Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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Z-PLAN Glas, das vermutlich Whisky enthielt, und schrieb in ein dickes Heft. Dieses Heft würde eventuell interessant sein. Neben dem Heft lagen einige größere aufgefaltete Papierbögen. Auch die hätte Lukowsky ganz gerne aus der Nähe gesehen. Doch da war jetzt nicht heranzukommen. Lukowsky beschaffte sich an der Rezeption ein paar Blätter Papier. Er setzte sich an einen der leeren Tische, nicht allzu weit den dem Bolds' entfernt, und bestellte sich Kaffee. Dann zückte seinen Federhalter und begann, kuriose Skizzen auf das Papier zu kritzeln. Möglich, daß Mr. Bolds neugierig werden würde. Lukowsky zeichnete Gebilde, die wie Riesenraketen aussahen. Vorerst geschah nichts. Nach zehn Minuten aber reckte Mr. Bolds erstmals den Hals. Nach fünfzehn Minuten wiederholte sich dies. Nach zwanzig Minuten mußte Mr. Bolds austreten. Ehe er aufstand, pachte er seine Unterlagen sorgsam zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. Sie mußten ihm wichtig sein, wenn er sie schon mit aufs Klo nahm. Mr. Bolds schielte im Vorübergehen auf Lukowskys geheimnisvolle Zeichenkünste. Bald kam Mr. Bolds wieder an seinen Tisch und bestellte einen weiteren Whisky. Nach einer Dreiviertelstunde packte er seinen Kram zusammen und ging. Lukowsky folgte diesem Beispiel. Er wollte wissen, ob Mr. Bolds vielleicht noch Miss Hardford aufsuchen würde. Aber kein Gedanke daran. Bolds‘ Zimmer lag zur Seeseite hin, er ging ohne Umweg hinein. Nun begab sich auch Lukowsky auf sein Zimmer. Er lag noch eine Weile wach auf dem Bett. Die Balkontür stand offen. Angenehme, ein wenig schwüle Nachtlust strömte von dort in das Zimmer. In dem Zimmer rechts neben dem seinen mußte Jill es wohl ebenso halten. Lukowsky hörte Geräusche von dort her. Es waren sonderbare Geräusche. Sie hörten sich an wie eine gequälte Stimme. Lukowsky trat auf den Balkon. Was zu hören war, klang nach Jills Stimme, aber so, als rede sie im Traum, in einem Alptraum womöglich. Klare Worte waren nicht zu verstehen, doch was zu hören war, hatte etwas von eiskaltem Grauen. Lukowsky war noch angezogen. Er entschloß sich, einen vorsichtigen Blick auf seine Nachbarin zu werfen, die gequälte Laute von sich gab. Das kleine Geländer, das die beiden Balkone voneinander trennte. war leicht überwunden. Lukowsky war sich jetzt sicher, daß die Frau unter einem Alptraum litt. Das Empfinden des Grauens überkam ihn erneut: Es war das Wideratürliche, der Hauch des aus einem Alptraum hervorströmenden Wahninns. Denn dies ist das einzige, was auch den abgehärtetsten Mann kalte Schauer empfinden läßt: Das Unfaßbare – der Wahnsinn. Alpträume waren nicht Wahnsinn der träumenden Person, aber von außen kommende Boten des Wahnsinns. ( 195 )

Z-PLAN Lukowsky stand dicht neben Jill Hardfords Bett. Der Schein eines zunehmenden Mondes erhellte den Raum. Die Frau quälte sich. Sie wand sich hin und her, verschränke die Arme über dem Kopf und streckte sie wieder aus. So tat sie es immer wieder. Lukowsky hatte mit dergleichen keine Erfahrung. Er sagte sich lediglich, wenn er sie aufweckte, nähme die Qualen ein Ende, dann würde der Bote des einströmenden Wahnsinns vertrieben sein. Lukowsky setzte sich auf die Bettkante, berührte vorsichtig mit zwei Fingern eine Schulter der Frau und sagte mit dem sanftesten Klang, den er seiner Stimme geben konnte: „Jill! Es ist alles in Ordnung.“ Sie blieb für einen Moment reglos. Dann richtete sie sich ruckartig halb auf, noch ohne die Augen zu öffnen. Lukowsky wiederholte seine Worte: „Es ist alles in Ordnung, Jill.“ Und er fügte hinzu: „Hier ist Ernst, Ernest! Sie erinnern sich doch?“ Jetzt klappte sie die Augenlider auf – ganz schnell, anders als sonst ein Mensch, der aus dem Schlaf erwacht. Jill erkannte ihn. Der Spuk war vorüber. Sie ließ die Schultern hängen und sah ihn an; ihr Blick war jetzt klar. Sie fragte: „Haben wir...“ Sie besann sich: „Nein, Sie sind jetzt gekommen?“ Er nickte: „Über den Balkon. Ich hörte, daß Sie sich mit einem Alptraum herumquälten. Ich lag noch wach, ich schlafe nie früh ein.“ Sie setzte sich vollends gerade auf und massierte die Schläfen: „Ja,“ sagte sie: „Es war schlimm. Ich hatte das sonst nicht. Aber jetzt manchmal, seit... seit zwei Jahren ...“ Sie sprach nicht weiter, als dürfe sie aus irgendwelchen Gründen darüber nicht reden. Lukowsky fragte: „Wollen Sie mir von dem Traum erzählen? Vielleicht tut Ihnen das gut?“ Sie dachte ein paar Augenblicke lang nach und begann dann übergangslos: „Ich stand in einer dunklen Gasse. Ich war im Nachthemd. Die Fenster alle Häuser waren dunkel und hatten keine Scheiben. Sie verformten sich zu Mündern, und ich hörte sie mit Eriks – Mr. Bolds‘ – Stimme sprechen: ‚Ich sehe dich überall ...‘ Ich begann zu laufen, immer die dunkle Gasse entlang. Eriks Stimme klang hinter mir her. Endlich wurde sie leiser. Die Gasse mündete auf einem großen Platz. Ich sah prächtige Bauwerke. Da hörte ich Eriks Rufen nicht mehr. Ich war in einer alten europäischen Stadt, die ich aber nicht kannte. Ich wußte nur, ich bin in Europa. Ich las ein Schild, auf dem ‚Karlsplatz‘ stand. Also war ich in Deutschland. Von hinten begann ein starker Wind zu blasen, und dieser trug auch Eriks Stimme wieder heran: ‚Ich sehe dich überall...‘ Ich rannte schneller, durch mehrere dunkle Gassen mit alten Häusern, und der von hinten wehende Wind wurde stärker. Das Nachthemd und meine Haare flatterten. Es war kühl. Ich entdeckte einen offenen Hauseingang und lief hinein. Da ließ der Wind nach. Ich war ganz ( 196 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

