Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN Der Ober kam mit dem Champagner. Vera Jörgens erhob sich von ihrem Sitz und gab dem Kellner ein Handzeichen: „Bitte auf mein Appartement, 112/113!“ Noch ehe Lukowsky etwas einwenden konnte, wandte sie sich an ihn: „Hier sind zu viele Menschen! Man findet einfach keine innere Ruhe.“ Sie ging voraus, ohne ihm Gelegenheit zur Gegenrede zu lassen. Das Appartement 112/113 im ersten Stockwerk war lindgrün mit hellgrauem Arabeskenmuster tapeziert. Auch die Decken waren lindgrün, jedoch heller. Rechts und links eines graugrün bezogenen Sofas thronten mittelgroße Lampen mit gelblich-grünen Schirmchen auf kleinen Podesten. Davor gab es einen elliptischen Tisch mit dunkler Marmorplatte und einem Spitzendeckchen, auf dem eine mit weißen und rosa Nelken bestückte Vase stand. Außer dem Sofa boten sich zwei zu diesem passende Sessel als Sitzgelegenheit an. Grüne Vorhänge verdeckten die beiden hohen Fenster des Raums, von dem aus zwei Türen in ein Schlafzimmer und in ein kleines Bad führten. Die Tür zum Badezimmer stand offen. Vera Jörgens schloß sie schnell und machte es sich auf dem Sofa bequem. Die beiden Stehlampen verbreiteten ein trübes gelbes Licht, dessen Schein kaum zwei Meter weit reichte, jedoch das Sofa und den unmittelbaren Bereich des Tisches hinlänglich erfaßte und eine Atmosphäre von Gemütlichkeit erzeugte. Vera Jörgens rückte ein wenig schräg auf dem Sofa zurecht, winkelte die Beine an und legte die Füße hoch und streifte dabei die Schuhe ab, ohne daß dies aber so gewirkt hätte, als wolle sie provozieren. Sie zog auch die locker gewordene Zierspange aus ihren Haaren und löste sie auf. Auch dies tat sie in einer Weise, die eher den Wunsch nach persönlicher Behaglichkeit annehmen ließ als gezielte Verführungsabsicht, obschon eine dementsprechende Wirkung auf einen Mann unmöglich ausbleiben konnte. Die Frau erklärte dabei mit souveräner Selbstverständlichkeit: „Ich fühle mich barfuß und mit offenen Haaren am wohlsten. Es stört Sie doch nicht?“ Lukowsky steckte sich eine Zigarette in den Mund: „Ganz und gar nicht. Stört es Sie, wenn ich rauche?“ Sie erwiderte: „Auch nicht!“ Sie schüttelte ihre Haare locker und erklärte: „Hochgesteckt halten sie nicht. Sie sind ziemlich dick und bei der Länge zum Aufstecken zu schwer. Ich habe alles Mögliche ausprobiert und es dann aufgegeben. Nach spätestes einer Viertelstunde löst sich jede Frisur auf." Sie spielte mit ihren Haaren und neigte ein wenig den Kopf: "Fragen Sie mich nicht, warum ich meine Mähne nicht einfach ein bißchen schneide?" Ihre Augen sahen ihn auf eine zurückhaltend lauernde Weise an. Lukowsky hatte das Gefühl, daß diese Frage eine Prüfung war und ( 63 )

Z-PLAN seine Antwort ein für allemal darüber entscheiden würde, ob sie sich näherkommen könnten oder nicht. Er erwiderte ehrlich und ohne zu zögern: "Ich fände das schlimm, Fräulein Jörgens. Es würde den Traum von Dulcinea zerstören. Bitte bleiben Sie ganz genau so, wie Sie sind!" Die Frau beobachtete für ein paar lange Sekunden seine Augen und sagte fest: "Dessen können Sie sicher sein! Möglicherweise wäre es vernünftiger, meine Haare einmal zu schneiden, nicht allzu viel, aber ein Stück kürzer, damit ich sie hochstecken könnte." Sie betonte: "Nicht etwa aus Bequemlichkeit oder aus modischen Gründen, sondern um weniger auffällig zu sein, wenn jemand mit meiner Personenbeschreibung hausieren geht." Lukowsky erinnerte sich, wie der Kriminalbeamte Cornelius ihn nach einer langgezopften jungen Dame gefragt hatte. "Allerdings," fuhr die Frau zu sprechen fort, "ich bin nicht die einzige im Umkreis der Dinge, auf die eine solche Beschreibung paßt. Das ist tatsächlich so." Vera Jörgens beugte sich leicht vor, eine spürbare Anspannung erfaßte ihren Körper und ihre Stimme hob sich um eine Nuance: "Aber vor allem: Ich will meine Haare so lang behalten, ich will sie nicht schneiden! Ich will das nicht! Ich will nicht, ich will nicht! Eher würde ich sterben!" Nach einer winzigen Pause lehnte sie sich gelöst zurück und merkte an: "Nur die Spitzen müssen manchmal ein bißchen dran, damit sie schön dicht bleiben. Ich mache das selbst. Es ist jedesmal eine Qual. Doch keine zehn Pferde brächten mich jemals zu einem Friseur!“ Sie spielte mit den Fluten ihrer Haare und sah Lukowsky mit ihren großen Augen an: „Meine Haare bedeuten mir sehr viel! Und nicht etwa aus purer Eitelkeit! Wenn Sie mich verstehen wollen, müssen Sie das wissen. Für mich hat dies auch eine kulturphilosophische Seite. Können Sie sich Isolde oder Brünhilde, Helena oder Dido anders vorstellen? Das ist für mich bedeutsam! Ich habe ein sehr inniges Verhältnis zu den Heldinnen der Antike, ganz besonders zu Brünhild." Sie sah ihn mit einem ernsten Blick an: "Ich bin nicht religiös und halte auch wenig von Esoterik. Aber es ist meine feste Überzeugung, daß die Mythen unserer Vorfahren, wie sie noch durch die Lieder der Edda schimmern, nicht ohne einen wahren Kern sind. So glaube ich beispielsweise, daß die Walküren reale Wesen waren - und sind. Es gibt einen tief verborgenen Sinn hinter dem Sinn in den Überlieferungen unserer Ahnen! Ich bin mir meiner Wurzeln sehr bewußt. Was zählen schon tausend oder zweitausend Jahre?" Sie spielte weiter mit ihren Haaren und zitierte aus der Edda: "Da seh' ich auftauchen zum anderen Mal aus dem Wasser die Erde und wieder grünen. Die Fluten sinken, darüber kreist der Aar..." Vera Jörgens lächelte still in sich hinein, ihr Blick war in eine unsicht- ( 64 )

