Gestern, wie heute - Wilhelmshavener Zeitung
Gestern, wie heute - Wilhelmshavener Zeitung Gestern, wie heute - Wilhelmshavener Zeitung
Gester n und präsentiert von: Folge 1 Heute Historischer Streifzug in Bildern mit der Wilhelmshaven in alten und neuen Bildern
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Gester n<br />
und<br />
präsentiert von:<br />
Folge 1<br />
Heute<br />
Historischer Streifzug in Bildern mit der<br />
Wilhelmshaven in alten<br />
und neuen Bildern
Georg Schmidt GmbH · Ebkeriege 34 · 26389 Wilhelmshaven · info@opelschmidt.eu · 75 55-55 Service · 75 55-63 Autovermietung<br />
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Seit über<br />
<strong>Gestern</strong><br />
Morgen Morgen<br />
50 Jahren<br />
1957<br />
2011<br />
Heute<br />
Nochmalige Erweiterung: Fertigstellung 2012<br />
Opel Schmidt: Seit vielen vielen Jahren die<br />
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wenn es um‘s Auto geht. Traditionell, innovativ!<br />
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für Sie unter 0 44 21 / 7 55 50 zu erreichen.
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Schubkarren-Rennen in den 20er-Jahren am Rüstersieler Hafen. Diesen Spaß hat man sich auch in jüngerer Vergangenheit<br />
<strong>wie</strong>der gemacht. Was war los damals in Wilhelmshaven. Kramen Sie in Ihren alten Erinnerungen und schreiben Sie an die WZ-<br />
Redaktion. Mehr dazu auf Seite 5<br />
Inhalt<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Schubkarren <strong>wie</strong> zu Vorväters Zeiten. Nur die Bilder davon<br />
sind <strong>heute</strong> bunter. Ein Rüstersieler Renn-Paar aus dem Jahr<br />
2010.. FOTO: WZ-BILDDIENST/GABRIEL-JÜRGENS<br />
Gester n<br />
undHeute<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 3<br />
Dem Eisernen Kanzler zu Ehren 4<br />
Erinnern Sie Sich 5<br />
Gewinnspiel mit der WZ 5<br />
Ruf von Neu-Heppens besserte sich 6<br />
Ein Leben in Schiet-Heppens 7<br />
Kaufhaus in Heppens 10<br />
Viel Theater im Seemannshaus 12<br />
Abschied vom Provisorium 14<br />
Vergnügen an der Grenze 16<br />
Justitia und Christuskirche 18<br />
Der Weg der tausend Arbeiter 20<br />
Villen bewahrten Jugendstil 22<br />
Schnell von Nord nach Süd 23<br />
Arbeiter-Vorstand im Groden 25<br />
Über Knüppeldämme 26<br />
Fabrikant und Wohngenossen 28<br />
Altengroden: Sch<strong>wie</strong>riger Beginn 30<br />
Einst vor den Toren der Stadt 33<br />
Landgemeinde wuchs zum Stadtteil 34
Seite 4 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Dem eisernen Kanzler zu Ehren<br />
HEPPENS/SI – Der Bismarckplatz<br />
hat vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
repräsentativen Charakter<br />
entfaltet. Heute ist er eine groß<br />
geratene Bushaltestelle. Die<br />
Kaufmannschaft wünscht sich<br />
eine städtebauliche Aufwertung.<br />
In der Entstehungszeit Wilhelmshavens<br />
war der<br />
Platz eine große Viehweide.<br />
Der preußische Fiskus<br />
kaufte sie dem Landwirt<br />
Popken ab und verpachtete<br />
sie an den Fuhr- und<br />
Kaufmann Peter Heikes in<br />
Neu-Heppens (so nannte<br />
man die Ansiedlung östlich<br />
dieser Weide beidseits<br />
der Sander Chaussee,<br />
der heutigen Bismarckstraße).<br />
So blieb<br />
sie noch lange als Heikesche<br />
Kuhweide im Gedächtnis.<br />
Im Zuge des Ausbaus<br />
der kaiserlichen Werft<br />
wurde die Weide aufgehöht.<br />
Nach und nach er-<br />
richtete man hier Geschäfts-<br />
und Wohnhäuser.<br />
Als Erstes entstand an<br />
der Stelle, an der <strong>heute</strong><br />
das Geschäftshaus der<br />
Firma Stettin steht, ein Haus, in<br />
dem sich in den hoch liegenden<br />
Kellerräumen eine Gendarmeriestation<br />
mit Zellen für Häftlinge<br />
befand, in den Räumen darüber<br />
eine Schule und Wohnungen<br />
für einen Lehrer und Schulhausmeister.<br />
Die Schule wurde<br />
nach dem Bau des Schulgebäu-<br />
Der Bismarckplatz aus gleicher Perspektive<br />
<strong>heute</strong>. Viele Heppenser wünschen,<br />
dass er <strong>wie</strong>der einen repräsentativeren<br />
Charakter erhält. Auch<br />
undHeute<br />
Der Bismarckplatz mit dem 1905 errichteten Bismarckdenkmal, das im Zweiten Weltkrieg ebenso <strong>wie</strong> die Häuser ringsherum<br />
zerstört wurde. Die Blickrichtung des Betrachters ist Nordwest. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
des auf dem Katharinenfeld<br />
aufgehoben (auch diese Schule<br />
ist seit der jüngsten „Flurbereinigung“<br />
bei den Grundschulen<br />
Geschichte; sie dient <strong>heute</strong> privaten<br />
Zwecken).<br />
1893 erwarb die Stadt Wilhelmshaven<br />
das Eigentum an<br />
dem Platz. Sie stellte hier drei<br />
gibt es einen Verein zur Wiedererrichtung<br />
eines Bismarck-Denkmals,<br />
für das Drehorgelspieler August<br />
Desenz sammelt. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
Jahre später einen großen Gaskandelaber<br />
auf, der den ganzen<br />
Platz nächtens erhellte. Als am<br />
1. April 1905 in der Mitte des<br />
Platzes das Bismarckdenkmal<br />
eingeweiht wurde, erhielt der<br />
Platz den Namen Bismarckplatz.<br />
Die Bismarckstraße, die<br />
ehemalige Sander Chaussee,<br />
trägt bereits seit<br />
1871, dem Jahr der<br />
Reichseinigung und des<br />
Siegs über Frankreich, den<br />
Namen des damals in<br />
höchsten Ehren gestandenen<br />
Reichskanzlers.<br />
Denkmal und Bebauung<br />
rings um den Platz<br />
wurden im Kriege vollständig<br />
zerstört. Wie schon in<br />
den Vorkriegsjahren wurde<br />
1954 ein Wochenmarkt<br />
auf dem Bismarckplatz<br />
eingerichtet. Auf dem<br />
westlichen Teil des Platzes<br />
entstand ein Busbahnhof<br />
mit Umsteigemöglichkeit<br />
zwischen mehreren Linien.<br />
Von 1913 bis in die 30er-<br />
Jahre rumpelte die Linie 3<br />
der Straßenbahn zwischen<br />
Göker- und Jachmannstraße.
Präsentiert<br />
vonund<br />
Erinnern Sie sich?<br />
WILHELMSHAVEN/SI – „Weißt du<br />
noch?“ – Wie oft wird diese Frage<br />
gestellt, wenn sich zwei alte<br />
Bekannte treffen. Auch die Tageszeitung<br />
ist so eine alte Bekannte,<br />
in der einem täglich<br />
Neues begegnet,<br />
die<br />
aber oft auch<br />
Erinnerun-<br />
gen an Vergangenes<br />
wachruft –<br />
bei Geburtstagen,Jubiläen,<br />
in der<br />
Heimat-Beilage<br />
oder in<br />
der täglichen<br />
Chronik.<br />
„Weißt du<br />
noch?“ – diese<br />
Frage<br />
stellte sich<br />
die Redaktion<br />
der „<strong>Wilhelmshavener</strong><br />
<strong>Zeitung</strong>“<br />
auch für diese<br />
Beilage,<br />
die von der<br />
Sparkasse Wilhelmshaven und<br />
der Öffentlichen Landesbrandkasse<br />
Versicherungen Oldenburg<br />
mit präsentiert wird.<br />
„<strong>Gestern</strong> und <strong>heute</strong> – Wilhelmshaven<br />
in alten und neuen<br />
Bildern“ soll am Ende September<br />
und Ende Oktober weitere<br />
Male erscheinen.<br />
Wilhelmshaven ist zwar eine<br />
vergleichsweise junge Stadt,<br />
doch sie hat sich mit den Jahrzehnten<br />
erheblich gewandelt.<br />
Manches aus alter Zeit steht<br />
noch, anderes ist gerade noch<br />
<strong>wie</strong>derzuerkennen, vieles verschwunden<br />
und durch Neues<br />
ersetzt. Vielleicht, liebe Leserinnen<br />
und Leser, erinnern Sie<br />
Gester n<br />
Heute<br />
Wilhelmshaven in alten und neuen Bildern<br />
und<br />
präsentiert von:<br />
sich ja und haben Freude an<br />
den alten Aufnahmen des WZ-<br />
Bilddienstes.<br />
Erzählungen davon, <strong>wie</strong> es<br />
einmal war, sind ein wertvoller<br />
Schatz für die Nachgeborenen,<br />
sie sind zeitgeschichtliche<br />
Zeugnisse, die festgehalten<br />
werden sollten. Wie war es in<br />
ihrer Jugend in Wilhelmshaven<br />
– ob in den 30er-, den 40er-, 50er-<br />
oder 60er-Jahren? Was ist<br />
<strong>heute</strong> anders?<br />
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sprach mit Entzücken,<br />
nur Bakker-Tee<br />
kann mich erquicken.<br />
Seit Kaisers Zeiten<br />
Gester n<br />
undHeute<br />
Vielleicht regen Sie ja die Bilder<br />
und Artikel in dieser Beilage<br />
an, in Ihren Erinnerungen zu<br />
kramen, vielleicht wissen Sie<br />
Interessantes über das Leben<br />
in der Stadt zu erzählen, und<br />
vielleicht haben Sie auch noch<br />
Fotos dazu.<br />
Die „<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong>“<br />
lädt Sie herzlich ein, ein<br />
paar Zeilen zu Papier zu bringen<br />
oder Ihren Computer damit zu<br />
„füttern“. Bitte leiten Sie uns<br />
ihre Notizen per Post oder per E-<br />
Mail zu. Per Post bitte schicken<br />
an die<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Redaktion<br />
Parkstraße 8<br />
26382 Wilhelmshaven<br />
oder per E-Mail an<br />
sonderthemen@WZonline.de<br />
(bitte im Betreff „<strong>Gestern</strong> und<br />
<strong>heute</strong>“).<br />
Wer mit dem Computer umgehen<br />
kann, sollte seine Fotos<br />
am besten einscannen und als<br />
Foto-Datei (am besten jpg) der<br />
E-Mail anhängen (bitte nicht nur<br />
ins Word-Dokument einfügen,<br />
sondern in diesem Fall zusätzlich<br />
die Foto-Datei schicken).<br />
Der Text sollte die Länge von<br />
einer DIN A4-Seite nicht überschreiten.<br />
Eine Auswahl der Zuschriften<br />
veröffentlicht die „<strong>Wilhelmshavener</strong><br />
<strong>Zeitung</strong>“ in den folgenden<br />
Ausgaben von „<strong>Gestern</strong> und<br />
<strong>heute</strong>“.<br />
Exklusivvertretung für Wilhelmshaven<br />
und Friesland<br />
Tel. (0 44 21) 488-0<br />
Fax (0 44 21) 488-2 58<br />
www.WZonline.de www.juwelier-stettin.de<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 5<br />
Gewinnspiel<br />
mit der WZ<br />
WILHELMSHAVEN/SI – Als Leser<br />
der „<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong>“<br />
können Sie an einem Gewinnspiel<br />
teilnehmen. Am kommenden<br />
Dienstag, 30. August,<br />
wird ein Gewinncoupon für die<br />
erste Spielrunde mit zehn leeren<br />
Kästchen veröffentlicht. In<br />
diese Kästchen können Sie Bilder<br />
aus der Beilage „<strong>Gestern</strong><br />
und <strong>heute</strong>“ einkleben, die<br />
dienstags, donnerstags und<br />
sonnabends in der WZ „versteckt“<br />
noch einmal veröffentlicht<br />
werden. Aus den eingesandten,<br />
mit den Bildern beklebten<br />
Coupons lost die WZ<br />
(unter Ausschluss des Rechtsweges)<br />
folgende Gewinne aus:<br />
1. Preis 500 Euro<br />
2. Preis 250 Euro<br />
3. Preis 100 Euro<br />
so<strong>wie</strong> 7 mal 50 Euro<br />
Einsendeschluss für die<br />
erste Spielrunde ist der 21.<br />
September, danach erfolgt die<br />
Auslosung. In gleicher Weise<br />
werden zwei weitere Spielrunden<br />
mit Bildern aus der zweiten<br />
und dritten Beilage veranstaltet,<br />
für die die gleichen Gewinne<br />
<strong>wie</strong> in der ersten Runde<br />
winken. Bitte senden Sie Ihren<br />
ausgefüllten Coupon an die<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
Parkstraße 8<br />
26382 Wilhelmshaven<br />
oder geben Sie ihn direkt in der<br />
Schalterhalle ab.
