Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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Z-PLAN Gefährlich wurde es erst, wie wir schon wieder über Deutschland waren. In der Nähe unseres Zielflugplatzes tummelte sich eine Schar von acht amerikanischen Jägern. Es waren ‚Thunderbolds‘, P 47. Ich mußte unwillkürlich daran denken, daß die Piloten in den Feindflugzeugen auf uns schießen würden, wie wir auch auf sie – obwohl wir doch gar nichts gegeneinander hatten, uns wahrscheinlich sehr gut verstehen würden, zusammen unter ein und demselben Weihnachtsbaum sitzen und ‚Stille Nacht‘ singen. Aber es war ja Krieg – Bruderkrieg. Konnte es etwas noch Dümmeres, etwas noch Schlimmeres geben?!“ Busch unterbrach seine Erzählung. Er zündete sich eine frische Zigarre an, lächelte traurig und sprach dann in nüchternem Tonfall weiter: „Vier Me 109 fegten den Feindjägern unerwartet entgegen, überstiegen sie und griffen überraschend von oben her an. Die erste P 47 stürzte schon nach Augenblicken brennend ab, dann eine zweite. Ich konnte mich darüber nicht freuen, obwohl uns dies den Weg zur gefahrlosen Landung freimachte. Als nächstes erwischte es eine von unseren Maschinen.“ Er streifte die erste Asche seiner Zigarre in den Aschenbecher: „So weit, Herr Lukowsky, also über mein bemerkenswertestes Kriegsabenteuer. Ich verdanke dieses Erlebnis Kapitänleutnant Jörgens! - Als ich aber im RSHA die Ledermappe des Amerikaners ordnungsgemäß übergeben wollte – das heißt, nach Herrn Kapitänleutnant Jörgens fragte – erntete ich nichts außer mißtrauischen Blicken. Man erklärte mir schlichtweg, den gäbe es nicht, also könne er mir auch keinen Auftrag erteilt haben! Inzwischen mußte etwas vorgefallen sein. Man konnte damals ja leicht in Ungnade fallen. Bald erfuhr ich aber, bei einem Bombenangriff waren mehrere Angehörige der Abteilung 6 des RSHA, das heißt meiner Dienststelle, des SD, ums Leben gekommen. Jörgens selbst konnte das kaum betreffen, denn er gehörte der Abteilung und überhaupt dem Reichssicherheitshauptamt nicht an. Bei den mitunter extremen Geheimhaltungsmaßnahmen war es aber leicht möglich, daß sein einziger Verbindungsmann umgekommen sein könnte, und daher niemand mehr orientiert war. Später erfuhr ich, daß es sich so verhielt. Oft wußte die eine Hand bei uns nicht, was die andere tat. Ich nahm die Mappe also wieder mit. Niemand wollte sie haben. Aus Respekt, oder mehr aus Angst, falls doch noch wer danach fragen sollte, erbrach ich das kleine Messingschloß nicht, sondern ließ die Mappe verschlossen. Sehr bald wurde ich zu einem weiteren Auslandseinsatz kommandiert. Ich dachte mir, wer weiß, wie die Geschichte in der Heimat weitergeht, der Feind rückte unaufhaltsam näher. Also packte ich einen Koffer mit einigen mir persönlich wichtigen Sachen zusammen. Die Ledermappe aus Newport ( 345 )

Z-PLAN steckte ich auch mit hinein. Den Koffer brachte ich bei meiner vertrauensseligen Tante Elvira in Kassel unter. Dann ging es nach Übersee, und wie der Krieg aus und verloren war, hielt ich es für das Beste, im Ausland zu bleiben. – Jörgens habe ich wiedergesehen ... im März oder April 1955. Die Mappe, ich gestehe, vergaß ich, ihm zu geben. Mark Valtine schnappte sie sich von mir – wir zogen damals zeitweilig an einem Strang oder unternahmen wenigstens den Versuch. Der Inhalt der Mappe – ich weiß bis heute nicht, was es war, auf alle Fälle aber inzwischen kaum noch von Wert. Jedenfalls ist Valtine wohl sehr enttäuscht davon gewesen. So lieferte er das amerikanische Angebinde von Weihnachten 1944 im Hause Jörgens ab. Er wollte sich bei dieser Gelegenheit mit Vera Jörgens aussprechen. Er wollte nicht als der Alleinschuldige am Tod ihres Vaters gelten, und das zurecht. Mark Valtine ist nicht immer das Ekel von heute gewesen, das muß man sagen. Er war zwar allzeit ein gieriger Mensch, aber zumindest ein Mensch. Schon während des Krieges lernte ich ihn kennen, das erwähnte ich vorhin schon. Wir sind damals Gegner gewesen, logischerweise, aber keine erbitterten Feinde. Wir beide kannten noch Skrupel. Wenn Valtine zu einem teuflisch gefährlichen Wahnsinnigen wurde – der er jetzt unzweifelhaft ist! – so heißt wenigstens die Hälfte der Ursache dessen: Vera Jörgens. Ihr wiederum kann man es auch nicht anlasten, denn sie trägt keine Schuld an ihrem überempfindlichen Nervenbau. Mark Valtine hatte das Pech, im falschesten aller falschen Momente zu kommen. Wahrscheinlich hat er es auch Ihnen erzählt, so wie mir und jedem, mit dem er darüber spricht, denn es läßt ihn nicht los. Wenn es im Lebenskreis von Vera Jörgens einen bösen Geist gab, so war das nämlich die Eifersucht ihrer eigenen Mutter, die von Natur her nervlich noch viel weniger zurechnungsfähig war. Auch Veras Mutter ist eine sehr schöne Frau gewesen, bloß nicht so klug wie ihre noch schönere Tochter. Frau Jörgens hielt sich für den Mittelpunkt der Welt. Daß ihr Mann so sehr in die Tochter vernarrt war, trieb die Mutter zur Weißglut. Dabei ist das Gerücht, Jörgens hätte etwas Sexuelles mit Vera gehabt, blanker Unfug.“ Busch drückte seinen Zigarrenstummel aus und schüttelte den Kopf: „Doch das ist nun Vergangenheit, alles Vergangenheit! Bloß traurig.“ Eine kleine Pause trat ein. Dann sagte Lukowsky: „Danke für Ihre Erzählung.“ Busch machte eine fatalistische Geste: „Was soll’s, Herr Lukowsky! Es gibt eine Art von Unheil, die läßt sich reparieren, und eine andere, die eben nicht! Valtine hat einen Grat überschritten, hinter dem nur noch der Abgrund kommt, und er weiß das. Er ist kein dummer Mann, auch kein ungebildeter, er macht sich be- ( 346 )

