Z-PLAN. Ein Kampf im Licht der Schwarzen Sonne

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29.12.2012 Aufrufe

Z-PLAN Der Mustang stand für all jene Menschen unsichtbar hinter der hohen Hecke des Schrebergartenwegs verborgen. Lukowsky gelangte zum seinem Wagen. Er parkte in der Sonne auf dem Weg, der kaum mehr als ein erweiterter Trampelpfad war. Die Beifahrertür stand offen. Vera war nirgends zu sehen. Lukowsky schaute sich um. Von der Frau keine Spur. Er ging sie suchen. Nach ein paar Schritten bemerkte er ein Rascheln im Heckengesträuch. Vera kam vorsichtig um sich blickend aus ihrem Versteck. Lukowsky sah sie an: „Es ist alles in Ordnung.“ Vera setzte sich in den Wagen. Sie sagte ohne Betonung: „Ich sollte doch die Pistole meines Vaters mitnehmen.“ Lukowsky stimmte zu: „Das wäre keine schlechte Idee. Auch ohne Z-Pläne leben wir leider in einer Zeit, in der die Fähigkeit zur Selbstverteidigung nicht schaden kann. Falls Du die Pistole Deines Vaters nicht findest, besorge ich Dir eine.“ Vera sah ihn an: „Danke. Aber wenn, dann nehme ich meines Vaters Pistole. Es war seine Dienstwaffe. Ich habe auch noch einen Revolver von ihm. Er hat mir gezeigt, wie man mit schießt. Ich kann es und werde, wenn nötig, auch treffen.“ Abermals meinte Lukowsky zu spüren, wie alles, was mit ihrem Vater zusammenhing, für Vera Jörgens von ganz besonderer Bedeutung war. Die gedankliche Berührung mit dieser Erinnerung schien ihre Verfassung verändert zu haben. Sie sagte trocken: „Das eben hat nichts eingebracht.“ Lukowsky wunderte sich über Veras kühles Verhalten. Sie sah ihn an: „Allerdings war es auch nicht schade um den Strolch. Wahrscheinlich hat er den alten Mann in der Werkstatt umgebracht. Doch Herrn Valtine, den muß man sich anders holen.“ Lukowsky versicherte: „Das kommt auch noch. Du wirst den Kopf des Drachens bekommen!“ Vera richtete den Blick nach vorn und schwieg. Lukowsky überlegte, ob sie enttäuscht darüber war, daß ihr alter Feind Valtine nicht in dem verunglückten Wagen gesessen hatte und mit verbrannt war. Ihr Gesicht hatte einen strengen Zug angenommen, sie schien auf einen Moment mit ihren Gedanken allein sein zu wollen. Womöglich waren es Gedanken der Rache – oder auch völlig andere. Es wollte Ernst Lukowsky nicht gelingen, diese Frau vollends zu begreifen. Er fuhr weiter die Landstraße entlang, um die nächste Autobahnauffahrt zu nehmen. Nach einer Weile sprach die Frau, als hätten ihre Gedanken einen Kreis vollzogen: „Wenn es mit dem grünen Paket so wäre, wie Du es für möglich hältst, wenn das Paket praktisch nicht mehr auffindbar wäre... Es würde mir nicht viel ausmachen. Dann kriegte es ja auch Valtine nicht.“ ( 117 )

Z-PLAN Lukowsky sah zu ihr hinüber. Ihre Art wirkte auf merkwürdige Weise verändert. Die Wärme, die noch vorhin von ihr ausgegangen war, schien verschüttet zu sein. Das Gefühl der Nähe war noch da - und doch auf eine ganz andere Weise. Vera kam ihm in diesem Augenblick vor wie ein wunderschönes Geschöpf aus weißem Marmor, mit roten Lippen und großen graublauen Augen und langen braunglänzenden Haaren. Aber die Schwingung der persönlichen Wärme war nicht mehr da. Sie schien das gleiche zu spüren. Ihre Blicke trafen für eine Sekunde aufeinander. Vera sagte: „Du wunderst Dich? Du findest mich verändert im Vergleich zu den Stunden, als ich Dir beim Haaretrocknen erzählte?“ Er erwiderte: „Ich bin mir nicht sicher.“ Sie schloß die Augen: „Doch. Dein Gefühl ist schon richtig. Aber ich kann Dir nicht erklären, was es in mir ist. Das verstehe ich selbst nicht.“ Sie schlug die Augen wieder auf und strich mit einer Hand an ihrem vor der Schulter hängenden Haarschweif entlang bis hinunter zu den Spitzen, die sich in ihrem Schoß stauten und so gleichmäßig aussahen, als wäre erst vorhin an ihnen geschnitten worden. Mehrere Minuten lang spielte Vera Jörgens schweigend an ihnen herum, als verberge sich da ein geheimnisvolles Orakel. Dann wendete sie den Blick abermals zu Lukowsky und sagte mit ruhiger Stimme: „Du liebst mich. Das ist etwas Wunderbares. Ich möchte Dich auch gerne lieben. Es gibt Stunden, da kann ich so etwas empfinden. Und dann wieder kann ich mich nur ganz tief im Inneren darüber freuen – es aber nicht erfühlen.“ Ihr Blick senkte sich wieder: „Ich wünschte so sehr, es wäre anders. Ich wünschte, ich wäre noch einmal jung genug, um rechtzeitig meinem Bruder davonlaufen zu können, ehe er mir Gewalt antat, um rechtzeitig der Mutter weglaufen zu können, ehe sie mir die Haare schneiden lassen konnte, um rechtzeitig auszureißen, ehe Valtine im Suff über mich herfiel. Denn das habe ich Dir noch nicht richtig erzählt, weil ich in der Stimmung von vorhin nicht näher darüber sprechen mochte. Ich habe mich gewehrt, und das gar nicht so schlecht. Die Natur hat mir viel geschenkt. Ich weiß, ohne Eitelkeit, daß sie mich schön geformt hat, so, wie eine Frau aussehen soll. Aber das Herz, das hat mir mein erst zweiundzwanzigjähriges Leben gegen einen Stein ausgetauscht. Ich wünschte, es wäre anders.“ Sie blickte abermals zu ihm und dann gleich wieder weg: „Immer, wenn es mir bewußt wird, möchte ich nur noch schnell sterben.“ Ihre Worte stachen Lukowsky in sein Herz, das nicht aus Stein war. Er bremste, fuhr rechts ran und stellte den Motor aus. Er sah die Frau an. Sie starrte geradeaus. Lukowsky sagte: „Du hast kein Herz aus Stein, Vera! Du!“ Sie wendete den Kopf zu ihm. In ihren graublauen Augen standen keine Tränen, aber ihre Mund- ( 118 )

