Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN Zeit und Wirklichkeit alle Macht verloren zu haben. Alles hier wirkte fremdartig in seiner bizarren Schönheit. Vereinzelte Eiben und dichtgedrängte Gruppen von Lärchen und Birken reckten ihre Wipfel zwischen verwilderten Sträuchern und vergessenen Grabsteinen hervor. Dazwischen ragte der Turm einer kleinen gotischen Kapelle auf. Jill-Karola sagte: „Ich würde gerne einmal aussteigen!“ Fischer blickte von der Karte nicht auf, sondern nickte nur und erklärte: „Das ist ein alter Seuchenfriedhof. Schon seit dem achtzehnten Jahrhundert nicht mehr in Benutzung. Die Leute hatten Angst vor dem schwarzen Tod, der Pest.“ Karola sagte: „Das möchte ich mir ansehen,“ und stieg aus dem Wagen. Auch Lukowsky kletterte aus dem Mustang. Mit ein paar langen Schritten holte er die vorausgegange Frau ein. Sie hakte dann ihren Arm in den seinen und meinte: „Romantisch!“ Eine lebensgroße Madonnenstatue stand vor einem längst sicherlich ausgetrockneten Brunnen. Der Brunnen und der Sockel der Madonnenfigur waren mit Moos überzogen und von wildem Efeu umrankt. „Ja,“ sagte Lukowsky, „das finde ich auch.“ Gestrüpp wucherte auf den scheinbar wahllos angeordneten Gräbern. Ihre Steine waren geborsten, ihre Kreuze gesplittert. Nichts war gerade oder rechtwinklig an diesem verwunschenen Ort, den die Menschen seit Jahrhunderten mieden. Wer hier einst beerdigt worden war, lag sehr still und vergessen. Nun kam auch Fischer hinzu. Er sinnierte: „Wir Menschen fühlen uns angeheimelt von dem, was die Vergänglichkeit all unseres Tuns zeigt. Warum wohl? Vielleicht, weil es uns, tief im Inneren, unbewußt, daran gemahnt, daß wir in diese Welt gar nicht hinein gehören, sondern in eine andere, in der wir wirklich geborgen sind, die wir aber erst nach unserem Sterben wiedersehen?“ Er ließ den Blick schweifen und forderte auf: „Laßt und weiterfahren, es ist noch ein Stück hin.“ Dann sah er Jill-Kalola an und fragte: „Erinnerst Du Dich hier an etwas Bestimmtes?“ Sie dachte nach und antwortete langsam: „So, als ob ich es auf einem Bild schon einmal gesehen hätte.“ Sie fuhren im Schrittempo an dem verlassenen Friedhof vorbei. Die Frau betrachtete alles mit viel Aufmerksamkeit und bemerkte: „Ich habe gar nicht das Gefühl, daß es hier spukt!“ Fischer pflichtete ihr bei: „Das tut es auch nicht, liebe Karola. Die Verstorbenen sind ja nicht dort, wo man sie vergräbt.“ Sie sagte: „So hatte ich es nicht gemeint, sondern: Es scheint mir nichts mit meinem Traum zu tun zu haben. Da bin ich mir jetzt sogar ziemlich sicher.“ Der Weg wurde zu einem grasbewachsenen Pfad, war jedoch fest und eben, ohne Mühe befahrbar. Am Rande einer Waldlichtung endete er. Fischer bremste, ( 381 )

Z-PLAN stellte den Motor aus, nahm den Abguß der Silberplatte und sagte: „Gehen wir!“ Die Sonne hatte sich nun ganz hinter die Wolken verzogen. Trotzdem war es nicht kalt. Doch ein heftiger Wind machte sich auf, unter dem sich Zweige und Gräser bogen. Jill-Karolas Pferdeschwanz flatterte wie eine blonde Fahne. Sie verstaute ihn unter dem Anorak und schlug die Kapuze hoch. Nach vielleicht hundert Metern wurde auf der rechten Seite, zwischen den Bäumen des Waldrands gelegen, ein flacher, verwahrloster Schuppen aus schmuddelig-weiß angestrichenem Wellblech erkennbar. Er war verhältnismäßig groß. Die Frau blieb wie angewurzelt stehen und starrte dort hinüber. Auch Fischer hielt inne. Er sagte: „Ich weiß nicht was das sein sollte. Ist nirgends eingezeichnet und stammt sicher nicht aus der Kriegszeit, keine Rede. Das kann erst ein paar Jahre alt sein.“ Jill-Karola sagte: „Ich glaube, ich kenne es! Wenn ja, dann muß es noch einen Zufahrtsweg von der anderen Seite geben. Ich glaube, ja.“ Sie ging alleine auf das verrottet daliegende Gebäude zu. Fischer und Lukowsky folgten ihr dicht auf. Unmittelbar vor dem Schuppen machte die Frau Halt. Der Schuppen hatte keine Tür mehr und auch der größte Teil des Dachs fehlte. Drinnen befand sich nichts außer viel hineingewehtem Laub. Sämtliche Fenster waren geborsten, der Beton des Bodens zeigte zahlreiche Risse und hatte in der Mitte ein großes tiefes Loch, geradezu einen Krater. Lukowsky dachte: ‚Wie vom Einschlag einer Granate‘, doch er sprach es nicht aus, weil es ihm zu abwegig vorkam. Das Bauwerk war nicht alt, es mochte vor drei oder vier Jahren errichtet worden sein, eher später als früher. Fischer rätselte: „Was kann das sein, beziehungsweise gewesen sein?“ Jill-Karola zog den Anorak enger um sich zusammen. Sie sagte: „Hier gefällt es mir nicht. Mir wird unheimlich. Ich glaube, ich bin schon hier gewesen, ja, ich glaube, es war ... Zusammen mit Bolds und Thanner und noch zwei anderen Männern, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnere.“ Sie grübelte: „Vielleicht ist es auch anders gewesen, ich besinne mich noch nicht so richtig.“ Auch Lukowsky erinnerte dies unwillkürlich an Jills Alptraum: Ein flaches Gebäude aus neuerer Zeit ... Fischer fragte die Frau: „Bist Du drinnen gewesen, oder sahst Du den Schuppen nur von außen?“ Sie nickte auf einmal heftig: „Ich war erst nicht drinnen, aber sie zerrten mich hinein, ja, ich bin fast sicher ..!“ Lukowsky ging an der Ruine vorbei um nachzusehen, ob es wirklich eine Zufahrt von der anderen Seite gebe. Es gab tatsächlich dort einen Weg. Zwar verwahrlost und überwuchert, doch ohne weiteres mit einem Auto zu befahren. Dieser Weg schien jedoch seit Jahren nicht mehr benutzt wor- ( 382 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

