenblick des Bruches wird als die Druckfestigkeit βD<br />

bezeichnet.<br />

Will man infolge einer Normalkraft F in einem Querschnitt A die auftretende Spannung<br />

kennen, so rechnet man :<br />

⇒ σ = F / A ( Spannung = Kraft / Fläche )<br />

Oft kennt man den Bemessungswert der Normalkrafteinwirkung Fd und den<br />

Bemessungswert der Zugspannung f,d des Materials und will daraus die erforderliche<br />

Fläche A rechnen :<br />

⇒ A erforderlich = Fd / fd oder Fd / σd<br />

Diese Formeln gelten aber nur, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind :<br />

F F<br />

Schwerpunkt S<br />

Fläche A<br />

- Die Bauteile haben eine gerade Achse<br />

- Die gedrückten Körper sind so kurz und gedrungen, dass ein Ausknicken<br />

nicht in Frage kommt.<br />

- Die äusseren Kräfte greifen in den Schwerpunkten der Querschnitte und<br />

in Richtung der Stabachse an.<br />

- Es treten keine plötzlichen Querschnittsänderungen auf.<br />

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Übungen zu Druck- und Zugspannungen<br />

a: Tragfähigkeit eines Zugstabes aus Baustahl<br />

Gesucht: Bemessungswert der Zugkraft von einem Rundstahl Durchmesser 16 mm aus<br />

Baustahl S235 ?<br />

Lösung:<br />

b: Druckspannung in Betonpfeiler<br />

Auf einen gedrungenen Betonpfeiler aus Normalbeton C25/30 von 40/40 cm<br />

Querschnittsfläche wirkt eine Druckkraft Fd = 1’800 kN.<br />

Genügen diese Abmessungen ? (Bemessungswert der Druckfestigkeit fc,d = 16.5 N/mm2 )<br />

(Lösung selber erarbeiten)<br />

c : Fundament bei zentrischer Belastung<br />

Auf ein Einzelfundament wirkt eine zentrische Druckkraft von Nd = 910 kN.<br />

Wie gross muss die Fundamentfläche sein, wenn der Bemessungswert der zulässigen<br />

Bodenpressung mit σd = 240 kN/m 2 angenommen wird?<br />

(Lösung selber erarbeiten)<br />

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d : Zugarmierung in einem Unterzug<br />

In einem Unterzug muss die Zugkraft durch die Bewehrung aus B500 aufgenommen<br />

werden. Wie viele Armierungsstäbe mit Durchmesser 16 mm sind erforderlich, wenn der<br />

gerechnete Bemessungswert der Zugkraft Zd = 340 kN beträgt?.<br />

Lösung:<br />

5) Formänderung und Formänderungsgesetze<br />

a) Elastizität und Plastizität<br />

Ein Körper wird durch eine Zugkraft gedehnt und durch eine Druckkraft gestaucht.<br />

Ein Stoff verhält sich elastisch, wenn er nach der Entlastung seine ursprüngliche Gestalt<br />

und damit seine ursprüngliche Länge wieder einnimmt. Die Eigenschaft der Elastizität<br />

besitzen die Baustoffe vielfach nur bis zu einer je nach Material verschiedener Grenze der<br />

Belastung.<br />

Bei darüber hinausgehenden Belastungen treten auch Formänderungen auf, die nach der<br />

Entlastung als bleibende oder plastische Formänderungen bestehen bleiben. Der<br />

Baustoff verhält sich in diesem Belastungsbereich teils elastisch, teils plastisch.<br />

Plastisches Verhalten wird auch als Plastizität bezeichnet.<br />

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b) Das Spannungs- Dehnungsdiagramm<br />

Um die Zusammenhänge zwischen Belastung und Dehnung anzugeben, kann man für<br />

jeden Baustoff ein Spannungs- Dehnungsdiagramm aufstellen.<br />

Wenn zum Beispiel ein Probestab auf der Zerreissmaschine geprüft wird, zeichnet eine<br />

sich drehende Trommel selbständig auf der Ordinatenachse die Kraft F und auf der<br />