Seite 6 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Blick in die Bismarckstraße, links die Einbiegung in die Müllerstraße. Die Straßenbahnlinie 3 pendelte auf der Bismarckstraße<br />
zwischen Gökerstraße und und den großen Kasernen an der Jachmannstraße. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Der Ruf von Neu-Heppens besserte sich<br />
HEPPENS/SI – Verweilen wir noch<br />
ein wenig in Neu-Heppens der<br />
Gründerjahre, also beidseits der<br />
Bismarckstraße östlich des Bismarckplatzes.<br />
Im Staatsvertrag<br />
zwischen Oldenburg und Preußen,<br />
der die Landabtretung für<br />
den Hafenbau regelte, war festgelegt<br />
worden, dass nur solche<br />
Zivilpersonen sich im preußischen<br />
Jadegebiet ansiedeln<br />
durften, die direkt mit dem Hafenbau<br />
oder mit der Versorgung<br />
der Schiffe zu tun hatten.<br />
Alle anderen suchten sich vor<br />
der Grenze des preußischen Marineetablissements<br />
ein Plätzchen,<br />
wozu vor allem auch<br />
Schankwirte zählten. Man baute<br />
so, <strong>wie</strong> man das Gelände vorfand<br />
und ohne regelnde Vorgaben<br />
irgendeiner Baubehörde.<br />
Denn die gab es hier nicht. Im<br />
Gegensatz dazu ging es auf der<br />
anderen Seite der Hafenbaustelle,<br />
der heutigen Südstadt, von<br />
vornherein streng geplant zu.<br />
So entstand in Neu-Heppens<br />
von der Sander Chaussee abzweigend<br />
die Neue Straße und<br />
die <strong>heute</strong> nicht mehr existente<br />
Alte Straße mit vielen Gastwirtschaften<br />
für die immer durstigen<br />
Hafenarbeiter so<strong>wie</strong> die<br />
Krumme Ellenbogenstraße, die<br />
heutige Krumme Straße.<br />
Mit dem 2. Jade-Vertrag von<br />
1864 wurde die Grenze Wilhelmshavens<br />
mit Wirkung des<br />
Jahres 1873 nördlich und westlich<br />
verschoben und die einengendenAnsiedlungsbestimmungen<br />
aufgehoben. Nun<br />
dehnte sich Neu-Heppens weiter<br />
aus, und nachdem das raue<br />
Volk der Hafenbauarbeiter, als<br />
Hafen- und Werftbassin ausgeschachtet<br />
waren, sich <strong>wie</strong>der in<br />
andere Lande zerstreut hatte,<br />
zog mehr gesittete Bürgerlich-<br />
undHeute<br />
keit ein und der Ruf von Neu-<br />
Heppens besserte sich.<br />
Ein Stückchen östlich, auf<br />
dem Kathrinenfeld, hatte der<br />
Domäneninspektor Meinardus<br />
als oberste Zivilgewalt im preußischen<br />
Jadegebiet seinen Sitz.<br />
Er war gleichzeitig Kirchspielvogt,<br />
Polizeichef, Steuereinnehmer,<br />
Gemeindevorsteher, Armenvater,Wehrbezirksvorsteher<br />
und anderes mehr.<br />
Die Bismarckstraße gewordene<br />
Sander Chaussee führte<br />
schließlich über die Jachmann-<br />
straße hinaus. Wo sich <strong>heute</strong><br />
das Nordhafengelände befindet,<br />
standen ab 1873 und<br />
1877 die Werftkaserne, die Hafenkaserne<br />
und die Große Kaserne<br />
(Tausendmannkaserne).<br />
Auf halbem Ende dorthin war<br />
1901 die katholische Garnisonkirche,<br />
die Petruskirche, erbaut<br />
worden. Sie stand lange einsam<br />
im Gelände und wurde von<br />
Bomben zerstört. Ihr gegenüber<br />
war in den 30er-Jahren die erste<br />
Häuserreihe des Inselviertels<br />
entstanden.<br />
Der Blick <strong>heute</strong> in die Bismarckstraße.Hafenerweiterung<br />
und Krieg haben vom<br />
ursprünglichen Neu-Heppens<br />
k einen Stein auf dem anderen<br />
gelassen. WZ-FOTO: KNOTHE
Präsentiert<br />
vonund<br />
Ein Leben in Schiet-Heppens<br />
VON HARTMUT SIEFKEN<br />
WILHELMSHAVEN – Was für ein<br />
bewegtes Leben, und doch war<br />
es für diese Generation vollkommen<br />
normal: Grete Pinckert,<br />
am 11. Juni 1917 in der<br />
Friederikenstraße 21 geboren,<br />
verkörpert ein Stück Wilhelmshaven-Geschichte<br />
– ein ganz privates,<br />
unscheinbares Leben –<br />
und doch geprägt von den<br />
Wechselfällen der Geschichte<br />
und einem enormen Wandel der<br />
Zeiten in dieser Hafen- und Marinestadt.<br />
Gern erinnert sich die rüstige<br />
Seniorin an ihre Kindheit. „Im<br />
Haus Friederikenstraße Nr. 36<br />
im Dachgeschoss bin ich groß<br />
geworden“, erzählt sie. Es war<br />
das Eckhaus an der Zedeliusstraße,<br />
das dem Schlachter<br />
Schwarz gehörte. Grete besuchte<br />
die Lilienburgschule an der<br />
Friederikenstraße „Da ist <strong>heute</strong><br />
der Spielplatz“. In der Klasse 8<br />
wechselte sie zur Heppenser<br />
Schule bei der heutigen Löwenburg.<br />
Fortsetzung auf Seite 8<br />
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Gester n<br />
undHeute<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 7<br />
Grete Pinckert, Jahrgang 1917, blättert in alten Alben. Sie hält ein Foto des ehemaligen Heppenser<br />
Rathauses, das gegenüber vom heutigen Fischgeschäft Kalter an der Zedeliusstraße<br />
stand. Dort ist <strong>heute</strong> ein Parkplatz. FOTO: SIEFKEN<br />
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Seite 8 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
In der<br />
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gearbeitet<br />
Fortsetzung von Seite 7<br />
„Das ging von zu Hause aus<br />
quer über ein Ackergelände“ –<br />
von dem heutigen Stadtviertel<br />
war noch nicht viel zu sehen.<br />
Heppens war ein Arme-Leute-Viertel,<br />
sagt Grete Pinckert.<br />
„Man nannte es Schiet-Heppens“.<br />
Auch ihre Familie war<br />
nicht mit Reichtum gesegnet.<br />
Ihr Vater, der Schuhmacher<br />
Neumann, war aus Pommern<br />
zugewandert und blieb der Liebe<br />
zu einer Ostfriesin wegen<br />
nach seiner Soldatenzeit hier<br />
hängen. Er hatte sie in der „Herberge<br />
zur Heimat“ kennen gelernt.<br />
Dieses Seemannsheim wurde<br />
von der Familie Probst geführt,<br />
mit der die Neumanns<br />
freundschaftlichen Kontakt<br />
pflegten. Die Kinder spielten<br />
auf der Straße. „Autoverkehr<br />
kannten wir nicht.’“<br />
Alle vier Wochen<br />
großer Waschtag<br />
Ab und zu kam ein Pferdefuhrwerk<br />
vorbei. Der Milchmann<br />
und der Kohlenhändler belieferten<br />
ihre Kunden. „Der Milchhändler<br />
ging von Haus zu Haus.<br />
Vor den Wohnungstüren lag der<br />
Zettel mit den Bestellungen und<br />
dem Geld. Alle Türen standen<br />
offen. Mutter Backer schob<br />
ihren Handkarren voller Granat<br />
durch die Straße, und wir Kinder<br />
kamen dann schnell mit großen<br />
Schüsseln herunter.“<br />
Aufgeregt sahen die Kinder<br />
zu, wenn die Heppenser Feuerwehr<br />
zum Einsatz eilte. Das<br />
Spritzenhaus stand gleich hinter<br />
dem Rathaus an der Zedeliusstraße<br />
zwischen Müller- und<br />
Friederikenstraße. Von der Müllerstraße<br />
aus fuhren die Feuerwehrwagen<br />
in die Wagenhalle<br />
hinein, bei der Friederikenstraße<br />
kamen sie <strong>wie</strong>der heraus.<br />
Gern gespielt wurde Schlagball<br />
oder „Pott auf“, ein Knickerspiel.<br />
Sport trieben die Kinder<br />
damals im Turnverein Brüderschaft.<br />
„Wir turnten auf dem<br />
Sportplatz oder in der Turnhalle<br />
Kirchreihe. Einmal gab es einen<br />
großen Staffellauf gegen die<br />
Vereine Einigkeit und Vorwärts.“<br />
undHeute<br />
Alle vier Wochen war Waschtag.<br />
Im Keller wurde Feuer unter<br />
dem großen Kessel entfacht,<br />
und die hausfrauen stampften<br />
die Wäsche in der kochenddampfenden<br />
Kernseifenlauge.<br />
Später, ab den 30er-Jahren,<br />
gab es Waschtrommeln, die von<br />
Hand bewegt wurden.<br />
„Wichtig für ein gutes<br />
Waschergebnis waren das Einweichen<br />
mit Soda und das Kochen“,<br />
erinnert sich Grete Pinckert.<br />
Einmal in der Woche war Badetag.<br />
Grete und ihre beiden<br />
Geschwister – das war ein Aufwasch.<br />
Außerdem sparte der<br />
Vater allsonnabendlich nicht<br />
mit Schuhputzzeug.<br />
Nach der Volksschule ging<br />
Grete für ein halbes Jahr bei<br />
Blick in die<br />
Zedeliusstraße<br />
Richtung<br />
Westen vom<br />
Standpunkt<br />
Müllerstraße.<br />
Rechts das<br />
ehemalige<br />
Heppenser<br />
Rathaus.<br />
Grete Pinckert<br />
wohnte<br />
gegenüber<br />
im Eckhaus<br />
Friederikenstraße.<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
einem Großbauern in der Nähe<br />
von Hohenkirchen „in Stellung“,<br />
<strong>wie</strong> man damals sagte.<br />
Dann fing sie eine Lehre beim<br />
Glas- und Porzellangeschäft<br />
Müller am Bismarckplatz/Ecke<br />
Knorrstraße an. Dorthin war es<br />
aus der Roonstraße (Rheinstraße)<br />
übergesiedelt.<br />
Müller belieferte auch die<br />
Marine mit Porzellan. „Das Geschirr<br />
für die Mannschaft war<br />
reinweiß, dass für die Unteroffiziere<br />
hatte einen braunen Rand,<br />
das für die Offiziere einen grünen<br />
und das für die Admiralität<br />
einen schwarz-goldenen“, erinnert<br />
sie sich.<br />
Im Frühjahr und Herbst fuhr<br />
sie mit dem Chef zur Fachmesse<br />
nach Leipzig.<br />
Fortsetzung auf Seite 9<br />
Wo früher das Rathaus der Stadt Heppens an der Zedeliusstraße, Ecke Müller- und Friederikenstraße<br />
stand, befindet sich <strong>heute</strong> ein Parkplatz (rechts im Bild). WZ-FOTO: KNOTHE
Präsentiert<br />
vonund<br />
Bombe zerstörte 1943 das Elternhaus<br />
Fortsetzung von Seite 8<br />
Grete lernte ihren ersten<br />
Ehemann Franz Nix kennen,<br />
einen Uboot-Fahrer. Bei einem<br />
Bombenalarm 1941 kam ihr<br />
Sohn zur Welt. Zwei Jahre später<br />
fiel ihr Mann vor Lorient. Im<br />
gleichen Jahr wurde ihr Zuhause<br />
an der Friederikenstraße<br />
durch einen Bombentreffer zerstört.<br />
