Anthroposophie

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29.12.2012 Aufrufe

einzige Weg zur Vergebung der Sünden und damit auch zur wirklichen Erkenntnis Gottes des Vaters und seiner Geheimnisse (Mt 11,27; Joh 3,16; 14,6.9 u.ö.). Denn "das Geheimnis Gottes" ist "Christus" selber. In ihm liegen "alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen" (Kol 2,20- In ihm wohnt "die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" (Kol 2,8f). Es sei nochmals betont: "verborgen" liegen die Schätze der Weisheit und der Erkenntnis Gottes in Jesus Christus - verborgen unter der Gestalt des Fleisches, der Niedrigkeit, der menschlichen Erscheinung (Jes 53; Joh 1,14; Phil 2,5-11). Die Offenbarung Gottes geschieht in Form des Gegenteils dessen, was der Mensch erwartet (vgl. das Nichtverstehen sogar der Jünger: Mt 16,21 ff; Lk 18,34). E. Jüngel spricht in diesem Sinn von einer "präzisen Verborgenheit Gottes sub contraria specie" und definiert: "Die christologische Gestalt der Offenbarung Gottes bedeutet die Verbergung der schlechthinnigen Verborgenheit Gottes im Menschsein Jesu." 60 Kein "Schauen" dringt in dieses Geheimnis ein, sondern allein der einfache, kindliche, von Gott geschenkte Glaube, der durch die "Torheit" des Kreuzes hindurch an Gott festhält (Mt ll,25ff; Lk 18,17; l.Kor 1,18ff). Die "Weisheit der Weisen" wird hier "zunichte" (1 .Kor 1,19), und der Glaube ruht nicht auf "Menschen Weisheit" (griech. sophia anthröpön = "Anthroposophie"!), sondern auf "Gottes Kraft" (l.Kor 2,5). Treffend stellt der Neutestamentier Peter Stuhlmacher fest: "Die Offenbarung von Gottes Herrlichkeit im gekreuzigten Christus kann als Selbsterschließung Gottes zur Rettung der Verlorenen nur wahrnehmen und wahrhaben, wer mit seinem selbstmächtigen Wissen und Willen vor Gott zunichte geworden ist, d.h. die von Gott erwählten und erleuchteten 'Pneumatiker' (vgl. [l.Kor] l,18.27f.; 2.14)." 61 1.3.3.8 Natürliche Gotteserkenntnis und Synergismus als Abwege Aus der bisherigen Darstellung folgt, daß wir es bei der Anthroposophie mit einer Form natürlicher Gotteserkenntnis zu tun haben, die scheitern muß. Jede natürliche Gotteserkenntnis, die meint, Gott unabhängig von seiner Offenbarung erkennen zu können, ignoriert das Gesamtzeugnis des Neuen Testamentes, daß jede Erkenntnis Gottes an seine Selbstoffenbarung gebunden ist. Ferner taucht bei dem anthroposophischen Erkenntnisweg deutlich das Problem des Synergismus auf. Er erinnert formal (nicht inhaltlich) an das tridentinische Stufenschema der Rechtfertigung, das auf die Erkenntnisfrage angewandt wird. K. v. Stieglitz bringt seine Kritik am anthroposophischen Erkenntnisweg treffend auf folgenden Nenner: 84

"Die menschliche Aktivität erscheint als kleines Zwischenglied zwischen der objektiv geschaffenen Voraussetzung und der von oben schaffenden Gnade. Dieses kleine Zwischenglied ist aber das Kennzeichen des anthroposophischen Erkenntnisweges. Ohne den Menschen geht es nicht." 62 Das Mitwirken des Menschen bezieht sich auf die "Ausbildung höherer Erkenntnisorgane". Die Bibel jedoch spricht von der Alleinwirksamkeit der Gnade bzw. den Gnadengaben des Geistes (Rom 3,24; 9,12; Gal 5,4; l.Petr 1,13 u.ö.). Für sie "gibt es jenes Zwischenglied nicht". Zwar wissen ihre Verfasser um die eigenmächtige Erkenntnisbemühung des Menschen, aber "die vom Menschen erstrebte und erreichte Erkenntnis ist nicht Erkenntnis Gottes, sondern schließt die Gotteserkenntnis geradezu aus" 63 . 1.3.3.9 "Flucht" in die Zukunft Die Anthroposophie kann sich somit nicht auf den klaren Wortsinn der biblischen Schriften berufen, sondern hat diesen gegen sich. Deshalb verstehen wir, daß sie die "Flucht" antritt - diesmal aber nicht in die Vergangenheit (wie mit der Reinkarnationslehre), sondern in die Zukunft: Die Bibel spreche zwar vom Glauben, aber auch vom Schauen, und die Zeit des Glaubens (im Sinn des "letzten Rests eines alten 'Schauens'") gehe vorbei (Rittelmeyer; s.o.). "Ein neues Hellsehen für die ätherische Welt, die nächst benachbarte Sphäre des Übersinnlichen, will im Menschen aufwachen, so daß es wie Schuppen von seinen Augen fallen wird" (Bock VII,370). Der erste Repräsentant dieses zukunftsträchtigen "neuen Schauens" oder "Äthersehens" (und somit der Vorläufer der anthroposophischen Schau) sei Paulus gewesen (ebd, 7). Damit schließt sich der Kreis der Argumentation, der wir gefolgt sind. Bereits am Anfang unserer theologischen Kritik haben wir die Unvereinbarkeit von biblischer und anthroposophischer Schau nachgewiesen. Auf die Frage des "Äthersehens" bei Paulus werden wir gesondert eingehen (s. III.B.6). Soviel sei hier jedoch schon gesagt: Die Behauptung, der Glaube in der Bibel werde bereits hier und jetzt durch das Schauen abgelöst, kann die Anthroposophie nur aufgrund einer spiritualistischen Umdeutung des Wortlauts (etwa in Form der "Vorverlegung" der Wiederkunft Christi in die Gegenwart) aufrechterhalten (vgl. II.B.3). 1.3.4 Zusammenfassung Damit sind wir am Ende eines langen und komplizierten Argumentationsgangs angekommen. In seinem Verlauf ist die theologische Unhaltbarkeit des anthroposophischen Erkenntnisweges an verschiedenen zentralen Punkten klar hervorgetreten. Auf der Grundlage des Herausgearbeiteten können wir die Kernpunkte unserer theologischen Kritik in Form von Thesen formulieren: 85