Abszissenachse die Verlängerung Δ l auf.<br />

Um nun allgemeingültige, von der Querschnittsfläche des Probestabes unabhängige,<br />

Ergebnisse zu erhalten, geht man von Kraft und Verlängerung auf bezogene Grössen über.<br />

Man teilt die Kraft durch die ursprüngliche Querschnittsfläche Ao und erhält dadurch auf<br />

der Ordinatenachse die Spannung σ = F / Ao ; die Verlängerung wird durch die<br />

ursprüngliche Länge l geteilt, wodurch sich die einheitslose Dehnung ε = Δl / l ergibt. Sie ist<br />

bei gezogenen Körpern positiv, bei gedrückten negativ, ihr Vorzeichen entspricht also dem<br />

Vorzeichen der Normalspannung.<br />

plastischer<br />

Bereich<br />

elastischer<br />

Bereich<br />

σ = F/ A<br />

0<br />

Spannungs - Dehnungsdiagramm<br />

P<br />

E<br />

001<br />

β<br />

S<br />

S<br />

β<br />

ε = Δ l / lo (<br />

Bruchdehnung<br />

Bis zum Punkt P verläuft die Linie geradlinig. Es besteht auf dieser Strecke zwischen den<br />

Dehnungen und Spannungen Verhältnisgleichheit ( Proportionalität).<br />

Die Spannungen im Punkt P bezeichnet man als Proportionalitätsgrenze.<br />

Bis zum Punkt E wachsen die Dehnungen etwas schneller als die Spannungen, die Linie<br />

krümmt sich leicht, und bei einer Entlastung ergeben sich bereits kleine bleibende<br />

Formänderungen.<br />

Bis zu einer Dehnung von 0.01 % kann aber noch praktisch elastisches Verhalten<br />

angenommen werden, deshalb wird dieser Punkt E als Elastizitätsgrenze bezeichnet.<br />

Nach Erreichen des Punktes S dehnt sich der Körper ohne das eine weitere Laststeigerung<br />

nötig ist. Der Stab streckt sich, der Stahl zum Beispiel fliesst.<br />

Man nennt die Spannung an dieser Stelle S Fliessgrenze ( beim Zugversuch<br />

Streckgrenze, beim Druckversuch Quetschgrenze). In diesem Bereich gehen die<br />

Dehnungen nicht mehr ganz zurück, der Stab ist plastisch verformt worden.<br />

Beim Stahl kann nach einer gewissen Streckung die Last noch einmal gesteigert werden (<br />

Wiederverfestigung).<br />

Im Punkt B ist die Höchstlast erreicht, an irgendeiner schwachen Stelle wird sogar bei jetzt<br />

etwas sinkender Last der Stab zerrissen.<br />

Die Bruchspannung berechnet man nach der Höchstlast βz = Fmax / Ao.<br />

Die bis zum Bruch eintretende plastische Verformung nennt man die Bruchdehnung δ.<br />

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βZ = F max / A o<br />

Bruch


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Das Spannungs-<br />

Dehnungsdiagramm sagt sehr viel<br />

über das Verhalten eines<br />

Baustoffes aus. 'Weiche'<br />

Materialien haben grosse<br />

Bruchdehnung und verformen sich<br />

stark bevor sie die Bruchgrenze<br />

erreichen.<br />

Sehr spröde Stoffe anderseits<br />

können eventuell sehr grosse<br />

Fliessgrenzen aufweisen, dann<br />

aber fast ohne weitere Dehnung<br />

sofort zerreißen. ( Sprödbruch).<br />

c) Das Hook'sche Gesetz und der Elastizitätsmodul<br />

σ1<br />

σ2<br />

σ<br />

ε2<br />

ε1<br />

tg ϕ = σ/ε = E<br />

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ε<br />

σ<br />

S<br />

Bruch<br />

Die Spannungs- Dehnungslinie<br />

verläuft bis zur Proportionalitätsgrenze<br />

geradlinig, aus der Ähnlichkeit<br />

der entstehenden Dreiecke gilt die<br />

Beziehung :<br />

⇒ Die Dehnungen sind den<br />

Spannungen proportional.<br />

Dieser zuerst vom englische Physiker Hooke ( 1678 ) ausgesprochene Satz wird nach ihm<br />