Die Familie wurde nach<br />
Quakenbrück ausgelagert. „Von<br />
dort zog ich mit meiner Mutter<br />
und meinem Kind zu meinem<br />
Onkel ins Bahnwärterhäuschen<br />
Bippen. Mein<br />
Vater war damals<br />
in einer<br />
Lungenheilanstalt,<br />
später<br />
kam er zurück<br />
zur Werft.“<br />
Nicht weit<br />
vom Dorf Bippen<br />
gab es den<br />
Fliegerhorst<br />
Vechtel, auf<br />
dem Bruno Pin-<br />
ckert als Mechanikerarbeitete.<br />
Die beiden<br />
jungen Leute<br />
verliebten<br />
sich, und<br />
kurz nach<br />
Kriegsende,<br />
am ersten<br />
Weihnachtsfeiertag<br />
1945, heirateten<br />
sie.<br />
Neun Jahre<br />
später konnte<br />
die Familie<br />
im Zuge<br />
der Rückfüh-<br />
Die ehemalige Lilienburgschule an der Friederikenstraße.<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Gester n<br />
undHeute<br />
rung der Evakuierten nach Wilhelmshaven<br />
zurückkehren.<br />
„Wir zogen bei meinen Eltern<br />
in der Saarbrücker Straße ein.<br />
Mein Mann arbeitete als Klempner<br />
erst in Papenburg, später<br />
als Baggerführer eines Torfbaggers<br />
im Emsland, 1954 fing er<br />
bei Krupp-Ardelt an. Der Sohn<br />
fand eine Lehrstelle in der Ma-<br />
schinenfabrik<br />
Heinen in Varel<br />
und sie<br />
selbst eine<br />
Anstellung in<br />
der Strumpffabrik<br />
Pirola<br />
am Südstrandunterhalb<br />
der KW-<br />
Brücke. Später<br />
wechselte<br />
sie in die Qualitätskontrolle<br />
des Bekleidungswerks<br />
Seriös an der<br />
Ebertstraße.<br />
Die Familie<br />
zog 1966<br />
in die Bismarckstraße<br />
194, ein weiterer<br />
Umzug erfolgte 1995 nach<br />
Heppens gegenüber der Kirche.<br />
2001 verstarb Bruno Pinckert,<br />
und für Grete Pinckert<br />
schloss sich der Kreis, sie zog<br />
zurück in die Friederikenstraße,<br />
jetzt in das Haus Nr. 47, wo wenige<br />
Eingänge weiter auch ihr<br />
Sohn mit seiner Familie lebt.<br />
Wo früher die Lilienburgschule stand, ist<br />
<strong>heute</strong> ein Spielplatz. WZ-FOTO: LÜBBE<br />
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<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 9
Seite 10 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Kaufhaus in Heppens<br />
HEPPENS/SI – Als die <strong>Wilhelmshavener</strong><br />
<strong>Zeitung</strong> im Juli 2010<br />
ihre Leser dazu aufrief, in ihren<br />
Erinnerungen an das Kaufhaus<br />
E. P. Hart zu kramen, gab es<br />
sehr viele Zuschriften. Das<br />
Kaufhaus an der Kortekreuzung<br />
war ein markanter Anziehungspunkt<br />
für viele <strong>Wilhelmshavener</strong>.<br />
Der Kundenmagnet bot ein<br />
breites Sortiment: vom Anzug<br />
bis zum Apfel war in dem großen<br />
Gemischtwarengeschäft<br />
vieles zu haben. Lieselotte<br />
March erinnert sich. Beinah jeden<br />
Monat wurden in dem Kaufhaus<br />
Modenschauen von ihrem<br />
Mann, Walter March, moderiert.<br />
„Er war damals nicht nur der Ansager,<br />
er war auch der Weihnachtsmann.<br />
E.P. Hart war bis<br />
zuletzt sein Lieblingsthema“,<br />
berichtete die Witwe.<br />
Sie selbst war auch oft bei<br />
den Schauen dabei. Allerdings<br />
als Zuschauer. „Man konnte die<br />
Mode, die bei der Schau präsentiert<br />
wurde, direkt bei E.P.<br />
Hart kaufen“, erinnert sie sich.<br />
Bis Ende der 1960er Jahre<br />
arbeitete er im Betrieb seiner<br />
Mutter und stellte dort so manches<br />
auf die Beine. Eine Zeit<br />
lang ließ er Weihnachten immer<br />
einen Weihnachtsmann einfliegen.<br />
„Und in jedem Jahr war<br />
mindestens ein Schaufenster<br />
kaputt, weil die vielen Menschen<br />
dagegen gedrückt haben.“<br />
Eine andere Aktion: Jedes<br />
Jahr zum Kinderfest wurde ein<br />
exotisches Tier aus dem Zoo in<br />
Logabirum nach Wilhelmshaven<br />
geholt. „Meistens war es ein Affe“,<br />
so Dieter Hart. Abgeholt<br />
hat er es meist mit einem Lehrling.<br />
Daran erinnerte sich Dieter<br />
Altenhövel. Er ist oft genug mit-<br />
undHeute<br />
gefahren. Auch seine Frau Hildegard<br />
Altenhövel erinnert sich<br />
noch gut an E.P. Hart. „Meine<br />
Mutter hat die Lebensmittelabteilung<br />
mit eröffnet“, sagt<br />
sie. Martha Tiarks war 1930<br />
nämlich Lehrling in dem Kaufhaus.<br />
1967 organisierte sie dann<br />
ein Ehemaligentreffen der Mitarbeiter<br />
des Kaufhauses. Es<br />
wurde Tradition.<br />
Das Kaufhaus E. P. Hart an<br />
der Kortekreuzung war nach<br />
dem Kriege einer der großen<br />
Kundenmagnete an der<br />
Gökerstraße.<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Aus den oberen<br />
Geschäftsetagen wurden<br />
Wohnungen. Im Erdgeschoss<br />
befinden sich <strong>heute</strong><br />
eine Spielhalle und ein<br />
Restaurant.<br />
WZ-FOTO: GABRIEL-JÜRGENS
Präsentiert<br />
vonund<br />
Gester n<br />
undHeute<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 11<br />
Der Bismarckplatz Anfang der 50er-Jahre. Rundherum war im Krieg viel zerstört worden. Man sieht den Textilhof im Hintergrund.<br />
Als Firmen überlebt hatten Lenzner Herrenmoden und Elektro Kuhlmann. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 12 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Das Seemannshaus stand an der Bismarckstraße (rechter Bildrand) an der Kreuzung mit der Heppenser Straße (linker Bildrand).<br />
In ihm war seit 1925 das Neue Schauspielhaus untergebracht. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Viel Theater im Seemannshaus<br />
HEPPENS/SI – Das Theater in<br />
Wilhelmshaven hat eine bewegte<br />
Geschichte, und ein Teil dieser<br />
Geschichte ist das ehemalige<br />
Seemannshaus. Es stand an<br />
der Kreuzung Bismarckstraße/<br />
Heppenser Straße und wurde<br />
1903 von der Gesellschaft Seemannshaus<br />
für Unteroffiziere<br />
und Mannschaften der Marine<br />
im Stil eines niedersächsischen<br />
Bauernhauses errichtet.<br />
Admiral Prinz Heinrich von Preußen<br />
weihte es ein.<br />
Nach einem ersten Umbau<br />
1911 wurde der Saal 1925 zu<br />
einem Theater umgerüstet. Das<br />
Seemannshaus hieß fortan<br />
auch Neues Schauspielhaus.<br />
Im Jahre 1936 ging das Seemannshaus<br />
in den Besitz der<br />
Stadt Wilhelmshaven über, die<br />
Gesellschaft Seemannshaus<br />
löste sich auf.<br />
Die Stadt baute das Theater<br />
erneut um und ließ eine Drehbühne<br />
installieren. Seit 1938<br />
bezeichnete man das Seemannshaus<br />
als Stadttheater.<br />
Bombentreffer zerstörten das<br />
Gebäude 1943 fast völlig. Nur<br />
das Foyer blieb erhalten. Darin<br />
richtete ein Kaufmann einen<br />
Notladen ein. Nach dem Krieg<br />
wurde die Ruine abgebrochen,<br />
An der Stelle des einstigen Seemannshauses bzw. Neuen<br />
Schauspielhauses befinden sich <strong>heute</strong> diese Wohnhäuser.<br />
ein im Garten errichteter Luftschutzturm<br />
1946 gesprengt. In<br />
den 50er-Jahren errichtete die<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> Spar- und<br />
Baugesellschaft auf dem<br />
Grundstück Wohnhäuser.<br />
Die Stadt hatte nach dem<br />
verlorenen Kriege zunächst andere<br />
Sorgen als die Schauspielerei.<br />
Nichtsdestoweniger wurde<br />
weiter Theater gespielt. Der<br />
Theater und Musikverein Wilhelmshaven<br />
richtete in einer<br />
Unterkunftsbaracke der Wehr-<br />
undHeute<br />
WZ-FOTO: KNOTHE<br />
macht ein Behelfstheater mit<br />
550 Sitzplätzen ein, weitere<br />
Spielstätten waren der Schützenhof<br />
und die Schauburg.<br />
1949 wurde die Geldnot so<br />
groß, dass das Theater <strong>wie</strong>der<br />
geschlossen werden musste.<br />
Eine weitere Bühne erweckte<br />
der Theatermacher Kurt Martin<br />
Leibecke zum Leben. Er begann<br />
in einem auch als Kino benutzten<br />
Saal des Lagers Sudetenstraße,<br />
bevor er mit Unterstützung<br />
der Stadt in der Jachmann-<br />
kaserne einen Theatersaal mit<br />
500 Sitzplätzen einrichtete.<br />
Hier eröffnete er ein Volkstheater<br />
mit einem 20köpfigen Ensemble.<br />
Doch auch ihn zwang<br />
Geldnot 1949 zum Aufgeben.<br />
Ein in der Brücke betriebenes<br />
„Theater im Zimmer“ hatte<br />
nur kurzen Bestand. Stattdessen<br />
gaben die Ostfriesische<br />
Landesbühne und das Oldenburgische<br />
Staatstheater in der<br />
Folgezeit vermehrt Gastspiele<br />
an der Jade.<br />
Seit 1947 verfolgte der<br />
Theaterbauverein das Ziel, die<br />
ehemalige Marine-Intendantur<br />
zu einem Theater umzubauen.<br />
Die vom Verein gesammelten<br />
Gelder gingen allerdings durch<br />
die Währungsreform 1948 weitgehend<br />
verloren. Die öffentliche<br />
Hand, vornehmlich die Stadt,<br />
stemmte das Vorhaben dennoch.<br />
Am 20. Oktober 1952<br />
wurde das heutige Stadttheater<br />
eröffnet, und die Landesbühne<br />
Niedersachsen Nord verlegte<br />
ihren Sitz von Leer nach Wilhelmshaven.<br />
*<br />
Haben Sie noch Erinnerungen<br />
an das Theater nach dem<br />
Kriege? – Schreiben Sie uns an<br />
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Blick ins Foyer des Neuen Schauspielhauses, das sich 1925<br />
im Seemannshaus an der Bismarckstraße/Ecke Heppenser<br />
Straße einrichtete. Das Seemannshaus war ursprünglich das<br />
Gesellschaftshaus für Unteroffiziere und Mannschaften. Später<br />
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<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 13<br />
ging es als Theatergebäude von der Gesellschaft Seemannshaus<br />
in den Besitz der Stadt über. 1938 erhielt es die Bezeichnung<br />
Stadttheater. 1943 wurde das Gebäude durch Bomben<br />
