Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN Zeichen des Menschensohns - in beiden Weltkriegen? Die unsrigen! Allein die deutschen! Der Feind hat Kokarden und Sterne - wir aber tragen das Kreuz Christi!" Beekn ließ abermals ein Kichern hören. "Ja, ja," betonte er, "es wird wiederkommen! Wir werden wiederkommen! Mit großer Macht und Herrlichkeit! Und dann werden die Völker der Erde jammern und klagen! Ja, ja! Darüber sollten Sie nachdenken, Herr Flieger, denn das kommt in nicht allzu ferner Zeit, es ist bald so weit, bald!" Dabei strahlte Beekn ruhige Gewißheit und zufriedene Fröhlichkeit aus. Durch Ernst Lukowskys Kopf zogen unfaßbare Gedanken wie goldene und glutrote Vögel. Er zögerte mit der Frage: "Wissen Sie, ob ... Habe ich vorhin Vera gesehen? Vera Jörgens - war sie hier?" Beekn zeigte eine erstaunte Miene: "Aber natürlich! Sie gehört doch zu uns, zu den Vollstreckern der Apokalypse! Genau wie ihr Vater und noch so einige." Lukowsky richtete den Blick auf die Wolken des Himmels. Sie färbten sich violett. Als er wieder zu dem alten Mann neben sich sah, war dieser eingenickt. Er hatte kaum Ähnlichkeit mit Beekn, und das Buch in seinen Händen war ein zerlesener Ganghofer-Roman. Wie Lukowsky in den Wagen stieg, schloß er die Tür vorsichtig und leise - um den fremden alten Mann auf den Baumstämmen nicht zu wecken - oder auch aus noch ein paar anderen Gründen. Er lenkte nach Düsseldorf zurück. Die Dunkelheit kam jetzt schnell, an die Stelle der warmen Abendsonne trat ein kühler Mond. Lukowsky dachte an Vera, an die unwirkliche und gleichsam wirkliche Begegnung mit ihr und daran, daß sie in einer anderen Welt lebte, unerreichbar für ihn - so lange er auf war. Und dann drang etwas in ihn ein, kühl wie von dem bleichen Mondschein herangetragen, das die Sehnsucht nach dem Sterben hieß. Hatte er nicht genug getan für ein Erdenleben? Hatte er sich Veras ewige Nähe noch nicht verdient? Nein, hatte sie gesagt, nein! Es gelte zuerst noch, den großen Drachen zu besiegen! Dazu sollte, mußte, er das Seine beitragen - auf welche Weise auch immer. Das war Veras Wunsch, Veras Befehl! Also mußte es so sein, ein allerletzter Sinn und Zweck in diesem seinen Erdendasein, daß keinen anderen mehr kannte. Klar schien das Mondlicht vom Himmel - und kalt. Die Sonne war untergegangen, und das Morgenrot wollte sich nicht zeigen. Zum erstenmal fuhr Lukowsky zu jenem Haus an der Rheinallee, das Vera ihm einmal als ihre verdeckte Privatanschrift genannt hatte. Er sollte dorthin nicht kommen, es sei denn, sie würde es ausdrücklich wünschen. Doch mittlerweile galt dieses Gebot sicherlich nicht mehr. Wahrscheinlich hatte das Haus längst ( 607 )

Z-PLAN neue Bewohner. Diese Vermutung schien sich schon von weitem zu bestätigen, denn hinter den Fenstern des Erdgeschosses brannte Licht. Lukowsky hielt dennoch an und stieg aus. Über dem Klingelknopf an der Vorgartenpforte stand noch immer der Deckname, den Vera seinerzeit genannt hatte: Wagner. Sollte das etwas zu bedeuten haben? Falls ja, was? Darunter stand aber ein zweiter Name: Berninger. Dieser Name sagte Lukowsky einiges. So hieß Astrid seit ihrer Heirat. Könnte sie jetzt hier wohnen? Das erschien ihm sehr unwahrscheinlich. Doch er war zu aufgeregt, um alles klar einordnen zu können. Hier gab es etwas Sonderbares, das empfand er im Blut. Lukowsky bemerkte, daß er Herzklopfen bekam - ein kühles Herzklopfen wie aus dem Lichte des Mondes, denn Vera konnte hier nicht mehr sein. Er drückte auf den kleinen, silberfarbenen Klingelknopf. Fast im selben Moment öffnete ein Summer die niedrige Pforte, beinahe so, als habe jemand ihn schon bemerkt. Lukowsky schritt zwischen Rhotodendron-Sträuchern über einen mit viereckigen Steinplatten belegten Weg durch den kleinen Vorgarten bis an die Haustür. Diese wurde von einer Frau geöffnet, ohne daß abermaliges Läuten nötig gewesen wäre. Für einen winzigen Augenblick durchzuckte Lukowsky ein heißer Blitz. Doch die Frau im Türrahmen war nicht Vera Jörgens. Sie war auch nicht Astrid. Dennoch kam sie ihm auf unerklärliche Weise bekannt vor. Sie mochte Ende Zwanzig sein. Eine hübsche schlanke Frau mit hellen Augen und seitlich gescheitelten rotbraunen Haaren, die bis zu den Ellenbogen reichten. Sie trug einen dunkelbraunen Karminrock mit einem breiten Gürtel und eine dazu passenden Bolero über einer beigen Bluse. Die junge Frau zeigte einen sehr erstaunten, aber auch erfreuten Gesichtsausdruck, gerade so, als wisse sie, wer er sei und freue sich über einen seit langem erwarteten Besuch. Dann, auf einmal, wußte er alles, denn die junge Frau sagte: "Ich bin Siglinde!" - Siglinde, Astrids erstes Kind - Ernst Lukowskys Tochter! Und unwillkürlich dachte er an die Arie aus der Walküre: 'So blühe denn Welsungen Blut!', und fast gleichzeitig: 'Vita Nova!'. Urplötzlich begriff er jetzt auch den weiteren Sinn von Veras Worten, als sie gesagt hatte: 'Du hast überdies einen guten Grund in diesem Leben zu kämpfen - nicht allein für mich!' Vera hatte von seiner Tochter gewußt - wie oder woher auch immer. Am Himmel hing noch die Nacht und der kühle Mond stand zwischen den ziehenden Wolken, doch warm überstrahlt vom dem Ahnen des Morgenrots, das hinter dem Horizont bereits nahte. Siglinde lächelte und sagte nach einem kleinen Zögern: "Ich kenne natürlich von Ihnen Fotografien - von Dir, Vater." Diese Anrede empfand er so ungewohnt. ( 608 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