das Hook’sche Gesetz genannt.<br />

Das Verhältnis tgϕ = σ/ε wird als Elastizitätsmodul E bezeichnet.<br />

E = σ / ε oder ε = σ / E ( Dehnung = Spannung / E-Modul )<br />

Der Elastizitätsmodul ist eine Werkstoffkenngrösse mit der Einheit einer Spannung.<br />

Das Hook’sche Gesetz gilt nur bis zur Proportionalitätsgrenze.<br />

Wegen seiner einfachen Form wird es zur Vereinfachung der Berechnungen fast allgemein<br />

benutzt. Es bildet die Grundlage der Elastizitätstheorie.<br />

Einige der wichtigsten, aus Versuchen ermittelten und bei statischen Berechnungen<br />

zu berücksichtigende Elastizitätsmodule sind :<br />

Baustahl E = 210’000 N/mm 2<br />

Grauguss E = 100’000 N/mm 2<br />

Nadelholz C24 und Brettschichtholz GL24h<br />

II - Faser E = 11’000 N/mm 2<br />

┴ - Faser E = 300 N/mm 2<br />

bewehrter Beton E = 21’000 - 33’000 N/mm 2<br />

Mauerwerk aus Backsteinen E = 3’000 - 20’000 N/mm 2<br />

Mauerwerk aus natürlichen Steinen E = 6’000 - 50’000 N/mm 2<br />

ε


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Zusammenfassung Formeln :<br />

Beispiele:<br />

b) Zug auf Rundstab<br />

Ein Rundstahl S235 mit Durchmesser 16 mm (RND 16 mm) von 8.00 m Länge wird durch<br />

eine Zuglast von 28 kN gezogen.<br />

Wie gross<br />

wird die<br />

Längenänderung ?<br />

Lösung selber erarbeiten<br />

F Kraft<br />

Spannung<br />

: σ = ( )<br />

A Fläche<br />

σ<br />

Elastizitätsmodul:<br />

E = ( Materialkonstante)<br />

ε<br />

σ Spannung Δl<br />

Dehnung : ε = ( ) =<br />

E E − Modul l<br />

F ⋅l<br />

Längenänderung:<br />

Δl<br />

= l ⋅ε<br />

=<br />

A⋅<br />

E<br />

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d) Längenänderungen durch Wärmeschwankungen<br />

Temperaturänderungen können bei grösseren Bauwerken beträchtliche<br />

Längenänderungen bewirken ( bei Abkühlung Verkürzung, bei Erwärmung Verlängerung).<br />

Durch bewegliche Auflager kann erreicht werden, dass nicht hohe Zusatzspannungen<br />

entstehen.<br />

Die bei 1 Grad Temperaturänderung eintretende Längenänderung pro Längeneinheit<br />