zerstört. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 14 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Abschied vom Provisorium<br />
WILHELMSHAVEN/SI – Die Nordseepassage<br />
prägt <strong>heute</strong> die Innenstadt.<br />
Bis 1995 stand hier<br />
der 1872 errichtete Bahnhof.<br />
Der neue Bahnhof wurde in das<br />
Einkaufszentrum, das 1997<br />
eingeweiht worden ist, integriert.<br />
Die Passage wechselte<br />
mehrfach den Besitzer und gehört<br />
<strong>heute</strong> zum Treveria-Fonds,<br />
<strong>wie</strong> auch das benachbarte „Karstadt“-Gebäude.<br />
In dieses zieht<br />
nach zweijährigem Leerstand<br />
gegen Ende des Jahres ein großer<br />
Elektronikmarkt ein.<br />
Stadtväter und damalige Investoren<br />
versprachen sich vom<br />
Bau der Nordseepassage, Wilhelmshaven<br />
als Einkaufsstadt<br />
und Oberzentrum der Region zu<br />
stärken. Doch die Entwicklung<br />
nahm nicht die erhoffte Richtung.<br />
Die City kämpft gegen zunehmenden<br />
Konkurrenzdruck –<br />
mit sichtbaren Folgen; so mancher<br />
Leerstand ist zu beklagen.<br />
Nichtsdestoweniger ist die<br />
Nordseepassage der große<br />
Kundenmagnet in der City. Bauherr<br />
war die Kusto Immobilienprojektentwicklung<br />
GmbH & Co.<br />
KG mit Sitz in Straubing, den<br />
architektonischen Entwurf lieferte<br />
das Hamburger Büro<br />
„gmp“ Meinhard von Gerkans.<br />
Umgerechnet rund 75<br />
Millionen Euro wurden damals<br />
verbaut. Die Passage bietet<br />
28 000 Quadratmeter<br />
Einzelhandelsfläche,<br />
dazu 2500 Quadratmeter<br />
Bürofläche und 22<br />
Wohneinheiten. Ein großes<br />
Parkhaus nimmt<br />
700 Blechkarossen<br />
auf.<br />
Die Nordseepassage ist das<br />
Entree in die Stadt für alle, die<br />
mit dem Zug anreisen. In sie integriert<br />
ist der neue Kopfbahnhof,<br />
der von der Nordwestbahn<br />
stündlich von Osnabrück und<br />
Esens aus angefahren wird.<br />
Vor zwölf Jahren,<br />
1999, übernahm<br />
die Nordwestbahn,<br />
eine gemeinsameGesellschaft<br />
der Veolia<br />
GmbH, der Verkehr<br />
und Wasser<br />
GmbH Oldenburg<br />
so<strong>wie</strong> der Stadtwerke<br />
Osnabrück,<br />
undHeute<br />
Der 1872 in Betrieb genommene Bahnhof wurde 123 Jahre später für den Bau der Nordseepassage<br />
<strong>wie</strong>der abgerissen. Außerhalb des rechten Bildrandes, am Rand des ZOB an der Virchowstraße,<br />
befand sich der Pavillon des Café Köhler. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
nach europaweiter Ausschreibung<br />
die Personenbeförderung<br />
auf diesen Strecken.<br />
Für den Bau der Nordseepassage<br />
wurden der alte Bahnhof,<br />
ein Teil der Gleisanlagen und<br />
die Lagerhallen an der Bahnhofstraße<br />
abgerissen. Während<br />
Kritiker dem Verlust eines ursprünglichen<br />
Stücks Wilhelmshaven<br />
nachtrauerten, hatten<br />
andere in dem alten Bahnhof<br />
immer nur ein ungenügendes<br />
Provisorium gesehen. Durch Anund<br />
Umbauten wurde das historische<br />
Gebäude den wachsenden<br />
Bedürfnissen angepasst.<br />
Mehrmals kam es zu ernst-<br />
Die Nordseepassage wurde 1997 eingeweiht. Wo sie steht, war früher der Busbahnhof und etwas weiter versetzt<br />
der alte Bahnhof. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
haften Planungen, den Bahnhof<br />
nach Westen zu verlegen. 1919<br />
vereitelte der Ausbruch des Ersten<br />
Weltkrieges den Neubau<br />
eines Bahnhofs am Metzer<br />
Weg. Mitte der 30er-Jahre des<br />
vorigen Jahrhunderts überlegte<br />
man, einen neuen Bahnhof für<br />
das auf enormen Zuwachs geplante<br />
Wilhelmshaven (Stadt<br />
der 500 000) in Schaar zu bauen.<br />
Doch der Zweite Weltkrieg<br />
und danach andere Umstände<br />
machten auch diese Pläne zunichte.<br />
Durch den Bau der Nordseepassage<br />
erfuhr auch der Zentrale<br />
Omnibusbahnhof (ZOB)<br />
eine völlige<br />
Umgestaltung.<br />
Er ist<br />
hier 1956 eingerichtetworden,<br />
nachdem<br />
die Gleise der<br />
ehemaligen<br />
Marine- und<br />
späteren Vorortbahn,<br />
die<br />
durch den<br />
Park des Friedrich-Wilhelm-<br />
Platzes und<br />
durch den Rosengarten,<br />
den heutigen<br />
Valoisplatz,<br />
führten, aufgehoben<br />
worden<br />
waren.<br />
Fortsetzung<br />
auf Seite 13
Präsentiert<br />
vonund<br />
Die „Bremer<br />
Cacao-Stube“<br />
Fortsetzung von Seite 12<br />
Hatten in den 50er-Jahren<br />
noch die Züge der Vorortbahn<br />
die nördlichen und westlichen<br />
Stadtteile so<strong>wie</strong> Sande mit der<br />
Innenstadt und den Industriebetrieben<br />
im Süden verbunden,<br />
wurde der öffentliche Personennahverkehr<br />
zunehmend auf Omnibusse<br />
umgestellt. Ende 1964<br />
beendete die Vorortbahn, die<br />
auch Güter transportiert und für<br />
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hatte, endgültig ihren<br />
Betrieb. In einem Pavillongebäude<br />
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sich 1948 das Café Köhler ein,<br />
das im Jahr 1970 an seine heutige<br />
Stelle am Rande des Parks<br />
wechselte. Albert Köhler hatte<br />
das Konditoreiunternehmen als<br />
„Bremer Cacao-Stube“ 1933 in<br />
der Roonstraße (<strong>heute</strong> Rheinstraße)<br />
eröffnet.<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 15<br />
Das alte Park-Café Köhler<br />
befand sich direkt am<br />
Omnibusbahnhof auf der<br />
anderen Seite der Virchowstraße.<br />
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GRUPPE
Seite 16 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Vergnügen an der Grenze<br />
WILHELMSHAVEN/SI – Die undatierte<br />
Aufnahme von der Börsenstraße<br />
dürfte spätestens in<br />
den 20er-Jahren entstanden<br />
sein. Zu sehen ist die südliche<br />
Häuserzeile zwischen Börsenplatz<br />
und Gerichtsstraße, die<br />
bei der Kurve im Hintergrund<br />
kreuzt.<br />
Vorne links sieht man das<br />
Lokal „Restaurant zur Oldenburger<br />
Grenze“. In der Tür<br />
steht offensichtlich die Wirtsfrau,<br />
und der Mann am Karren<br />
hält einen Korb mit Flaschen –<br />
möglicherweise der Besitzer<br />
des Lokals.<br />
Das Haus daneben, an der<br />
Ecke zur damals noch sehr<br />
schmalen Grenzstraße, war die<br />
Gaststätte „Heidelberger<br />
Fass“, es folgte gegenüberliegend<br />
das zweigeschossige<br />
Gasthaus „Jeverländischer<br />
Hof“. Auf der Nordwestlichen<br />
Ecke der Kreuzung Börsenstraße/Grenzstraße<br />
befand sich zu<br />
jener Zeit der „Treffpunkt“; das<br />
Lokal hieß später „Stadtcafé“,<br />
dann „Atlantik“ und nach dem<br />
Krieg „Große Gondel“.<br />
Auf der Nordost-Seite, vom<br />
Blickwinkel des Betrachters<br />
nicht zu sehen, war die „Bunte<br />
Bühne“, ein Varieté-Lokal.<br />
Die Gaststätte „Zur Oldenburger<br />
Grenze“ war das erste<br />
am Platze und die Keimzelle<br />
des späteren Vergnügungsviertels<br />
rund um den Börsenplatz.<br />
Sie hieß später „Fledermaus“,<br />
„Laubfrosch“, dann „Zur Müh-<br />
Die Börsenstraße mit Blick auf die Gaststätte „Zur Oldenburger Grenze“ und, zwei Häuser<br />
weiter, den großen Jeverländischen Hof. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
le“. Die Wirtsleute waren Buchholz,<br />
Robert Arndt, Julius Fleischer<br />
und später Wilhelm Köster.<br />
In der „Mühle“ fanden unter<br />
anderem auch Modenschauen<br />
statt, garniert mit artistischen<br />
Einlagen und den Klängen einer<br />
Hauskapelle, <strong>wie</strong> Freuke Adrian<br />
ihrem Buch „Kneipenklatsch<br />
und Ballgeflüster“ berichtet.<br />
Wirt Hinrich Rath und später<br />
sein Sohn Wilhelm Rath führte<br />
in den 20er- und 30er-Jahren<br />
undHeute<br />
des vorigen Jahrhunderts den<br />
Jeverländischen Hof; hier kam<br />
die ländliche Bevölkerung an<br />
den Markttagen mit Pferd und<br />
Wagen an, stellten die Tiere auf<br />
dem Hof unter, wo sie vom<br />
Dienstmann Adolf Bahr versorgt<br />
wurden. Am Jeverländischen<br />
Hof befand sich vor dem Zweiten<br />
Weltkrieg aber auch der<br />
„Gummibahnhof“, von wo aus<br />
die Busse der Busunternehmer<br />
Pekol, Mewes, Albers und<br />
Der Abschnitt der Börsenstraße <strong>heute</strong>. FOTO: SIEFKEN<br />
Schulze ins Umland fuhren. Die<br />
Grenze zwischen dem oldenburgischen<br />
Bant und dem preußischen<br />
Wilhelmshaven verlief<br />
parallel zur Grenzstraße hinter<br />
den Grundstücken der Häuser<br />
an der Ostseite.<br />
Ein Teil der alten Gebäude<br />
auf der Südseite der Börsenstraße<br />
hat den Krieg, wenngleich<br />
stark beschädigt, überstanden.<br />
Im Haus des einstigen<br />
Jeverländischen Hofes, das um<br />
ein Stockwerk geköpft wurde,<br />
befindet sich <strong>heute</strong> ein Antiquitäten-Geschäft.<br />
Auch das Haus an der Ecke<br />
zur Gerichtsstraße steht <strong>heute</strong><br />
noch; bis vor kurzem befand<br />
sich darin eine Gaststätte.<br />
Doch im übrigen wurde hier, im<br />
ehemals Elsass bezeichneten<br />
Stadtteil, im Kriege fast alles<br />
zerstört. Durch diese Trümmerwüste<br />
hindurch wurde in den<br />
50er- und 60er-Jahren die<br />
Grenzstraße als neue Magistrale<br />
neu gebaut, nun sehr viel<br />
breiter als die ehemals eher<br />
dörfliche Straße.<br />
WIE WAR’S FRÜHER?<br />
Erinnern Sie sich? Wie<br />
war es früher am Börsenplatz?<br />
Was spielte sich<br />
hier ab? Schreiben Sie<br />
uns Ihre Erinnerungen an<br />
sonderthemen@WZonline.de,<br />
Betreff: <strong>Gestern</strong> & <strong>heute</strong>.