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steckte ich auch mit hinein. Den Koffer brachte ich bei meiner vertrauensseligen<br />

Tante Elvira in Kassel unter. Dann ging es nach Übersee, und wie <strong>der</strong> Krieg aus<br />

und verloren war, hielt ich es für das Beste, <strong>im</strong> Ausland zu bleiben. – Jörgens<br />

habe ich wie<strong>der</strong>gesehen ... <strong>im</strong> März o<strong>der</strong> April 1955. Die Mappe, ich gestehe,<br />

vergaß ich, ihm zu geben. Mark Valtine schnappte sie sich von mir – wir zogen<br />

damals zeitweilig an einem Strang o<strong>der</strong> unternahmen wenigstens den Versuch.<br />

Der Inhalt <strong>der</strong> Mappe – ich weiß bis heute nicht, was es war, auf alle Fälle aber<br />

inzwischen kaum noch von Wert. Jedenfalls ist Valtine wohl sehr enttäuscht<br />

davon gewesen. So lieferte er das amerikanische Angebinde von Weihnachten<br />

1944 <strong>im</strong> Hause Jörgens ab. Er wollte sich bei dieser Gelegenheit mit Vera Jörgens<br />

aussprechen. Er wollte nicht als <strong>der</strong> Alleinschuldige am Tod ihres Vaters<br />

gelten, und das zurecht. Mark Valtine ist nicht <strong>im</strong>mer das Ekel von heute gewesen,<br />

das muß man sagen. Er war zwar allzeit ein gieriger Mensch, aber zumindest<br />

ein Mensch. Schon während des Krieges lernte ich ihn kennen, das erwähnte<br />

ich vorhin schon. Wir sind damals Gegner gewesen, logischerweise,<br />

aber keine erbitterten Feinde. Wir beide kannten noch Skrupel. Wenn Valtine zu<br />

einem teuflisch gefährlichen Wahnsinnigen wurde – <strong>der</strong> er jetzt unzweifelhaft<br />

ist! – so heißt wenigstens die Hälfte <strong>der</strong> Ursache dessen: Vera Jörgens. Ihr<br />

wie<strong>der</strong>um kann man es auch nicht anlasten, denn sie trägt keine Schuld an ihrem<br />

überempfindlichen Nervenbau. Mark Valtine hatte das Pech, <strong>im</strong> falschesten aller<br />

falschen Momente zu kommen. Wahrscheinlich hat er es auch Ihnen erzählt, so<br />

wie mir und jedem, mit dem er darüber spricht, denn es läßt ihn nicht los. Wenn<br />

es <strong>im</strong> Lebenskreis von Vera Jörgens einen bösen Geist gab, so war das nämlich<br />

die Eifersucht ihrer eigenen Mutter, die von Natur her nervlich noch viel weniger<br />

zurechnungsfähig war. Auch Veras Mutter ist eine sehr schöne Frau gewesen,<br />

bloß nicht so klug wie ihre noch schönere Tochter. Frau Jörgens hielt sich<br />

für den Mittelpunkt <strong>der</strong> Welt. Daß ihr Mann so sehr in die Tochter vernarrt war,<br />

trieb die Mutter zur Weißglut. Dabei ist das Gerücht, Jörgens hätte etwas Sexuelles<br />

mit Vera gehabt, blanker Unfug.“ Busch drückte seinen Zigarrenstummel<br />

aus und schüttelte den Kopf: „Doch das ist nun Vergangenheit, alles Vergangenheit!<br />

Bloß traurig.“<br />

<strong>Ein</strong>e kleine Pause trat ein. Dann sagte Lukowsky: „Danke für Ihre Erzählung.“<br />

Busch machte eine fatalistische Geste: „Was soll’s, Herr Lukowsky! Es gibt eine<br />

Art von Unheil, die läßt sich reparieren, und eine an<strong>der</strong>e, die eben nicht! Valtine<br />

hat einen Grat überschritten, hinter dem nur noch <strong>der</strong> Abgrund kommt, und er<br />

weiß das. Er ist kein dummer Mann, auch kein ungebildeter, er macht sich be-<br />

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