wird durch die Temperaturdehnzahl oder den Wärmeausdehnungskoeffizient αT<br />

angegeben.<br />

Längenänderung: Δ lT<br />

= ± α T ⋅ t ⋅ l<br />

Dehnung:<br />

Ausdehnungskoeffizenten :<br />

ε T =<br />

Δ lT<br />

l<br />

= α T ⋅ t<br />

Einheit für αT = 1 / .. Grad<br />

Baustahl : αT = 0.000’012 ( meist αT ≅ 10 -5 Armierungstahl + Beton<br />

)<br />

: αT = 0.000’010 = 10 -5<br />

Mauerwerk aus Backstein : αT = 0.000’006 = 0.6 ⋅10 -5<br />

Holz in Faserrichtung : αT = 0.000’003 bis 0.000’009<br />

Annahmen für Temperaturschwankungen<br />

Bauten in Stahl und Leichtmetall : + 30 ° C bis - 30 ° C<br />

Stahlbetonbauten : + 15 ° C bis - 25 ° C<br />

Holzbauten - reine Holzbauten : + / - 0 ° C<br />

Holzbauten - gemischte Bauweise : + 10 ° C bis - 5 ° C<br />

Bauten aus Beton und Mauerwerk : + 10 ° C bis - 20 ° C<br />

Ähnliche Längenänderungen wie eine Temperaturabnahme bewirkt das Schwinden von<br />

Beton und Mörtel.<br />

Beispiele:<br />

a) Längenänderung durch Temperaturschwankung<br />

Eine Betonbrücke von 30,0<br />

m Länge erhält eine<br />

Temperaturänderung<br />

von - 25 ° C bis + 15 ° C.<br />

Wie gross ist der<br />

Verschiebungsweg vom<br />

beweglichen Auflager ?<br />

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b) Längenänderungen eines Stahlstabes<br />

F = 17 kN<br />

Rundstab Durchmesser 12 mm, Baustahl S235<br />

L = 4.0 m<br />

Gesucht: (Antworten auf 1/10 mm genau angeben!)<br />

a) An den ursprünglich 4.0 m langen Stab wird eine Last von 17 kN angehängt<br />

(Temperatur + 10 Grad C). Wie lang ist der Stab nach dem Anhängen der Last?<br />

b) Im laufe des Tages erwärmt sich der belastete Stab von 10 Grad C auf + 30 Grad C.<br />

Wie lang ist der Stab jetzt?<br />

c) Druckkraft durch behinderte Wärmeausdehnung<br />

Ein Walzprofil HEB 300 ( A= 18’100 mm 2 ) von 6.0 m Länge erwärmt sich bei einem<br />

Brande um 50 ° C.<br />

Welche Kraft wirkt auf das Auflager, wenn der Träger beidseitig fest verankert ist ?<br />

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e) Querdehnungen<br />

Bei Zugbeanspruchungen<br />

beobachtet man nicht nur<br />

Verlängerungen in Richtung<br />

der Stabachse, es lassen<br />

sich rechtwinklig dazu auch<br />

Querzusammenziehungen,<br />

Querkürzungen feststellen.<br />

Ein gezogener Stab wird<br />

nicht nur länger, sondern<br />

gleichzeitig dünner.<br />

Umgekehrt tritt bei Druck<br />

neben der Verkürzung eine<br />

Querschnittsvermehrung,<br />

eine Querdehnung auf, ein<br />

gedrückter Körper wird<br />

kürzer und dicker.<br />

Querdehnzahlen<br />

Beton bei Zug : μ = 0.10 bis 0.125 Beton bei Druck: μ = 0.16 bis 0.20<br />

Stahl und Eisen: μ = 0.30 Blei : μ = 0.43<br />

Mit zunehmender Spödigkeit nimmt μ ab.<br />

→ elastische Stoffe : 0 < μ < 0.5 → plastische Stoffe : μ = 0.5<br />

Volumenänderung : Δ V = ± Δl / l ⋅ (1- 2⋅μ) ⋅ V<br />

( Bei Zug → Volumenvermehrung, bei Druck → Volumenverminderung)<br />

Für plastische Stoffe (μ = 0.5) wird Δ V = 0.<br />

f) Formänderungen durch Schubkraft<br />

Durch Schubkräfte entstehen nur<br />

Verschiebungen benachbarter Querschnitte<br />

gegeneinander.<br />

Das Ausmass dieser Schiebung oder Gleitung<br />

γ wird durch die Grösse der Winkeländerung<br />

im Bogenmass (Radiant) ausgedrückt.<br />

γ = Δz / Δ x<br />

Wie wir bei den Dehnungen eine lineare Abhängigkeit von den Normalspannungen<br />

feststellen konnten ( ε = σ / E ), lässt sich bei den Gleitungen Proportionalität zu den<br />

