Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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Z-PLAN ruhig, er ließ sich Zeit. Schon lange hatte er keine Frau mehr so angesehen, und die Frau genoß es, mit zurückhaltender Bewunderung betrachtet zu werden. Sein Blick senkte sich auf eine ihrer schöngeformten Hände, an deren Fingern lange rotlackierte Nägel glänzten. Er nahm die rechte dieser Hände in seine rechte Hand: “Ich heiße Ernst Lukowsky. Wie darf ich Sie nennen?” Er hob den Blick wieder zu ihren Augen. Sie entzog ihm ihre Hand – langsam, betont langsam – und antwortete: “Marion. Und Du kannst Du sagen. Hier sagt sowieso jeder Du zu jedem.” Lukowsky erwiderte: “Sie sind nicht jede! –Du!, Marion.” Jetzt lächelte sie. Ein kleines, feines Lächeln voller roter Lippen. Ein unsichtbarer Schwarm winziger Funken sprang zwischen Marion Keller und Ernst Lukowsky hin und her – noch keine heißen Ströme – aber ein erster schneller Funkenflug. An der gegenüberliegenden Seite des großen Zimmers entzündete ein Mädchen vier hohe Kerzen, deren Wachssäulen rot aufleuchteten. Marion erklärte Lukowsky, was nun bevorstand: “Der irre Berst macht jetzt ein Zombi.” Lukowsky sah die Frau fragend an und legte dabei seinen Arm um sie. Marion sagte: “Du wirst schon sehen. Ich finde es scheußlich. Berst ist ein Irrer. Er spielt am liebsten mit schlafenden Frauen. Er behauptet, sie ließen ihm dann die Illusion der Reinheit. Aber ich glaube, er stellt sich dabei vor, es seien Tote. – Er spinnt." Sie rückte kaum merklich ein paar wenige Zentimeter dichter an Lukowsky heran, jene Zentimeter, die enge Körperberührung ausmachten. Lukowskys zog die Frau sanft aber fest an sich heran. Seine Hand glitt an ihrem Oberarm zur Taille. Dort fühlten seine Finger die Enden fülliger Frauenhaare über roter Seide und darunter das von weicher Haut überspannte Fleisch der schönen Frau. Der Druck seiner Hand war fest. Die Frau neben ihm mußte spüren, daß der Mann, zu dem diese Hand gehörte, nicht vorhatte, sie so bald wieder loszulassen. Ein rascher Schauer durchzitterte den biegsam schlanken Frauenkörper, so schnell und so schwach, daß allein die in diesem Moment besonders feinfühligen Fingerkuppen der Männerhand es empfinden konnten, vielleicht auch mehr erahnen als das. Aber Lukowsky spürte es doch: Die heißen Ströme begannen zu fließen, und es war ein starkes, sehr ehrliches Gefühl, ein Gefühl, das immer noch Herzklopfen kannte und Verliebtheit hieß – mehr als geile Gier. Ein trauriger Bariton sang in englischer Sprache von einer alten Frau in einer Kirche, von einem Pfarrer, der an seiner Predigt schrieb, die niemand hören wollte, von trister Einsamkeit. Er sang nicht gut, aber die Melodie war leidlich hübsch. Bernd Meißner hatte sich wieder aufgerafft und erschien flankiert von ( 591 )

Z-PLAN zwei Mädchen, die hohe rote Kerzen trugen, welche sie nun an vier Stellen des Raumes aufstellten, so daß sie die Ecken eines Quadrates bildeten. Die Kerzen brannten mit großen, unsteten Flammen. Die Kerzenträgerinnen entfernten sich. Meißner verkündete pathetisch inmitten des von vier Kerzen begrenzten Feldes: “Der erhabene Meister wird sich sogleich herablassen, uns ein Zombi zu machen!” Beifall scholl auf. Meißner verneigte sich und verließ die Zimmermitte. Die Musik ebbte ab. Laut und drohend ertönte statt dessen Mozarts Requiem: “Domine Jesu.” Auch diese Klänge wichen. Atonales Trommel- und Flötenspiel hub an. Hermann Berst schritt in die Mitte des Raumes zwischen den Kerzen. Er hatte eine weiße Kutte mit schwarzer Kordel übergezogen. Die Augenhöhlen waren schwarz oder dunkelblau geschminkt, was seinem Gesicht das Aussehen eines Totenschädels gab. Berst lief in dem Caré‚ auf und ab, als suche er den Schnittpunkt gedachter Diagonalen. Sein tief aus den Höhlen dringender Blick schweifte und ankerte schließlich in einer entlegenen Nische des großen Zimmers. Er richtete den Blick zur Decke und rief mit tiefer, grollender Stimme: “Ellen! - - - Ellen! - Dich rufe ich! Ellen! Dich befehle ich her!” Außer den Kerzen brannte kein Licht mehr. Ein Mädchen von achtzehn oder neunzehn Jahren in einem kurzen schwarzen Kleid und mit schwarzen Strümpfen trat zögernd zu ihm. Das Gesicht des Mädchens war in der Dämmerung undeutlich. Erst im Kerzenkreis wurden herausfordernde Züge erkennbar; absurder Spaß an einem bizarren Spiel. Welliges dunkelblondes Haar umstrich die Wangen des Mädchens. Jetzt stand es im Mittelpunkt zwischen den Kerzen, Berst hingegen knapp außerhalb des gedachten Quadrates. Er schlug die Kapuze über den Kopf. Sein Organ wurde noch tiefer und herrischer: “Ellen! Schmutz der Du bist! Ekel, der Dich peitscht! Grauen, das Dich würgt! -Recke Deine Arme gen Himmel und leugne nicht den Schmutz der Geilheit an Deinen Händen!” Das Mädchen gehorchte und verbiß ein Schmunzeln. “Zombi!” schrie daraufhin der Mann in weißer Kutte: “Zombi!” grölte oder lallte ein Teil der Gesellschaft, teils von Alkohol und teils von Rauschgiften wirr. Und Berst rief abermals: “Zombi! Zombi sei! Gier speit Dein Auge, Wollust Dein Mund und Schmach Dein Leib! Nenne Dich nicht länger Weib, Untier. Nenne Dich nicht länger Mensch, Satansfrucht! Krümme Dich, Zombi! Erweise Dich als Vieh, das Du von jeher bist! Krümme Dich, Tier, krieche am Boden, schlürfe den Schmutz aus Deinem Spiegel und vergehe!” – Anscheinend widerwillig beugte das Mädchen den Körper, berührte mit beiden Händen den Boden und senkte das ( 592 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

