Luigi Prezioso - Christchindli-Määrt 2012
Luigi Prezioso - Christchindli-Määrt 2012
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Erinnerungen sind der Nachsommer der<br />
menschlichen Seele<br />
Sarah Schwotzer<br />
Namaste! Ich liebe es zu reisen und dabei<br />
in fremde Kulturen einzutauchen. Mit allen<br />
meinen Sinnen das Neue wahrzunehmen.<br />
Meinen Blick über farbenfrohe<br />
Landschaften schweifen zu lassen. Den<br />
süssherben Geruch verschiedenster Gewürze<br />
und Räucherstäbchen einzuatmen.<br />
Exotische Speisen, die zwischen<br />
wagemutigem Probieren und wahrer<br />
Gaumenfreude liegen, zu geniessen. Aus<br />
den grossstädtischen Geräuschkulissen<br />
mir die angenehmen Seiten, wie die<br />
«Chai»-Rufe des Teeverkäufers, herauszufiltern.<br />
Verschiedene Materialien, von<br />
feinster Seide bis flauschiger Kaschmirwolle<br />
mit den Händen zu ertasten. Mich<br />
mit lokalen Transportmitteln fortzubewegen<br />
und währenddessen Kontakte mit<br />
Einheimischen zu knüpfen. Ausgedehnte<br />
Strandspaziergänge und einmalige Sonnenuntergänge<br />
über dem endlos scheinenden<br />
Horizont dürfen natürlich nicht<br />
fehlen!<br />
Doch plötzlich merke ich, wie ich mich inmitten<br />
Delhis Grossstadtdschungel nach<br />
frischer Luft und sauberen Strassen<br />
sehne. Oder nach anderen banalen Sa-<br />
(Johann Paul Friedrich Richter 1763–1825)<br />
chen, wie frischem Trinkwasser und Zügen,<br />
die pünktlich, und nicht mit zehnstündiger<br />
Verspätung fahren.<br />
Mir wurde bewusst, wie privilegiert ich<br />
bin, in der Schweiz wohnen zu dürfen<br />
und trotzdem (oder gerade deshalb) die<br />
ganze Welt bereisen zu können. Könnte<br />
ich wählen, würde ich unserem Leben<br />
hier etwas von der südländischen Lebensfreude<br />
und dem Sinn nach Gemeinschaft<br />
beimischen.<br />
Ich hoffe, noch viele schöne Flecken auf<br />
dieser Erde kennenzulernen. Und bei jeder<br />
Reise wird wohl oder übel der Tag der<br />
Rückreise kommen. Wehmütig sauge ich<br />
ein letztes Mal die Stimmung ein, bevor<br />
ich das Flugzeug besteige und in meinen<br />
Gedanken alles Erlebte Revue passieren<br />
lasse.<br />
Doch allerspätestens, wenn ich auf der<br />
Heimfahrt übers Türli fahre und die<br />
schöne Sicht über Männedorf, den<br />
Zürichsee und die Alpen habe, dann<br />
weiss ich:«Jetzt bini wider dihei!»<br />
Sarah Schwotzer<br />
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