Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN Lukowsky kam an der Abzweigung vorbei, die zum Abstellplatz der Transportflugzeuge führte. Das war diesmal nicht sein Weg. Er fuhr weiter. Immer noch wirbelte buntes Herbstlaub über das Straßenpflaster. Abermals schweiften die Gedanken zurück. Es hatte auch Quartettspiele mit Flugzeugen gegeben, dicke Flugzeugbücher – und natürlich Modelle, solche aus Plastik wie auch ganz selbstgebastelte Schleuderflugzeuge aus Pappe, die wunderbar im Kreise herumsausten. Die wurden auch möglichst naturgetreu angemalt. Bloß die auf das Leitwerk gehörenden Hakenkreuze durften nicht sein; deswegen hatte es in der Schule einmal ernstlichen Ärger gegeben. Als ob dieses schlichte Zeichen etwas so Gefährliches sei, daß jedermann davor Angst haben müßte. Ernst Lukowsky, damals Klasse 5 A, hatte das nicht verstanden. Doch mit dieser Flugzeugen ließ es sich besonders gut träumen, träumen von Fliegerabenteuern und vom heldenhaften Kampf. Die Bomber hatte er nie gemocht, sondern die kleinen Jäger, die gegen die großen Bomber antraten. Auch er hatte, wie Fischer, als Junge davon einiges mitbekommen, aber vieles doch nicht verstanden. Dort, wo er in jenen Jahren aufwuchs, bei den Großeltern auf dem Lande in Kärnten, war ihm ein Erlebnis wie das Fischers erspart geblieben. Wirklich schlimme Zeiten hatte er erst nach Kriegsende kennengelernt, als es nichts zu Essen gab und Willkür herrschte. Der Vater war in Gefangenschaft geraten und kehrte erst spät zurück. Die Mutter hatte den Krieg überlebt, aber nicht sehr lange. Bald verstarb auch der Vater an den Folgen einer in der Gefangenschaft nie richtig verheilten Kriegsverletzung. Ernst Lukowsky nahmen Verwandte im Rheinland auf. Der Onkel war Flieger gewesen, zuletzt beim Eismeergeschwader im hohen Norden. Der erzählte mitunter von seinen Erlebnissen. - So war das gewesen, vor sehr vielen Jahren. Nun sanken diese Bilder hinter diese Grenze des Vergessens zurück. Lukowsky war rechtzeitig am Flughafen, um Busch abzuholen, wie Fischer ihn geheißen hatte. Busch wollte über Frankfurt am Main kommen. Lukowsky wußte, wo er zu warten hatte, um Busch sicher abzupassen. Am Flughafen herrschte nicht viel Betrieb. Die Ferienzeit war vorüber, es gab kaum Urlauber, wie sie zu anderen Zeiten zahlreich die Flughäfen in Besitz nahmen. Die Privatreisenden waren jetzt in der Minderheit. Akkurat gekleidete Geschäftsleute mit kleinen Köfferchen an der Hand und Zeitungen unter dem Arm bestimmten das Bild, sowie Leute in Jeans und mit Turnschuhen. Diese hielten sich für Individualisten und waren doch die Uniformiertesten von allen. ( 239 )

Z-PLAN Allesamt kamen sie Lukowsky irgendwie gleich vor. Ob sie ein Leben hatten? Oder nur eine Existenz, die gesichert sein mochte, aber kraftlos und bleich? Das hatte er sich schon manchmal gefragt, obschon es ihn gar nichts anging. Ein jeder mußte sein eigenes Leben leben. Er dachte unwillkürlich an eine alte chinesische Tautologie: ‚Der Sinn des Lebens ist das leben.‘ Ob die geknickten Diener des Götzen Mammon verstehen würden, was dies meinte? Wohl kaum; und wenn es einer von ihnen begriffe, erginge es ihm vielleicht so wie weiland dem Doktor Faust in seiner grauen Studierstube. Bloß daß kein Mephisto ihm einen Pakt anbieten würde. Dieser Gedanke hielt Lukowsky für einen Moment fest: Hatte denn er mit Mephistopheles einen Pakt geschlossen? Mit Blut unterzeichnet und sich der dämonischen unteren Welt verschrieben? War Busch, der gleich ankommen sollte, gar sein Mephisto? Doch das Gleichnis stimmte nicht. Ernst Lukowsky hatte nie in dem dunklen Mauerloch gehockt wie einst der Doktor Faustus, Geister zur Befreiung daraus brauchte er nicht zu beschwören, denn wenn es einen Besitz gab, den er unbestreitbar sein eigen nannte, so die Freiheit. Mephisto müßte sich also andere suchen. Opfer gäbe es derer heutzutage genug. Bloß mochte dem unternehmungslustigen Gesellen aus den dunklen Gefilden das 20. Jahrhundert womöglich zu unattraktiv sein. In diesen Tagen dachte die Hölle sich anderes aus. Die 14-Uhr-20-Maschine war gelandet. Alle Ankömmlinge hatten den Ausgang passiert. Ihre Schritte tönten über den harten Boden des Flughafengebäudes. Busch war nicht unter ihnen gewesen. Zwei wartende Männer fielen Lukowsky jetzt auf, die enttäuschte Gesichter zogen. Vielleicht hatten auch diese beiden auf jemanden gewartet, der nicht eingetroffen war. Busch konnte dieses Flugzeug verpaßt haben und mit dem nächsten kommen. Das würde in einer knappen Stunde landen. Lukowsky kaufte sich eine x-beliebige Zeitung; es stand ohnehin in allen das Gleiche. Dann ging er in die Cafeteria, holte sich einen Kaffee und wartete. Die Zeit verstrich langsam, wie das während des Wartens immer zu sein scheint. Lukowsky blätterte in der Zeitung. In einem der Artikel wurde über das ‚Konsumentenverhalten‘ lamentiert. Das brachte ihn auf eine Idee: In dieser Zeit sandte die Hölle keinen Mephisto mehr aus, denn der hatte ja durchaus Witz, war kein geistloser Bursche. In der modernen Gegenwart machte der Teufel die Menschen zu innerlich leeren Lemuren, zu: Konsumenten! Die brauchten keinen romantischen Pakt mit Blut zu unterschreiben – es genügte, wenn sie ihre Namen mit Kuli unter einen Kreditvertrag ( 240 )

