Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN endlich fern jeder Kultur. Lukowsky ging weiter, in eine noch entlegeneren Gasse. Dort drang aus dem grün erleuchteten Eingang einer Halbweltbar melancholische Musik auf die dunkle Straße. Nach einigen Schritten fand Lukowsky, daß die aus der Bar ins Freie dringenden Melodien gar nicht melancholisch, sondern übertrieben fröhlich waren. Doch gerade dieser überzogenen Heiterkeit haftete etwas Tragisches an. Eine dicke Lüge tönte durch die nächtliche Gasse. An dem froschgrün erleuchteten Bareingang, über dem in schillernden Buchstaben der Name ‚KAKADU‘ prangte, ging ein junges Paar vorüber, dem die Lüge nicht auffiel. Plötzlich stand Lukowsky in dem grünlichen Lichtschein des Bareingangs. Er bemerkte es kaum. Sein Weg führte durch Dunstschwaden vieler Zigaretten, zwischen Plüschportieren hindurch, immer der überspannt fröhlichen Musik folgend. Er stieß gegen sich bewegende Leiber, drang an eine froschgrün flimmernde Theke vor, rückte auf einem Barhocker zurecht und bestellte bei einem im Rhythmus der Musik kopfnickenden Keeper ein Getränk, dessen Geschmack ihm nichts sagte. In grünen und violetten Straußenfedern tanzte ein hellblondes Mädchen auf einer winzigen Bühne vor offensichtlich dankbarem Publikum. Die strahlenden Augen des Mädchens bezeugten, daß es nicht ungern den altmodischen Tanz zu Klängen aus vergangenen Tagen aufführte. Auf welligem Blond und glänzender Haut blitzte das Licht grünlicher Scheinwerfer. Die Straußenfedern wippten bei jeder Bewegung des Mädchens, das nun erstaunlicherweise eine Einlage klassischen Spitzentanzes bot, bevor es nach tiefem Knicks die Bühne von Beifall begleitet verließ. Mehrere Stimmen riefen: „Josi!“ Und noch einmal verstärkte sich der Beifall. Josi trat nochmals auf die kleine Bühne, knickste erneut, lächelte mit blutrot angemalten Lippen und strahlenden Augen, die aussahen wie blaues Porzellan. Vielleicht war Josi ja eine Puppe, die man aufziehen und tanzen lassen konnte wie die Olympia des Copelius? Dann verloschen die Scheinwerfer. Bald flammten sie wieder auf, um einen Zauberkünstler zu beleuchten. Der Zauberkünstler wirkte wie ein netter gealterter Gigolo. Aber er machte seine Sache gut, zauberte viele schillernde Seidentücher aus seinem Zylinder, anschließend Papierblumen und schließlich, zur Krönung des Vortrags, ein weißes Kaninchen, das bei näherem Hinsehen aus Stoff war und unter den Scheinwerfern froschgrün aussah. Er ließ Blumen und Tücher auf dem Boden liegen und das Stoffkaninchen - unter dem Klatschen des Publikums - wieder spurlos verschwinden. Nun erschien eine schmächtige Assistentin und ( 243 )

Z-PLAN schob einen kleinen mit vier Rädern versehenen Tisch vor sich her. Auf diesem thronten die Requisiten für das weitere Wirken des Magiers. Mädchen und Tisch wurden ebenfalls mit kräftigem Beifall bedacht. Der Zauberkünstler begann ein verwirrendes Spiel mit zahllosen glanzpapierbeklebten Schachteln und kleinen Kästen, die er nach Belieben zusammenfügte und wieder auseinandernahm, wobei stets irgendein erstaunliches Wunderwerk zum Vorschein trat, von gefüllten Gläsern bis zu rohen Eiern, deren Dotter dann in wiederum anderen Gläsern landeten und wieder verschwanden, was dafür sprach, daß die Eier keine richtigen Eier waren sondern Zauberkünstlerhandwerkszeug. Doch es war nett. Lukowsky verspürte ein Beißen in den Augen, was von stickiger Luft herrührte. Die übrigen Besucher des Lokales schien dies nicht oder nur wenig zu stören. Sie lachten und applaudierten und fühlten sich offenbar pudelwohl. Über einer breiten Flaschenwand hinter der Theke leuchtete in grünen Lettern der Name des Etablissements: ‚KAKADU‘. Außerdem klebten verschiedene Großfotos und Plakate an den Wänden, die oft nicht recht zueinander passen wollten. Auf einem dieser Plakate stand zu lesen: ‚Bündnis mit Peking bringt Rettung!`. Gleich daneben gab es die Gruppenaufnahme der Fußballmannschaft von Fortuna Düsseldorf mit Autogrammen, ein Foto von Greta Garbo und eines von Generalfeldmarschall Rommel. Auch Karl Marx fehlte nicht, obschon dieser sich hier im ‚Kakadu‘ nicht so ganz wohl zu fühlen schien, weshalb er die Stirn runzelte. Sein Bild hing genau zwischen dem eines Wehrmachtsoldaten mit Stahlhelm und heroischem Blick und dem Poster eines Leopard-Panzers. Ein kleineres Foto von Nietzsche hatte sich offenbar mit dem daneben befindlichen Dali angefreundet. Dann gab es ein Filmplakat von ‚Vom Winde verweht‘ und daneben ein Poster, das John Wayne mit gezogenem Colt zeigte. Die andere Wandhälfte teilten sich Zarah Leander, Heinz Rühmann und Hans Albers. In einer entfernteren Ecke durfte El Cordobes einen Stier bekämpfen und ein Porsche über Kunstdruckpapier rasen. An der Wand gegenüber, hinter der Bühne, hing ein überlebensgroßes Portrait von Brigitte Bardot, schön und goldgerahmt, wie das einer Landesmutter. Neben ihr gab es noch einen stolzen Samurai. - Unzählige kleine und kleinste Bildchen kamen hinzu, die alles nur Denkbare präsentierten. So bunt wie diese einem Kakadu würdige Galerie, erwies sich auch das Publikum. Vom minderjährigen Mädchen bis zum Greis waren alle Generationen gleichermaßen vertreten, man konnte Sekt oder Sprudelwasser trinken, die widersprüchlichsten Meinungen diskutieren oder einfach still dasit- ( 244 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