Spannungen beobachten.<br />

Die Proportionalitätskonstante wird Schubmodul G genannt.<br />

Der Schubmodul G ist eine Werkstoffkenngrösse, die den Zusammenhang zwischen<br />

Schubspannung τ und Winkeländerung γ angibt.<br />

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6) Biegespannungen<br />

Um die Biegespannungen bei Trägern und Balken zu berechnen, müssen wir folgende<br />

Voraussetzungen und Annahmen treffen :<br />

- Die Höhe des Trägers ist klein gegenüber der Länge.<br />

- Durchbiegungen und Winkeländerungen sind so klein, dass sie auf den<br />

Gleichgewichtszustand der äusseren Kräfte keinen Einfluss haben ( Theorie<br />

I.Ordnung).<br />

- Die Kräfte wirken senkrecht zur geraden Stabachse des Trägers und verursachen<br />

reine Biegung (Biegung mit Längskraft wird später behandelt).<br />

- Der Träger weist einen mindestens einfachen symmetrischen<br />

Querschnitt auf.<br />

- Die Wirkungslinien der angreifenden Kräfte liegen in der Ebene, die<br />

durch Trägerachse und Symmetrieachse bestimmt wird.<br />

- Nach Bernoulli macht man in guter Übereinstimmung mit der Wirklichkeit die<br />

Annahme, dass Querschnitte, die im unbelasteten Träger eben sind und senkrecht<br />

zur Trägerachse liegen, auch während der Biegung eben bleiben.<br />

Der Balken wird sich unter Belastung durchbiegen, d.h. er wird durch ein Moment<br />

beansprucht.<br />

Druckspannungen<br />

Am oberen Rand wird der Balken zusammengedrückt, am unteren Rand gezogen;<br />

dazwischen befindet sich eine Faser, die weder gezogen noch gedrückt wird, man nennt<br />

sie die neutrale Achse oder die Spannungsnulllinie.<br />

Nach der Hypothese von Bernoulli bleiben ebene Querschnitte auch nach der Verformung<br />

eben. Diese Formänderungsbedingung wurde durch Versuche nachgewiesen und<br />

stimmt besonders gut für schlanke Stäbe.<br />

Als Resultat der Ableitungen und Theorie zum Berechnen der Biegespannungen erhält<br />

man die folgenden einfachen Formeln:<br />

(Auf die Ableitungen und Theorie wird hier verzichtet)<br />

My = σ ⋅ Iy / z<br />

σ = My ⋅ z / Iy<br />

neutrale Achse<br />

Zugspannungen<br />

σ =<br />

Biegemomen t ⋅ Faserabst.<br />

vonNullinie<br />

Trägheitsmoment<br />

Diese Gleichung ergibt die Biegespannung mit dem richtigen Vorzeichen, wenn die<br />

lotrechte Koordinate z nach unten positiv, nach oben negativ eingeführt wird.<br />

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Als weitere Vereinfachung setzt man Iy / zo = Wyo und Iy / zu = Wyu, man nennt Wyo das<br />

obere und Wyu das untere Widerstandsmoment des Querschnittes.<br />

⇒ Widerstandsmoment (mm 3 Wyo = Iy / zo ; Wyu = Iy /<br />

)<br />

Bei symmetrischen Querschnitten bezüglich der y - Achse ist Wyo = Wyu = Wy.<br />

Mit den Widerstandsmomenten können wir nun auf einfache Weise die<br />

Biegerandspannungen berechnen:<br />

σo = My / Wyo<br />

Die Biegegleichung gilt nicht für Stahlbetonträger, da der Baustoff Beton dem Hook’schen<br />

Gesetz nicht folgt und die Zugspannungen nur den Stahleinlagen zugewiesen werden.<br />