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Gummibahnhof nannten die Leute die Haltestelle beim Jeverländischen<br />
Hof an der Ecke Börsenstraße/Gerichtsstraße.<br />
Hier fuhren vor dem Kriege die Busse ins Jeverland ab, die<br />
Jetzt neu<br />
in unserer<br />
Apotheke:<br />
Marktbeschicker stellten beim Jeverländischen Hof ihre Pferde<br />
unter, und so mancher goss sich, bevor er sich auf den Heimweg<br />
machte, erst einmal einen „hinter die Binde“.FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 18 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Das Amtsgerichtsgebäude an der Marktstraße wurde 1878 eingeweiht und 1984 erheblich erweitert. WZ-FOTO: GABRIEL-JÜRGENS<br />
Justitia und Christuskirche<br />
WILHELMSHAVEN – Das Amtsgerichtsgebäude<br />
an der Marktstraße<br />
wurde im Jahr 1878<br />
eingeweiht. Der Oldenburger<br />
Architekt Klingenberg hat das<br />
schöne Backsteingebäude<br />
entworfen. Es wurde in den<br />
Jahren 1982 bis 1984 um<br />
einen modernen Neubau erweitert.<br />
Lange Zeit war es nicht das<br />
einzige Gerichtsgebäude.<br />
Nicht einmal einen Kilometer<br />
entfernt befand sich das Rüstringer<br />
Amtsgericht, das an der<br />
Peterstraße/Ecke Gerichtsstraße<br />
zusammen mit der Verwaltung<br />
des Amtes Rüstringen<br />
1902 ein Gebäude bezogen<br />
hatte. Dieses war für die oldenburgischen<br />
Gemeinden bzw.<br />
ab 1911 für die Stadt Rüstringen<br />
zuständig und diente auch<br />
nach dem Krieg bis zur Erweiterung<br />
des Gerichtsgebäudes an<br />
der Marktstraße Justitia. Seitdem<br />
ist es der <strong>Wilhelmshavener</strong><br />
Sitz des Katasteramtes.<br />
An der Peterstraße wurden alle<br />
Zivilsachen verhandelt, an der<br />
Marktstraße die Strafprozesse.<br />
Auf dem nebenstehenden<br />
historischen Foto erkennt man<br />
Das Amtsgerichtsgebäude, im Hintergrund die Christuskirche. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
im Hintergrund die ehemalige<br />
Christuskirche an der Peterstraße/Ecke<br />
Adalbertstraße;<br />
auf dem Grundstück befindet<br />
sich <strong>heute</strong> der evangelische<br />
Kindergarten.<br />
Die Christuskirche, wurde<br />
aus Backsteinen im gotischen<br />
undHeute<br />
Stil errichtet und im März<br />
1901 eingeweiht. Ihre Glocken<br />
waren aus erbeuteten und eingeschmolzenen<br />
Geschützen<br />
aus dem Deutsch-französischen<br />
Krieg 1870/71 gegossen<br />
worden. Doch zusammen<br />
mit dem Kupferdach und den<br />
Orgelpfeifen mussten sie im<br />
Ersten Weltkrieg <strong>wie</strong>der in die<br />
Gechützgießereien zurückkehren.<br />
Die Kirche wurde im Zweiten<br />
Weltkrieg durch Bomben<br />
so stark beschädigt, dass die<br />
Ruinen abgerissen werden<br />
mussten.
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Der Friedrich-Wilhelm-Platz zwischen Markt- und Ebertstraße<br />
war ursprünglich als Marktplatz geplant, weshalb die<br />
Marktstraße nach ihm benannt ist. König Friedrich Wilhelm IV.<br />
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undHeute<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 19<br />
von Preußen steht seit 1870 Pate. Bis in die 50er-Jahre durchzogen<br />
die Gleise der Werftbahn den Platz. Die Aufnahme<br />
stammt aus den 20er-Jahren. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 20 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Der Weg der tausend Arbeiter<br />
BANT/SI – Zum Ende des 19.<br />
Jahrhunderts entwickelte sich<br />
die heutige Marktstraße zu<br />
einer der belebtesten Straßen<br />
in Wilhelmshaven. Sie war die<br />
kürzeste Verbindung zwischen<br />
der Werft und den Wohnungen<br />
der Arbeiter in Bant, wo zwischen<br />
1872 und 1877 die<br />
Werftarbeitersiedlung errichtet<br />
worden war. Hier gab es parallel<br />
zur Eisenbahn die Alte <strong>Wilhelmshavener</strong><br />
Straße. Der Fußweg<br />
zwischen heutiger Werftund<br />
Grenzstraße wurde<br />
ab den 1880er-Jahren<br />
ausgebaut. Es entstand<br />
die Neue <strong>Wilhelmshavener</strong><br />
Straße, die von<br />
repräsentativen Wohnund<br />
Geschäftshäusern<br />
gesäumt war. Nur noch<br />
wenige dieser alten Geschäftshäuser<br />
sind erhalten<br />
geblieben; die<br />
Zerstörungen des Bombenkrieges<br />
waren notdürftig<br />
ausgebessert,<br />
als ab den 70er-Jahren<br />
der allmähliche wirtschaftlich<br />
bedingte Verfall<br />
vieler gründerzeitlicher<br />
Häuser einsetzte.<br />
Aus den Vorzugslagen<br />
der Vorkriegszeit entwickelten<br />
<strong>wie</strong>der großflächig<br />
Brachflächen.<br />
Tausende von Arbeitern<br />
marschierten zu<br />
Kaisers Zeiten morgens<br />
und abends über die gut<br />
zwei Kilometer lange<br />
Straße von ihren Woh-<br />
nungen in Bant zur Werft und zurück.<br />
Viele Geschäfte, Gaststätten<br />
Saalbetriebe, ein Theater<br />
und Lichtspiele wollten an diesem<br />
steten Strom der Menschen<br />
verdienen. So mancher<br />
Wochenlohn versackte so auf<br />
dem Weg nach Hause.<br />
In Höhe der Banter Werftarbeitersiedlung<br />
hat sich der ursprüngliche<br />
Charakter der Straße<br />
sehr gut erhalten. Die Siedlung<br />
steht <strong>heute</strong> unter Denkmalschutz,<br />
sie ist als eines der<br />
undHeute<br />
ganz wenigen staatlichen Sozialwohnungsbauprojekte<br />
jener<br />
Zeit erhalten geblieben. In den<br />
60er-Jahren des vorigen Jahrhundert<br />
arbeitete man in Rat<br />
und Verwaltung der Stadt an<br />
Plänen, die „unzeitgemäße“<br />
Siedlung zu schleifen und durch<br />
moderne Bauten zu ersetzen.<br />
Protest erhob sich, ein Umdenken<br />
setzte ein. 1975 entschied<br />
der Rat, das Wohngebiet zu erhalten,<br />
kaufte dem Bund die<br />
Häuser ab und veräußerte sie<br />
Das zentrale Bildmotiv des<br />
historischen Bildes ist das<br />
<strong>heute</strong> verklinkerte Gebäude<br />
des Fahrradgeschäftes. Als<br />
Hauptverbindungsstraße<br />
zwischen Werft und Arbeitersiedlung<br />
Bant entwickelte<br />
sich die Marktstraße bzw.<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> Straße<br />
zum bevorzugten Geschäftsstandort.<br />
WZ-FOTO: LÜBBE<br />
an die Mieter weiter. Das alte<br />
Foto zeigt die ehemalige Café-<br />
Konditorei Johann Schipper,<br />
den Konditormeister selbst<br />
mit seiner Familie und eine ganze<br />
reihe von Kindern. Der Anlass<br />
der Aufnahme ist nicht<br />
mehr bekannt. Heute befindet<br />
sich in dem Haus ein Fahrradgeschäft,<br />
und es hat eine Klinkerfassade.<br />
Die östlich davon stehenden<br />
Häuser sind <strong>wie</strong>derum<br />
fast im Ursprungszustand erhalten.<br />
Das Haus des Konditormeisters Schipper in der <strong>Wilhelmshavener</strong> Straße. Heute heißt die Straße<br />
Marktstraße und in dem Laden ist ein Fahrradgeschäft. FOTO: WZ-BILDDIENST
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Die Schmiedestraße führt von der Ebertstraße zur Weserstraße.<br />
Sie wurden in den Jahren 1872 bis 1877 gebaut. Das<br />
Foto entstand in den 1950er-Jahren. Errichtet wurden sie vom<br />
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undHeute<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 21<br />
Ziegeleibesitzer Adolph de Cousser aus Hahn für die Arbeiter<br />
der kaiserlichen Werft. Das neue Viertel nannte man damals<br />
Belfort. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 22 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Villen bewahrten Jugendstil<br />
VILLENVIERTEL/SI – Das Villenviertel<br />
zählt zu Wilhelmshavens<br />
schönsten und beliebtesten<br />
Wohnvierteln. Nach den ersten<br />
Aufbaujahrzehnten in der zweiten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
entstand Bedarf für die wachsende<br />
Klientel begüterter Kaufleute<br />
und Beamter. Deshalb<br />
plante die Stadt Heppens eine<br />
Landhauskolonie am Rande<br />
Tonndeichs, dem geschäftigen<br />
Arbeiter- und Handwerkerviertel<br />
und in Nachbarschaft zu den<br />
großen Kasernen des 2. Seebataillons,<br />
die an der Gökerstraße/Schellingstraße<br />
zur gleichen<br />
Zeit in Planung und Bau<br />
begriffen waren.<br />
Unser altes und neues Foto<br />
zeigt den Blick in die Rosenstraße<br />
von der Kirchreihe zur Kantstraße.<br />
Einige der ursprünglichen<br />
Häuser stehen <strong>heute</strong> noch<br />
fast unverändert, die Häuser an<br />
der Kirchreihe allerdings sind<br />
neueren Datums.<br />
Die Stadt Rüstringen, zu der<br />
Heppens, Neuende und Bant<br />
1911 zusammengeschlossen<br />
worden waren, konkretisierte<br />
die Pläne. Sie tragen die Handschrift<br />
des ersten Leiters des<br />
Rüstringer Bauamtes Dr.- Ing.<br />
Martin Wagner (1911 - 1914)<br />
und seines Nachfolger Dr.-Ing.<br />
Willy Hahn (1914 - 1921). Ihnen<br />
war an einer künstlerischen Gestaltung<br />
der Siedlung gelegen.<br />
Das sieht man dem Viertel noch<br />
<strong>heute</strong> an. Villen, großzügige Einfamilienhäuser<br />
und schmucke<br />
Reihenhäuser, schmucke Giebel,<br />
Erker, Gauben, Sprossen-<br />
fenster und schöne Hauseingängen,<br />
hohe Bäume an Straßen<br />
und in den Gärten zieren<br />
noch <strong>heute</strong> die parkähnliche<br />
„Kolonie“. Viele Jugendstil- und<br />
andere architektonische Details<br />
sind bis <strong>heute</strong> von den Besitzern<br />
der Häuser mit Sorgfalt<br />
erhalten. Mit rigiden Bauvorschriften<br />
setzte die Stadt Rüstringen<br />
damals ihre Vorstellungen<br />
durch. Die Grundstückskäufer<br />
waren verpflichtet, binnen<br />
zwei Jahren zu bauen, sonst<br />
mussten sie ihr Grundstück <strong>wie</strong>der<br />
an die Stadt abgeben. Der<br />
Vorgarten musste mindestens<br />
undHeute<br />
fünf Meter breit sein.Die Häuser<br />
durften höchstens zwei<br />
Stockwerke haben, und auch<br />
die Fassadengestaltung<br />
brauchte den „Segen“ der Bauverwaltung.<br />
Der Gartenarchitekt Leberecht<br />
Migge entwarf die Gestaltung<br />
des Kantplatzes, den<br />
Hecken, Blumenbeete und halbhoch<br />
geschnittene Platanen<br />
schmückten. Auf ihm wurde ein<br />
Jugendstil-Pavillon errichtet, der<br />
im Krieg zerstört worden ist.<br />
Der westliche Teil des Villenviertels<br />
ist in den 30er-Jahren entstanden.<br />
Blick in die Rosenstraße<br />
von der Kirchreihe. Am Ende<br />
steht das Haus Kantstraße 9,<br />
der ehemalige Sitz der<br />
evangelischen Elternschule.<br />
Davor, am Ende der Rosenstraße<br />
rechts, befindet sich<br />
der Kantplatz, der als der<br />
zentrale Erlebnisraum vom<br />