"Die menschliche Aktivität erscheint als kleines Zwischenglied zwischen der objektiv<br />

geschaffenen Voraussetzung und der von oben schaffenden Gnade. Dieses kleine<br />

Zwischenglied ist aber das Kennzeichen des anthroposophischen Erkenntnisweges.<br />

Ohne den Menschen geht es nicht." 62<br />

Das Mitwirken des Menschen bezieht sich auf die "Ausbildung höherer<br />

Erkenntnisorgane". Die Bibel jedoch spricht von der Alleinwirksamkeit der<br />

Gnade bzw. den Gnadengaben des Geistes (Rom 3,24; 9,12; Gal 5,4; l.Petr<br />

1,13 u.ö.). Für sie "gibt es jenes Zwischenglied nicht". Zwar wissen ihre<br />

Verfasser um die eigenmächtige Erkenntnisbemühung des Menschen, aber<br />

"die vom Menschen erstrebte und erreichte Erkenntnis ist nicht Erkenntnis<br />

Gottes, sondern schließt die Gotteserkenntnis geradezu aus" 63 .<br />

1.3.3.9 "Flucht" in die Zukunft<br />

Die <strong>Anthroposophie</strong> kann sich somit nicht auf den klaren Wortsinn der<br />

biblischen Schriften berufen, sondern hat diesen gegen sich. Deshalb verstehen<br />

wir, daß sie die "Flucht" antritt - diesmal aber nicht in die Vergangenheit<br />

(wie mit der Reinkarnationslehre), sondern in die Zukunft: Die Bibel spreche<br />

zwar vom Glauben, aber auch vom Schauen, und die Zeit des Glaubens (im<br />

Sinn des "letzten Rests eines alten 'Schauens'") gehe vorbei (Rittelmeyer;<br />

s.o.). "Ein neues Hellsehen für die ätherische Welt, die nächst benachbarte<br />

Sphäre des Übersinnlichen, will im Menschen aufwachen, so daß es wie Schuppen<br />

von seinen Augen fallen wird" (Bock VII,370). Der erste Repräsentant<br />

dieses zukunftsträchtigen "neuen Schauens" oder "Äthersehens" (und somit<br />

der Vorläufer der anthroposophischen Schau) sei Paulus gewesen (ebd, 7).<br />

Damit schließt sich der Kreis der Argumentation, der wir gefolgt sind. Bereits<br />

am Anfang unserer theologischen Kritik haben wir die Unvereinbarkeit<br />

von biblischer und anthroposophischer Schau nachgewiesen. Auf die Frage<br />

des "Äthersehens" bei Paulus werden wir gesondert eingehen (s. III.B.6).<br />

Soviel sei hier jedoch schon gesagt: Die Behauptung, der Glaube in der Bibel<br />

werde bereits hier und jetzt durch das Schauen abgelöst, kann die <strong>Anthroposophie</strong><br />

nur aufgrund einer spiritualistischen Umdeutung des Wortlauts (etwa<br />

in Form der "Vorverlegung" der Wiederkunft Christi in die Gegenwart) aufrechterhalten<br />

(vgl. II.B.3).<br />

1.3.4 Zusammenfassung<br />

Damit sind wir am Ende eines langen und komplizierten Argumentationsgangs<br />

angekommen. In seinem Verlauf ist die theologische Unhaltbarkeit des anthroposophischen<br />

Erkenntnisweges an verschiedenen zentralen Punkten klar hervorgetreten.<br />

Auf der Grundlage des Herausgearbeiteten können wir die Kernpunkte<br />

unserer theologischen Kritik in Form von Thesen formulieren:<br />

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