Lukowsky stand dicht neben Jill Hardfords Bett. Der Schein eines zunehmenden<br />

Mondes erhellte den Raum. Die Frau quälte sich. Sie wand sich hin und her,<br />

verschränke die Arme über dem Kopf und streckte sie wie<strong>der</strong> aus. So tat sie es<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong>. Lukowsky hatte mit <strong>der</strong>gleichen keine Erfahrung. Er sagte sich<br />

lediglich, wenn er sie aufweckte, nähme die Qualen ein Ende, dann würde <strong>der</strong><br />

Bote des einströmenden Wahnsinns vertrieben sein. Lukowsky setzte sich auf<br />

die Bettkante, berührte vorsichtig mit zwei Fingern eine Schulter <strong>der</strong> Frau und<br />

sagte mit dem sanftesten Klang, den er seiner St<strong>im</strong>me geben konnte: „Jill! Es ist<br />

alles in Ordnung.“ Sie blieb für einen Moment reglos. Dann richtete sie sich<br />

ruckartig halb auf, noch ohne die Augen zu öffnen. Lukowsky wie<strong>der</strong>holte seine<br />

Worte: „Es ist alles in Ordnung, Jill.“ Und er fügte hinzu: „Hier ist Ernst,<br />

Ernest! Sie erinnern sich doch?“ Jetzt klappte sie die Augenli<strong>der</strong> auf – ganz<br />

schnell, an<strong>der</strong>s als sonst ein Mensch, <strong>der</strong> aus dem Schlaf erwacht. Jill erkannte<br />

ihn. Der Spuk war vorüber. Sie ließ die Schultern hängen und sah ihn an; ihr<br />

Blick war jetzt klar. Sie fragte: „Haben wir...“ Sie besann sich: „Nein, Sie sind<br />

jetzt gekommen?“ Er nickte: „Über den Balkon. Ich hörte, daß Sie sich mit<br />

einem Alptraum herumquälten. Ich lag noch wach, ich schlafe nie früh ein.“ Sie<br />

setzte sich vollends gerade auf und massierte die Schläfen: „Ja,“ sagte sie: „Es<br />

war schl<strong>im</strong>m. Ich hatte das sonst nicht. Aber jetzt manchmal, seit... seit zwei<br />

Jahren ...“ Sie sprach nicht weiter, als dürfe sie aus irgendwelchen Gründen<br />

darüber nicht reden. Lukowsky fragte: „Wollen Sie mir von dem Traum<br />

erzählen? Vielleicht tut Ihnen das gut?“ Sie dachte ein paar Augenblicke lang<br />

nach und begann dann übergangslos: „Ich stand in einer dunklen Gasse. Ich war<br />

<strong>im</strong> Nachthemd. Die Fenster alle Häuser waren dunkel und hatten keine<br />

Scheiben. Sie verformten sich zu Mün<strong>der</strong>n, und ich hörte sie mit Eriks – Mr.<br />

Bolds‘ – St<strong>im</strong>me sprechen: ‚Ich sehe dich überall ...‘ Ich begann zu laufen,<br />

<strong>im</strong>mer die dunkle Gasse entlang. Eriks St<strong>im</strong>me klang hinter mir her. Endlich<br />

wurde sie leiser. Die Gasse mündete auf einem großen Platz. Ich sah prächtige<br />

Bauwerke. Da hörte ich Eriks Rufen nicht mehr. Ich war in einer alten europäischen<br />

Stadt, die ich aber nicht kannte. Ich wußte nur, ich bin in Europa. Ich<br />

las ein Schild, auf dem ‚Karlsplatz‘ stand. Also war ich in Deutschland. Von<br />

hinten begann ein starker Wind zu blasen, und dieser trug auch Eriks St<strong>im</strong>me<br />

wie<strong>der</strong> heran: ‚Ich sehe dich überall...‘ Ich rannte schneller, durch mehrere<br />

dunkle Gassen mit alten Häusern, und <strong>der</strong> von hinten wehende Wind wurde<br />

stärker. Das Nachthemd und meine Haare flatterten. Es war kühl. Ich entdeckte<br />

einen offenen Hauseingang und lief hinein. Da ließ <strong>der</strong> Wind nach. Ich war ganz<br />

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