Städteplaner Wagner<br />
gedacht und vom<br />
Gartenarchitekten Migge<br />
entworfen worden war.<br />
WZ-FOTO: GABRIEL-JÜRGENS<br />
Der Kantplatz im Villenviertel<br />
bis in die 40er-Jahre.<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Zeitreise zurück in die 20er-<br />
Jahre: Die Rosenstraße aus<br />
gleichem Blickwinkel.<br />
Bomben des Zweiten<br />
Weltkriegs haben die Häuser<br />
später in Mitleidenschaft<br />
gezogen, teils komplett<br />
zerstört. FOTO: WZ-BILDDIENST
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Schnell von Nord nach Süd<br />
NEUENGRODEN/SI – Die Freiligrathstraße<br />
ist eine der Hauptverkehrsachsen<br />
in Wilhelmshaven.<br />
Sie verbindet den Norden<br />
mit dem Süden. Das historische<br />
Foto zeigt die Arbeiten für<br />
den vierspurigen Ausbau der<br />
Straße 1953, wohl im Bereich<br />
zwischen Rilkestraße und Neuengrodener<br />
Weg (vielleicht erkennen<br />
ältere Leser, welcher<br />
Straßenabschnitt genau zu sehen<br />
ist).<br />
Die Straße ist benannt nach<br />
dem Dichter Ferdinand Freiligrath<br />
(1810 - 1876). Auch viele<br />
ihrer Nebenstraßen vom Ölhafendamm<br />
bis Neuengroden<br />
sind nach Dichtern benannt. In<br />
vorstädtischer Zeit verlief auf<br />
ihrer Strecke auf einem im 15.<br />
Jahrhundert aufgeworfenen<br />
Deich der Neuer Groden Weg,<br />
der Alt-Heppens mit Rüstersiel<br />
verband.<br />
Zum Schutz des preußischen<br />
Kriegshafens an der Jade,<br />
wurden die Forts Heppens<br />
(<strong>heute</strong> Lüneburgkai) und<br />
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<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 23<br />
Die Freiligrathstraße wurde im 1953 für den zunehmenden Autoverkehr vierspurig ausgebaut.<br />
Offensichtlich wurde das alte Klinkerpflaster damals aufgenommen. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Seite 24 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Ausbau der wichtigen Verkehrsachse<br />
Fortsetzung von Seite 23<br />
Rüstersiel (<strong>heute</strong> Institut für Vogelforschung),<br />
errichtet. Wohl in<br />
den 1870er-Jahren wurde der<br />
Weg ausgebaut und bekam den<br />
Namen Fortifikationsstraße.<br />
Zum Befestigungsring zählten<br />
im Übrigen das Fort Schaar und<br />
Mariensiel, wohin die Fortifikationsstraße<br />
von Rüstersiel aus<br />
abzweigte. Neben ihr verlief<br />
eine Schmalspurgleis zum Gütertransport.<br />
Es wurde später<br />
von der Vorortbahn genutzt.<br />
Nahe der Freiligrathstraße lagen<br />
mehrere Bauernhöfe nach<br />
Art der großen friesischen Gulfhäuser:<br />
von der Kreierei im Norden<br />
bis zum „Buskohlhof“ nahe<br />
der Kreuzung Mühlenweg; der<br />
Buskohlhof hatte seinen Spitznamen<br />
wegen der Marinegärten,<br />
die dort im Ersten Weltkrieg<br />
zur Versorgung der Soldaten angelegt<br />
worden waren.<br />
Eines dieser alten Gulfhäuser<br />
steht noch <strong>heute</strong> an der<br />
Ecke Neuengrodener Weg. Es<br />
ist zum Geschäftshaus umgebaut.<br />
Die einstige Hofstelle<br />
Cölln an der Raabestraße wurde<br />
bis in die 70er-Jahre als letzter<br />
bäuerlicher Betrieb in Neuengroden<br />
bewirtschaftet.<br />
Im Jahr 1900 wurde die<br />
Grundschule Neuengroden errichtet.<br />
Sie wird derzeit zu<br />
einem Senioren- und Pflegeheim<br />
umgebaut. Damals entstanden<br />
auch viele der alten<br />
Einfamilienhäuser und kleinen<br />
Villen entlang der Freiligrathstraße<br />
nördlich der „Nordseestation“;<br />
das Saallokal, noch heu-<br />
Die Freiligrathstraße <strong>heute</strong>. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
te eine Speisegaststätte, eröffnete<br />
im Jahr 1908.<br />
Die Mietwohnungssiedlung<br />
Neuengroden westlich der Freiligrathstraße<br />
wurde Anfang der<br />
40er-Jahre errichtet. Ihre Straßen<br />
waren zunächst nach Einsätzen<br />
der Marine benannt, z.<br />
B. Coronel- und Dardanellenstraße.<br />
Sie wurden später nach<br />
Dichtern umbenannt. Nach dem<br />
Krieg entstanden weitere große<br />
Wohngebiete beidseits der<br />
Hauptverkehrsstraße.<br />
Zwischenzeitlich gab es<br />
nach dem Kriege in Nachbar-<br />
undHeute<br />
schaft der Grundschule eine<br />
Maschinenfabrik. 1968 von der<br />
Firma Schlafhorst übernommen,<br />
wechselte sie an die Flutstraße.<br />
Zwölf Jahre später<br />
schloss sie den Betrieb.<br />
Damit die Freiligrathstraße<br />
ihre Funktion als wichtigste<br />
Nord-Süd-Verbindung erfüllen<br />
konnte, wurden zwei wichtige<br />
Teilstücke neu gebaut. In den<br />
40er-Jahren wurde die Freiligrathstraße<br />
westlich an Rüstersiel<br />
vorbei verlängert. Beim<br />
Kreuzelwerk teilt sie sich seitdem<br />
in die Preußenstraße und<br />
in die Möwenstraße. Der ganze<br />
Baustellenverkehr zur Siedlung<br />
Voslapp, die ab 1938 gebaut<br />
wurde, war zuvor durch Rüstersiel<br />
gerumpelt.<br />
Ein weiteres Teilstück wurde<br />
zur Entlastung der schmalen<br />
Fritz-Reuter-Straße gebaut.<br />
1906 war die Gökerstraße auf<br />
dem ehemaligen Feldweg „Breiter<br />
Weg“ von der Stadt kommend<br />
bis dorthin verlängert<br />
worden. Nun baute man die<br />
künftige Hauptverkehrsachse<br />
hinter den Gärten bis zur „Nordseestation“<br />
durch.<br />
Entlang der Freiligrathstraße<br />
lief noch bis in die 50er-Jahre<br />
das Gleis der Vorortbahn<br />
zwischen Flensburger Straße<br />
und Voslapp. Zwei weitere<br />
Strecken verbanden Sande<br />
und Voslapp so<strong>wie</strong> den<br />
Bahnhof mit dem Industriegebiet<br />
West und Sande. 1961<br />
wurde der Personenverkehr<br />
eingestellt..<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST
Präsentiert<br />
Arbeiter-Vorstadt im Groden<br />
FEDDERWARDERGRODEN/SI –<br />
Das Foto aus den 50er-Jahren<br />
des vorigen Jahrhunderts zeigt<br />
die Preußenstraße und die<br />
Kreuzung mit der Posener Straße<br />
mit Blickrichtung Nordwest.<br />
Im Vordergrund fährt ein Linienbus.<br />
Wenn man ganz genau hinschaut,<br />
erkennt man, dass er<br />
elektrischen Antrieb hatte; man<br />
sieht den Stromabnehmer auf<br />
dem Dach, und die Straße ist<br />
gesäumt von den hohen Betonmasten,<br />
die den Fahrdraht trugen.<br />
Hinter sich zieht der Bus<br />
einen Personenanhänger. Der<br />
Verein für <strong>Wilhelmshavener</strong> Verkehrsgeschichte<br />
hat vor einiger<br />
Wo während des Krieges und danach Behelfsbauten standen,<br />
steht <strong>heute</strong> dieses moderne schmucke Geschäftshaus an der<br />
Kreuzung Posener-/Preußenstraße. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
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Die Preußenstraße/Ecke Posener Straße ist noch <strong>heute</strong> das<br />
Zentrum von Fedderwardergroden. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Zeit einen dieser Anhänger, die<br />
über Wilhelmshavens Straßen<br />
gezogen wurden, von einem Besitzer<br />
in Oldenburg erworben<br />
und hofft, ihn jetzt mit Hilfe von<br />
Sponsorengeldern <strong>wie</strong>der restaurieren<br />
zu können.<br />
Das Gebiet des Fedderwardergrodens<br />
wurde 1938 in die<br />
Stadt Wilhelmshaven eingemeindet<br />
und in den Jahren<br />
1939 bis 1945 für die nach Wilhelmshavendienstverpflichte-<br />
Klaus Hollmann<br />
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<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 25<br />
ten Arbeiter mit einer neuen<br />
Wohnstadt bebaut. Weil das<br />
Naziregime den bevorstehenden<br />
Krieg bereits fest im Auge<br />
hatte, wurden die Wohnblocks<br />
so weitläufig in die Landschaft<br />
gestellt, dass der Schaden<br />
durch Bombenabwürfe gering<br />
bleiben würde. Die Marineintendantur<br />
beauftragte mit der Errichtung<br />
der Siedlung die Wohnungsbaugesellschaft<br />
Fortsetzung auf Seite 26<br />
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Seite 26 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Schmelztiegel<br />
im Norden<br />
Fortsetzung von Seite 25<br />
Jade, die von der Stadt Wilhelmshaven<br />
und dem Land Oldenburg<br />
gegründet worden war.<br />
Ursprünglich wollte man 4000<br />
Wohnungen in „einem Rutsch“<br />
bauen. Die zeitweise fast 4000<br />
Bauarbeiter waren zum einem<br />
großen Teil in einem eigens eingerichteten<br />
Barackenlager am<br />
heutigen Allensteinweg untergebracht.<br />
Der Krieg durchkreuzte<br />
die Pläne. Bis Kriegsende waren<br />
2300 Wohnungen fertig geworden,<br />
200 Wohnungen in<br />
halbfertigen Rohbauten wurden<br />
erst 1948 bezugsfertig.<br />
An das Eckhaus zur Posener<br />
Straße schließt sich noch <strong>heute</strong><br />
die Ladenzeile an. Die Gebäude<br />
gegenüber wurden erst in den<br />
50er- und 60er-Jahren errichtet.<br />
Von Beginn an war Fedderwardergroden<br />
ein Schmelztiegel<br />
von Menschen unterschiedlicher<br />
geografischer Herkunft –<br />
und ist es <strong>heute</strong> noch.<br />
*<br />
Wie lebte es sich vor 50 Jahren<br />
in Fedderwardergroden?<br />
Schildern Sie uns Ihre Erinnerungen<br />
Das alte Foto zeigt den Blick<br />
von der Warthestraße übers<br />
Plauentief hinauf zur Posener<br />
Straße, links die Häuser<br />
der Kulmer Straße, rechts die<br />
der Elbinger Straße.<br />
FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Die Elbinger Straße <strong>heute</strong>. Die Anwohner blicken ins Grüne. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
Über Knüppeldämme<br />
FEDDERWARDERGRODEN/SI – Ungemütlich<br />
war der Anfang in Fedderwardergroden<br />
-- Ort und Zeit<br />
waren unwirtlich. Im Schlamm<br />
der Marschen wurde dieser<br />
Stadtteil für 16 000 Menschen<br />
in den Kriegsjahren zwischen<br />
1939 und 1945 errichtet. 1945<br />
waren knapp 3000 Wohnungen<br />
bezogen, 38 Gewerbebauten<br />
fertiggestellt.<br />
Doch vieles stand nur provisorisch<br />
oder halbfertig da. Es<br />
gab Knüppeldämme statt Straßen,<br />
und um die Häuser pfiff<br />
übers kahle Gelände der Wind.<br />
Das historische Foto unten<br />
undHeute<br />
zeigt den Blick von der Warthestraße<br />
das Plauentief hinauf zur<br />
Posener Straße, links die Häuser<br />
der Kulmer Straße, rechts<br />
die der Elbinger Straße.<br />
Doch die Planer hatten bereits<br />
damals das Schöne dieser<br />
Siedlung vor Augen. Heute erstreckt<br />
sich hier ein Grüngürtel<br />
um den Stadtteil, <strong>wie</strong> überhaupt<br />
Fedderwardergroden mit viel<br />
Grün gesegnet ist. Auf etwas<br />
über 800 Hektar leben hier <strong>heute</strong><br />