Zeit und Wirklichkeit alle Macht verloren zu haben. Alles hier wirkte fremdartig<br />

in seiner bizarren Schönheit. Vereinzelte Eiben und dichtgedrängte Gruppen von<br />

Lärchen und Birken reckten ihre Wipfel zwischen verwil<strong>der</strong>ten Sträuchern und<br />

vergessenen Grabsteinen hervor. Dazwischen ragte <strong>der</strong> Turm einer kleinen<br />

gotischen Kapelle auf. Jill-Karola sagte: „Ich würde gerne einmal aussteigen!“<br />

Fischer blickte von <strong>der</strong> Karte nicht auf, son<strong>der</strong>n nickte nur und erklärte: „Das ist<br />

ein alter Seuchenfriedhof. Schon seit dem achtzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t nicht mehr in<br />

Benutzung. Die Leute hatten Angst vor dem schwarzen Tod, <strong>der</strong> Pest.“ Karola<br />

sagte: „Das möchte ich mir ansehen,“ und stieg aus dem Wagen. Auch Lukowsky<br />

kletterte aus dem Mustang. Mit ein paar langen Schritten holte er die vorausgegange<br />

Frau ein. Sie hakte dann ihren Arm in den seinen und meinte:<br />

„Romantisch!“ <strong>Ein</strong>e lebensgroße Madonnenstatue stand vor einem längst sicherlich<br />

ausgetrockneten Brunnen. Der Brunnen und <strong>der</strong> Sockel <strong>der</strong> Madonnenfigur<br />

waren mit Moos überzogen und von wildem Efeu umrankt. „Ja,“ sagte Lukowsky,<br />

„das finde ich auch.“ Gestrüpp wucherte auf den scheinbar wahllos angeordneten<br />

Gräbern. Ihre Steine waren geborsten, ihre Kreuze gesplittert. Nichts<br />

war gerade o<strong>der</strong> rechtwinklig an diesem verwunschenen Ort, den die Menschen<br />

seit Jahrhun<strong>der</strong>ten mieden. Wer hier einst beerdigt worden war, lag sehr still und<br />

vergessen. Nun kam auch Fischer hinzu. Er sinnierte: „Wir Menschen fühlen<br />

uns angehe<strong>im</strong>elt von dem, was die Vergänglichkeit all unseres Tuns zeigt.<br />

Warum wohl? Vielleicht, weil es uns, tief <strong>im</strong> Inneren, unbewußt, daran gemahnt,<br />

daß wir in diese Welt gar nicht hinein gehören, son<strong>der</strong>n in eine an<strong>der</strong>e, in <strong>der</strong><br />

wir wirklich geborgen sind, die wir aber erst nach unserem Sterben wie<strong>der</strong>sehen?“<br />

Er ließ den Blick schweifen und for<strong>der</strong>te auf: „Laßt und weiterfahren,<br />

es ist noch ein Stück hin.“ Dann sah er Jill-Kalola an und fragte: „Erinnerst Du<br />

Dich hier an etwas Best<strong>im</strong>mtes?“ Sie dachte nach und antwortete langsam: „So,<br />

als ob ich es auf einem Bild schon einmal gesehen hätte.“<br />

Sie fuhren <strong>im</strong> Schrittempo an dem verlassenen Friedhof vorbei. Die Frau<br />

betrachtete alles mit viel Aufmerksamkeit und bemerkte: „Ich habe gar nicht das<br />

Gefühl, daß es hier spukt!“ Fischer pflichtete ihr bei: „Das tut es auch nicht,<br />

liebe Karola. Die Verstorbenen sind ja nicht dort, wo man sie vergräbt.“ Sie<br />

sagte: „So hatte ich es nicht gemeint, son<strong>der</strong>n: Es scheint mir nichts mit meinem<br />

Traum zu tun zu haben. Da bin ich mir jetzt sogar ziemlich sicher.“<br />

Der Weg wurde zu einem grasbewachsenen Pfad, war jedoch fest und eben,<br />

ohne Mühe befahrbar. Am Rande einer Waldlichtung endete er. Fischer bremste,<br />

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