ruhig, er ließ sich Zeit. Schon lange hatte er keine Frau mehr so angesehen, und<br />

die Frau genoß es, mit zurückhalten<strong>der</strong> Bewun<strong>der</strong>ung betrachtet zu werden. Sein<br />

Blick senkte sich auf eine ihrer schöngeformten Hände, an <strong>der</strong>en Fingern lange<br />

rotlackierte Nägel glänzten. Er nahm die rechte dieser Hände in seine rechte<br />

Hand: “Ich heiße Ernst Lukowsky. Wie darf ich Sie nennen?” Er hob den Blick<br />

wie<strong>der</strong> zu ihren Augen. Sie entzog ihm ihre Hand – langsam, betont langsam –<br />

und antwortete: “Marion. Und Du kannst Du sagen. Hier sagt sowieso je<strong>der</strong> Du<br />

zu jedem.” Lukowsky erwi<strong>der</strong>te: “Sie sind nicht jede! –Du!, Marion.” Jetzt<br />

lächelte sie. <strong>Ein</strong> kleines, feines Lächeln voller roter Lippen. <strong>Ein</strong> unsichtbarer<br />

Schwarm winziger Funken sprang zwischen Marion Keller und Ernst Lukowsky<br />

hin und her – noch keine heißen Ströme – aber ein erster schneller Funkenflug.<br />

An <strong>der</strong> gegenüberliegenden Seite des großen Z<strong>im</strong>mers entzündete ein Mädchen<br />

vier hohe Kerzen, <strong>der</strong>en Wachssäulen rot aufleuchteten. Marion erklärte Lukowsky,<br />

was nun bevorstand: “Der irre Berst macht jetzt ein Zombi.” Lukowsky sah<br />

die Frau fragend an und legte dabei seinen Arm um sie. Marion sagte: “Du wirst<br />

schon sehen. Ich finde es scheußlich. Berst ist ein Irrer. Er spielt am liebsten mit<br />

schlafenden Frauen. Er behauptet, sie ließen ihm dann die Illusion <strong>der</strong> Reinheit.<br />

Aber ich glaube, er stellt sich dabei vor, es seien Tote. – Er spinnt." Sie rückte<br />

kaum merklich ein paar wenige Zent<strong>im</strong>eter dichter an Lukowsky heran, jene<br />

Zent<strong>im</strong>eter, die enge Körperberührung ausmachten. Lukowskys zog die Frau<br />

sanft aber fest an sich heran. Seine Hand glitt an ihrem Oberarm zur Taille. Dort<br />

fühlten seine Finger die Enden fülliger Frauenhaare über roter Seide und<br />

darunter das von weicher Haut überspannte Fleisch <strong>der</strong> schönen Frau. Der Druck<br />

seiner Hand war fest. Die Frau neben ihm mußte spüren, daß <strong>der</strong> Mann, zu dem<br />

diese Hand gehörte, nicht vorhatte, sie so bald wie<strong>der</strong> loszulassen. <strong>Ein</strong> rascher<br />

Schauer durchzitterte den biegsam schlanken Frauenkörper, so schnell und so<br />

schwach, daß allein die in diesem Moment beson<strong>der</strong>s feinfühligen Fingerkuppen<br />

<strong>der</strong> Männerhand es empfinden konnten, vielleicht auch mehr erahnen als<br />

das. Aber Lukowsky spürte es doch: Die heißen Ströme begannen zu fließen,<br />

und es war ein starkes, sehr ehrliches Gefühl, ein Gefühl, das <strong>im</strong>mer noch Herzklopfen<br />

kannte und Verliebtheit hieß – mehr als geile Gier.<br />

<strong>Ein</strong> trauriger Bariton sang in englischer Sprache von einer alten Frau in einer<br />

Kirche, von einem Pfarrer, <strong>der</strong> an seiner Predigt schrieb, die niemand hören<br />

wollte, von trister <strong>Ein</strong>samkeit. Er sang nicht gut, aber die Melodie war leidlich<br />

hübsch. Bernd Meißner hatte sich wie<strong>der</strong> aufgerafft und erschien flankiert von<br />

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