rund 8400 Personen, 59 Prozent<br />
davon laut städtischer Statistik<br />
in Einpersonenhaushalten.<br />
In den Kriegs- und Nach-<br />
kriegsjahren „stapelten“ sich<br />
die kinderreichen Familien in<br />
den Behausungen.<br />
Wilhelmshaven sollte nach<br />
Planen des nationalsozialistischen<br />
Regimes zu einer Hafenstadt<br />
mit bis zu 500 000 Einwohnern<br />
ausgebaut werden.<br />
Fedderwardergroden war, <strong>wie</strong><br />
der <strong>Wilhelmshavener</strong> Architekturhistoriker<br />
Dr. Ingo Sommer in<br />
der Festschrift zum 50-jährigen<br />
Bestehen Fedderwardergrodens<br />
1990 ausführte, als einer<br />
von 30 neuen Stadtteilen gedacht.<br />
Fortsetzung auf Seite 27
Präsentiert<br />
vonund<br />
Wohnraum für die Rüstungsarbeiter<br />
Fortsetzung von Seite 26<br />
Diese Trabantensiedlungen<br />
sollten <strong>wie</strong> ein Ring die Seefestung<br />
Wilhelmshaven einfassen“.<br />
Die „Gemeinschaftssiedlung“,<br />
<strong>wie</strong> sie von den Planern<br />
bezeichnet wurde, war laut<br />
Sommer das wohl größte zusammenhängendeWohnbauprojekt<br />
im Deutschen Reich zwischen<br />
1933 und 1945.<br />
Zwei Jahre vor Baubeginn<br />
war der Fedderwardergroden,<br />
der zur Gemeinde Fedderwarden<br />
und dem Amt Jever gehörte,<br />
im Zuge des „Groß-Hamburg-Gesetzes“<br />
Wilhelmshaven<br />
zugeschlagen worden.<br />
Vom 15. bis 18. Jahrhundert<br />
hatte man ihn mühselig der weit<br />
nach Westen ausgreifenden<br />
Maadebucht abgerungen. Posener<br />
Straße, Möwenstraße und<br />
Kreuzweg waren einmal alte<br />
Deichzüge.<br />
Zum Bau der Siedlung bediente<br />
man sich der eigens dafür<br />
1937 gegründeten Wohnungsbaugesellschaft<br />
Jade,<br />
die vom Land Oldenburg, den<br />
Städten Wilhelmshaven und<br />
Rüstringen und dem Amtsverband<br />
Friesland aus der Taufe<br />
gehoben worden war. Das Haus<br />
Weichselstraße 43 war als erstes<br />
fertig und wurde im Juni<br />
1940 bezogen.<br />
Viele Häuser jedoch konnten<br />
im Verlauf der Kriegsjahre nur<br />
provisorisch hergestellt werden<br />
und wurden gerade rechtzeitig<br />
genug fertig, um als Notunterkunft<br />
für die Ausgebombten in<br />
der Innenstadt zu dienen. Beim<br />
Bau mussten Heerscharen aus-<br />
Das Plauentief in Höhe der Kulmer Straße <strong>heute</strong> – ein Schilfmeer. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
ländischer Zwangsarbeiter<br />
helfen, die in Barackenlagern<br />
eingepfercht waren.<br />
Baracken als Notunterkünfte<br />
und Behelfsbauten prägten<br />
auch nach dem Kriege noch das<br />
Bild in Fedderwardergroden. In<br />
ihnen lebten hier wohnungslos<br />
Gewordene und Flüchtlinge. Mit<br />
Fertigstellung des Wohngebietes<br />
Allensteinweg Mitte der<br />
60er-Jahre konnte ein Teil der<br />
Baracken geräumt werden.<br />
Welcher alte Fedderwardergrodener kann sich an dieses nicht<br />
mehr fertig gestellte Gemäuer erinnern? Wo war es und was<br />
sollte daraus werden? Was steht dort <strong>heute</strong>? – Wissen Sie es?<br />
Dann schreiben Sie der WZ-Redaktion. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
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Vorher Nachher
Seite 28 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Blick vom Turm des Rüstringer Rathauses über Siebethsburg (rechts), Sedan mit der großen Wasserturmschule und Neuende mit<br />
seiner Kirche im Hintergrund (links). Vorn die Gasometer der Gas- und Elektrizitätswerke Wilhelmshaven-Rüstringen und der<br />
feinmechanische Betrieb Kuhlmann. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
Fabrikant und Wohngenossen<br />
SIEBETHSBURG/SEDAN/SI – Die<br />
beiden historischen Fotos zeigen<br />
den Blick vom Rathausturm<br />
auf Siebethsburg über das Betriebsgelände<br />
der Gas- und<br />
Elektrizitätswerke Wilhelmshaven-Rüstringen<br />
und der Firma<br />
Franz Kuhlmann hinweg. Der<br />
erste Aufnahme (oben) ent-<br />
Der gleiche Blick <strong>heute</strong>: Die Spitze des Neuender<br />
Kirchturms verschwindet im Hintergrund<br />
fast im Grün, Siebethsburg ist um die Höger-<br />
Bauten größer, ein Supermarkt und andere<br />
stand vermutlich in den 20er-<br />
Jahren, als der Großteil der von<br />
den Architekten Paul Hakenholz<br />
und Brandes seit 1904 errichtetenGenossenschaftswohnungsbauten<br />
des Bauvereins<br />
Rüstringen errichtet waren.<br />
Wo man im Hintergrund zwischen<br />
Siebethsburg und Sedan<br />
undHeute<br />
noch die Hütten von Kleingärten<br />
erkennen kann, entstanden<br />
erst ab 1936 die Höger-Klinkerbauten<br />
des Bauvereins.<br />
Die beiden Gasometer an<br />
der Mitscherlichstraße rechts<br />
im Vordergrund dienten der Bevorratung<br />
mit Stadtgas. Das<br />
Gas wurde im Gaswerk an Ort<br />
Geschäfte nehmen den Platz von den Kuhlmann-Werkstätten<br />
und dem Gasometer ein..<br />
Park- und Möbelhaus an dieser Stelle waren<br />
nur eine Episode. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
und Stelle aus Koks erzeugt<br />
und diente in erster Linie zur<br />
Versorgung der Haushalte und<br />
für die öffentliche Straßenbeleuchtung.<br />
Das Gaswerk war<br />
1896 errichtet worden und nur<br />
bis 1917 in Betrieb.<br />
Die Firma Franz Kuhlmann<br />
stellte Präzisionszeichenmaschinen<br />
von Weltruf her. Franz<br />
Kuhlmann hatte 1899 die Mechanikerwerkstatt<br />
seines Vaters<br />
Bernhard Friedrich Kuhlmann<br />
übernommen, in der Navigations-,<br />
Peil-, und Zielinstrumente<br />
im Auftrag der Kaiserlichen<br />
Werft hergestellt wurden.<br />
Später verschaffte sich die Manufaktur<br />
auch auf dem zivilen<br />
Markt Anerkennung.<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg<br />
war es die in Serie produzierte<br />
Zeichenmaschine, mit der das<br />
Unternehmen sich Weltgeltung<br />
verschaffte.<br />
Kuhlmann galt als fortschrittlicher<br />
Unternehmer.<br />
1908 führte er bezahlten<br />
Urlaub ein, er richtete eine Lehrwerkstatt<br />
ein und gründete eine<br />
Stiftung zur Förderung eines<br />
Lehrstuhls für internationales<br />
Privatrecht. Er erhielt das Bundesverdienstkreuz<br />
und wurde<br />
anlässlich seines 80. Geburtstages<br />
zum Ehrenbürger ernannt.<br />
Fortsetzung auf Seite 29
Präsentiert<br />
vonund<br />
Siebethsburg: Aufbau und Zerstörungen<br />
Fortsetzung von Seite 28<br />
Auf dem zweiten Foto, das<br />
gegen Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
oder kurz danach aufgenommen<br />
sein dürfte, sieht<br />
man das später auf der nördlichen<br />
Seite der Bismarckstraße<br />
errichtete Betriebsgebäude<br />
der Firma Kuhlmann. Das alte<br />
Betriebsgebäude liegt nach<br />
Bombentreffern in Trümmern,<br />
ebenso <strong>wie</strong> das Gaswerk und<br />
etliche Wohn- und Geschäftshäuser.<br />
Im Hintergrund sieht man<br />
den neuen Teil der Gartenstadt<br />
Siebethsburg.und dahinter die<br />
Stadtparkkolonie. Die Klinkerhäuser-Siedlung<br />
wurde von dem<br />
Hamburger Architekten Prof.<br />
Fritz Höger konzipiert, einem<br />
der damals Führenden in seiner<br />
Zunft. Zwischen 1936 und<br />
Siebethsburg nach den Zerstörungen des Bombenkrieges – und <strong>heute</strong> FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
1940 entstanden 1600<br />
Wohnungen. Im Krieg wurden<br />
vor allem im alten Teil<br />
Gester n<br />
undHeute<br />
Siebethsburgs etliche Häuser<br />
zerstört und durch neue ersetzt.<br />
Ganz Siebethsburg steht unter<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 29<br />
Denkmalschutz und ist noch<br />
<strong>heute</strong> eine der bevorzugten<br />
Wohnlagen Wilhelmshavens.<br />
Wilhelmshaven – gestern<br />
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Seite 30 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Altengroden:<br />
Sch<strong>wie</strong>riger Beginn<br />
Der Goedenser Weg in Altengroden wohl Ende der 40er-Jahre. Viele der zunächst geplanten Wohnblocks wurden während der<br />
Kriegsjahre nicht fertig. Noch nach dem Kriege war die Siedlung lange ein Provisorium. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
ALTENGRODEN/SI – Der Stadtteil<br />
Altengroden wurde im Zuge der<br />
Aufrüstung Deutschlands und<br />
damit auch des Kriegshafens<br />
Wilhelmshaven geplant und<br />
während der Kriegsjahre mehr<br />
notdürftig in Teilen verwirklicht.<br />
Hier sollten Marineangehörige<br />
und Werftarbeiter unterkommen.<br />
Insgesamt waren 2500<br />
Wohnungen geplant, von denen<br />
bis Kriegsende allerdings<br />
erst 500 gebaut<br />
waren.<br />
Der erste Spatenstich<br />
erfolgte am 31.<br />
Mai 1939 an der Klinkeburg,<br />
die Häuser<br />
am Goedenser Weg,<br />
der als Geschäftsmeile<br />
geplanten Straße,<br />
wurden 1942 errichtet.<br />
Bauherr war die<br />
gemeinnützige Gesellschaft<br />
zur Schaffung<br />
von Wohngelegenheiten<br />
für Reichsangehörige<br />
mit Sitz in<br />
Berlin.<br />
Schon kurz nach<br />
dem Kriege war es die<br />
vornehmste Aufgabe<br />
des bald gegründeten<br />
Bürgervereins, bessereWohnverhältnisse<br />
einzufordern.<br />
Denn der Straßenbau hatte auf<br />
sich warten lassen, viele Häuser<br />
waren kaum mit dem Notdürftigsten<br />
ausgestattet.<br />
Der Bund veräußerte seine<br />
Häuser in Altengroden Nord vor<br />
einigen Jahren an private Investoren.<br />
Äußerlich macht die Siedlung<br />
mit ihrer Weite und dem<br />
vielen Grün einen wohnlichen<br />
Eindruck, doch klagten viele<br />
undHeute<br />
Mieter in den vergangenen Jahren<br />
und nicht zuletzt der Bürgerverein,<br />
dass zu wenig in Erhalt<br />
und Modernisierung der Häuser<br />
investiert werde.<br />
Anders liegt die Sache im<br />
Südteil Altengrodens, wo privatund<br />
genossenschaftliches<br />
Wohneigentum vorherrscht.<br />
Dieser Stadtteil wurde von<br />
1959 bis 1962 von den drei gro-<br />
Der Goedenser Weg <strong>heute</strong>. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
ßen <strong>Wilhelmshavener</strong> Wohnungsbaugesellschaftenerrichtet.<br />
Hier entstanden Geschosswohnungen,<br />
Reihenhäuser und<br />
zum Stadtpark hin komfortable<br />
Einfamilienhäuser.<br />
Am Beispiel Altengrodens<br />
soll an dieser Stelle skizziert<br />
werden, <strong>wie</strong> es zu unseren heutigen<br />
Stadtteilnamen gekommen<br />
ist. Die meisten sind alte<br />
Flurnamen und lassen<br />
erkennen, <strong>wie</strong> sehr<br />
die Menschen in alter<br />
Zeit mit dem Meer gerungen<br />
haben.<br />