Armierungsstahl<br />

Beispiele zu Biegespannungen<br />

σu= My / Wyu<br />

a) Verteilung der Biegespannungen über den ganzen Querschnitt.<br />

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M<br />

z<br />

D<br />

Z


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b) Minimal erforderlicher Träger<br />

a) Holzbalken (C24) mit Breite b = 16 cm<br />

b) Walzprofil IPE - Reihe (S235)<br />

Diese Lösung soll erarbeitet werden<br />

c) Erlaubte Last auf Holzbalken<br />

qd = 15 kN / m’<br />

2.50 m<br />

Ein Holzbalken (Nadelholz, C24) mit 12 / 24 cm Querschnitt wird auf zwei Stützen<br />

im Abstand l = 3.50 m aufgelegt.<br />

Mit welcher gleichmässig verteilten Last darf er belastet werden,<br />

wenn er a) hochkant und b) liegend versetzt wird ?<br />

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7) Doppelbiegung<br />

In vielen Fällen haben Träger ausser einer lotrechten Belastung auch waagrechte Lasten<br />

aufzunehmen ( Erdbeben, Kranlasten, Windkräfte ).<br />

Im Allgemeinen werden sie nach zwei senkrecht zueinander stehenden Hauptachsen<br />

doppelt auf Biegen, d.h. auf Doppelbiegung beansprucht.<br />

Bei der Berechnung der zugehörigen<br />

Spannungen dürfen wir auf die<br />

einfache Biegung zurückgreifen.<br />

Es gilt nämlich das Superpositionsgesetz.<br />

Die Belastung qz verursacht ein Moment um<br />

die y -Achse, das wir wie gewohnt mit My<br />

bezeichnen, die Belastung qy erzeugt ein<br />

Moment Mz um die z -Achse.<br />

-<br />

d<br />

a<br />

c b<br />

+<br />

-<br />

+<br />

Unter Beachtung der Vorzeichen tritt grösste Zugspannung im obigen Beispiel in der linken<br />

unteren Ecke c, die grösste Druckspannung in der rechten oberen Ecke a auf.<br />

Bei dem hier betrachteten doppelsymmetrischen Querschnitt sind beide Spannungen dem<br />

Betrage nach gleich gross, und es gilt die Formel :<br />

σc = - σa = My / ⏐Wy⏐+ Mz / ⏐Wz⏐<br />

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y<br />

qz<br />

z<br />

qy<br />

σcb = - σda = My / ⏐Wy⏐<br />

σcd = - σab = Mz / ⏐Wz⏐<br />

Für einen beliebigen Punkt P (y,z) des Querschnittes erhalten wir die Spannung mit Hilfe<br />

der Trägheitsmomente :<br />

σp = My ⋅ z / ⏐Iy⏐+ Mz ⋅ y / ⏐Iz⏐<br />

( Momente und Koordinaten<br />

mit Vorzeichen einsetzen)


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8) Biegung mit Längskraft<br />

Oft kommt es vor, dass eine Normalkraft nicht in der Stabachse angreift, oder das ein<br />

Balken durch Biegemomente und Normalkraft beansprucht wird. Beide Zustände können<br />

gemeinsam betrachtet werden.<br />

Greift eine Kraft aussermittig (exzentrisch) an, dann darf nicht mehr vorausgesetzt werden,<br />

dass die Spannungen sich gleichmässig über die Querschnittsfläche verteilen.<br />

Betrachten wir zum Beispiel einen Stab, der durch eine exzentrisch angreifende Zugkraft N<br />

belastet wird. Dieser Belastungszustand lässt sich zerlegen in den mittig belasteten und<br />

den nur mit einem Moment belasteten Stab. Für die Gesamtbelastung gelten dann auch<br />

die Summen der Spannungszustände.<br />

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9) Schubspannungen<br />

Wenn zwei lose aufeinander liegende Balken belastet werden, biegt sich jeder von ihnen<br />

für sich allein durch. Ihre Berührungsflächen verschieben sich dabei gegeneinander, weil<br />