Zeichen des Menschensohns - in beiden Weltkriegen? Die unsrigen! Allein die<br />

deutschen! Der Feind hat Kokarden und Sterne - wir aber tragen das Kreuz<br />

Christi!" Beekn ließ abermals ein Kichern hören. "Ja, ja," betonte er, "es wird<br />

wie<strong>der</strong>kommen! Wir werden wie<strong>der</strong>kommen! Mit großer Macht und Herrlichkeit!<br />

Und dann werden die Völker <strong>der</strong> Erde jammern und klagen! Ja, ja! Darüber<br />

sollten Sie nachdenken, Herr Flieger, denn das kommt in nicht allzu ferner Zeit,<br />

es ist bald so weit, bald!" Dabei strahlte Beekn ruhige Gewißheit und zufriedene<br />

Fröhlichkeit aus. Durch Ernst Lukowskys Kopf zogen unfaßbare Gedanken wie<br />

goldene und glutrote Vögel. Er zögerte mit <strong>der</strong> Frage: "Wissen Sie, ob ... Habe<br />

ich vorhin Vera gesehen? Vera Jörgens - war sie hier?" Beekn zeigte eine erstaunte<br />

Miene: "Aber natürlich! Sie gehört doch zu uns, zu den Vollstreckern<br />

<strong>der</strong> Apokalypse! Genau wie ihr Vater und noch so einige."<br />

Lukowsky richtete den Blick auf die Wolken des H<strong>im</strong>mels. Sie färbten sich<br />

violett.<br />

Als er wie<strong>der</strong> zu dem alten Mann neben sich sah, war dieser eingenickt. Er hatte<br />

kaum Ähnlichkeit mit Beekn, und das Buch in seinen Händen war ein zerlesener<br />

Ganghofer-Roman.<br />

Wie Lukowsky in den Wagen stieg, schloß er die Tür vorsichtig und leise - um<br />

den fremden alten Mann auf den Baumstämmen nicht zu wecken - o<strong>der</strong> auch aus<br />

noch ein paar an<strong>der</strong>en Gründen. Er lenkte nach Düsseldorf zurück. Die Dunkelheit<br />

kam jetzt schnell, an die Stelle <strong>der</strong> warmen Abendsonne trat ein kühler<br />

Mond. Lukowsky dachte an Vera, an die unwirkliche und gleichsam wirkliche<br />

Begegnung mit ihr und daran, daß sie in einer an<strong>der</strong>en Welt lebte, unerreichbar<br />

für ihn - so lange er auf war. Und dann drang etwas in ihn ein, kühl wie von dem<br />

bleichen Mondschein herangetragen, das die Sehnsucht nach dem Sterben hieß.<br />

Hatte er nicht genug getan für ein Erdenleben? Hatte er sich Veras ewige Nähe<br />

noch nicht verdient? Nein, hatte sie gesagt, nein! Es gelte zuerst noch, den<br />

großen Drachen zu besiegen! Dazu sollte, mußte, er das Seine beitragen - auf<br />

welche Weise auch <strong>im</strong>mer. Das war Veras Wunsch, Veras Befehl! Also mußte<br />

es so sein, ein allerletzter Sinn und Zweck in diesem seinen Erdendasein, daß<br />

keinen an<strong>der</strong>en mehr kannte. Klar schien das Mondlicht vom H<strong>im</strong>mel - und kalt.<br />

Die <strong>Sonne</strong> war untergegangen, und das Morgenrot wollte sich nicht zeigen.<br />

Zum erstenmal fuhr Lukowsky zu jenem Haus an <strong>der</strong> Rheinallee, das Vera ihm<br />

einmal als ihre verdeckte Privatanschrift genannt hatte. Er sollte dorthin nicht<br />

kommen, es sei denn, sie würde es ausdrücklich wünschen. Doch mittlerweile<br />

galt dieses Gebot sicherlich nicht mehr. Wahrscheinlich hatte das Haus längst<br />

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