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seine Antwort ein für allemal darüber entscheiden würde, ob sie sich näherkommen<br />

könnten o<strong>der</strong> nicht. Er erwi<strong>der</strong>te ehrlich und ohne zu zögern: "Ich<br />

fände das schl<strong>im</strong>m, Fräulein Jörgens. Es würde den Traum von Dulcinea zerstören.<br />

Bitte bleiben Sie ganz genau so, wie Sie sind!" Die Frau beobachtete für ein<br />

paar lange Sekunden seine Augen und sagte fest: "Dessen können Sie sicher<br />

sein! Möglicherweise wäre es vernünftiger, meine Haare einmal zu schneiden,<br />

nicht allzu viel, aber ein Stück kürzer, damit ich sie hochstecken könnte." Sie<br />

betonte: "Nicht etwa aus Bequemlichkeit o<strong>der</strong> aus modischen Gründen, son<strong>der</strong>n<br />

um weniger auffällig zu sein, wenn jemand mit meiner Personenbeschreibung<br />

hausieren geht." Lukowsky erinnerte sich, wie <strong>der</strong> Kr<strong>im</strong>inalbeamte Cornelius<br />

ihn nach einer langgezopften jungen Dame gefragt hatte. "Allerdings," fuhr die<br />

Frau zu sprechen fort, "ich bin nicht die einzige <strong>im</strong> Umkreis <strong>der</strong> Dinge, auf die<br />

eine solche Beschreibung paßt. Das ist tatsächlich so." Vera Jörgens beugte sich<br />

leicht vor, eine spürbare Anspannung erfaßte ihren Körper und ihre St<strong>im</strong>me hob<br />

sich um eine Nuance: "Aber vor allem: Ich will meine Haare so lang behalten,<br />

ich will sie nicht schneiden! Ich will das nicht! Ich will nicht, ich will nicht!<br />

Eher würde ich sterben!" Nach einer winzigen Pause lehnte sie sich gelöst<br />

zurück und merkte an: "Nur die Spitzen müssen manchmal ein bißchen dran,<br />

damit sie schön dicht bleiben. Ich mache das selbst. Es ist jedesmal eine Qual.<br />

Doch keine zehn Pferde brächten mich jemals zu einem Friseur!“ Sie spielte mit<br />

den Fluten ihrer Haare und sah Lukowsky mit ihren großen Augen an: „Meine<br />

Haare bedeuten mir sehr viel! Und nicht etwa aus purer Eitelkeit! Wenn Sie<br />

mich verstehen wollen, müssen Sie das wissen. Für mich hat dies auch eine<br />

kulturphilosophische Seite. Können Sie sich Isolde o<strong>der</strong> Brünhilde, Helena o<strong>der</strong><br />

Dido an<strong>der</strong>s vorstellen? Das ist für mich bedeutsam! Ich habe ein sehr inniges<br />

Verhältnis zu den Heldinnen <strong>der</strong> Antike, ganz beson<strong>der</strong>s zu Brünhild." Sie sah<br />

ihn mit einem ernsten Blick an: "Ich bin nicht religiös und halte auch wenig von<br />

Esoterik. Aber es ist meine feste Überzeugung, daß die Mythen unserer Vorfahren,<br />

wie sie noch durch die Lie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Edda sch<strong>im</strong>mern, nicht ohne einen<br />

wahren Kern sind. So glaube ich beispielsweise, daß die Walküren reale Wesen<br />

waren - und sind. Es gibt einen tief verborgenen Sinn hinter dem Sinn in den<br />

Überlieferungen unserer Ahnen! Ich bin mir meiner Wurzeln sehr bewußt. Was<br />

zählen schon tausend o<strong>der</strong> zweitausend Jahre?" Sie spielte weiter mit ihren<br />

Haaren und zitierte aus <strong>der</strong> Edda: "Da seh' ich auftauchen zum an<strong>der</strong>en Mal aus<br />

dem Wasser die Erde und wie<strong>der</strong> grünen. Die Fluten sinken, darüber kreist <strong>der</strong><br />

Aar..." Vera Jörgens lächelte still in sich hinein, ihr Blick war in eine unsicht-<br />

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