Z-<strong>PLAN</strong><br />

Lukowsky sah zu ihr hinüber. Ihre Art wirkte auf merkwürdige Weise verän<strong>der</strong>t.<br />

Die Wärme, die noch vorhin von ihr ausgegangen war, schien verschüttet zu<br />

sein. Das Gefühl <strong>der</strong> Nähe war noch da - und doch auf eine ganz an<strong>der</strong>e Weise.<br />

Vera kam ihm in diesem Augenblick vor wie ein wun<strong>der</strong>schönes Geschöpf aus<br />

weißem Marmor, mit roten Lippen und großen graublauen Augen und langen<br />

braunglänzenden Haaren. Aber die Schwingung <strong>der</strong> persönlichen Wärme war<br />

nicht mehr da. Sie schien das gleiche zu spüren. Ihre Blicke trafen für eine<br />

Sekunde aufeinan<strong>der</strong>. Vera sagte: „Du wun<strong>der</strong>st Dich? Du findest mich verän<strong>der</strong>t<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu den Stunden, als ich Dir be<strong>im</strong> Haaretrocknen erzählte?“ Er<br />

erwi<strong>der</strong>te: „Ich bin mir nicht sicher.“ Sie schloß die Augen: „Doch. Dein Gefühl<br />

ist schon richtig. Aber ich kann Dir nicht erklären, was es in mir ist. Das verstehe<br />

ich selbst nicht.“ Sie schlug die Augen wie<strong>der</strong> auf und strich mit einer<br />

Hand an ihrem vor <strong>der</strong> Schulter hängenden Haarschweif entlang bis hinunter zu<br />

den Spitzen, die sich in ihrem Schoß stauten und so gleichmäßig aussahen, als<br />

wäre erst vorhin an ihnen geschnitten worden. Mehrere Minuten lang spielte<br />

Vera Jörgens schweigend an ihnen herum, als verberge sich da ein gehe<strong>im</strong>nisvolles<br />

Orakel. Dann wendete sie den Blick abermals zu Lukowsky und sagte mit<br />

ruhiger St<strong>im</strong>me: „Du liebst mich. Das ist etwas Wun<strong>der</strong>bares. Ich möchte Dich<br />

auch gerne lieben. Es gibt Stunden, da kann ich so etwas empfinden. Und dann<br />

wie<strong>der</strong> kann ich mich nur ganz tief <strong>im</strong> Inneren darüber freuen – es aber nicht<br />

erfühlen.“ Ihr Blick senkte sich wie<strong>der</strong>: „Ich wünschte so sehr, es wäre an<strong>der</strong>s.<br />

Ich wünschte, ich wäre noch einmal jung genug, um rechtzeitig meinem Bru<strong>der</strong><br />

davonlaufen zu können, ehe er mir Gewalt antat, um rechtzeitig <strong>der</strong> Mutter weglaufen<br />

zu können, ehe sie mir die Haare schneiden lassen konnte, um rechtzeitig<br />

auszureißen, ehe Valtine <strong>im</strong> Suff über mich herfiel. Denn das habe ich Dir noch<br />

nicht richtig erzählt, weil ich in <strong>der</strong> St<strong>im</strong>mung von vorhin nicht näher darüber<br />

sprechen mochte. Ich habe mich gewehrt, und das gar nicht so schlecht. Die<br />

Natur hat mir viel geschenkt. Ich weiß, ohne Eitelkeit, daß sie mich schön geformt<br />

hat, so, wie eine Frau aussehen soll. Aber das Herz, das hat mir mein erst<br />

zweiundzwanzigjähriges Leben gegen einen Stein ausgetauscht. Ich wünschte,<br />

es wäre an<strong>der</strong>s.“ Sie blickte abermals zu ihm und dann gleich wie<strong>der</strong> weg:<br />

„Immer, wenn es mir bewußt wird, möchte ich nur noch schnell sterben.“<br />

Ihre Worte stachen Lukowsky in sein Herz, das nicht aus Stein war. Er bremste,<br />

fuhr rechts ran und stellte den Motor aus. Er sah die Frau an. Sie starrte geradeaus.<br />

Lukowsky sagte: „Du hast kein Herz aus Stein, Vera! Du!“ Sie wendete den<br />

Kopf zu ihm. In ihren graublauen Augen standen keine Tränen, aber ihre Mund-<br />

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