endlich fern je<strong>der</strong> Kultur. Lukowsky ging weiter, in eine noch entlegeneren<br />

Gasse. Dort drang aus dem grün erleuchteten <strong>Ein</strong>gang einer Halbweltbar melancholische<br />

Musik auf die dunkle Straße. Nach einigen Schritten fand Lukowsky,<br />

daß die aus <strong>der</strong> Bar ins Freie dringenden Melodien gar nicht melancholisch,<br />

son<strong>der</strong>n übertrieben fröhlich waren. Doch gerade dieser überzogenen Heiterkeit<br />

haftete etwas Tragisches an. <strong>Ein</strong>e dicke Lüge tönte durch die nächtliche Gasse.<br />

An dem froschgrün erleuchteten Bareingang, über dem in schillernden Buchstaben<br />

<strong>der</strong> Name ‚KAKADU‘ prangte, ging ein junges Paar vorüber, dem die<br />

Lüge nicht auffiel.<br />

Plötzlich stand Lukowsky in dem grünlichen <strong>Licht</strong>schein des Bareingangs. Er<br />

bemerkte es kaum. Sein Weg führte durch Dunstschwaden vieler Zigaretten,<br />

zwischen Plüschportieren hindurch, <strong>im</strong>mer <strong>der</strong> überspannt fröhlichen Musik folgend.<br />

Er stieß gegen sich bewegende Leiber, drang an eine froschgrün fl<strong>im</strong>mernde<br />

Theke vor, rückte auf einem Barhocker zurecht und bestellte bei einem <strong>im</strong><br />

Rhythmus <strong>der</strong> Musik kopfnickenden Keeper ein Getränk, dessen Geschmack<br />

ihm nichts sagte. In grünen und violetten Straußenfe<strong>der</strong>n tanzte ein hellblondes<br />

Mädchen auf einer winzigen Bühne vor offensichtlich dankbarem Publikum. Die<br />

strahlenden Augen des Mädchens bezeugten, daß es nicht ungern den altmodischen<br />

Tanz zu Klängen aus vergangenen Tagen aufführte. Auf welligem Blond<br />

und glänzen<strong>der</strong> Haut blitzte das <strong>Licht</strong> grünlicher Scheinwerfer. Die Straußenfe<strong>der</strong>n<br />

wippten bei je<strong>der</strong> Bewegung des Mädchens, das nun erstaunlicherweise<br />

eine <strong>Ein</strong>lage klassischen Spitzentanzes bot, bevor es nach tiefem Knicks die<br />

Bühne von Beifall begleitet verließ. Mehrere St<strong>im</strong>men riefen: „Josi!“ Und noch<br />

einmal verstärkte sich <strong>der</strong> Beifall. Josi trat nochmals auf die kleine Bühne,<br />

knickste erneut, lächelte mit blutrot angemalten Lippen und strahlenden Augen,<br />

die aussahen wie blaues Porzellan. Vielleicht war Josi ja eine Puppe, die man<br />

aufziehen und tanzen lassen konnte wie die Olympia des Copelius? Dann verloschen<br />

die Scheinwerfer. Bald flammten sie wie<strong>der</strong> auf, um einen Zauberkünstler<br />

zu beleuchten. Der Zauberkünstler wirkte wie ein netter gealterter<br />

Gigolo. Aber er machte seine Sache gut, zauberte viele schillernde Seidentücher<br />

aus seinem Zylin<strong>der</strong>, anschließend Papierblumen und schließlich, zur Krönung<br />

des Vortrags, ein weißes Kaninchen, das bei näherem Hinsehen aus Stoff war<br />

und unter den Scheinwerfern froschgrün aussah. Er ließ Blumen und Tücher auf<br />

dem Boden liegen und das Stoffkaninchen - unter dem Klatschen des Publikums<br />

- wie<strong>der</strong> spurlos verschwinden. Nun erschien eine schmächtige Assistentin und<br />

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