die Fasern mit entgegengesetzter Beanspruchung aufeinander treffen.<br />

Die untersten Fasern des oberen Balkens erhalten die grössten Zugspannungen des<br />

jeweiligen Querschnittes und verlängern sich daher am meisten; sie liegen auf den<br />

obersten Fasern des unteren Balkens, die die grössten Druckspannungen erhalten und<br />

sich deshalb am stärksten verkürzen.<br />

Die gegenseitige Verschiebungen der Balken sind an den Auflagern am grössten und<br />

nehmen bis zur Stelle des Maximalmomentes allmählich auf Null ab.<br />

Um die Tragfähigkeit dieser zwei einzelnen Balken zu erhöhen, können sie miteinander zu<br />

einem einzigen Balken verbunden werden.<br />

Die Verbindung aus Nägeln, Dübeln, Bolzen oder Leim muss dann eine in Richtung der<br />

Stabachse wirkende Längsschubkraft T aufnehmen.<br />

Diese Längsschubkräfte sind aber auch bei einheitlichen Balken vorhanden. In den<br />

Längsfasern entstehen jetzt die Längsschubspannungen τn, die die Schubfestigkeit des<br />

betreffenden Baustoffes nicht überschreiten dürfen, damit keine Trennung der Fasern<br />

eintritt.<br />

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Gleichheit der Schubspannungen auf horizontalen und vertikalen Schnitten<br />

Wenn man einen sehr kleinen Würfel aus einem Balken auf der Höhe der Nulllinie<br />

herausschneidet, so ergibt sich zunächst aus den beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

Summe H = 0 und Summe V = 0, dass die Schubspannungen in den gegenüberliegenden<br />

Flächen entgegengesetzt gleich gross sein müssen.<br />

Aus der Bedingung Summe M = 0 folgt weiter, dass die Momente der Kräftepaare<br />

entgegengesetzt gleich sind und also τh = τv ist.<br />

A<br />

τvl<br />

τho<br />

τhu<br />

τvr<br />

ΣH = 0 = τho⋅Δx⋅Δy+τhu⋅Δx⋅Δy = 0<br />

→ τho = τhu<br />

ΣH = 0 : → τvl= τvr<br />

ΣMA = 0 :<br />

=Δy⋅ τhu⋅Δx⋅Δy- Δx⋅ τvr⋅Δz⋅Δy = 0<br />

→ τhu = τ vr<br />

→ τ h = τ v<br />

In jedem Punkt eines Balkens ist also die waagrechte Längsschubspannung τh gleich der<br />

lotrechten Querschubspannung τv.<br />

Die Querschubspannungen sind wie die Längsschubspannungen nicht<br />

gleichmässig über die Querschnittsfläche verteilt; sie erreichen bei konstanter<br />

Querschnittsbreite in der Nulllinie ihren Grösstwert und nehmen bis zu den<br />

äussersten Fasern auf Null ab.<br />

Bezogen auf die Würfelkante haben τh und τv immer dieselbe Richtung; entweder weisen<br />

sie zur betreffenden Kante hin oder sind von ihr weggerichtet.<br />

Als Resultat der Ableitungen und Theorie zum Berechnen der Schubspannungen<br />

erhält man die folgenden einfachen Formeln:<br />

(Auf die Ableitungen und Theorie wird hier verzichtet)<br />

τ<br />

=<br />

V = Querkraft<br />

S = statisches Moment<br />

B = Breite b<br />

I = Trägheitsmoment<br />

V ⋅S<br />

b⋅I<br />

τmax<br />

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h<br />

b


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Beispiele zu Schubspannungen :<br />