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Lukowsky kam an <strong>der</strong> Abzweigung vorbei, die zum Abstellplatz <strong>der</strong> Transportflugzeuge<br />

führte. Das war diesmal nicht sein Weg. Er fuhr weiter. Immer noch<br />

wirbelte buntes Herbstlaub über das Straßenpflaster. Abermals schweiften die<br />

Gedanken zurück. Es hatte auch Quartettspiele mit Flugzeugen gegeben, dicke<br />

Flugzeugbücher – und natürlich Modelle, solche aus Plastik wie auch ganz<br />

selbstgebastelte Schleu<strong>der</strong>flugzeuge aus Pappe, die wun<strong>der</strong>bar <strong>im</strong> Kreise herumsausten.<br />

Die wurden auch möglichst naturgetreu angemalt. Bloß die auf das<br />

Leitwerk gehörenden Hakenkreuze durften nicht sein; deswegen hatte es in <strong>der</strong><br />

Schule einmal ernstlichen Ärger gegeben. Als ob dieses schlichte Zeichen etwas<br />

so Gefährliches sei, daß je<strong>der</strong>mann davor Angst haben müßte. Ernst Lukowsky,<br />

damals Klasse 5 A, hatte das nicht verstanden. Doch mit dieser Flugzeugen ließ<br />

es sich beson<strong>der</strong>s gut träumen, träumen von Fliegerabenteuern und vom heldenhaften<br />

<strong>Kampf</strong>. Die Bomber hatte er nie gemocht, son<strong>der</strong>n die kleinen Jäger, die<br />

gegen die großen Bomber antraten. Auch er hatte, wie Fischer, als Junge davon<br />

einiges mitbekommen, aber vieles doch nicht verstanden. Dort, wo er in jenen<br />

Jahren aufwuchs, bei den Großeltern auf dem Lande in Kärnten, war ihm ein<br />

Erlebnis wie das Fischers erspart geblieben. Wirklich schl<strong>im</strong>me Zeiten hatte er<br />

erst nach Kriegsende kennengelernt, als es nichts zu Essen gab und Willkür<br />

herrschte. Der Vater war in Gefangenschaft geraten und kehrte erst spät zurück.<br />

Die Mutter hatte den Krieg überlebt, aber nicht sehr lange. Bald verstarb auch<br />

<strong>der</strong> Vater an den Folgen einer in <strong>der</strong> Gefangenschaft nie richtig verheilten<br />

Kriegsverletzung. Ernst Lukowsky nahmen Verwandte <strong>im</strong> Rheinland auf. Der<br />

Onkel war Flieger gewesen, zuletzt be<strong>im</strong> Eismeergeschwa<strong>der</strong> <strong>im</strong> hohen Norden.<br />

Der erzählte mitunter von seinen Erlebnissen. - So war das gewesen, vor sehr<br />

vielen Jahren. Nun sanken diese Bil<strong>der</strong> hinter diese Grenze des Vergessens zurück.<br />

Lukowsky war rechtzeitig am Flughafen, um Busch abzuholen, wie Fischer ihn<br />

geheißen hatte. Busch wollte über Frankfurt am Main kommen. Lukowsky<br />

wußte, wo er zu warten hatte, um Busch sicher abzupassen.<br />

Am Flughafen herrschte nicht viel Betrieb. Die Ferienzeit war vorüber, es gab<br />

kaum Urlauber, wie sie zu an<strong>der</strong>en Zeiten zahlreich die Flughäfen in Besitz<br />

nahmen. Die Privatreisenden waren jetzt in <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heit. Akkurat gekleidete<br />

Geschäftsleute mit kleinen Köfferchen an <strong>der</strong> Hand und Zeitungen unter dem<br />

Arm best<strong>im</strong>mten das Bild, sowie Leute in Jeans und mit Turnschuhen. Diese<br />

hielten sich für Individualisten und waren doch die Uniformiertesten von allen.<br />

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