Der Alte Groden,<br />
der Neue Groden und<br />
der Fedderwarder Groden<br />
wurden der Maadebucht<br />
abgerungen<br />
der Maadebucht, die<br />
bis ins 14. Jahrhundert<br />
einen großen Teil<br />
des heutigen <strong>Wilhelmshavener</strong>Stadtgebietes<br />
überspülte.<br />
Sie trennte das nördliche<br />
Östringen vom<br />
südlichen Rüstringen.<br />
Dadurch machten<br />
sich die Menschen riesige<br />
Ländereien <strong>wie</strong>der<br />
nutzbar.<br />
Fortsetzung auf<br />
Seite 31
Präsentiert<br />
vonund<br />
Maadebucht<br />
auf heutigem<br />
Stadtgebiet<br />
Fortsetzung von Seite 30<br />
Der Mündungstrichter der<br />
Maadebucht dehnte sich im 11.<br />
Jahrhundert auf gut acht Kilometer<br />
Breite, und die Maade erstreckte<br />
sich bis über Accum hinaus<br />
nach Westen.<br />
Der Autor Hermann Ahner<br />
schildert in seinem Buch „Hafenbauer<br />
gründeten Wilhelmshaven“<br />
den mittelalterlichen<br />
Küstenverlauf: Die Maade war<br />
aus den Gewässern entstanden,<br />
die aus der Friedeburger<br />
Gegend sickerten.<br />
Das Friedeburger Tief war ihr<br />
Oberlauf. Von Schaar ab war die<br />
Maade schiffbar. Im Wort<br />
Schaar (englisch shore) steckt<br />
das Wort Küste. Die Bucht galt<br />
den Seefahrern (und Seeräubern)<br />
als sicherer Zufluchtshafen.<br />
Die Sturmfluten von 1362<br />
und 1510 haben viele Deiche<br />
der Maade zerstört. Aus der<br />
Maademündung wurde eine gewaltige<br />
Seebalge.<br />
Fortsetzung auf Seite 32<br />
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Schwarzes<br />
Brack<br />
Maadebucht<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 31<br />
Nach verheerenden Sturmfluten bildete sich im 14. Jahrhundert der Jadebusen mit dem<br />
Schwarzen Brack heraus. Die Maadebucht verlandete in der Folge allmählich, man gewann<br />
neue Grodenländereien und konnte 1511 den Deich von Voslapp bis Heppens schließen.<br />
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Seite 32 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Altengroden der Maadebucht abgerungen<br />
Fortsetzung von Seite 31<br />
Die Antoniflut 1511 schuf<br />
eine Verbindung vom Schwarzen<br />
Brack bei Gödens im Süden<br />
eine direkte Verbindung der<br />
Maade mit der Jade. so dass<br />
man mit einem Kahn von Ellens,<br />
Gödens und Horsten nach<br />
Schaar zur Jade hinaus fahren<br />
konnte.<br />
Der tiefe Einbruch südlich<br />
der Maade und das Abfließen<br />
der Wasser in das Brack hatte<br />
zur Folge, dass das Viertel Bant<br />
bis Sande zur Insel wurde und<br />
der Oberlauf der Maade verlandete.“<br />
Die Menschen nutzten<br />
dies und schlossen das Bett<br />
der Maade durch den Bau neuer<br />
Deiche immer enger ein.<br />
Der nördliche Maadedeich<br />
erstreckte sich von Horsten<br />
über Neustadtgödens, Schloss<br />
Gödens, Dykhausen, Roffhausen,<br />
Langewerth, Kniphausen,<br />
Hohewerth, Schilldeich, Stein-<br />
undHeute<br />
Nichts als Marschen<strong>wie</strong>sen prägten in den 20er-Jahren das Bild links und rechts vom Altengrodener<br />
Weg, der dem Verlauf eines alten Deiches folgt. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
damm, Altendeich nach Voslapp.<br />
Der jüngste Deich auf der<br />
südlichen Maadeseite ist noch<br />
<strong>heute</strong> gut nachzuvollziehen: Auf<br />
ihm entstand der Altengrodener<br />
Weg, der sich quer durch das<br />
Stadtgebiet schlängelt.<br />
Die Verlandung der Maadebucht<br />
machte es 1520 möglich,<br />
die Maade durch einen Deich<br />
vom Gebiet des heutigen Voslapp<br />
bis zum Deichstrich von<br />
Alt-Heppens zuzuschlagen und<br />
Der Altengrodener Weg<br />
<strong>heute</strong> in Höhe des Reinhard-<br />
Nieter-Krankenhauses. Die<br />
schmale Straße schlängelt<br />
sich mit Unterbrechungen<br />
von Aldenburg im Westen bis<br />
Rüstersiel im Nordosten.<br />
WZ-FOTO: LÜBBE<br />
Der Altengrodener Weg<br />
führt südlich der<br />
Werdumer Straße durch<br />
schöne Grünanlagen.<br />
WZ-FOTO: LÜBBE<br />
auch bei Sande zu schließen.<br />
Nebenbei bemerkt: Drei Fähren<br />
überquerten im Mittelalter<br />
die Maade und Jade: Eine setzte<br />
vom Fährhuck bei Dauens<br />
nach Butjadingen über, die mittlere<br />
Fähre (daher Middelsfähr)<br />
querte die Maade im Schutz der<br />
Burg Roffhausen, und bei Altgödens<br />
setzte man über auf die<br />
andere Seite des Schwarzen<br />
Bracks zur oldenburgischen<br />
Geest.
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Einst vor den Toren der Stadt<br />
EUROPAVIERTEL/NEUENDE/SI –<br />
Das Europaviertel ist ein ruhiges<br />
Wohngebiet mit Geschossund<br />
Reihenhäusern, das Ende<br />
der 60er-, Anfang der 70er-Jahre<br />
von <strong>Wilhelmshavener</strong> Wohnungsbaugesellschaften<br />
für<br />
Soldatenfamilien und zivile Beschäftigte<br />
des Bundes errichtet<br />
wurde. Es das letzte große Ge-<br />
schosswohnungsbauprojekt,<br />
das in Wilhelmshaven durchgeführt<br />
worden ist. Danach sind<br />
zwar noch etliche Mehrfamilienhäuser<br />
im Stadtgebiet gebaut<br />
worden, doch keine ganzen<br />
Stadtteile davon. In den 60er-<br />
Jahren allerdings war der Wohnungsbedarf<br />
noch groß. Seitdem<br />
konkurriert Wilhelmshaven<br />
Blick vom Europa-Hochhaus <strong>heute</strong>. Europaring, Straßburger<br />
Allee und Brüsseler Straße heißen die Straßen. WZ-FOTO: KNOTHE<br />
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Anfang der 70er-Jahre: Das Europa-Viertel wurde für den<br />
Bedarf der Bundeswehr Beschäftigten gebaut. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
mit den friesländischen Gemeinden<br />
um die Ansiedlung der<br />
Einfamilien-Häuslebauern; von<br />
Voslapp bis zur Peterstraße,<br />
aber auch in Neuengroden und<br />
Heppens kamen sie großflächig<br />
zum Zuge. Obwohl seit Ende der<br />
<strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> | Seite 33<br />
70er-Jahre die Zahl der Einwohner<br />
Wilhelmshavens abnimmt,<br />
wuchs die Zahl der Wohneinheiten.<br />
Der einzelne <strong>Wilhelmshavener</strong><br />
lebt <strong>heute</strong> auf wesentlich<br />
größerem Wohnraum.<br />
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Seite 34 | <strong>Wilhelmshavener</strong> <strong>Zeitung</strong> Gester n<br />
Das alte Bauernhaus an der Kirchreihe/Ecke Friedrich-Paffrath-Straße wird restauriert. Im Hintergrund die Neuender Kirche.<br />
. WZ-FOTO: LÜBBE<br />
Landgemeinde wuchs zum Stadtteil<br />
Fortsetzung von Seite 33<br />
Im Europaviertel zählt der<br />
Durchschnittshaushalt nach Angaben<br />
des Statistikamtes 1,9<br />
Personen, der städtische<br />
Durchschnitt beträgt nur 1,7<br />
Personen pro Haushalt. 1986<br />
zählte man im Europaviertel<br />
noch 2100 Einwohner, <strong>heute</strong><br />
sind es 1635.<br />
Große Bäume<br />
spenden <strong>heute</strong> in den<br />
großzügigen Grünanlagen<br />
Schatten. Vor<br />
40 Jahren wirkte alles<br />
noch recht kahl, und<br />
der von Westen über<br />
die Wiesen aus erster<br />
Hand wehende Wind<br />
pfiff um die Ecken.<br />
Heute ist das Europaviertel<br />
eingehaust in<br />
die neuen, vorgelagerten<br />
Stadtviertel ent-<br />
lang dem Maadetal.<br />
Markantestes Gebäude<br />
ist das Europahochhaus<br />
an der<br />
Kreuzung Bismarckstraße/EckeSchaarreihe.<br />
Es steht auf<br />
historischem Boden. Früher befand<br />
sich hier das Café Hilmers,<br />
ein schönes Gartencafé vor der<br />
Stadt und beliebtes Ausflugslo-<br />
kal für viele Heppenser, Banter<br />
und <strong>Wilhelmshavener</strong>. Es wurde<br />
1967 abgerissen.<br />
Das Europaviertel liegt in direkter<br />
Nachbarschaft des alten<br />
Dorfes Neuende rings um die<br />
Neuender Kirche, die um das<br />
Jahr 1400 herum erbaut worden<br />
ist. Das Kirchspiel erstreckte<br />
sich von der Ebkeriege,<br />
einem alten Deichzug, der die<br />
südlich davon gelegenen Ländereien<br />
vor den Wassern der mittelalterlichen<br />
Maadebucht<br />
undHeute<br />
Das alte Bauernhaus zu Beginn des Jahrhunderts.<br />
Man erkennt noch den alten Deich, der allerdings<br />
auf der südlichen Seite des Bauernhauses vorbeiführte,<br />
während die Straße <strong>heute</strong> nördlich davon<br />
verläuft. FOTO: WZ-BILDDIENST<br />
schützte, über die Kirchreihe<br />
(ebenfalls ein alter Deichzug)<br />
bis nach Altengroden und Neuengroden.<br />
Auch Bant gehörte<br />
ursprünglich dazu. Im Zuge des<br />
Hafenbaus siedelten sich hier<br />
Tausende Arbeiter an, sodass<br />
Bant 1879 als selbstständige<br />
Gemeinde von Neuende abgetrennt<br />
wurde. Die landwirtschaftlich<br />
geprägte<br />
Neuender Gemeinde<br />
hatte Sorge, von<br />
den Armenlasten<br />
der Arbeitersiedlungen<br />
erdrückt zu werden.Nichtsdestoweniger<br />
wuchs Neuende.<br />
Der Bau der Sander<br />
Chaussee von der<br />
Ebkeriege zur Hafenbaustelle<br />
(<strong>heute</strong><br />
Bismarckstraße) in<br />
den 1860er-Jahren<br />
sorgte für weiteren<br />
Zuzug (Sedan). Am<br />
Altengrodener Weg,<br />
an der Kirchreihe, in<br />
Aldenburg, Altenund<br />
Neuengroden<br />
siedelten sich immer mehr<br />
Menschen an. 1900 wurde die<br />
zweiklassige Schule Neuende<br />
gebaut, es folgte der Bau der<br />
Schule Neuengroden und 1904<br />
der Siebethsburger Schule im<br />
neuen Neuender Ortsteil, der<br />
Arbeitersiedlung Siebethsburg.<br />
Der kleine Kirchhof reichte<br />
für die Gräber längst nicht mehr<br />
aus. 1872 legte man „Heilig<br />
Land“ an, 1909 den Friedhof Aldenburg.<br />
Die Stadtparkkolonie<br />
kam hinzu. Je mehr Neuende<br />
wuchs, desto mehr verstädterte<br />
es. 1910 lebten auf dem Gebiet<br />
der Gemeinde Neuende<br />
7454 Personen. Im Gemeinderat<br />
wurde aus der bäuerlichen<br />
Mehrheit eine Minderheit, die<br />
es nicht mehr verhindern konnte,<br />
dass sich Neuende mit der<br />
Gemeinde Bant und dem mittlerweile<br />
Stadt gewordenen Heppens<br />
1911 zur Stadt Rüstringen<br />
zusammenschloss.<br />
Die nationalsozialistischen<br />
Städteplaner hatten mit Neuende<br />
noch weitaus Größeres vor.<br />
Neue Wohntrabanten-Siedlungen<br />
sollten sich bis weit über<br />
Langewerth hinaus erstrecken,<br />
an der Schaarreihe der neue<br />
Kopfbahnhof und hier auch das<br />
neue prachtvolle Zentrum entstehen.<br />
In den vergangenen 40<br />
Jahren ist um Neuende herum<br />
zwar viel gebaut worden, doch<br />
im Zentrum blieb es ein Dorf.
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