Verteilung der Schubspannungen im Rechteckquerschnitt<br />

allgemein : Gegeben : V , Gesucht τ<br />

h<br />

Also:<br />

b<br />

A<br />

B<br />

τmax<br />

im Punkt B : τ =<br />

V ⋅ S<br />

b ⋅ I<br />

im Punkt A : S = 0 → τ = 0<br />

Speziell beim Rechteckquerschnitt:<br />

S<br />

2<br />

3<br />

h h b ⋅ h b ⋅ h<br />

= ⋅b<br />

⋅ = I =<br />

2 4 8 12<br />

2<br />

V ⋅b<br />

⋅ h ⋅12<br />

3⋅V<br />

V<br />

τ = = = 1.<br />

5⋅<br />

= τ<br />

3<br />

b ⋅8<br />

⋅b<br />

⋅h<br />

2⋅<br />

b ⋅ h A<br />

V<br />

τ = 1. 5⋅<br />

= τ<br />

A<br />

Max. Schubspannung beim Rechteckquerschnitt max<br />

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max


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Beispiel: Doppel –T- Querschnitt V = 19.2 kN<br />

Dieses Beipiel dient nur zur Information und gehört nicht zum Pflichtstoff<br />

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Zusammenfassung Werte und Formeln aus Kapitel 8:<br />

Beispiele für Lastbeiwerte: (aus Norm Einwirkungen)<br />

Lastbeiwert für Nutzlast γQ = 1.5<br />

Lastbeiwert für ständige Last und Eigengewicht γG = 1.35<br />

Bemessungswerte des Tragwiderstandes Rd<br />

(Genaue Angaben : siehe entsprechende Normenwerke )<br />

SIA 265) Holzbau<br />

Nadelholz, C24<br />

Biegung fm,d = 14 N/mm 2<br />

Zug parallel zur Faser ft,0,d = 8 N/mm 2<br />

Druck parallel zur Faser fc,0,d = 12 N/mm 2<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 1.8 N/mm 2<br />

Schub fv,d = 1.5 N/mm 2<br />

Buche, Eiche, D30<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 5.3 N/mm 2<br />

Brettschichtholz aus Nadelholz, GL24h<br />

Biegung fm,d = 16 N/mm 2<br />

Zug parallel zur Faser ft,0,d = 12 N/mm 2<br />

Druck parallel zur Faser fc,0,d = 14.5 N/mm 2<br />

Druck senkrecht zur Faser fc,90,d = 1.9 N/mm 2<br />

Schub fv,d = 1.8 N/mm 2<br />

SIA 263) Stahlbau<br />

Stahl S235 Biegung und Zug fd = 224 N/mm 2<br />

Schub τ,d = 129 N/mm 2<br />

Stahl S355 Biegung und Zug fd = 338 N/mm 2<br />

Schub τ,d = 195 N/mm 2<br />

SIA 262) Betonbau<br />

Normalbeton C20/25 Druckfestigkeit fc,d = 13.5 N/mm 2<br />

Normalbeton C25/30 Druckfestigkeit fc,d = 16.5 N/mm 2<br />

Betonstahl B500 Zugfestigkeit fs,d = 435 N/mm 2<br />

Spannstahl z.B.Y1670 Zugfestigkeit fp,d = 1250 N/mm 2<br />

Elastizitätsmodule:<br />

Baustahl E = 210’000 N/mm 2<br />

Grauguss E = 100’000 N/mm 2<br />

Nadelholz C24 und Brettschichtholz GL24h<br />

II - Faser E = 11’000 N/mm 2<br />

┴ - Faser E = 300 N/mm 2<br />

bewehrter Beton E = 21’000 - 33’000 N/mm 2<br />

Mauerwerk aus Backsteinen E = 3’000 - 20’000 N/mm 2<br />

Mauerwerk aus natürlichen Steinen E = 6’000 - 50’000 N/mm 2<br />

Spannung<br />

F Kraft<br />

: σ = ( )<br />

A Fläche<br />

σ<br />

Elastizitätsmodul:<br />

E = ( Materialkonstante)<br />

ε<br />

Dehnung<br />

σ Spannung Δl<br />

: ε = ( ) =<br />

E E − Modul l<br />

F ⋅l<br />

Längenänderung:<br />

Δl<br />

= l ⋅ε<br />

=<br />

A⋅<br />

E<br />

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12.12.11


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